Frank Maria Reifenberg zählt zu den produktivsten Autoren der gegenwärtigen Kinder- und Jugendliteratur. Sein Œuvre reicht von Vorlesebüchern und Bild-Text-Medien für die Kleinsten (z.B. Zimmer frei in der Knispelstraße 10 mit Illustrationen von Katja Jäger) über Abenteuerromane für Kinder (z.B. Kampf im ewigen Eis) bis hin zu einem jugendliterarischen historischen Briefroman (Wo die Freiheit wächst), zu dem es auch ein Hörspiel gibt, oder Gesellschaftsutopien.
In seinen Texten gelingt es Reifenberg, fantastische Welten zu entwerfen, in denen immer wieder neue Überraschungen warten und in denen die Erzählinstanz immer wieder Elemente eines metaisierten, spezifisch unzuverlässigen Erzählens aufweist. Eindrücklich lässt sich das an Lenny unter Geistern darstellen, einem Spuk-Roman, in dem jedes rationale Erklärungsangebot für die merkwürdigen Ereignisse (Sinnestäuschungen, Erinnerungslücken, oder handelt es sich womöglich um das ausgedachte Drehbuch?) immer wieder angezweifelt und dadurch in einem mimetisch unentscheidbaren Schwebezustand zwischen fiktionsinterner Wirklichkeit und textinterner Fiktion gehalten wird. Identity X - Wer ist Boston Coleman? führt das Spiel mit Perspektiven fort und lässt durch Parallelhandlungen und wechselnde Perspektiven ein Vexierspiel mit Wahrheit entstehen, bei dem sich mit jeder scheinbaren Antwort neue Fragen ergeben.
Darüber hinaus operiert Reifenberg mit Intertextualitäts-Phänomenen. So spielt Die Schattenbande legt los (gemeinsam mit Gina Meyer) mit Parallelisierungen zu Erich Kästners Emil und die Detektive und lässt 4 Jugendliche im Berlin der 1920er Jahre auftreten, die nach und nach immer tiefer in den Strudel krimineller und mystischer Elemente eintauchen. Dabei steht Die Schattenbande zudem im Kontext des spezifisch historischen Erzählens, werden doch immer wieder geschichtliche Ereignisse und Erfindungen wie der Zeppelin in die Handlung eingeflochten. Aber auch Zukunftsvisionen und Technikvisionen (Projekt Lazarus. In den Fängen der KI) sind in seinem Portfolio enthalten.
Seine Werke, die er gemeinsam mit Christian Tielmann unter dem Pseudonym "R.T. Acron" verfasst, operieren mit dem Erinnerungs-Topos (Kronox. Vom Feind gesteuert) oder entwerfen Utopien (Ocean City), die in spezifisch ästhetische Verfremdungen eingekleidete Abenteuergeschichten mit gesellschaftskritischen Untertönen verweben.
Diese Beispiele stellen nur einen Bruchteil der Werke aus Reifenbergs Feder dar, die im Rahmen des geplanten Sammelbandes behandelt werden sollen.
Reifenberg engagiert sich auch in der Leseförderung speziell für Jungen (Projekt boys&books, kickenundlesen, Leseförderung für Jungen an der Universität Köln) und bietet spezielle didaktisch konzipierte Lesungen für Kinder, Jugendliche und Studierende an, die im Rahmen des Bandes ebenfalls betrachtet werden können.
In dem geplanten Sammelband soll es darum gehen, ausgewählte Werke, Motive oder Darstellungsweisen von Frank Maria Reifenberg zu analysieren und die Erkenntnisse danach in didaktische Anschlussüberlegungen zu überführen. Sehr gern dürfen auch methodische Überlegungen und Unterrichtsvorschläge auf Basis einer vorab erfolgten Analyse und Didaktisierung eingebracht werden.
Es werden Vorschläge zu folgenden Bereichen erbeten:
1. Analysen und didaktische Perspektiven sowie Unterrichtsvorschläge zu Einzelwerken
- z.B.: Problemorientierung am Beispiel von Landeplatz der Engel
- z.B.: Die Ausgestaltung der Fantastik in Lenny unter Geistern – Analysen und didaktische Perspektiven (bitte dazu keinen Beitragsvorschlag mehr einreichen, andere Ideen zu diesem Text sind willkommen)
- z.B.: Mister Lugosi – Eintauchen in die fantastische Welt der unheimlichen Weihnachtsgeschichte
- z.B.: (Trans-)Gender in Herr K. macht Wiau – Perspektiven für einen gendersensibilisierenden Literaturunterricht in der Grundschule (bitte dazu keinen Beitragsvorschlag mehr einreichen, andere Ideen – etwa in Bezug auf Intertextualität – zu diesem Text sind willkommen)
- z.B.: 60 Sekunden zwischen Fakt und Fiktion – Perspektiven für die Vermittlung von Weltwissen durch Literatur?
- z.B.: Gesellschaftskritik und Gesellschaftsentwürfe in Die Schattenbande – didaktische Überlegungen
- z.B.: historisches Erzählen in Wo die Freiheit wächst – Perspektiven für den Literaturunterricht
2. Übergreifende Motive und Erzählweisen in Reifenbergs Werken (bitte angeben, welche Werke perspektiviert werden sollen) – jeweils mit didaktischen Perspektiven
- z.B.: Geschlechterrollen in Reifenbergs Romanen
- z.B.: Postmoderne Erzählweisen bei Reifenberg
- z.B.: Gesellschaftsentwürfe und Gesellschaftskritik bei Reifenberg
- z.B.: Normen und Werte in Reifenbergs Erzählungen
- z.B.: serielle Strukturen
- z.B.: "Zeit" in Reifenbergs Werken
3. Reifenberg intermedial
- Hörspiel, Lesungen, Leseförderung...
Weitere Ideen sind willkommen.
Beitragsvorschläge werden erbeten bis zum 01.09.2022 an PD Dr. Sebastian Bernhardt, Vertretung der Professur für deutsche Literatur und ihre Didaktik (Schwerpunkt Primarstufe), Pädagogische Hochschule Schwäbisch Gmünd: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.
Bitte fügen Sie Ihrem Beitrag eine Skizze Ihres Vorhabens unter Angabe der Zuordnung zur Sektion, Angabe des behandelten Werks/der behandelten Werke und Ihres Erkenntnisinteresses im Umfang von maximal 1 Seite sowie knappe bio-bibliografische Informationen zu Ihrer Person bei. Geben Sie auch gern an, ob Sie ggf. offen für ein Alternativthema wären, sofern sich mehrere Kolleginnen und Kollegen für ähnliche Themen interessieren.
Sie erhalten bis zum 02.09. eine Zu- oder Absage.
Abgabetermin für die Beiträge im Umfang von 30.000-40.000 Zeichen wird der 16.04.2023 sein. Der Band soll im Sommer 2023 in der Reihe Literatur – Medien – Didaktik bei Frank & Timme erscheinen.
[Quelle: Call for Papers]