Ziel der Tagung

Die Tagung verfolgt das Ziel, Expertinnen und Experten aus verschiedenen Disziplinen zusammenzubringen, die sich mit der Analyse von Comics aus übersetzungswissenschaftlicher und adaptionsorientierter Perspektive befassen. Der Fokus liegt dabei auf der deutschsprachigen Comicproduktion der letzten Jahrzehnte.

Hintergrund

In den letzten zwei Jahrzehnten hat das Interesse an Comics – insbesondere, aber nicht ausschließlich in Form von Mangas und Graphic Novels – sowohl in Deutschland als auch in anderen europäischen Ländern kontinuierlich zugenommen (Galter 2012, Grünewald 2014); der Büchermarkt verzeichnet seitdem eine Vielzahl an Originalveröffentlichungen und Übersetzungen auf (Statista Research Department 2025). Parallel dazu hat sich die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit diesem Medium intensiviert: Einen ersten Meilenstein bildete die Gründung einschlägiger Fachgesellschaften, Zeitschriften und Datenbanken wie der Hamburger „Gesellschaft für Comicforschung“, der Kieler Zeitschrift „Closure“ oder der „Bonner Online-Bibliographie zur Comicforschung“ (https://www.bobc.uni-bonn.de/index.php). Diese Initiativen trugen maßgeblich dazu bei, dass sich die Comicforschung als eigenständiges Forschungsfeld etablieren und ihre Legitimität behaupten konnte (Becker 2011). Zahlreiche Einführungen, Studien und Monografien zu unterschiedlichen Aspekten der Comicforschung – darunter Packard (2006), Schüwer (2008), Dittmar (2008), Ditschke / Kroucheva / Stein (2009), Abel / Klein (2016), Packard u.a. (2019), um nur einige zu erwähnen – festigten und verankerten sie in der germanistischen Literatur- und Medienwissenschaft sowie – wenn auch in deutlich geringerem Maße – in der germanistischen Linguistik. Trotz dieser Entwicklungen bleiben einige Themenbereiche weiterhin unterbeleuchtet, insbesondere die Comicübertragung in eine andere Sprache oder aus anderen Medienarten. Untersuchungen zu Adaptionen und Übersetzungen – vor allem deutschsprachiger Comics – sind nach wie vor selten: Exemplarisch seien hier ältere und neuere Publikationen wie Zanettin (2008), Schmitz-Emans (2012), Meloni (2013), Blank (2015), Mälzer (2015), Trabert / Stuhlfauth-Trabert / Waßmer (2015), Aust (2024) und Blank / Packard / Bachmann (2025) genannt.

Ansatz

Die Tagung verfolgt einen multi- und transdisziplinären Ansatz: Einerseits soll der Dialog zwischen Sprach- und Literaturwissenschaft gefördert werden – zwei Disziplinen, die trotz inhaltlicher Berührungspunkte nur selten Gelegenheiten zum Austausch finden. Andererseits bietet die Tagung Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus verschiedenen Philologien (Germanistik, Romanistik, Slawistik, Anglistik usw.) die Möglichkeit, sich über das gemeinsame Thema des deutschsprachigen Comics auszutauschen.

Thematische Schwerpunkte

Die linguistische Analyse von Comics in Übersetzung soll unterschiedliche kontrastive Aspekte beleuchten, angefangen bei der Frage der Multimodalität – des Verhältnisses zwischen visueller und textueller Komponente – über grammatische, lexikalische und soziolinguistische Fragestellungen (etwa die Wiedergabe besonderer morphosyntaktischer Strukturen, Phraseologismen oder dasAuftreten unterschiedlicher, darunter vom Standard abweichender linguistischer Varietäten) bis hin zur pragmatisch-interkulturellen Dimension. Im Fokus der Vorträge über Comics und Graphic Novels, denen literarische Texte zugrunde liegen, stehen etwa folgende Themenkomplexe: 1. die Modalitäten der Übertragung des Schriftlichen in das Medium Comic, u.a. die im Adaptionsprozess getroffenen ästhetischen Entscheidungen wie textliche Kürzungen oder Erweiterungen, Veränderungen der Figuren und im Handlungsaufbau, und deren Potential; 2. die Übersetzung literarischer Traditionen in der Text-Bild-Kombination bzw. in der gestalterischen Umsetzung in Bildsequenzen; 3. die „Erzählfähigkeit“ der Comickunst.

