Inhalt

Freda fühlt sich wie vom Donner gerührt, als am Nikolaustag plötzlich das Telefon klingelt und ein unbekannter Anrufer verlangt, Mr. Livingstone zu sprechen. Denn bei Mr. Livingstone handelt es sich um niemand anderen als ihren geliebten Kater. Noch fassungsloser ist sie, als der Kater dann tatsächlich zum Telefon eilt, unvermittelt zu sprechen beginnt und ein Telefongespräch führt. „"Livingstone hier, was gibt’ s?’ sagte er, ohne auf Freda zu achten." (S. 10) Und damit beginnt ein rasantes und völlig wahnwitziges Weihnachtsabenteuer. Der aufgebrachte, sprechende Kater fordert Freda auf, ihn zu begleiten. Und ehe sie sich versieht, befinden sie sich am Nordpol, wo sie auf einen riesigen Eisbären treffen, der sie zur sogenannten Christmas Company bringt: das moderne Wunscherfüllungs-Unternehmen des Weihnachtsmannes. Dieses, so stellt sich schnell heraus, ist massiv unter Druck geraten. Die Christmas Company wird erpresst, und der Computer mit den Wunschlisten wurde gehackt. Das Erpresserschreiben formuliert ein Rätsel. Die Lösung soll das Passwort sein, mit dem man wieder an die Listen kommt. Der Weihnachtsmann hält eine Krisensitzung ab, bei der schließlich Freda und ihr Kater Mr. Livingstone beauftragt werden, das Problem zu lösen und damit Weihnachten zu retten. Zur Seite stellt ihnen der Weihnachtsmann den Kobold Jonker und den Weihnachtsengel Serafin. Gemeinsam brechen sie zu einer abenteuerlichen Expedition auf, eine Reise durch das ewige Eis des Nordpols, auf der ihnen zahlreiche Weihnachts- und Winterfiguren begegnen, allen voran die wandernden Julenisse, die wollen, dass der Weihnachtsmann und die Christmas Company "vom Nordpol verschwinden und alles wieder so ist wie vor hundert Jahren" (S. 142). 

Kritik

Corinna Giebelers Weihnachtskinderroman lebt vor allem von seiner schönen Grundidee: Alte, klassische Weihnachtsfiguren aus verschiedenen Kulturen und Ländern kämpfen gegen den modernen Weihnachtsmann. Da sind Sankt Nikolaus, Knecht Ruprecht, der Krampus  und die Perchten aus dem alpenländischen Raum, der Schmutzli aus der Schweiz, die Lucia aus Italien, welche durch das in Skandinavien populäre Luciafest bekannt ist und auf die Heilige Lucia aus Syrakus zurückgeht, die skandinavischen Julenisse, das österreichische Zwetschgenmännchen, die italienische Hexe Befana, der britische Lord of Misrule, die isländische Gryla, die dreizehn Weihnachtstrolle und ihre Weihnachtskatze, die Heiligen Drei Könige, Tupilaq aus Grönland, Calenigg aus Wales und die nordischen Götter. Über Hintergründe und entsprechende Traditionen gibt ein Glossar im Anhang Auskunft. In der Geschichte der Christmas Company begehren all diese Weihnachtsfiguren gegen die Dominanz des Weihnachtsmanns und den mit ihm verbundenen Konsumrausch auf. Die Chance zur (politischen) Konsumkritik nutzt der Roman aber nicht. Dafür lernt man viel über hierzulande nur noch wenig bekannte Weihnachtsbräuche und -traditionen, was durchaus sehr interessant ist, auch für potenzielle erwachsene Mitleserinnen und Mitleser.

Schade ist nur, dass die Innovation des Kinderromans nicht über diese originelle Idee hinausgeht. Denn auf narrativer Ebene funktioniert die Handlung leider nur schwach. Die Handlungen der Figuren wirken seltsam unmotiviert. Zum Beispiel bleibt die ganze Zeit über unklar, warum der Kater zur Christmas Company gehört, warum er plötzlich sprechen kann und warum er im Alltag bei Freda wohnt. Im Zentrum der Erzählung steht die Reise durch den Nordpol. Doch über weite Strecken scheint es, Freda und ihr sprechender Kater würden die Reise nur um der Reise willen unternehmen. Mit dieser Reise zur Rettung von Weihnachten wird ein klassisches und vielleicht auch schon ein wenig abgenutztes Motiv von Weihnachtsgeschichten abgerufen, das hier mit dem Kampf der Traditionellen gegen den Weihnachtsmann verbunden wird. So zieht sich die Geschichte dahin und wird trotz der originellen Idee eher langatmig, zumal sie auch in erzählerischer Hinsicht klassisch bleibt. Auch das Ende wirkt seltsam abrupt. Auf einmal ist das Rätsel gelöst, Freda fährt wieder nach Hause, Weihnachten ist gerettet und Mr. Livingstone kann auf einmal nicht mehr sprechen: "Freda atmete tief durch und lehnte sich mit einem glücklichen Lächeln zurück. Weihnachten würde dieses Jahr einfach zauberhaft werden." (S. 279) Nadann: Fröhliche Weihnachten! Aber, Moment mal, warum wird es denn so zauberhaft? Der Zusammenhang mit den fantastischen Abenteuern der Christmas Company erschließt sich auch an dieser Stelle nicht wirklich.

Fazit

Ein Weihnachtsbuch mit einer wirklich tollen Grundidee, das sein Potenzial leider verschenkt. Vielleicht mag es Kindern ab 8 Jahren Freude bereiten, sich lesend mit Freda und der Christmas Company auf eine abenteuerliche Reise zu begeben, sicher aber ist eins: Man lernt und erfährt viel über ferne und vergessene Weihnachtstraditionen und lernt spannende Weihnachts- und Winterfiguren kennen. Vor allem aus diesem Grund lohnt in der Weihnachtszeit ein Blick in Die fantastischen Abenteuer der Christmas Company.

Titel: Die fantastischen Abenteuer der Christmas CompanyDie fantastischen Abenteuer der Christmas Company
Autor/-in:
  • Name: Gieseler, Corinna
Erscheinungsort: Ravensburg
Erscheinungsjahr: 2019
Verlag: Hummelburg im Ravensburger Verlag
ISBN-13: 978-3-7478-003-4
Seitenzahl: 288
Preis: 16,99 €
Altersempfehlung Redaktion: 8 Jahre
Gieseler, Corinna: Die fantastischen Abenteuer der Christmas Company