Inhalt

"Ich bin ein zu-spät-für-alles-und zu-nichts-zu-gebrauchen-Bummelschaf" (o. P.), seufzt ein zotteliges Wollknäuel. Ob Grasen oder Schlafengehen, stets kommt das Bummelschaf nicht zur rechten Zeit, stets steckt sein Kopf in einer anderen Welt. Auch zum Scheren für das Frühjahr ist das Schaf zu spät. Traurig trottet es von der Herde weg und gelangt zu einem Hühnerstall. Dort weint eine kleine braune Henne, zurückgelassen von den anderen Hühnern, die eine Tigerkatze vertreiben müssen. In dieser Not hilft das Bummelschaf mit einer tollen Idee: Es wärmt die im Stroh verlassenen Eier. Am nächsten Morgen piepst die kleine braune Henne freudig: "Schaut doch, schaut! Was für .. wundervolle Küken […]. Das hat das Bummelschaf gemacht. […] Es kam genau zur richtigen Zeit!" (o. P.)

Kritik

Das kleinformatige, fast quadratische Bilderbuch begrüßt den Lesenden auf seinem Cover mit einem flitzenden, von Blättern und Schmutz übersäten zotteligen Schaf, das seine Nase in den Himmel stupst. Es ist bereit, die Welt zu entdecken und der kleine blaue Vogel, der zu ihm hinaufschaut, wird dabei sein Begleiter sein. Die Buchrückseite zeigt eine Tigerkatze, die eine weiße Henne aufscheucht: Federn fliegen durch die Luft, eine brenzlige Situation scheint vorskizziert. Optisch ansprechend führen diese ersten Zeichnungen in die Geschichte des Buches ein, deren Figuren und Objekte schnörkellos und liebenswert anmuten. Die britische Autorin und Illustratorin Caroline Jayne Church gestaltet, wie schon in ihren vorangegangenen Werken (z. B. Gans schön schlau!, deutsche Erstausgabe 2005), auch in diesem Bilder und Texte verständlich kindgemäß. Problemlos können schon Kleinkinderaugen die in satten Farben gehaltenen Panoramabilder und Detailzeichnungen erschließen, die teilweise auf Zeitungspapier gemalt sind und dadurch eine besondere Maserung erhalten. Begleitet werden die Illustrationen von einfach formulierter Erzähler- und Figurenrede, die zum Vor- oder Selbstlesen anregt.
Das tragende Element der Geschichte ist das Bummelschaf, das, wie schon seine in den Himmel gereckte Nase zeigt, mit seinen Gedanken ganz woanders ist, sich an Blumen und Schmetterlingen erfreut und nicht viel von Alltagsroutine und Pünktlichkeit hält. Es trottet also nicht einfach mit seiner Herde mit, es fällt aus dieser heraus. So wird der Protagonist kompositorisch entweder in großer Distanz zu den anderen Schafen, in Gegenüberstellung zu diesen oder komplett allein dargestellt. Für seinen Eigensinn verurteilen ihn seine Artgenossen, die alle im Gleichtakt leben. Eine kleine braune Henne in Not weiß jedoch das Handeln des Bummelschafs zu schätzen. Glücklich kehrt der Ausreißer vom Hühnerstall zur Herde zurück, die durch den kleinen blauen Vogel bereits weiß, dass ihr Sonderling sich beim Ausbrüten der Eier als hilfreich erwiesen hat. Vor einer großen roten Abendsonne auf einer Anhöhe 'erstrahlt' das Bummelschaf nun in einem anderen Licht, bewundernd schaut die Herde zum einstigen Außenseiter hinauf. Dieser ist zwar wieder einmal zu spät – doch glücklich, dass er rechtzeitig nützlich sein konnte.

Das Büchlein spricht nicht nur Kleinkinder an, sondern allgemein jene, die oft Mühe haben, Kindergarten, Schule, Studium oder Arbeitsstelle, Termine, Verabredungen oder Versprechungen u. ä. rechtzeitig zu erreichen bzw. einzuhalten, einfach, weil es im gegebenen Moment für sie vielleicht Wichtigeres zu erträumen, zu erkunden, zu erledigen gibt. Oder es gibt etwas zu verbummeln, was Bequemlichkeit, Nachlässigkeit, auch Gleichgültigkeit nicht ausschließt – wobei das Kinderbuch nicht auf diese negative Konnotation abzielt. Vor allem wird durch die Figur des Bummelschafs deutlich, dass es sich ab und an lohnt, aus dem Alltagstakt herauszutreten und den abgesteckten Weg zu verlassen, um die Welt um sich herum ohne Eile, Ziel und Zweck wahrzunehmen. Bummeln kann so auch als entdeckendes Flanieren verstanden werden, das nicht auf einen Nutzen abzielen muss, doch aber in der einen oder anderen Situation nützlich sein kann.

Fazit

Das Bilderbuch Gut gemacht, Bummelschaf! soll keine Ermutigung zur Bummelei sein. Wie die Wortwahl 'Bummeln' impliziert, deutet es vielmehr daraufhin, dass diesem mit Milde, weniger mit Bestrafung begegnet werden sollte. Narrativ wie illustrativ wird eine allzu menschliche Schwäche angesprochen, bei der man den Kopf nicht hängen lassen muss, da in anderen Situationen die Stärken eines jeden 'Bummelfritzen' nutzbringend zutage treten können. Als entdeckendes, aber auch entspannendes Umherschweifen nützt Bummeln nicht nur Kindern allemal. Auf der Buchrückseite heißt es daher auch: Ein Mach-Mut-Buch für alle kleinen und großen Helden dieser Welt! Die großflächigen hübschen Bilder werden für Betrachtende und Zuhörende ab drei Jahren empfohlen, auch weil die festen Seiten und der Pappeinband von Kinderhänden nicht so schnell zerrissen werden können. Zum Selbstlesen bietet sich das Buch für Kinder erst ab acht Jahren an, da einige Bilder mit längeren Textpassagen versehen sind, die auf teilweise dunklem Hintergrund in kleiner Schriftgröße verfasst sind.

Titel: Gut gemacht, Bummelschaf!
Autor/-in:
  • Name: Church, Caroline Jayne
Originalsprache: Englisch
Übersetzung:
  • Name: Frankholz, Sabine
Erscheinungsort: Esslingen
Erscheinungsjahr: 2008
Verlag: Esslinger
ISBN-13: 978-3-480-22396-1
Seitenzahl: 28
Preis: antiquarisch erhältlich ca. 5,20 €
Altersempfehlung Redaktion: 3 Jahre
Church, Caroline Jayne: Gut gemacht, Bummelschaf!