Inhalt

Vor fast fünf Jahren verschwand Aerins 17-jährige Schwester Helena, vor einem Jahr entdeckte man ihre Leiche in einem Nachbarort. Schnell ist klar, dass Helena ermordet wurde, doch den Täter findet man nie. Und während die Menschen im wohlhabenden Dexby, Connecticut, ihr Leben weiterführen, kann Aerin, die mittlerweile ebenfalls 17 Jahre alt ist, nicht mit den Geschehnissen abschließen. Aus Verzweiflung besucht sie eine Internetseite, auf der Hobby-Detektive und pensionierte Profis ungelöste Mordfälle aufdecken. Als Aerin den Fall Helena postet, schließen sich ihr sofort drei weitere Jugendliche an: Seneca, deren Mutter ebenfalls aus scheinbar willkürlichen Gründen ermordet wurde; Maddox, der Sohn von Aerins früherer Nanny und Brett, Enkel einer getöteten Mode-Erbin. Maddox' Stiefschwester Madison rundet das Team ab. Zusammen wollen sie den Mord an Helena erneut aufrollen und den Täter identifizieren. Schon nach wenigen Tagen muss das Quintett jedoch erkennen, dass nichts an dem Fall Helena so ist, wie es scheint. Doch während die fünf auf immer mehr Hinweise stoßen und dem Mörder einige wichtige Schritte näher kommen, ist dieser ihnen ebenfalls auf der Spur. Und er macht ihnen unmissverständlich klar: Weitergraben könnte sie das Leben kosten. So begeben sich Aerin, Seneca, Brett, Maddox und Madison in einen Wettlauf gegen die Zeit, an dessen Ende eine schreckliche Wahrheit wartet, mit der sie niemals gerechnet hätten.

Kritik

The Amateurs. Wer zuletzt stirbt wird abwechselnd aus den Perspektiven von Aerin, Seneca, Brett und Maddox erzählt.  Madison wird dabei übergangen, wobei diese tatsächlich eher eine Nebenfigur darstellt, obwohl sie die meiste Zeit aktiv am Geschehen beteiligt ist. Eingerahmt werden die einzelnen Kapitel von einem Vor- und Nachspiel, wobei ersteres den Tag des Verschwindens von Helena beschreibt. Das Nachspiel gibt einen Einblick in das Leben des Mörders. Die multiperspektivische Anlage des Romans ist allerdings unbedingt nötig, da jeder der vier Hauptfiguren eine eigene Hintergrundgeschichte mitbringt, die für das Verständnis der Handlung unabdingbar ist. Man bekommt beim Lesen jedoch das Gefühl, dass vor allem die Vergangenheiten Aerins und Senecas für die Aufklärung des Mordfalles wichtig sind, da die Kapitel aus der Sicht der beiden deutlich ausführlicher beschrieben sind und mehr Einblick in ihre Persönlichkeiten geben.

Der Erzählstil des Auftaktromans ist wie von Sara Shepard gewohnt jugendlich und locker. Es wird weder zu viel Fachvokabular noch derbe Umgangssprache verwendet. Der Lesefluss wird insofern durch nichts gestört und der Leser kann das Aufdecken der Geheimnisse und Verwirrungen ungehindert verfolgen. Zudem sind auch keine ausführlichen Beschreibungen vom Zustand der Leichen, Gewalttaten oder Ähnlichem im Roman zu finden, sodass dieser problemlos auch von Kinder im jüngerem Teenageralter gelesen werden kann.

Für viel Gruselpotential und Spannung sorgt dafür natürlich die Suche nach dem Mörder Helenas. Anders als bei Sara Shepards ersten Mystery-Buchreihen wird hier nicht pro Band einem Verdächtigen nachgegangen, sondern gleich sechs. Zunächst vermuten die Jugendlichen, dass Helenas Freund Kevin seine Freundin getötet haben könnte, da sich sein Alibi für den Tag als undicht herausstellt. Als dann aber herauskommt, dass er selbst seine Homosexualität und Affäre mit einem viel älterem Senator vertuschen will und den Hobby-Ermittlern bestätigt, dass Helena einen Liebhaber in New York hatte, folgen die fünf dieser Spur. Dort angekommen stoßen sie auf Helenas Drogendealer, den sie ebenfalls als Täter in Verdacht haben. Aber weder dieser noch Helenas Bekanntschaft Greg oder ihr angeblicher Liebhaber Heath Ingram kommen als Mörder in Frage. Dann stellt sich auch noch heraus, dass Helena erst rund zwei Monate nach ihrem Verschwinden ermordet wurde und in der Zwischenzeit noch in New York gelebt hat – ohne ihrer Familie ein Lebenszeichen zu senden. Wenig später erfahren die fünf, dass nicht Heath Helenas Liebhaber war, sondern sein Vater Harris Ingram. Dieser ist natürlich deutlich älter als Helena und wird daraufhin sofort verhaftet. Für den Mord an Aerins Schwester wird jedoch Harris Ingrams Frau Marissa inhaftiert. Tatmotiv: Eifersucht. All diese falschen Fährten, Geheimnislüftungen und Irrungen bewirken, dass der Leser sich immer wieder neu orientieren muss und sich seiner Vermutungen nie sicher sein kann. Trotzdem fällt es nicht schwer, den unterschiedlichen Spuren zu folgen.

