Die in Kinder- und Jugendliteratur (KJL) dargestellten (Lebens)Welten sind oftmals ein literarisches kaleidoskopartiges Abbild unserer von Krisen, Kriegen und gesellschaftlichen Umbrüchen geprägten Zeit. Die vom Klimawandel bedrohte Natur, multipel bedingte Fluchterfahrungen, Antisemitismus, Rassismus und vielfältige weitere politische, inner- und zwischenmenschliche Konfliktsituationen werden in kinder- und jugendliterarischen Texten und Medien sowie in deren diskursiv-bedingter Rezeption nicht nur dargestellt, sondern auch potenzielle Lösungen diskutiert.

Das Erkenntnisinteresse der Tagung widmet sich mit Hilfe der Stichwörter Weltrettung und Weltverbesserung dem Spannungsfeld der Kinder- und Jugendliteratur – zwischen Didaktik, Wissensvermittlung und ästhetischem Spiel – und möchte ausloten, wie aktuelle und historische Texte dazu beitragen, den Status quo zu hinterfragen und eine Verbesserung und positive Veränderung der Welt und der Gesellschaft beziehungsweise des Menschen anzustoßen (Rettung). Unsere Tagung möchte folglich die Bestrebungen von Kinder- und Jugendliteratur…

…Retter*innen der Welt zu bilden bzw. Heranwachsende zur Weltrettung zu befähigen, 

…selbst (als Medium) Welt zu verbessern und positiv zu verändern, 

überprüfen. In der Untersuchung der Funktionsweisen und Darstellungen dieser literarischen Weltverbesserungen und Weltrettungen gilt es hierbei auch immer wieder die Frage nach dem Oszillieren der KJL zwischen erzieherischem Auftrag, der intendierten individuellen und gesellschaftlichen Textwirkung, den damit einhergehenden Sichtweisen auf Kindheit und dem subversiven ästhetischen Spiel als Gegenpol aufzuwerfen. Bedeutend sind hier nicht nur die impliziten differenten Kindheitsentwürfe, sondern auch mögliche ‚eskapistische Lektüren‘. Vor dem Hintergrund der aktuellen weltpolitischen Entwicklungen lässt sich darüber hinaus die Frage stellen, inwiefern gegebenenfalls eine Neupositionierung der KJL notwendig oder bereits im Gange ist: Muss der kulturrevolutionäre Wunsch nach einer krieg- und konfliktlosen Welt einer neuen Realität weichen? Gilt es nunmehr zu diskutieren, wie von Krieg und Frieden beziehungsweise von Freund und Feind erzählt werden kann? Mit welchen Herausforderungen sehen sich rezente Weltrettungsnarrative konfrontiert?

Ferner gilt es zu untersuchen, welche Formen (Gattungen, Motive, Figuren, Genres etc.) und literarischen Mittel (einfache Sprache, spielerisches Lernen, fantastische und utopische Elemente, Verfahren der Identifikationssteigerung und Subversion etc.) eingesetzt werden. Aus unterschiedlichen literaturwissenschaftlichen, literaturhistorischen und interdisziplinären Blickwinkeln möchten wir uns den facettenreichen literarischen Weltrettungen und -verbesserungen annähern und diskutieren, welche Chancen, Möglichkeiten und Fallstricke das kinder- und jugendliterarische Spannungsfeld bietet: Inwiefern im literarischen Möglichkeitsspielraum Lösungen probiert und narrativ vermittelt werden können und inwieweit der Inszenierung von KJL als Medium zur Verbesserung (Bildung, Erziehung, Sozialisation) auch die Gefahr einer Instrumentalisierung und Manipulation inhärent ist, die konträr zu neuen Bestimmungen von Kindheit und Kindheitsbildern steht.

Formalia:

Erwünscht sind Beitragsvorschläge, die sich mit der Frage nach historischen und aktuellen ‚Weltrettungen‘ in der Kinder- und Jugendliteratur (auch Medien) auseinandersetzen und idealiter das ganze kinder- und jugendliterarische Spannungsfeld beleuchten. Möglich, aber nicht ausschließlich sind beispielsweise Untersuchungen aus den Bereichen Ecocriticism, Gender Studies, Disability Studies, Postcolonial Studies, der Textwirkungsforschung oder der Spieltheorie. Auch Auseinandersetzungen mit einzelnen Genres, Gattungen, Motiven, Figurationen oder historischen Entwicklungen sind willkommen.

Tagungsthema: "Weltrettungen. Kinder- und Jugendliteratur zwischen gesellschaftlichem Engagement und ästhetischem Spiel"
Datum: 10.-12. April 2025
Ort: IJB, München
Organisation: Dr. Theresia Dingelmaier (Professur für Neuere deutsche Literaturwissenschaft | Universität Augsburg)
Lisa Rettinger (Professur für Neuere deutsche Literaturwissenschaft mit dem Schwerpunkt Ethik | Universität Augsburg)

Die Tagung findet in Kooperation mit der Internationalen Jugendbibliothek in den Räumlichkeiten des Blutenburg-Schlosses in München statt. Ergänzt wird das wissenschaftliche Programm durch eine Lesung und ein Gespräch mit der Autorin Stepha Quitterer.

Beitragsvorschläge zum genannten Themenfeld können (ca. 400 Wörter | max. 1 DinA4 Seite) bis zum 15. Oktober 2024 an: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein. und Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein. eingesendet werden.

Weitere Informationen finden Sie hier.

[Quelle: Pressemitteilung]