Gegenstände der Schreibdidaktik 

Welche Anforderungen mit dem Schreibenlernen und -können verbunden sind, lässt sich nicht auf einen Fähigkeitsbereich reduzieren. Vielmehr sind mit dem Schreiben verschiedene "sprachliche[..] Teilfähigkeiten" (Krelle 2013, S. 363) verknüpft, die wiederum unterschiedliche Erwerbsfelder auffächern und damit als didaktisch relevant setzen. Dazu zählen nach Becker-Mrotzek und Schindler (2008, S. 97f.) verschiedene "Arbeitsbereiche", die der Produktion von Texten zugrunde liegen und welche wiederum spezifische Anforderungen an die Schreiberin oder den Schreiber stellen: die Erschließung des Mediums Schrift etwa durch den Aufbau schreibmotorischer Fähigkeiten, die Aktivierung von lexikalischen, syntaktischen und orthografischen Kenntnissen oder die Antizipation und Beherrschung von Textmustern. Diese Teilfertigkeiten rahmend ist die Leserorientierung, die es erforderlich macht, einen Text so gestalten zu können, dass er die potentiellen Leserinnen und Leser einbezieht. Auf der funktionalen Ebene des Schreibens stellt sich ein breites Spektrum dar. In der heutigen Schreibdidaktik wird dabei vor allem der kommunikative Aspekt des Schreibens betont, welcher die Hauptfunktion schreibender Tätigkeiten ausmacht und Varianten des Austauschs, der Verständigung und der Unterhaltung umfasst. Schreiben kann aber auch memorativ-konservierend im Sinne der Speicherung von Wissen und Gedanken, aber auch erkenntnisfördernd, reflektierend oder durch das Bedürfnis zum Selbstausdruck motiviert sein (vgl. Merz-Grötsch 2016, S. 12ff.). Das Schreiben in (selbst-)reflexiver Funktion und zum Selbstausdruck bezieht sich hingegen auf einen subjektiven Zugang zum Schreiben, bei dem eigene Gedanken, Haltungen und Emotionen die Schreibintention bestimmen. Epistemisch kann Schreiben als ein Werkzeug geistiger Aktivitäten genutzt werden, da Schreiben die kognitive Auseinandersetzung mit einem Sachverhalt (z.B. durch Verknüpfen, Ordnen, Neukombinieren) fordert und fördert, was Lernprozesse initiieren und gestalten kann (vgl. Merz-Grötsch 2016, S. 16f). Das Erkennen dieser Funktion lässt sich, wie folgender Auszug aus einer Feldnotiz zu einer Mutter-Kind-Interaktion zeigt, bereits in sehr jungem Alter rekonstruieren.

Beispiel: Theo 3,1 Jahre  

T:Ich schreibe am Schreibtisch ((sitzt am Schreibtisch)). Ich arbeite jetzt ((nimmt Computermaus in die Hand))
M:Was willst du schreiben?
T:Milo mit Blau, Theo schreibe ich auch mit Blau
Ich schreibe erst einmal Mi.lo ((kritzelt)
The.o ((kritzelt in der nächsten Zeile))
(...)
M: Und weißt du auch, warum man schreibt?
T: Wenn man lernt.
(...)
M: Was kann man denn machen, wenn man schreibt?
T: Lernen, auch noch mehr lernen und spielen.
(...)
M: (...) Warum lernt man denn?
T: Weil des gut ist.

Gemäß der Komplexität verschiedener Teilleistungen, die beim Schreiben von Texten erbracht werden müssen, konzentriert sich die Schreibdidaktik empirisch und theoretisch auf die verschiedenen Handlungsfelder des Schreibens. Dies umfasst den Prozess der Schriftaneignung selbst, die Planung, das Verfassen und die Revision von Texten, den Umgang mit verschiedenen Textsorten wie z.B. der Erzählung, dem Bericht oder der Argumentation. Das Erkenntnisinteresse der Schreibdidaktik wird umrissen von der Frage, wie der Erwerb von Schreibstrategien innerhalb unterrichtlicher Lehr-Lern-Arrangements zur Bewältigung schriftlicher Anforderungen (vgl. Feilke 2017, S. 163) in Abhängigkeit der individuellen Lernvoraussetzungen (vgl. Meyer 2016, S. 207) und Merkmale der Schülerinnen und Schüler vermittelt werden kann. Solche Merkmale sind z.B. sprachliches Vorwissen, Kognition oder Schreibmotivation (vgl. Steinhoff, Grabowski und Becker-Mrotzek 2017, S.12). Daraus folgt das Bestreben der Schreibdidaktik, die Schülerinnen und Schüler zu einem eigenständigen Umgang mit komplexen Texten zu führen (vgl. Becker-Mrotzek und Böttcher 2015, S. 74). Empirisch gesehen richtet die Schreibdidaktik ihr Forschungsinteresse auf Fragestellungen wie etwa die theoretische Modellierung und Erfassung von Schreibkompetenz auf der Basis geeigneter Messverfahren, das Bewerten und beurteilende Einschätzen von Texten, das Evaluieren von Schreibaufgaben oder die Erforschung der Relation von Schreibkompetenz und Neuen Medien (vgl. Steinhoff, Grabowski & Becker-Mrotzek 2017, S. 10). Auf theoretischer Ebene und mit Blick auf die Schulpraxis konzeptualisiert die Schreibdidaktik Lerninhalte, Lernziele und Methoden zur Entwicklung von Schreibpraktiken und Entfaltung von Schreibstrategien (vgl. Meyer 2016, S. 207; Feilke 2017, S. 153; Becker-Mrotzek und Böttcher 2015, S. 77). Damit operiert die Schreibdidaktik innerhalb des sog. "didaktischen Dreiecks" von Lerner, Lerngegenstand und Lehrperson und dessen komplexem Beziehungs- und Bedingungsgeflecht (vgl. Steinhoff, Grabowski und Becker-Mrotzek 2017, S. 11).

