Inhalt

Das Bilderbuch folgt einem einfachen Prinzip. Auf jeder Doppelseite wird ein anderer Mensch vorgestellt:  links ein Satz zu der Person, sehr reduziert; rechts ein Porträt, das sich aufklappen lässt, damit die Leserinnen und Leser sehen, was im Kopf des Menschen vorgeht. Ganz zuletzt stellt sich ein Kater vor, als Ich-Erzähler, der resümiert: "Alle haben so ihre Gedanken, fröhliche oder ernste, auch ich!" Hinter dem Kopf des Katers verbirgt sich aber ein ernstes männliches Gesicht mit Schnurrbart, Hut und Brille – vielleicht ein Selbstporträt des Autors oder eine Anspielung des Autors auf eine ihm bekannte Persönlichkeit?

Mit manchen Personendarstellungen bzw. Gedankenkombinationen verneigt sich Moreau vor kinderliterarischen Klassikern, so denkt Maximilian sich ein Abenteuer aus und trägt eine Monstermaske wie der kleine Max in Sendaks Wo die wilden Kerle wohnen und Mesuts Träume scheinen inspiriert zu sein von Alice im Wunderland – er sitzt im Traum an einer gedeckten Tafel und trinkt Tee mit einem eleganten Hasen (vgl. Beispiele in der Leseprobe des Verlags).

Eine fortlaufende Handlung ist jedoch nicht auszumachen. Auf dem Nachsatzpapier sind allerdings alle vorgestellten Personen in einem wimmeligen Straßenbild wiederaufzufinden – der wehmütige Wolfgang, die verträumte Marion, Lena, die manchmal gern allein sein möchte, usw. So können Leserinnen und Leser die Eindrücke nochmals reflektieren und einordnen. Und: hier tauchen interessanterweise dann Kater und Herrchen gemeinsam auf.

Kritik

Laurent Moreaus Stil zeichnet sich durch verträumte Darstellungen und raffinierte Details aus, so wie auch schon in seinem fantasievollen Bilderbuch Im Wald der Masken. Die Gouache-Technik, die Moreau bevorzugt, ermöglicht ihm ausdrucksstarke Bilder in weichen, erdigen Farbtönen. Die aufklappbaren Porträts sind liebevoll gestaltet und rufen Leserinnen und Leser dazu auf, sich nicht vorschnell ein Bild von jemandem zu machen, sondern lieber ein zweites Mal hinzusehen. Gedanklich spielt sich eine Ebene ab, die wir von außen nicht wahrnehmen können: Eifersucht, Wortfindungsschwierigkeiten, Nostalgie, Verliebtheit, Lust auf Süßes, Glück – mal sind die Gedanken banal, mal tiefgründig, aber immer steckt hinter den schönen Porträts mehr, als man zunächst vermutet. Auch greift Moreau bisweilen ein Detail der Kleidung der Person wieder auf. Anna, die gerne süße Sachen mag, trägt einen Pullover mit einem Kirschmuster – und in ihren Gedanken eine Kirschtortenfrisur. Wolfgang, der an seine Kindheitsurlaube am Meer zurückdenkt und in Erinnerungen schwelgt, trägt ein maritimes Shirt. So entsteht aus einem relativ einfachen Grundkonzept ein Buch, das immer wieder zum Vor- und Zurückblättern einlädt und Anschlusskommunikation geradezu provoziert: "Woran denkst du?"

Fazit

Ein schönes Buch, das gut in der Hand liegt, hochwertig ausgestattet ist, zum Nachdenken anregt und zur Anschlusskommunikation einlädt. Ein schönes Weihnachtsgeschenk für neugierige Kinder ab vier Jahren und für bibliophile Erwachsene.

Titel: Woran denkst du?
Autor/-in:
  • Name: Laurent Moreau
Originalsprache: Französisch
Originaltitel: À quoi penses-tu?
Übersetzung:
  • Name: Edmund Jacoby
Illustrator/-in:
  • Name: Laurent Moreau
Erscheinungsort: Berlin
Erscheinungsjahr: 2017
Verlag: Jacoby & Stuart
ISBN-13: 978-3-946593-35-5
Seitenzahl: 44
Preis: 16,00 €
Altersempfehlung Redaktion: 4 Jahre
Moreau, Laurent: Woran denkst du?