Inhalt

Im Irland des 9. Jahrhunderts lebt der zwölfjährige Brendan in einem abgeschotteten Kloster bei seinem Onkel, dem Abt Cellach. Dieser ist aus Furcht vor Wikingern, die plündernd durchs Land ziehen, von der Idee besessen, einen riesigen Schutzwall um sein Kloster zu errichten. Brendan jedoch sehnt sich nach Natur und Fantasie, in der Enge des Klosters fühlt er sich weniger geschützt als vielmehr eingesperrt.

Als eines Tages der Buchmaler Aidan mit seinem berühmten 'Buch von Iona' in das Kloster kommt, ist Brendan fasziniert. Trotz der Verbote seines Onkels will er Aidan bei der Vollendung des Buches helfen und verlässt das Kloster, um im Wald nach Pflanzenfarben zu suchen. Dabei lernt er den weiblichen Waldgeist Aisling kennen, der ihm bei seiner Aufgabe hilft.

Doch auch mit der Farbe kann Aidan sein Buch nicht vollenden, weil ihm für die Arbeit das Auge von Columban von Iona fehlt, eine spezielle Linse, die er für die detailreiche Arbeit benötigt. Bevor Brendan sich aber erneut davonschleichen kann, wird er von seinem Onkel ertappt und zur Strafe eingesperrt. Mithilfe von Pangur Bán, der Katze des Buchmalers, und Aisling wird er jedoch befreit, und es gelingt ihm durch eine List, dem gefährlichen Gott Cromm Curach die Linse zu entringen und mit dieser zum Kloster zurückzukehren.

Dieses wird jedoch bald darauf tatsächlich von den gefürchteten Wikingern überfallen. Bei einem Fluchtversuch werden Brendan und Aidan von den Angreifern gestellt, doch Aisling eilt mit ihrem Gefolge aus schwarzen Wölfen zu Hilfe und die Wikinger werden besiegt.

Von nun an reist Brendan mit Aidan zusammen durch das Land, und sie arbeiten gemeinsam an der Fertigstellung des Buches. Viele Jahre später findet Brendan seinen tot geglaubten Onkel wieder und kann ihm, der schon auf dem Sterbebett liegt, das vollendete 'Buch von Kells' zeigen. Cellach, von Trauer und Schuldgefühlen gegenüber dem ebenfalls für tot gehaltenen Neffen erlöst, vergießt Tränen der Rührung beim Betrachten des kunstvollen Werkes, dessen Bedeutung er nun versteht.

Abb. 1: Screenshot aus Brendan und das Geheimnis von Kells (2009). Verleih: Ascot Elite.Abb. 1: Screenshot aus Brendan und das Geheimnis von Kells (2009). Verleih: Ascot Elite.

Kritik

Brendan und das Geheimnis von Kells fällt vor allem durch seine ungewöhnliche künstlerische Gestaltung auf, die an mittelalterliche Buchmalerei erinnert. Inspiriert ist diese Darstellung durch das 'Book of Kells', das tatsächlich existiert. Das 2011 zum Weltdokumenterbe erklärte Buch entstand vermutlich um 800 nach Christus in dem Kloster Iona. Es beinhaltet die vier Evangelien auf Latein, die detailreich und unter Nutzung edler, aufwändig hergestellter Farben illustriert sind. Das Book of Kells zählt zu den herausragendsten Beispielen mittelalterlicher Buchmalerei; es ist heute im Trinity College in Dublin sichtbar. Die Geschichte des Filmes ist merklich von den Legenden, die sich um das Buch ranken, beeinflusst. 

Auch der Stil der im Film genutzten Zeichnungen ist sichtlich von dem ornamentalen Duktus der im Book of Kells verwendeten traditionellen keltischen Muster inspiriert. Die experimentelle künstlerische Gestaltung, die unter der Leitung von Ross Stewart entstand, lässt über die weniger aufwändige Geschichte hinwegsehen und grenzt den Film gegenüber anderen Animationsfilmen ab. Interessant ist besonders der Einsatz verschiedener künstlerischer Stile: In der unterweltlichen Höhle, in der Brendan dem Gott Cromm Curach gegenübertreten muss, mutet der vormals mittelalterliche Stil plötzlich surreal an. Und als die gefürchteten Wikinger Kells tatsächlich angreifen, erinnern die nun abstrakten und farblich sehr stark kontrastierten Bilder an den Expressionismus. In diesen Szenen bricht die Gestaltung mit dem ansonsten vorherrschenden Stil, der wie erwähnt eher an mittelalterliche Buchmalerei erinnert.