Entwickelt hat sich die moderne Schreibdidaktik aus ihren Anfängen als Aufsatzdidaktik im 19. Jahrhundert mit einer starken Orientierung an festen textuellen Schablonen (vgl. Müller 2015a, S. 353; Fix 2008, S. 112): "Die formalen Muster und stilistischen Nomen waren [...] streng vorgegeben; es wurde angenommen, dass Kinder zunächst damit überfordert wären, einen eigenen Text zu verfassen. [...] Es waren also weniger die eigenen Formulierungen gefragt als die Fähigkeit, vorbildliche Beispiele nachzuahmen. [...] Dahinter stand die Überzeugung, dass der eigene Schreibstil durch ein allmähliches Lösen von den Vorgaben zu erreichen sei." (Fix 2008, S. 112). Eine systematische und grammatisch fundierte Schreibpraxis, die über die Vermittlung von Aufsatzarten hinausgeht, wurde im Unterricht nicht berücksichtigt (vgl. Feilke 2017, S. 155), bis eine Erweiterung dieses eng gefassten Verständnisses von Textproduktion im Zusammenhang mit reformpädagogischen Einflüssen anfänglich des 20. Jahrhunderts erfolgte. Diese akzentuierten die Bedeutung der individuellen, persönlichkeitsorientierten Entfaltung des Kindes im Rahmen des freien Aufsatzes und des kreativen Schreibens (vgl. Fix 2008, S. 113). Einen weiteren Fokus eröffnet der parallel zu freien Aufsatzarten stehende sprachgestaltende Aufsatz, der auf die sprachliche Darstellungsform als schöpferische Erfahrung abzielt und die Ausgestaltung des Inhalts und der Form anstrebt (vgl. ebd., S. 114). Dieses normenkritische Verständnis wurde in den 1980er Jahren durch den Rekurs auf reformpädagogische Ansätze in Abgrenzung zu kommunikativen Ansätzen der Schreibdidaktik der 1970er Jahre nochmals aufgenommen (ebd.) und ist in der heutigen schulischen Schreibpraxis vor allem auf Primarebene in Form des kreativen und freien Schreibens abgebildet. Aktuelle schreibdidaktische Ansätze vereinen somit das Ziel, die Schülerinnen und Schüler zum selbstständigen Verfassen komplexer Texte zu befähigen und von der reinen Fokussierung von Textmustern und normierten Vorgaben abzurücken (vgl. Becker-Mrotzek und Böttcher 2015, S. 74f.).

In Opposition zum traditionellen Aufsatzunterricht stehen außerdem prozessorientierte Ansätze der Schreibdidaktik. Diese interpretieren die kindliche Wissensaneignung als eine Aktivität, die durch das Kind selbst initiiert wird und bei der es sich die zu erwerbenden Gegenstände eigenaktiv durch selbst geleitete Operationen konstruierend erschließt. Dieses Verständnis des Schreibens als Prozess kann in Zusammenhang mit konstruktivistischen Ansätzen gesehen werden, die über Arbeiten der kognitiven Linguistik und Kognitionspsychologie in den deutschen schreibdidaktischen Diskurs der 1990er Jahre eingebracht wurden. Didaktisch schloss sich unmittelbar die Frage an, welche Konzepte als geeignet eingestuft werden können, um die Eigenaktivität des Kindes beim Schreiben zu unterstützen (vgl. Fix 2008, S. 119). Dabei kamen sog. Schreibprozessmodelle in den Blick, die im Zuge der Etablierung der internationalen prozessorientierten Schreibforschung ab den 1970er und 1980er Jahren (für den deutschsprachigen Raum geltend ca. ab der 2. Hälfte der 1980er Jahre (vgl. Fix 2008, S. 119)) zunehmend rezipiert wurden und darstellen, welche kognitiven und sprachlichen Operationen Schreibern und Schreiberinnen bei der Textproduktion innerhalb der Trias von Planung, Formulierung und Überarbeitung abverlangt werden (vgl. z.B. grundlegend Hayes und Flowers 1980, hierzu auch Bachmann und Becker-Mrotzek 2017, S. 31ff.). Schreiben wird hier gleichsam als "Problemlöseprozess" (Becker-Mrotzek und Böttcher 2015, S. 19f.) gerahmt, der es erfordern würde, einem Text wie einem bislang nicht bearbeiteten Problem auf der Folie des eigenen Vorwissens, des eigenen Langzeitgedächtnisses und externer Komponenten wie Thema, Adressat oder Motivation unter Einbezug von inhärenter Problemlösestrategien im Sinne emergenter oder erlernbarer kognitiver Fertigkeiten zu begegnen (vgl. Budde, Riegler und Wiprächtiger-Geppert 2011, S. 20f.).

