Inhalt

Fridolin, der von allen nur Frido genannt wird, hat es nicht leicht: Der Übergang auf die weiterführende Schule steht kurz bevor und mit seinen Noten hat er wenig Chancen, ein Gymnasium zu besuchen, während ausgerechnet sein bester Freund Emil Klassenbester ist. Von seiner Mutter fühlt Frido sich unter Druck gesetzt, da sie sich für ihn ein besseres Leben wünscht als das seines Vaters, der selber keinen Wert auf gute Noten gelegt hat. Dass seine ohnehin schon getrennt lebenden Eltern sich seinetwegen noch mehr streiten, lässt das Fass für Frido überlaufen – er nimmt Reißaus und landet auf einem Jahrmarkt. Dort entdeckt er ein Spiegelkabinett und traut seinen Augen kaum, als das ihm entgegenblickende Spiegelbild ihm zwar zum Verwechseln ähnlich sieht, sich aber völlig eigenständig bewegt und sogar reden kann. Mit der Aussage, er sei Frido "in perfekt" möchte der Doppelgänger Frido dazu überreden, ihn aus dem Spiegel zu befreien. Als sein Spiegelbild ihm anbietet, heimlich jeden Tag für ihn in die Schule zu gehen und so auch den Übergang auf ein Gymnasium zu ermöglichen, ist Frido überzeugt und geht davon aus, die Erwartungen seiner Mutter und seiner Lehrerin, Frau Klawitter, endlich erfüllen zu können. Die ersten guten Noten trudeln ein, Fridos Mutter ist aus dem Häuschen und auch Frau Klawitter ist positiv überrascht. Doch schon bald wird deutlich, dass Fridos Spiegelbild sich lediglich fürs Lernen interessiert und Spaß in seinem Leben keine Rolle spielt. Mit dieser Einstellung vergrault er Fridos Freunde, insbesondere Emil fühlt sich vor den Kopf gestoßen. Trotz der Warnung seines Spiegelbildes weiht Frido Emil ein, woraufhin dieser augenblicklich den Wunsch nach einem eigenen Doppelgänger aus dem Spiegelkabinett äußert. Dieser interessiert sich zwar nicht für die Schule, dafür ist er sportlich, mutig und kommt auch bei Emils Schwarm Dunja sehr gut an.

Es dauert nicht lange, bis der Rest der Klasse den plötzlich superschlauen Frido und den plötzlich selbstbewussten Emil durchschaut, und schon sitzen vor Frau Klawitter nur noch Schüler, die auf alle ihre Fragen die Antwort kennen und schwierigere Aufgaben verlangen. Währenddessen genießen die eigentlichen Schulkinder ihre Freizeit und Unabhängigkeit. Aber was erst wie die Lösung aller Probleme wirkt, stellt sich bald als Katastrophe heraus: Die lebendigen Spiegelbilder nisten sich immer mehr in die Leben ihrer Originale ein und versuchen, diese an ihrer Stelle zurück ins das magische Spiegelkabinett zu sperren. Frido und Emil müssen schnell handeln, bevor ihre Freunde und sie selbst für immer verloren sind.

Kritik

Die Doppelgängergeschichte von Unheimlich perfekte Freunde bespielt eines der beliebteren Motive des kinder- und jugendmedialen Erzählens. Kaum noch zu zählen sind beispielsweise die Adaptionen und Varianten von Erich Kästners Kinderroman Das doppelte Lottchen, in dem nach der Geburt getrennte Zwillinge heimlich ihr Zuhause tauschen, ohne dass die Eltern etwas davon mitbekommen. Bei Kästner wie in Unheimlich perfekte Freunde dient das Doppelgänger-Motiv auch der Reflexion von Eltern-Kind-Verhältnissen, doch während bei Kästner die Zusammenführung der getrennt lebenden Familienteile im Fokus steht, dreht sich Unheimlich perfekte Freunde um den (schulischen) Leistungsdruck, dem Kinder heutzutage ausgesetzt sind.

So wird zuschauenden Kindern durch die Beziehung zwischen Frido und seiner Mutter verdeutlicht, dass Eltern ihre Kinder so akzeptieren, wie sie sind und oft nur deshalb Druck ausüben, weil sie das Beste für ihren Nachwuchs wollen. So wünscht Fridos Mutter ihrem Sohn die Chance auf eine gute berufliche Zukunft, will aber zugleich, dass er weiterhin die gleiche Schule wie sein bester Freund besuchen kann.

