Biografie

Über den Lebenslauf des gefeierten Autors und Illustrators ist kaum etwas bekannt, Walter Moers gilt als öffentlichkeitsscheu und gibt in meist per E-Mail oder Telefon geführten Interviews nur wenige oder gar widersprüchliche Angaben über seine Person preis. Geboren wurde der fantasievolle Zeichner und Schriftsteller im Jahr 1957 in Mönchengladbach.

Dieses Verwirrspiel gilt mittlerweile als eine Art Markenzeichen des Künstlers, der ein Meister der medialen Inszenierung ist und zum Teil den fiktiven Lindwurm Hildegunst von Mythenmetz, den angeblichen Verfasser mehrerer Zamonien-Romane, als eine Art Alter Ego auftreten lässt.

Einerseits mag die verhaltene Reaktion in Bezug auf Informationen über seine Person mit den Anfeindungen aus rechtsradikalen Kreisen zu tun haben, die Moers in seiner Eigenschaft als Comicautor so kontrovers diskutierter Werke wie Adolf, die Nazi-Sau in Briefen bedrohten und in deren Szene er als Persona non grata gilt.

Andererseits trägt der Mangel an Informationen über die Person Walter Moers zum Gelingen der Inszenierung bei, die der Künstler in seinen literarischen Werken ansteuert: Er selbst fungiert laut Klappentext nur als Übersetzer der Werke aus dem Zamonischen, er schafft eine Autorfiktion und eine Doppelung der Herausgeberschaft. Selbst in Interviews mit renommierten Zeitungen wie der F.A.Z. kommt der angebliche Verfasser der Werke, Hildegunst von Mythenmetz, zu Wort, der die Arbeit des Übersetzers Walter Moers kritisiert. Unter Einbezug sämtlicher Medien wie Buch, Bild, Zeitung, Internet und sogar Film gelingt hier eine mediale und intermediale Inszenierung, die ihresgleichen sucht.

Werk

Während die Comicwerke, die in etwa seit dem Jahr 1984 veröffentlicht werden, sich eher an ein erwachsenes Publikum richten, begeistern die Romane des Autors Walter Moers Kinder, Jugendliche und Erwachsene gleichermaßen. Der mit zahlreichen Preisen ausgezeichnete Schriftsteller vermischt in seinen von Erfindungslust und Kreativität nur so strotzenden Romanen Elemente der Populär- wie der Hochkultur, er schlägt einen Bogen von Klassikern der Weltliteratur bis hin zu Meisterwerken der bildenden Kunst und bindet intertextuelle wie intermediale Anspielungen ein in Geschichten über einen fantastischen fiktiven Kontinent namens Zamonien. 

Den nach diesem Kontinent benannten Zamonien-Romanen verdankt der vielseitige und facettenreiche Autor und Illustrator einen Großteil seines Ruhms und seiner Wahrnehmung in der Öffentlichkeit, weshalb sie auch exemplarisch für sein Gesamtwerk stehen können.

Den Auftakt der Reihe bildete der im Jahr 1999 erschienene Roman Die 13½ Leben des Käpt'n Blaubär, der dem Muster des Schelmen- und Picaroromans nachempfunden ist und lose auf der aus dem Kinderfernsehen bekannten Figur (die von Walter Moers erfunden wurde) basiert. Erzählt wird das halbe Leben eines Buntbären mit dem Hang zu Übertreibungen und Aufschneidereien, der diese Untugend gewinnbringend als Lügengladiator einsetzt.

Bereits im Folgejahr erschien nach dem Erfolg des ersten Zamonien-Romans das zweite auf dem fiktiven Kontinent zu verortende Werk: Ensel und Krete. Ein Märchen aus Zamonien. Wie bereits der Titel schon verdeutlicht, handelt es sich dabei um eine Märchenparodie, die auf intelligente Weise grob an das Märchen der Gebrüder Grimm angelehnt, dabei jedoch vor allem nach dem Muster des romantischen Kunstmärchens gestrickt ist. Zum ersten Mal tritt hier die Autorenfiktion Hildegunst von Mythenmetz auf, der als angeblicher Verfasser den Fortgang der Geschichte immer wieder durch abschweifende Überlegungen stört.

Eher in die Tradition des mittelalterlichen Ritter- und Heldenromans stellt sich dann der 2003 erschienene Roman Rumo & Die Wunder im Dunkeln, der den Werdegang und die Abenteuer eines Wolpertingers auf dem Weg zu Ruhm und vor allem zur ersten Liebe erzählt.