Von Monologizität zu Teamwork

Mit der Fokussierung der Prozesshaftigkeit des Schreibens und der Frage, wie die einzelnen Phasen des Schreibens didaktisch unterstützt werden können, ergibt sich gegenüber der traditionellen Aufsatzdidaktik eine divergente didaktische Konzeptionalisierung der kommunikativen Bedingungen des Schreibens. Grundlegend sind die spezifischen Bedingungen des Schreibens – determiniert durch die singuläre Situation des Schreibens, bei der Produktions- und Rezeptionsmoment zeitlich auseinanderklaffen (vgl. Ehlich, 1983) - und der Schreiber/die Schreiberin in formellen, institutionellen Sprachverwendungszusammenhängen wie der Schule oder der Universität an einen "generalisierten Anderen" (Maas 2008, S. 332) adressiert. Nach Maas bedeutet dies, dass die sprachliche Botschaft des Schreibers/der Schreiberin an eine(n) Leser/Leserin gerichtet wird, der/die nicht konkret ist, sondern abstrakt und verallgemeinbar ist und diese damit eine stärkere sprachliche Elaborierung und Kontrolle erfordert als im Falle ein benenn- und wahrnehmbaren Adressaten (vgl. Maas 2008, S. 332; Maas 2010).

Schreiben im späteren Berufsalltag stellt jedoch "alles andere als eine einsame Angelegenheit" (Sturm 2008, S. 1) dar: In vielen Berufen wird in Projekten zusammengearbeitet, Ideen werden in Teams entwickelt und präsentiert. Die Fähigkeit, auch kooperativ schreiben zu können, ist somit eine basale Fähigkeit für das spätere Berufsleben. Zugleich ist das kooperative Schreiben zentraler Ansatzpunkt in der heutigen Schreibdidaktik, die vor die Aufgabe gestellt ist, Konzepte für inklusive Lernsettings zu entwickeln. Kooperativ meint dabei im Kontext solcher Lernsettings einen gemeinsamen und wechselseitigen Austausch bereits vorhandener Fähigkeiten und den Erwerb neuer Kenntnisse, während ein gemeinsames Ziel bearbeitet wird (vgl. Traub 2017, S. 139). Bezogen auf kooperative oder auch kollaborative Schreibaufgaben bedeutet dies das gemeinsame Verfassen eines Textes in einer Gruppe, bei dem alle Beteiligten gleichermaßen an der Textentstehung beteiligt und mit Zuständigkeiten ausgewiesen sind, z.B. durch die Aufteilung des Schreibprozesses auf mehrere Gruppenmitglieder mit unterschiedlichen, parallel zu bearbeitenden Teilaufgaben (vgl. Sturm 2008, S. 2; Bürki und Stucki-Volz 2010, S. 89). Dabei steht im Sinne der prozessorientierten Schreibdidaktik nicht allein das Endprodukt im Fokus, sondern vor allem die Kooperation zwischen den einzelnen Beteiligten in Hinblick auf das Einbringen verschiedener Schreibstrategien, Überarbeitungsformen, Aspekte der Selbstreflexion und der Organisation der Schreibaufgaben im Team (vgl. Bürki und Stucki-Volz 2010, S. 89). Lernbezogene Potentiale werden hierbei in der Schreibmotivation, der Reflexion der Teilprozesse des Schreibens sowie in der Verbesserung kommunikationsbezogener und sozialer Kompetenzen gesehen (vgl. Lowry, Curtis und Lowry 2004, S. 67; Bürki und Stucki-Volz 2010, S. 89). Diese Aktivitäten werden mit Blick auf Motivation, Partizipation in der Gruppe und Reflexion eigener Stärken als am effektivsten angesehen, wenn die Gruppe eine klare Rollenverteilung hat (vgl. Lowry, Curtis und Lowry 2004, S. 85ff). So können sich alle Schülerinnen und Schüler der Gruppe ihren individuellen Lernbedürfnissen entsprechend einbringen und sich gegenseitig unterstützen, was wiederum ein individuelles Kompetenzerleben ermöglichen kann (vgl. Bürki und Stucki-Volz 2010, S. 91; Sturm 2008, S. 2), da kooperative Lernformate ein wichtiges Prinzip des Umgangs mit heterogenen Lernvoraussetzungen und des sozialen Lernens darstellen (Traub 2017, S. 142). Damit antizipiert die Schreibdidaktik, dass jeder Unterricht in (sprachlich) heterogenen Klassen stattfindet. Dies betrifft die Berücksichtigung individueller Zweitspracherwerbsbiographien oder auch besonderer Lernanforderungen und -bedürfnisse verschiedener Gruppen von Schülerinnen und Schülern (vgl. Becker-Mrotzek und Böttcher 2015, S. 75f.; Jeuk 2018, S. 11f.) in inklusiven Lernsettings.

