Die Literary Disability Studies als eigenes Format der Disability Studies sind in der germanistischen Literaturwissenschaft noch in der Etablierungsphase. Neben vereinzelten Veröffentlichungen ist ein entsprechender Band von Matthias Luserke-Jaqui (2019) zu nennen, eine größere Dynamik hat das Forschungsfeld durch das DFG- Netzwerk „Inklusive Philologie“ bekommen, wodurch weitere Publikationen und Tagungen in der Planung sind (s. hier).


Eine deutlich längere Geschichte hat der philologische Umgang mit (Themen und Motiven von) Behinderung in der Fachdidaktik Deutsch: einerseits durch die bemerkenswerte Präsenz von behinderten Figuren in der Kinder- und Jugendliteratur, andererseits durch die Fokussierung auf Inklusion im (Deutsch-)Unterricht. Der geplante Band will beide Arbeitsbereiche nun zusammenführen und dazu beitragen, dass sich dieses Forschungsfeld im vielfältigen Spektrum der Methoden und Praktiken der Philologie weiter etabliert. Dabei ist ein möglichst breites Feld an Zugängen und Perspektiven zum Thema vorgesehen – die einzige verbindliche Vorgabe ist, dass es sich um Einzelinterpretationen handeln muss, die einen einzigen literarischen Text (bei einem kulturpoetischen Textbegriff, der z.B. auch Graphic Novels oder Bildergeschichten berücksichtigt) analysieren. Dies kann entweder z.B. im Rahmen einer textnahen Interpretation sein, oder in der fachdidaktischen Überlegung, wie ein literarischer Text inklusiv im Unterricht vermittelt werden kann. Welche Konzepte von Behinderung dabei zur Anwendung kommen, liegt allein in der Entscheidung der Beiträgerinnen und Beiträger: Das Ziel soll die Repräsentation einer Vielfalt von Perspektiven sein. Die Einzelinterpretationen sollen dabei nicht den impliziten normativen Anspruch von Modellinterpretationen vermitteln, sondern eher tentativen, exemplarischen Charakter haben.


Zur Veranschaulichung seien zwei Beitragsmöglichkeiten vorgestellt, die auch gerne selbst in einen Themenvorschlag münden können: Ein moderner Klassiker, der sich mit dem Thema Behinderung, aber auch mit dazu gehörigen pädagogischen Fragestellungen beschäftigt, ist André Gides „Die Pastoral-Symphonie“, wo es um die Erblindung einer jungen Frau geht. Informativ wäre beispielsweise auch ein historischer Überblick über die forschungsgeschichtliche Rezeption der Klara-Figur in Johanna Spyris „Heidi“ – eine der berühmtesten behinderten Figuren der neueren (Kinder- und Jugend- )Literaturgeschichte, wo auch das heikle Thema der Heilung eine Rolle spielt. Der literarische Text muss nicht zur deutschsprachigen Literaturgeschichte gehören, aber in deutscher Übersetzung vorliegen. Die Beitragssprachen können deutsch und englisch sein.

Beitragsvorschläge sind erbeten bis zum 30.06.2024 an:

Prof. Dr. Dr. Hans-Joachim Jürgens Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.

PD Dr. Matthias Berning Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.

Der Sammelband soll in der von Prof. Dr. Klaus Birnstiel und Dr. Johannes Görbert gegründeten Reihe „Behinderung – Literatur – Kultur“ im Freiburger Rombach-Verlag (Rombach Wissenschaft) erscheinen.


[Quelle: Pressemitteilung]