Inhalt

Der junge "Aja", kurz für Ajatashatru, verbrachte bisher sein ganzes Leben in Mumbai und machte bereits als Kind mit seinen Freunden die Straßen als Trickbetrüger und Straßenkünstler unsicher, ständig begleitet von der Frage, wer und wo sein Vater ist. Seine Mutter ist ihm diesbezüglich keine Hilfe: Seinem ständigen Nachhaken ausweichend schwärmt sie von ihrem Traum, einmal nach Paris zu reisen und weckt so auch in Aja den Wunsch danach.

Jahre später verdient Aja sein Geld immer noch auf der Straße und versucht, genug für die zwei Flugtickets zu sparen, als seine Mutter plötzlich stirbt. Kurz darauf erfährt er, dass sein Vater irgendwo in Paris leben soll und trifft einen Entschluss: Aja fliegt mit der Asche seiner Mutter im Gepäck in die Stadt der Liebe, um seinen Vater zu suchen. Am Tag seiner Ankunft führt es ihn jedoch vorerst ins nächste Ikea-Möbelhaus, wo er auf die hübsche Amerikanerin Marie trifft und sich sofort unsterblich in sie verliebt.

Bevor es allerdings zu einem zweiten Treffen der beiden kommen kann, verlässt Aja jäh und unfreiwillig das Land; Der Ikea-Kleiderschrank, in dem er notgedrungen die Nacht verbringt (während dieser noch im Möbelhaus steht), wird ausgesondert und nach Großbritannien verschifft – inklusive Aja. Auf einen Zufall folgt der nächste und ehe er sich’s versieht, befindet sich Aja auf einer wilden und verrückten Reise quer durch Europa, auf der er nicht nur mit der Einwanderungsbehörde und Gangstern zu kämpfen hat, sondern auch tiefe Freundschaften entwickelt und das ein oder andere Leben rettet…

Kritik

Basierend auf dem internationalen Bestseller Die unglaubliche Reise des Fakirs, der in einem Ikea-Schrank feststeckte, geschrieben von Romain Puértolas, lebt auch die Handlung dieser Verfilmung von Zufällen, die unmöglich scheinen. Wie oft kommt es schon vor, dass ein Kleiderschrank und später auch mal ein Koffer zu Transportmitteln werden? Allein diese Prämisse des Films zeugt von einem Humor, der auch in den restlichen 90 Minuten nicht verloren geht. Schon mit Aja selbst als allwissendem Erzähler (in Form eines Voiceovers) wird seiner Geschichte durch seine vorausschauenden und oft sarkastischen Kommentare nicht nur Witz, sondern teils auch Ironie verliehen, die den Film nahezu durchweg begleitet und zu seiner Leichtigkeit und seinem Charme beiträgt. Dem Charme und der Faszination der Geschichte kommen darüber hinaus auch scheinbar absurde, zunächst zusammenhanglos wirkende Szenen zugute: So strömt in einer Szene, die einem typischen Bollywood-Film entstammen könnte, plötzlich laute indische Musik aus den Lautsprechern und überall sind Farben und synchron tanzende Menschen zu sehen – mitten in Italien. Trotz dieses sehr abrupten Genrebruchs fügt sich die Szene letztlich nahtlos in das restliche Geschehen ein.

Neben dem vorherrschenden Humor und der verzaubernden Atmosphäre weist der Film zudem durch die vielen aberwitzigen Reisen und Erlebnisse des Protagonisten einen Abenteuercharakter auf. Fortwährend fesselt der hierfür verwendete rasante Erzählstil die Aufmerksamkeit des Publikums. Gleichzeitig bringt Regisseur Ken Scott neben humoristischen und spannenden Elementen auch aktuelle, seriöse Themen zur Sprache, allen voran die europäische Flüchtlingskrise. Aja wird mehrfach für einen Flüchtling gehalten und erhält dementsprechend beispielsweise bei der Einwanderungsbehörde und in Flughäfen die selbe Behandlung wie die tatsächlich Fliehenden, bis er letztendlich sogar mit ihnen abgeschoben wird. In Szenen wie diesen werden einige Einblicke und Denkanstöße geliefert, die Verständnis und auch Sympathie für die notgedrungen fliehenden Menschen erwecken sollen oder zumindest zum Nachdenken anregen können. Allerdings wird das Thema nur angeschnitten und dabei teilweise auch verharmlost und zu behutsam verpackt – vermutlich, um die Wohlfühl- und Gute-Laune-Stimmung, die im gesamten Film herrscht, nicht vollkommen zu brechen und aufzulösen. So herrscht beispielsweise in einer Notunterkunft in einem Flughafen ein durchweg fröhliches und zwangloses Klima vor: Es wird gesungen, gelacht und gespielt. Die Umstände dieser Unterkunft und das Eingesperrt-Sein (die Halle ist verschlossen und darf nicht verlassen werden, es handelt sich also eigentlich um eine schwierige, beengte Unterkunftssituation) sind vollkommen außer Acht gelassen. Hauptsächlich wird also nur die eine Seite der Medaille beleuchtet: der Zusammenhalt zwischen den Flüchtenden, ihre Hoffnungen auf ein besseres Leben und der Wille, das Beste aus der eigenen Lage zu machen. Wie die Realität aussieht, was die Erfüllung des bescheidenen Wunsches nach einem sicheren Leben betrifft, wird höchstens angedeutet. Trotzdem gelingt es mithilfe von Ajas Lebensweisheiten, wichtige Aussagen zu diesem Thema und zum Leben im Allgemeinen an das Publikum zu vermitteln.

Für die angenehme Gesamtstimmung des Films ist in hohem Maße auch die Besetzung der Hauptrolle mitverantwortlich: Dhanush, ein indischer, in seiner Heimat sehr bekannter Schauspieler und Sänger, füllt die Rolle des Aja mit Charme und Herzlichkeit aus. Auch die Rolle von Marie und die der vielen Nebenfiguren sind gut besetzt und passen durch ihre ethnischen Unterschiede zum Motiv der Reise um die Welt. So sind neben der indischen Spitzenbesetzung der Hauptfigur und der US-amerikanischen Nachwuchsdarstellerin Erin Moriarty (Captain Fantastic – Einmal Wildnis und zurück) auch französische Berühmtheiten wie Gérard Jugnot zu sehen, welcher auch international große Erfolge mit Filmen wie Die Kinder des Monsieur Mathieu feierte.

Fazit

Die unglaubliche Reise des Fakirs, der in einem Kleiderschrank feststeckte ist eine märchenhaft erzählte Geschichte über die Zufälle des Lebens und die Freude an jedem einzelnen von ihnen. Voller Humor und Abenteuer und mit viel Herz zaubert dieser familienfreundliche Film sofort jedem Zuschauenden ab acht Jahren ein Lächeln auf die Lippen und schafft eine wohlige Atmosphäre.

Titel: Die unglaubliche Reise des Fakirs, der in einem Kleiderschrank feststeckte
Regie:
  • Name: Scott, Ken
Drehbuch:
  • Name: Bossi, Luc
Erscheinungsjahr: 2018
Dauer (Minuten): 96
Altersempfehlung Redaktion: 8 Jahre
FSK: 6 Jahre
Format: Kino