Schreiben in inklusiven Lerngruppen

Die Heterogenität einer inklusiven Schulklasse ergibt sich nach einem hier zugrunde gelegten weiten Inklusionsverständnis einerseits aus unterschiedlichen sprachlichen Ausgangslagen, andererseits aus den verschiedenen körperlichen, geistigen, motivationalen, familiären und sozio-ökonomischen Voraussetzungen von Schülerinnen und Schülern (vgl. Lanig 2013, S. 14). Daraus resultiert die Notwendigkeit eines differenzierten Lernangebots im Deutschunterricht unter Berücksichtigung der individuellen Ausgangslage der Kinder, ihrer Motivation und ihrer Interessen, unterschiedlicher Lerntypen, Zeitvorgaben, dem Anforderungsgrad der Aufgaben, Sozialformen und der Beschaffenheit der Materialien. Mit Blick auf die sprachliche Heterogenität einer Schulklasse können differente Lernvoraussetzungen der Schülerinnen und Schüler aus unterschiedlichen Spracherfahrungen in den Erstsprachen resultieren, die sprachsozialisatorisch begründet sind. Einige Schülerinnen und Schüler haben beispielsweise bereits durch den Zugang zur Kinderliteratur in ihrer Erstsprache literate Erfahrungen gesammelt und können daher in der zweiten Sprache an bereits vorhandenes sprachliches Wissen anknüpfen. Übertragbare Wissensbestände können dabei Textmuster sein, wie etwa der Aufbau einer Argumentation oder eines Märchens, oder das Bewusstsein, adressatenorientiert unter Einbezug formaler Aspekte wie dem Gebrauch von Höflichkeitsformen zu vertexten (vgl. Jeuk 2018, S. 52; auch Müller 2013). Schülerinnen und Schüler mit geringen literaten Ressourcen in der Erstsprache können sich wiederum in der Alltagssprache kompetent verständigen, zeigen aber dann Schwierigkeiten, wenn sie Inhalte durchdringen oder verfassen müssen, die in formellen Sprachverwendungszusammenhängen realisiert sind. Dies resultiert zumeist in einer fehlenden semantischen Durchdringung komplexer Sätze, die spezifisch für die Sprachverwendung in formellen Situationen sind (z.B. komplexe Nominalphrasen, hypotaktische Strukturen, vgl. Maas 2008). Aber auch die Verwendung formeller Ausdrucksformen kann beim Schreiben von Texten eine Herausforderung darstellen (vgl. Mathiebe 2018).

Bei Kindern mit Unterstützungsbedarf im Förderschwerpunkt geistige Entwicklung kann die Beherrschung der Schreibfähigkeit ebenfalls in unterschiedlichem Maße ausgeprägt sein – jeweils in Abhängigkeit von den jeweiligen kognitiven Dispositionen und den bisherigen Lernerfahrungen. Ratz (2013) konstatiert zum Beispiel, dass mehr als ein Drittel der Schülerinnen und Schüler an Förderschulen im Bayern, die einen Förderschwerpunkt im Bereich geistige Entwicklung aufweisen, beim Lesen große Schwierigkeiten haben, die Markierung der Schrift auf Silben-, Wort- und Satzebene für die korrekte Lautung eines Wortes und dessen Verstehen zu interpretieren, so dass der Leseprozess primär nur bei bekannten Wörtern gelingt.

Schreibleistungen können zudem sehr stark in Abhängigkeit von auditiven Fähigkeiten variieren, da diese die phonologischen Segmentierungsfähigkeiten maßgeblich beeinflussen können (vgl. Scheerer-Neumann und Ritter 2005, S. 1ff.,). Dies gilt gleichsam für Kinder mit Lese-Rechtschreibschwierigkeiten. Auch hier sind es häufig Schwierigkeiten in der formalen Betrachtung des Gesprochenen und dessen Analyse nach sprachlichen Einheiten wie Silben, Wortbetonungen und dem Rhythmus der Sprache, häufig bezeichnet als sog. "phonologische Bewusstheit" (hierzu z.B. Müller 2015b). So deuten Studien darauf hin, dass Kinder, die bereits im Vorschulalter Probleme bei der Silbensegmentierung und Fokussierung auf die äußere, graphematische Form einer Äußerung haben, beim Schriftspracherwerb öfter Schwierigkeiten zeigen (vgl. z.B. Goldbrunner 2006, S. 9f., 35f., 63). Vor allem für den frühen Schrifterwerb zeigt sich longitudinal, dass u.a. anhand der phonologischen Bewusstheit der Verlauf der Erwerbsanfänge bei der Schriftaneignung zukünftig eingeschätzt werden können, da gute Fähigkeiten in diesem Bereich mit guten Leistungen im Lesen und Rechtschreiben in der Primarstufe korrelieren (vgl. Schneider 2008).  Zuletzt ist auch das Geschlecht ein Heterogenitätsfaktor, der bei Schreibleistungen einzubeziehen ist (vgl. Glaser 2004, S. 106).

