„Sie bringen den Schrecken in die heile Familienwelt: Unschuldig lächelnd treten sie mit ihren kleinen Füßen ein Loch in den dünnen Boden der Zivilisation.“ So fasst die Süddeutsche Zeitung das Grauen zusammen, das von einer wirkmächtigen Figur ausgeht: das unheimliche Kind, das im Zentrum der Ausstellung „Enfants Terribles – Unheimliche Kindergeschichten“ stand. Das Unheimliche ist spätestens seit Freud eng mit literarischen Motiven und Figuren verbunden. Neben einer solchen psychoanalytischen Lesart von Texten gilt es nach neueren Entwicklungen und Methoden zu fragen, die insbesondere kinder- und jugendliterarische Medien perspektivieren.
Der neunte Jahrgang des open-access, peer-reviewed Jahrbuchs der Gesellschaft für Kinder- und Jugendliteraturforschung nimmt die Figur des unheimlichen Kindes zum Ausgangspunkt, um nach Figurationen und Verfahren des Unheimlichen in Kinder- und Jugendliteratur und -medien zu fragen. Wie wird mit Tabus gespielt, wie werden Kindheitskonzeptionen (neu) entworfen, wenn kindliche Figuren nicht – wie in der Tradition romantischer Kindheitsvorstellungen – mehr die Aura des Unschuldigen haben? Neben Bildern von Kindheit gilt es dabei auch nach Konstruktionen von Jugend zu fragen.
Das Unheimliche kommt in ganz unterschiedlichen Gestalten daher, so ist beispielsweise das Monströse ein durchaus tradierter Topos der Kinder- und Jugendliteratur. Fragen nach den Ausgestaltungen von Schauer- und Horrorliteratur und damit nach adressatenorientierten Spezifika der Genres schließen sich ebenso an. Wie wird das Unheimliche im Bilderbuch, im Roman, in Filmen, Serien und Videospielen evoziert bzw. wie beeinflussen sie einander gegenseitig? Lassen sich neuere Ansätze der literaturwissenschaftlichen Emotionsforschung produktiv einbeziehen, um die Rezeption des Unheimlichen zu beschreiben? Inwiefern spielen hier auch bestimmte Geschlechtervorstellungen eine Rolle, die möglicherweise mit der Konstruktion des Unheimlichen und Monströsen verbunden sind?
Die Beiträge sollten die Breite und Vielfalt des Themas sowohl aus theoretischer als auch aus gegenstandsorientierter Perspektive in den unterschiedlichen erzählerischen und medialen Realisierungen (Romane, Kurzprosa, Lyrik, Theaterstücke, Bilderbücher, Sachbücher, Comics, Graphic Novels, Hörmedien, Filme, TV-Serien, Computerspiele) aufgreifen.
Mögliche Themen, Fragen und Schwerpunkte, jeweils mit Bezug auf Kinder- und Jugendliteratur bzw. -medien, wären:
- Unheimliche Figuren in Kinder- und Jugendliteratur/-medien
- Kindheitskonzeptionen und -konstrukte
- Verfahren von Stimmungserzeugung, Strategien von Spannung und Entspannung
- Unheimliche Räume
- Unheimliche Genres
- Spezifika unterschiedlicher Medien: das Unheimliche in Bild, Ton und Materialität
- Diachrone Perspektiven, beispielsweise mit Blick auf die Romantik und weitere Fortschreibungen
- Horror in Serialität
- Das Unheimliche im Politischen
Über das Schwerpunktthema hinaus sind zudem offene Beiträge zu kinder- und jugendliterarischen bzw. -medialen Fragestellungen aus historischer wie theoretischer Perspektive erwünscht; auch dazu bitten wir um entsprechende Vorschläge.
Formalia:
Wir hoffen auf große Resonanz und bitten bei Interesse um die Zusendung von entsprechenden Angeboten für themenbezogene bzw. offene Beiträge in Form eines Exposés (von nicht mehr als 2.000 Zeichen mit Leerzeichen) bis zum 15.09.2024. Die Exposés sollten außer einer kurzen inhaltlichen Zusammenfassung Angaben über die Fragestellung enthalten, den Bezug zu theoretischen Positionen herstellen sowie Literatur nennen, auf die sich der Beitrag stützt. Benachrichtigungen über die Annahme des Vorschlags und die Einladung zur Einreichung eines Beitrags werden zusammen mit dem Style Sheet bis zum 31.10.2024 verschickt.
Die Beiträge selbst sollten einen Umfang von 40.000 Zeichen (inkl. deutschem wie englischem Abstract, Fußnoten, Literaturverzeichnis und Kurzvita) nicht überschreiten und den Herausgeberinnen spätestens bis zum 01.03.2025 als Word-Dokument vorliegen.
Bitte senden Sie Ihr Exposé an:
Das Jahrbuch der Gesellschaft für Kinder- und Jugendliteraturforschung | GKJF 2025 wird im Dezember 2025 hier veröffentlicht.
Herausgeberinnen/Editors des Jahrbuchs der Gesellschaft für Kinder- und Jugendliteraturforschung | GKJF
Prof. Julia Benner, Humboldt-Universität zu Berlin
Prof. Thomas Boyken, Carl von Ossietzky Universität Oldenburg
Prof. Gabriele von Glasenapp, Universität zu Köln
Prof. Lena Hoffmann, Universität Bielefeld
Jun.-Prof. Anna Stemmann, Universität Leipzig
Weitere Informationen finden Sie hier.
[Quelle: Pressemitteilung]