Den literarischen Ruhm des Autors begründete jedoch vor allem der im Jahr 2004 erschienene Roman Die Stadt der Träumenden Bücher, der eine Liebeserklärung ans Lesen und an die Welt der Bücher an sich darstellt. Die Fortsetzung Das Labyrinth der Träumenden Bücher aus dem Jahr 2011 wurde in weiten Kreisen eher verhalten rezipiert, auf mehr Gegenliebe in der Fangemeinde stieß der zuvor im Jahr 2007 erschienene Schrecksenmeister.

Die Zamonien-Romane von Walter Moers zeichnen sich vor allem durch ihre Vielseitigkeit aus: Beliebt bei Jugendlichen wie bei Erwachsenen, erzählen sie einerseits fantasievolle Geschichten, die von liebevollen Ideen und skurrilen Gestalten bevölkert sind, andererseits finden sich intelligente Seitenhiebe auf Gegenwartskultur und Buchmarkt sowie auf politische und philosophische Systeme.

Gleichzeitig konstatieren sich die Werke vor allem durch ein Gewebe aus intertextuellen und intermedialen Anspielungen, die zu literarischen Entdeckungs- und Detektivreisen einladen und die Medialität des Buches stets auf Neue hinterfragen und auf ihre Grenzen hin testen.

Eine weitere Besonderheit des moersianischen Œuvres liegt in der liebevollen Gestaltung der Werke: Die vom Autor selbst liebevoll und detailliert illustrierten Romane stellen kleine Kunstwerke dar, die neben den von Anspielungen durchsetzten Geschichten in der Text-Bild-Beziehung den Bedeutungskontext erweitern und die Geschichte in den Zeichnungen fortspinnen.

Populärrezeption

Der Erfolg des polymedialen Künstlers erreicht eine breite Öffentlichkeit und hat mittlerweile eine große Fangemeinde entstehen lassen, die aus Menschen aller Altersklassen besteht. Wie nur wenigen Schriftstellern gelingt es Moers, junge und alte Menschen sowie Leser unterschiedlichster Richtungen zu begeistern.

Der Schriftsteller und Illustrator wurde mit diversen Preisen ausgezeichnet, so erhielt er unter anderem im Jahr 2005 den Phantastik-Preis der Stadt Wetzlar für den Zamonien-Roman Die Stadt der Träumenden Bücher.

Im Jahr 2011 widmete sich eine Ausstellung in der Ludwig Galerie im Schloss Oberhausen unter dem Titel Die 7 ½ Leben des Walter Moers – Vom Kleinen Arschloch über Käpt'n Blaubär bis Zamonien den verschiedenen Facetten des Werks von Walter Moers.

Wissenschaftliche Rezeption

Obwohl die fantasievollen Geschichten des kreativen Erzählers durch ihre drolligen Gestalten und schrägen Einfälle überzeugen, bestechen die Romane eigentlich durch die selbstreferenzielle Spiegelung der Erzähltechnik, durch intertextuelle Verfahren, intermediale Dialoge, sie werden durch narrative Kunstgriffe und geschickte Inszenierungen von Herausgeberfiktionen auch für die wissenschaftliche Rezeption interessant und relevant.

So beschäftigte sich die literaturwissenschaftliche Forschung der letzten zehn Jahre verstärkt mit dem Phänomen Walter Moers und begann, diesen weißen Fleck auf der Landkarte nach und nach zu erforschen.

Neben einigen Aufsätzen und Abschlussarbeiten, die sich bestimmten Aspekten in den Zamonien-Romanen widmen, ist vor allem ein von Gerrit Lembke 2011 herausgegebener Aufsatzband von Relevanz, der sich als erstes größeres Projekt der Aufgabe angenommen hat, Walter Moers im akademischen und literaturwissenschaftlichen Kontext zu verorten und zu besprechen: Walter Moers' Zamonien-Romane. Vermessungen eines fiktionalen Kontinents. Erstmals liegt hier eine umfassende Besprechung der Zamonien-Romane vor, die sich in Einzelanalysen unterschiedlichen Aspekten des Werks widmet.