Inklusiver Schreibunterricht

Unterricht in inklusiven Lerngruppen orientiert sich an einem Inklusionsbegriff, der die "gleichrangige gesellschaftliche Partizipation aller Menschen" (Kullmann, Lütje-Klose und Textor 2014, S. 90) voraussetzt. Die inklusive Lerngruppe ist somit eine sehr heterogene Gruppe von Kindern, bei der alle Differenzkategorien wie Geschlecht, kognitive Fähigkeiten, Herkunft etc. im Unterrichtsgeschehen aktiv berücksichtigt werden. Das Adressatenverständnis von Inklusion richtet sich somit "auf alle Lernenden, besonders aber auf vulnerable Gruppen" (vgl. Lindmeier und Lütje-Klose 2015, S. 10). Inklusion ist dabei ein Prozess der Überwindung ausgrenzender Verhältnisse (vgl. Kronauer 2013, S. 24). Für die Didaktik bedeutet dies Konzepte für inklusive Lerngruppen zu entwickeln, die Gemeinsamkeit und Differenz ausbalancieren und ein Gleichgewicht zwischen den individuellen Lernbedürfnissen der Lernenden als auch den Bedürfnissen der gesamten Lerngruppe anzustreben (vgl. Klein et al. 1987, S. 37ff. sowie Reiser 1991, S. 15ff., zusammenfassend Lindmeier und Lindmeier 2012). Die Prinzipien von Öffnung, innerer Differenzierung und förderdiagnostisch begründeter Unterrichtsdurchführung setzen zugleich eine Symbiose aus fachdidaktischen und sonderpädagogischen Überlegungen zur Gestaltung des Unterrichts relevant (vgl. Kullmann, Lütje-Klose und Textor 2014, S. 92ff.). Mit Blick auf den Schreibunterricht bedeutet dies also, Konzepte zu gestalten, die allen Kindern die Möglichkeiten geben, schriftsprachliche Erfahrungen zu sammeln und in der literalen Entwicklung voranzuschreiten. Hier bietet die inklusive Didaktik einige Ansatzpunkte, die im Folgenden kurz angedeutet werden sollen.

Ein klassisches Konzept zur Planung von gemeinsamem Unterricht ist Feusers 'Lernen am Gemeinsamen Gegenstand'. Zusammenfassend geht es darum, dass "alle Kinder und Schüler in Kooperation miteinander auf ihrem jeweiligen Entwicklungsniveau nach Maßgabe ihrer momentanen Wahrnehmungs-, Denk- und Handlungskompetenzen in Orientierung auf die 'nächste Zone ihrer Entwicklung' an und mit einem 'Gemeinsamen Gegenstand' spielen, lernen und arbeiten" (Feuser 1995, S.174).

Somit wird „die 'kooperative Tätigkeit am gemeinsamen Gegenstand' der Lehrenden und Lernenden nach Maßgabe der 'Inneren Differenzierung durch Individualisierung' desselben zum didaktischen Zentrum der pädagogischen Praxis einer Allgemeinen Pädagogik" (Feuser 1998, S. 33, Hervorh. im Original). In dieser kooperativen Tätigkeit entstehen für Feuser neue Möglichkeiten des Erlebens und der Erkenntnis, von denen alle Lernenden profitieren (vgl. Feuser 2013, S. 289). Feuser orientiert sich dabei an Klafkis Forderung nach einer Bildung für alle (vgl. Kullmann, Lütje-Klose und Textor 2014, S. 92ff.), die sich an epochaltypischen Schlüsselproblemen ausrichtet und aus den gleichen Lerngegenständen individualisierte Lernziele für alle Schülerinnen und Schüler entwickelt, die in fachübergeifende Kontexte eingebunden sind und auch schulorganisatorische Veränderungen erfordern (vgl. Feuser 2013, S. 291).

Wocken (1998) würdigt Feusers Ansatz ausdrücklich, kritisiert aber seine Engführung auf gemeinsame Unterrichtsgegenstände als einzige Möglichkeit für gemeinsamen Unterricht. Er stellt diese Ausschließlichkeit in Frage und stellt ergänzend die Theorie gemeinsamer Lernsituationen vor, bei der Gemeinsamkeit und Differenz der Schülerinnen und Schüler im konkreten Unterricht auch durch verschiedene Lernsituationen mit unter Umständen unterschiedlichen Gegenständen bearbeitet werden können (vgl. Wocken 1998, S. 40ff.). Dazu zählen nach Wocken koexistente Lernsituationen, in denen die Lernenden individualisiert an unterschiedlichen Gegenständen oder Aufgaben nebeneinander arbeiten und Austausch eher zufällig stattfindet; kommunikative Lernsituationen, die didaktisch eher ungeplant sind, in denen allerdings der Beziehungsaspekt dominant ist und die entscheidend für das soziale Miteinander in der Klasse sind, wie etwa die Pause, ein freier Unterrichtsbeginn oder offene Unterrichtsphasen; subsidiäre Lernsituationen, in denen Schülerinnen und Schüler strukturiert oder auch in freien Situationen einander helfen und so mit- und voneinander lernen und kooperative Lernsituationen, in denen Schülerinnen und Schüler gemeinsam arbeiten und zwar entweder in komplementären Lernsituationen, in denen arbeitsteilig und individualisiert gearbeitet wird und Ergebnisse zusammengetragen werden, oder in solidarischen Lernsituationen, die vergleichbar mit Feusers "Lernen am gemeinsamen Gegenstand" sind und von Wocken als "Sternstunde" (Wocken 1998, S. 50) gemeinsamen Lernens bezeichnet werden.