Doch nicht nur künstlerische Elemente und die Entstehungsgeschichte des Book of Kells fließen in den Film ein. Auch keltische Mythologie beeinflusst den Stil und die im Film auftauchenden Figuren. Columban von Iona, dessen Auge für die Herstellung des 'Book of Kells' so dringend benötigt wird, lebte beispielsweise um 520 n. Chr. als Mönch und Missionar in Irland. Dieser half, das Christentum nach Schottland zu bringen und ist bis heute besonders in Irland und Schottland bekannt.

Abb. 2: Screenshot aus Brendan und das Geheimnis von Kells (2009). Verleih: Ascot Elite.Abb. 2: Screenshot aus Brendan und das Geheimnis von Kells (2009). Verleih: Ascot Elite.

Auch der Gott Cromm Curach, dem Brendan das 'Auge von Columban von Iona' entwinden muss, ist keine freie Erfindung des Drehbuchschreibers. Er stellt in der keltischen Mythologie den Gott des Todes und der Unterwelt dar, eine düstere Figur, die zu Samhain (Halloween) Tier- und Menschenopfer fordert. Sogar die Katze des Buchmalers, Pangur Bán, ist eine Figur aus einer Überlieferung: Sie war im 9. Jahrhundert die Begleiterin eines irischen Mönchs, der ihr ein Gedicht widmete.

Für das Verständnis des Filmes ist es allerdings nicht nötig, diese Anspielungen zu verstehen. Sie verleihen der kreativ interpretierten Geschichte des Book of Kells allerdings mehr Authentizität und unterstreichen so die spezielle Atmosphäre.

Im Kontrast zu der aufwändigen künstlerischen Gestaltung – auch die von Bruno Coulais komponierte Filmmusik soll nicht unerwähnt bleiben – ist die Geschichte des Films eher einfach gehalten und thematisiert vor allem die Wichtigkeit von Fantasie und Mut. Die dargestellten Figuren bleiben in ihrer Charakterdarstellung eher blass, und Spannung wartet erst im zweiten Teil des Filmes – dort jedoch sind die Ereignisse dann so rasant, dass viele offene Fragen nicht geklärt werden und unbeantwortet bleiben

Abb. 3: Screenshot aus Brendan und das Geheimnis von Kells (2009). Verleih: Ascot Elite.Abb. 3: Screenshot aus Brendan und das Geheimnis von Kells (2009). Verleih: Ascot Elite.

Fazit

Optisch überzeugt Brendan und das Geheimnis von Kells mit seiner atemberaubenden und in dieser Form für einen Animationsfilm einzigartigen Ästhetik. Auch für Kenner der keltischen Mythologie ist der Film durch seine zahlreichen Referenzen interessant. Die Filmmusik akzentuiert stimmungsvoll die Bilder und trägt zu dem zauberhaften audiovisuellen Gesamteindruck bei. Inhaltlich fällt der Film etwas ab, jedoch lohnt sich das Filmerlebnis bereits aufgrund der durch Bilder und Musik transportierten Stimmung. Ein typischer Kinderfilm ist Brendan und das Geheimnis von Kells nicht, trotzdem ist er durchaus für Kinder geeignet. Er wird ab sechs Jahren empfohlen, wegen der teilweise unheimlichen Bilder können sich ängstliche Kinder jedoch fürchten.

Titel: Brendan und das Geheimnis von Kells
Regie:
  • Name: Moore, Tomm
  • Name: Twomey, Nora
Drehbuch:
  • Name: Ziolkowski, Fabrice
Erscheinungsjahr: 2009
Dauer (Minuten): 75
Altersempfehlung Redaktion: 6 Jahre
FSK: 6 Jahre
Format: Kino
Brendan und das Geheimnis von Kells (Tomm More / Nora Twomey, 2009)