 

Als zu untersuchende Texte bieten sich beispielsweise die folgenden:

  • Comicbände, die ursprünglich auf Deutsch verfasst und in eine andere Sprache übertragen wurden (z.B. die Comicbände von Ralf König);
  • Comicbände, die in einer anderen Sprache verfasst und ins Deutsche übersetzt wurden (z.B. die deutsche Übersetzung eines Asterix-Albums);
  • Auf Deutsch verfasste Comicadaptionen, die auf deutschsprachigen oder nicht-deutschsprachigen literarischen Texten basieren.
  •  In einer anderen Sprache verfasste Comicadaptionen, die ins Deutsche übersetzt wurden.

 

Vorschläge für 20-minütige Vorträge zu den oben genannten sowie zu verwandten Themenkomplexen können als Word- oder PDF-Dateien (bis 500 Wörter exklusive Beispiele und Literaturhinweise, vorzugsweise auf Deutsch) bis zum 15.01.2026 an die Adresse Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein. eingesendet werden. Bitte fügen Sie Ihrem Vorschlag auch einige wenige bio-bibliographische Angaben bei. Weitere Informationen zur Tagung finden Sie unter https://www.comic-tagung.unito.it/.

 

Literatur (in Auswahl)

  • Abel, Julia / Klein, Christian (Hrsg.). 2016. Comics und Graphic Novels: eine Einführung. Stuttgart: Metzler.
  • Aust, Robin-M. 2024. Literaturcomics. München: edition text + kritik im Richard Boorberg Verlag.
  • Becker, Thomas (Hrsg.). 2011. Comic: Intermedialität und Legitimität eines popkulturellen Mediums. Essen / Bochum: Bachmann.
  • Blank, Juliane. 2015. Literaturadaptionen im Comic: ein modulares Analysemodell. Berlin: Christian A. Bachmann Verlag.
  • Blank, Juliane / Packard, Stephan / Bachmann, Christian A. (Hrsg.). 2025. Comparative aspects in comic studies: translation, localisation, imitation, adaptation. Berlin: Christian A. Bachmann Verlag.
  • Ditschke, Stephan / Kroucheva, Katerina / Stein, Daniel (Hrsg.). 2009. Comics: zur Geschichte und Theorie eines populärkulturellen Mediums. Bielefeld: transcript-Verlag.
  • Dittmar, Jakob. 2008. Comic-Analyse. Konstanz: UVK.
  • Frahm, Ole. 2010. Die Sprache des Comics. Hamburg: Philo Fine Arts.
  • Galter, Sigrun. 2012. Das neu erwachte Interesse am Comic? Zur Rolle der Literaturwissenschaft in der deutschen Comicforschung. literaturkritik.de 6/12, https://literaturkritik.de/id/16748, zuletzt abgerufen am 01.09.25.
  • Grünewald, Dietrich. 2014. Zur Comicrezeption in Deutschland. APuZ - Aus Politik und Zeitgeschichte 33-34, S. 42-48.
  • Mälzer, Nathalie (Hrsg.). 2015. Comics – Übersetzungen und Adaptationen. Berlin: Frank & Timme.
  • Meloni, Ilaria. 2013. Erika Fuchs' Übertragung der Comicserie "Micky Maus". Hildesheim: Olms.Packard, Stephan. 2006. Anatomie des Comics: psychosemiotische Medienanalyse. Göttingen: Wallstein-Verlag.
  • Packard, Stephan u.a. 2019. Comicanalyse. Eine Einführung. Stuttgart: Metzler.
  • Schmitz-Emans, Monika. 2012. Literatur-Comics: Adaptationen und Transformationen der Weltliteratur. Berlin / Boston: De Gruyter.
  • Schüwer, Martin. 2008. Wie Comics erzählen: Grundriss einer intermedialen Erzähltheorie der grafischen Literatur. Trier: WVT.
  • Statista Research Department. 2025. Comics gewinnen weltweit an Relevanz. https://de.statista.com/themen/5243/comics, zuletzt abgerufen am 01.09.25.
  • Trabert, Florian / Stuhlfauth-Trabert, Mara / Waßmer, Johannes (Hrsg.). 2015. Graphisches Erzählen. Neue Perspektiven auf Literaturcomics. Bielefeld: transcript-Verlag.
  • Zanettin, Federico. 2008. Comics in translation. Manchester: St. Jerome Publ.

 

[Quelle: Pressemitteilung]