Ein dementsprechend breiteres Verständnis gemeinsamen (inklusiven) Lernens bietet folglich reichhaltige Möglichkeiten, Unterricht zu planen und Lernende mit unterschiedlichsten Lernbedürfnissen und Vorerfahrungen an Lerngegenstände heranzuführen. (vgl. Ratz, Stegkemper und Ulrich 2020 im Erscheinen). Entsprechend kann dies auch schreibdidaktisch genutzt werden.

Schreibdidaktische Ansätze für inklusive Lerngruppen

Für die Schreibförderung in inklusiven Settings bieten sich Bilderbücher in besonderer Weise als gemeinsamer Gegenstand an. Sie können entsprechend Feusers Herangehensweise projektorientiert und mit umfangreichen inneren Differenzierungsmöglichkeiten erarbeitet werden. Bilderbücher können nicht nur mit kreativen Schreibanregungen und Schreibanlässen kombiniert werden, sie lassen auch unterschiedliche "Ausdrucks- und Mitteilungsformen" als innere Differenzierungsmöglichkeiten zu (Günthner 1999, S. 16): So können Kinder, wenn die Schreibfähigkeit eingeschränkt ist, sich mit Bildern oder im szenischen Nachspielen der Geschichte kommunikativ mitteilen und dabei zugleich schriftkulturelle Erfahrungen sammeln (vgl. Wieczorek 2006). Die visuelle Wahrnehmung der Bilder im Buch kann den auditiven Input des Vorlesens unterstützen und den Verstehensprozess erleichtern. Der Text des Bilderbuchs kann zudem durch den Vorleser oder die Vorleserin sprachlich auf die Lerngruppe abgestimmt und angepasst werden, beispielsweise durch die Explikation von Begriffen, die Realisierung von kindbezogenen Gesprächsimpulsen oder die Wiederholung sprachlicher Strukturen (vgl. z.B. Becker und Müller 2015). Im Falle von Beeinträchtigungen des Schreibens können darüber hinaus technische Unterstützungsmittel wie Computer, Tastatur oder Audiorekorder herangezogen werden (vgl. Wieczorek 2006, S. 98), im Falle von Beeinträchtigungen des Hörens z.B. digitale Kinderliteratur, bei der Gebärden simultan zur Text- und Bildebene integriert sind, um das inhaltliche Verstehen hörbeeinträchtigter Kinder zu unterstützen (vgl. hierzu Müller-Brauers und Potthast 2019).

Auch für die Gestaltung unterschiedlicher Lernsituationen eignen sich Bilderbücher in besonderem Maße. Je nach Lernvoraussetzungen können manche Kinder Bilderbuchtexte vorlesen und andere bei der reproduktiven Wiedergabe der Geschichte unterstützen – beispielsweise durch die Bildung von Schreibtandems oder Expertengruppen, bei denen Schülerinnen und Schüler sich gemäß ihrer individuellen Voraussetzungen und Ressourcen im Rahmen des inklusiven Unterrichts in den Schreibprozess einbringen können (vgl. Traub 2017, S. 138f.). In den Schreibphasen können sich die Gruppenmitglieder gegenseitig unterstützen und mit Hilfe der Lehrkraft die Rollen den Fähigkeiten entsprechend verteilen, um Über- oder Unterforderung zu vermeiden und um individuelles Kompetenzerleben zu ermöglichen. Dies würde Wockens (1998) subsidiären oder auch komplementären Lernsituationen entsprechen.

Integrative Ansätze der Schreibdidaktik – hier gemeint als ein fachlich vernetzender Unterricht – bieten wiederum für die Schreibförderung von Schülerinnen und Schülern mit heterogenen sprachlichen Voraussetzungen ein besonderes Potential, wenn sie das Schreiben mit sprachreflexiven Handlungen verknüpfen. Solche Ansätze verstehen sich ebenso wie prozessorientierte und kreative Ansätze als Gegenvorschlag zum eng gefassten Aufsatzunterricht. Dabei liegt der Fokus integrativer Ansätze vor allem darauf, Schreibanlässe in divergente unterrichtliche Zusammenhänge kommunikativ und semantisch so einzupassen, dass sie mit anderen Themen des Unterrichts verbunden werden können (vgl. Fix 2008, S. 121). So lassen sich Schreibaktivitäten im Unterricht z.B. im Zusammenspiel mit literarischen Lerngegenständen kombinieren, etwa in Form der schriftlichen Wiedergabe von zuvor gelesenen oder vorgelesenen literarischen Texten oder durch das Bereitstellen fehlender Textteile einer Geschichte, die finalisiert werden müssen (ebd.). Integrativer Schreibunterricht lässt aber auch die Möglichkeit zu, das Schreiben von Texten mit sprachreflexiven Tätigkeiten und Übungen zu verknüpfen. Hierbei können z.B. die Analyse und Umsetzung von orthografischen Markierungen, der Gebrauch grammatischer Strukturen und die Kontrolle der Grammatik und Rechtschreibung beim Schreiben und im Umgang mit Texten gefördert werden (ebd.).