Die eigentliche Enthüllung findet dann auch tatsächlich erst auf den letzten zehn Seiten des Romans statt. Diese Offenbarung kommt für den Leser jedoch so unerwartet wie erschreckend. Doch schaut man sich den Text einmal genauer an, lassen sich zahlreiche Hinweise auf den wahren Mörder finden. Diese Andeutungen werden von der Autorin jedoch so vorsichtig in die Handlung eingebaut, dass der Leser diese zunächst unbeachtet lässt. Sara Shepard schafft es also bis zum Schluss, ihre Leser hinters Licht zu führen – und lässt selbige mit einem drastischen Cliffhanger auf den nächsten Band warten.

Die Figurenausgestaltung gelingt Shepard wieder einmal sehr gut. Aerin und Seneca werden, wie bereits erwähnt, genauer beleuchtet und bringen mit ihren tragischen Lebensgeschichten einen ähnlichen Grundton an Trauer mit. Dabei gehen sie jedoch ganz unterschiedlich mit ihrem Schmerz um. So wirkt Seneca verschlossen und hat Probleme, sich Menschen zu öffnen. Aerin lässt sich indes auf viele flüchtige Jungenbekanntschaften  ein, um ihren Kummer zu betäuben. Daher erscheinen Verhalten und Gedankengänge der etwas älteren und cleveren Seneca ein wenig erwachsener. Trotzdem lässt die Erzählerin die Erinnerungen der beiden Mädchen immer wieder zu ihren verstorbenen Angehörigen wandern und beschreibt ihre Gefühle absolut authentisch. So fühlt sich Aerin vor allem allein mit ihrem Schmerz:

Aerin fragte sich oft, wie viel ihre Mutter eigentlich wusste. Darüber, mit wie vielen Jungs sie geknutscht hatte. Darüber, dass sie nicht aus Langeweile mit dem Skifahren aufgehört hatte. Darüber, dass Aerin sich vorkam, als wäre sie die Einzige, die noch an Helena dachte. (S.29)

Maddox dagegen wirkt wie ein Puffer zwischen Aerin und Seneca. Er selbst hat zwar noch nichts derart Grausames durchleben müssen, versucht sich aber so gut wie möglich in die beiden einzufühlen. 'Seine' Kapitel sind deshalb etwas weniger von Trauerdarstellungen durchsetzt. Des Weiteren betrachtet er den Fall Helena dadurch ein Stück weit objektiver.

Einzige Schwäche des Romans ist die Darstellung der Beziehung zwischen Harris Ingram und Helena. Der Fingerzeig und Hinweis, dass eine solche Beziehung nicht nur gegen das Gesetz, sondern auch unangebracht und falsch ist, fehlt hier. Diese unreflektierte Darlegung könnte gerade bei jüngeren Teenagern falsche Signale senden.

Fazit

Sara Shepard gelingt somit wieder einmal ein guter Auftakt zu einer neuen Buchreihe. The Amateurs. Wer zuletzt stirbt kann vor allem durch sein unvorhersehbares Ende und die nie abfallende Spannung begeistern. Der zweite Band wird sicherlich von vielen Lesern ab zwölf Jahren herbeigesehnt werden. Einzig die verharmlosende Darstellung der unangemessenen Beziehung zwischen Helena und dem deutlich älteren Harris Ingram hätte etwas mehr Reflexion bedurft.

Titel: The Amateurs. Wer zuletzt stirbt
Autor/-in:
  • Name: Shepard, Sara
Originalsprache: Englisch
Originaltitel: The Amateurs #1
Übersetzung:
  • Name: Violeta Topalova
Erscheinungsort: München
Erscheinungsjahr: 2017
Verlag: cbt
ISBN-13: 978-3-570-31130-1
Seitenzahl: 380
Preis: 9,99 €
Altersempfehlung Redaktion: 12 Jahre
Shepard, Sara: The Amateurs. Wer zuletzt stirbt