Literatur

  • Altgeld, Jan-Martin: Intertextualität und Intermedialität in Walter Moers' Wilde Reise durch die Nacht und Die Stadt der Träumenden Bücher. Berlin 2008.
  • Beckett, Sandra L.: Crossover Fiction. Global and Historical Perspectives. New York 2009.
  • Bunia, Remigius: Mythenmetz & Moers in der Stadt der Träumenden Bücher – Erfundenheit, Fiktion und Epitext. In: Alexander Bareis / Frank Thomas Grub (Hg.): Metafiktion. Analysen zur deutschsprachigen Gegenwartsliteratur. Berlin 2010, S. 189–201.
  • Engelhardt, Dirk: Walter Moers. In: Kindlers Literatur Lexikon. Hg. von Heinz Ludwig Arnold. 3., völlig neu bearbeitete Auflage. Mas-Nek. Band 11. Stuttgart/Weimar 2009, S. 373-375.
  • Feige, Marcel: Walter Moers. Dt. Comic- & Fantasy-Künstler. In: Ders.: Das neue Lexikon der Fantasy. Xena, Conan, Artus & der kleine Hobbit – Mythen, Legenden und Sagen der Fantasy. 2., erweiterte und aktualisierte Auflage. Berlin 2003, S. 310-312.
  • Fesler, Mario: Die Zamonien-Romane von Walter Moers als zeitgenössische Vertreter der Gattung Fantasy. Norderstedt 2007.
  • François, Anne Isabelle: Unmonstre de la littérature: Walter Moers, Hildegunst von Mythenmetz et le jeu postmoderne. In: Good Dragons are Rare. An Inquiry into Literary Dragons East and West. Hg. von Fanfan Chen und Thomas Honegger. Frankfurt am Main 2009, S. 325-342 (= Arbeiten zur Literarischen Phantastik. Band 5).
  • Friedrich, Hans-Edwin: Erzählen als Lügen. Die 13 ½ Leben des Käpt’n Blaubär von Walter Moers. In: Mitteilungen des Deutschen Germanistenverbandes 57 (2010), S. 148-161.
  • Herzog, Markwart: Von Narnia über Hogwarts und Zamonien nach FowlManor. Unterweltfahrten in der zeitgenössischen fantastischen Kinder- und Jugendliteratur. In: Höllen-Fahrten. Geschichte und Aktualität eines Mythos. Hg. von Markwart Herzog. Stuttgart 2006 (= Irseer Dialoge. Kultur und Wissenschaft interdisziplinär, Band 12), S. 213-243.
  • Höppner, Stefan; Ihle, Nadine: Walter Moers, Die 13½  Leben des Käpt’n Blaubär/Die Stadt der Träumenden Bücher. In: Architektur wie sie im Buche steht. Fiktive Bauten und Städte in der Literatur. Hg. von Winfried Nerdinger. Publikation anlässlich der gleichnamigen Ausstellung im Architekturmuseum der Technischen Universität München in der Pinakothek der Moderne vom 08. Dezember 2006 bis 11. März 2007. Salzburg 2006, S. 334-337.
  • Jeromin, Friederike: Eine Eulenspiegelei mit der Identität eines literarischen Textes: Intertextualität in Walter Moers' Roman Der Schrecksenmeister. In: Identität. Fragen zu Selbstbildern, körperlichen Dispositionen und gesellschaftlichen Überformungen in Literatur und Film. Hg. von Corinna Schlicht. Oberhausen 2010, S. 181-193 (= Autoren im Kontext – Duisburger Studienbögen. Band 11).
  • Klohs, Kathrin: Moers, Walter. In: Killy Literaturlexikon. Autoren und Werke des deutschsprachigen Kulturraums. Hg. v. Wilhelm Kühlmann et. al. Band 8. Berlin u. a. 2010, S. 285f.
  • Korten, Lars: In 13 ½ Leben um die Welt. Walter Moers' Zamonien global und regional betrachtet. In: Zwischen Globalisierungen und Regionalisierungen. Zur Darstellung von Zeitgeschichte in deutschsprachiger Gegenwartsliteratur. Hg. von Martin Hellström und Edgar Platen. München 2008 (= Perspektiven. Nordeuropäische Studien zur deutschsprachigen Literatur und Kultur, Band 4), S. 53-62; Lembke, Gerrit (Hg.): Walter Moers’ Zamonien-Romane. Vermessungen eines fiktionalen Kontinents. Göttingen 2011.
  • Siebeck, Anne: Das Buch im Buch. Ein Motiv der phantastischen Gegenwartsliteratur. Marburg 2009.

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Literaturkritiken

Moers, Walter: Die 13 ½ Leben des Käpt'n Blaubär