Ein Ansatz, der dieser Art des integrativen Schreibunterrichts zugeordnet werden kann, ist die generative Textproduktion (vgl. z.B. Belke 2016). Im Zentrum dieses Ansatzes stehen poetische Texte und literarische Vorlagen, die zur spielerischen Auseinandersetzung mit Sprache animieren, aber zugleich zur schriftlichen Sprachproduktion anregen können: z.B. Kinderreime, Gedichte, Zungenbrecher oder Lieder (vgl. Belke 2016). Sie werden für das literate Lernen von Kindern als besonders förderlich eingeschätzt, da sie nicht nur ästhetische Erfahrungen ermöglichen, sondern aufgrund ihrer strukturellen Gestalt (z.B. häufige Wiederholung einzelner Sprachstrukturen, die durch die Substitution einzelner Lexeme, Phrasen mit unterschiedlichen Akteuren und Objekten variiert werden) und ihrer Reformulierungs- und Modifizierungsmöglichkeit das Produzieren von Texten unterstützen können (vgl. Frieg et al. 2012). Die ausgewählten Texte können mitgesprochen, mitgesungen und mit verschiedenen Handlungsrollen nachgespielt und modifiziert werden – je nach Interesse der Kinder. Durch Variation verschiedener Figuren und Aktanten eines Textes kommt es zu morphologischen Veränderungen beispielsweise im Bereich des Genus-Kasus-Systems, die mit den Kindern gesammelt und z.B. an der Tafel notiert und grammatisch kategorisiert werden können. Auf dieser Basis schreiben die Kinder selbst eigene Texte, indem sie die zuvor bearbeiteten und systematisierten sprachlichen Strukturen für die eigene Sprachproduktion, z.B. in Form eigener Gedichte, nutzen (vgl. Belke 2016). "Dies ist gerade für Kinder mit anderen Herkunftssprachen wichtig, die in ihrer noch nicht vollständig erworbenen Zweitsprache schreiben lernen und damit oft überfordert sind. Indem sie sich an dem Original orientieren, klinken sie sich in ein vorhandenes Sprach- und Handlungsschema ein und nutzen die vorgegebenen Textstrukturen für ihre eigenen Mitteilungsbedürfnisse" (Frieg et al. 2012, S. 155). Als literarische Vorlagen können dabei nicht nur Gedichte, Verse oder Reime dienen, sondern auch Bilderbücher, die wie die Litkey-Bilderbücher (von Lehmden et al. 2017 a,b,c) unter einer besonderen linguistischen Aufbereitung des Textes (häufige Frequenz der Strukturen, Kontrastierungen und geblockte Darbietung, vgl. Bebout und Belke 2017) nicht nur ein spezifisches grammatisches Feld adressieren, sondern auch Anlässe zur mündlichen und schriftlichen Sprachproduktion enthalten, die dazu anregen, die zuvor gehörten grammatischen Strukturen in die eigene Textproduktion zu überführen.

In dem Bilderbuch Mensch, Oma! der Litkey-Reihe (Müller-Brauers und von Lehmden i.V.) wird dies, wie folgender Ausschnitt zeigt, z.B. so umgesetzt, dass entsprechende Schreibanlässe zur Reproduktion der Geschichte und deren sprachlichen Strukturen (hier Zeitformen) bildlich und textuell integriert werden. In diesem Fall geht es um Toni, der zusammen mit seiner Oma eine Seehundshow besucht und dabei ein Held wird, da er den Hund des Bürgermeisters vor dem Ertrinken rettet. Seine Oma wird nach der Show zu den Ereignissen befragt, doch gibt Oma die Handlungen falsch wieder, weil sie mehr mit ihrem Handy als mit dem Beobachten der Seehundshow beschäftigt war. Da Omas falsche Darstellung in der Lokalzeitung publiziert wird und Oma die Situation so unangenehm ist, beginnt sie mit Toni eine schriftliche Gegendarstellung, die durch die Schülerinnen und Schülern unter Verwendung von Zeitformen fortgeführt werden kann.

schreibdidaktik mueller Brauers von Lehmden abbAbb. 1: Müller-Brauers und von Lehmden i.V. 

Auf diese Weise können nicht nur rezeptive, literarisch-ästhetische Rezeptionsfähigkeiten in die "literarische Produktionskompetenz" (Abraham 2015, S. 11) überführt werden, sondern der Schreibprozess durch die vorgegebenen grammatischen Strukturen und deren Wiederholung und Modifikation innerhalb der eigenen Textproduktion entlastet werden.

Im inklusiven Unterricht ist es außerdem notwendig – gerade dann, wenn auch Schülerinnen und Schüler mit umfänglichen Behinderungen beteiligt sind – sich der Frage der Einbeziehung von Schülerinnen und Schülern zu stellen, denen der Erwerb der Schreibfähigkeit sehr schwerfällt. In der Fachliteratur wird in diesem Zusammenhang hier u.a. vom sog. "erweiterten Schreiben" gesprochen, nach dem zum Schreiben z.B. auch das Legen oder Kleben graphischer Zeichen oder Realmaterialien oder das Zeichnen zählt (vgl. Günthner 1999, S. 137ff.; Thamm 1995). Dies wird von den entsprechenden Autoren als eine Basis gesehen, um Kindern mit eingeschränkten Schreibfähigkeiten ein adäquates Schreibangebot zu machen.