Während die plötzlich guten Noten Frido anfänglich noch glücklich machen, merkt er schnell, dass es sehr viel Wichtigeres im Leben gibt, wie zum Beispiel seine Freunde, die sich von seinem Spiegelbild und damit auch von Frido abwenden. Dass sein angeblich perfekter Doppelgänger all seine Zeit und Energie ins Lernen steckt und dadurch keine Zeit für Spaß oder Kreativität hat, lässt Frido an dessen Perfektion zweifeln. Ähnlich verhält es sich bei Emil und den anderen Klassenkameraden: Durch ihre vermeintlich perfekten Doppelgänger, die auf den zweiten Blick doch Schwächen haben, wird ihnen letztendlich bewusst, dass sie für ihre Freunde und ihre Familie bereits perfekt sind – ein großer Schritt in Richtung Selbstakzeptanz. Junge Zuschauerinnen und Zuschauer lernen somit, dass jeder Mensch verschiedene Stärken und Schwächen hat und dass das auch gut so ist.

Eine wichtige Rolle spielt Humor im Film: Humor ist letztendlich der Schlüssel zur Lösung des Doppelgängerproblems, denn kaum eines der Spiegelbilder besitzt die Fähigkeit, Witze zu verstehen. Mithilfe von Scherzfragen wird ihnen vor die Augen geführt, dass sie eben nicht jede Frage beantworten können und dementsprechend nicht perfekt sind. Mit diesem Trick schaffen es die Klassenkameraden, ihre Doppelgänger zurück ins Spiegelkabinett zu sperren, da diese nur außerhalb des Kabinetts existieren können, solange sie von ihrer Perfektion überzeugt sind.

Die über die gesamte Filmhandlung verstreuten Scherzfragen bieten einen zusätzlichen Spaßfaktor für das Filmpublikum. Einen Hang zum Albernen bekommt der Film, als Eltern und Kinder gleichermaßen eine wilde Essenschlacht inmitten eines Informationstages am Gymnasium beginnen. Etwas überspitzt ist auch die Darstellung von Margarita Broich als strenge Lehrerin mit weichem Kern, die an ihren Schülern manchmal verzweifelt, dann aber doch froh ist, sie am Ende des Filmes wieder vor sich sitzen zu haben.

Dagegen brillieren die beiden Hauptdarsteller Luis Vorbach und Jona Gaensslen mit ihrer Darstellung von Frido, Emil und deren Spiegelbildern. Bereits an ihrer Mimik lässt sich augenblicklich erkennen, wen die Zuschauerinnen und Zuschauer vor sich haben. Sie verkörpern glaubhaft jeweils zwei Charaktere, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Unterstützt werden die Schauspielleistungen durch die Kameraarbeit: Original und Spiegelbild sind selten gleichzeitig frontal im Bild, meist stehen sie einander gegenüber oder es ist nur einer allein zu sehen. Für die tolle Umsetzung und seine Botschaft ist Unheimlich perfekte Freunde, der im Rahmen der Initiative "Der besondere Kinderfilm" entstanden ist, 2019 mit dem Kinder-Medien-Preis "Der weiße Elefant" in der Kategorie "Bester Kinofilm" ausgezeichnet worden.

Wer sich für die Entstehungsgeschichte des Films interessiert, kann in der DVD- und Blu-Ray-Heimkino-Edition Interviews mit dem Erfolgsregisseur Marcus H. Rosenmüller (u.a. Wer früher stirbt ist länger tot, Die Perlmutterfarbe) und den jungen Hauptdarstellern betrachten. Ein Making-of sowie ein weiterer "Blick hinter die Kulissen" beschreiben den langwierigen Prozess von der ersten Idee bis zum fertigen Kinofilm. Zudem ist die Heimkino-Edition mit einer Audiodeskription für Menschen mit Sehbeschränkungen und mit Untertiteln für Menschen mit Hörschädigungen ausgestattet.

Fazit

Für Kinder im Alter der Protagonisten ist Unheimlich perfekte Freunde ein Volltreffer. Er spricht Themen wie Freundschaft und Identität an, bietet eine Vielzahl an spaßigen Szenen, beruhigt aber auch auf glaubhafte Art und Weise diejenigen, die möglicherweise das Gefühl haben, den Ansprüchen ihrer Eltern nicht gerecht zu werden. Zu empfehlen ist der Film für Schulkinder ab sechs Jahren, insbesondere jedoch für Viertklässlerinnen und -klässler, die ebenfalls kurz vor dem Schulwechsel stehen und nun möglicherweise zum ersten Mal mit Leistungsdruck konfrontiert werden.

Titel: Unheimlich beste Freunde
Regie:
  • Name: Rosenmüller, Marcus H.
Drehbuch:
  • Name: Höft, Simone
  • Name: Lämmermann, Nora
Erscheinungsjahr: 2018
Dauer (Minuten): 92
Altersempfehlung Redaktion: 6 Jahre
FSK: 6 Jahre
Format: DVD/Blu-ray
Unheimlich perfekte Freunde (Marcus H. Rosenmüller, 2019)