Schreiben und sich Ausdrücken im Zusammenhang mit Bilderbüchern bietet auch in dieser Hinsicht unterrichtspraktisches Potenzial und entzieht sich darüber hinaus normativen Vorgaben, da hier vor allem die Imaginationsfähigkeit und Kreativität der Schülerinnen und Schülern angesprochen werden, so dass sich Schülerinnen und Schüler frei in literale und literate Verwendungszusammenhänge einbringen können, ohne standardisierte Vorgaben erfüllen zu müssen (vgl. Wiezorek 1999). Entsprechend wird der Bilderbuchrezeption neben sprachfördernden Aspekten in inklusiven Settings ein besonderer Mehrwert in Bezug auf die Förderung der Motivation und Haltung in Bezug auf den Erwerb der Schriftsprache zugesprochen (vgl. Günthner 1999, S. 23).

Ausblick

Schreibdidaktische Ansätze, die in der Praxis genutzt werden können, sind, wie die obigen Darstellungen zeigen, vielfältig und situativ im Kontext des Unterrichts in verschiedenen Fächern variabel handhabbar, müssen aber zukünftig noch stärker auf die Bedingungen inklusiver Lerngruppen abgestimmt werden. Grundzüge der inklusiven Didaktik, wie hier in Kürze thematisiert, können dabei zentrale Impulse für die Weiterentwicklung der Schreibdidaktik zu einer inklusiven Schreibdidaktik geben. Dies ist zugleich als eine interdisziplinäre Aufgabe zu verstehen, die hier nur in Kürze skizziert werden konnte und welche zur weiteren Bearbeitung einlädt. Bilderbücher scheinen aufgrund ihrer engen Kopplung von Bild und Text und der Möglichkeit, verschiedene Formen des Ausdrucks (vgl. Günthner 1999; Wieczorek 2006) damit zu verknüpfen, ein besonders geeignetes Medium für die Arbeit in inklusiven Lerngruppen zu sein, da sie unterschiedliche Aneignungswege und Zugangsweisen (vgl. Terfloth und Bauersfeld 2019) ermöglichen. Und auch das schreibdidaktische Prinzip der Kooperation ist kompatibel zu inklusiven Konzepten, die das Arbeiten innerhalb subsidiärer und kooperativer Lernsituationen (Wocken 1998) als Teil des gemeinsamen Unterrichts akzentuieren. Zentrale Fragen stellen sich in diesem Zusammenhang allerdings in Bezug auf die Bewertung und Rückmeldestruktur von Texten im Rahmen des inklusiven kooperativen Schreibprozesses: Wie können Beiträge unterschiedlicher Qualität dem einzelnen Schüler oder einzelnen Schülerin zugeordnet werden? Wie kann eine Gruppenbewertung der individuellen Ausgangslage von Schülerinnen und Schülern entsprechen? Wie gelingt es Schülerinnen und Schülern sich in einer heterogenen Gruppe angemessenes Feedback zu geben, so dass die individuellen Voraussetzungen der Schülerinnen und Schüler adäquat berücksichtigt werden? Wie kann die Kreativität von Schülerinnen und Schülern angemessen gewürdigt werden? Kriterienkataloge (vgl. hierzu z.B. Jost und Böttcher 2012) bieten hierfür eine hilfreiche formale Grundlage, doch sie können das soziale Aushandeln von Kriterien und Rückmeldestrukturen nicht ersetzen. Zugleich werden Schülerinnen und Schülern mit festgestelltem sonderpädagogischen Förderbedarf im Bereich des Lernens oder der geistigen Entwicklung zieldifferenziert unterrichtet, was bedeutet, dass die Vorgabe der zu erwerbenden Kompetenzen in einer Klasse hinsichtlich einzelner Schülerinnen und Schüler variieren. Dieser Umstand muss ebenfalls bei der Bewertung von Texten berücksichtigt werden und ist bisher ein wenig bearbeitetes Feld.

Literaturverzeichnis

Primärliteratur

  • Müller-Brauers, Claudia, von Lehmden, Friederike und Lehmann, Bernd: Mensch, Oma! Bilderbuch zum impliziten Grammatikerwerb. i.V.
  • von Lehmden, Friederike, Müller-Brauers, Claudia, Belke, Eva und Gerlind Belke: Unruhe im Zoo. Bilderbuch zum impliziten Grammatiklernen. Baltmannsweiler: Schneider, 2017a.
  • von Lehmden, Friederike, Müller-Brauers, Claudia, Belke, Eva und Gerlind Belke: Immer anders. Bilderbuch zum impliziten Grammatiklernen. Baltmannsweiler: Schneider, 2017b.
  • von Lehmden, Friederike, Müller-Brauers, Claudia, Belke, Eva und Gerlind Belke: Prinz Bärtram brummt wieder. Bilderbuch zum impliziten Grammatiklernen. Baltmannsweiler: Schneider, 2017c.

Sekundärliteratur

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