In dem poetischen Bilderbuch erzählt ein namenlos bleibender Junge aus der Ich-Perspektive über ein Schlüsselerlebnis, das in entscheidender Weise dazu beiträgt, sich selbst annehmen zu können. Nach einem besonders schlimmen Tag in der Schule, an dem es dem Jungen aufgrund seiner Sprachstörung nicht gelingt, vor der Klasse zu sprechen, lädt ihn sein Vater zu einem Ausflug an den Fluss ein. Dort, angesichts des sprudelnden und gischtenden Wassers, gibt der Vater seinem Sohn ein inneres Bild, das ihn sein Leben lang begleiten wird: "Du bist wie der Fluss", sagt er, und die Identifikation mit dem lebendigen Wasser beruhigt den Jungen. Er, der sich zuvor in Worten verhedderte und darunter litt, dass sich einzelne Wörter wie Wurzelwerk in seinem Mund verflechten, findet sich in der Metapher wieder und kann sich endlich selbst akzeptieren.

In einem Nachwort erfahren die Leserinnen und Leser, dass Jordan Scott hier seine eigene Geschichte erzählt. Der kanadische Lyriker dankt mit dem Text seinem Vater. Illustrator Sydney Smith, der auch schon im vergangenen Jahr mit seinem Bilderbuch Unsichtbar in der großen Stadt auf der Auswahlliste für den HUCKEPACK-Bilderbuchpreis stand, setzt die Nöte des Jungen in beeindruckender Weise um, indem er anfangs die Farben ineinander verfließen lässt, als würde man durch einen Tränenschleier sehen. Am Fluss ändert sich die Bildsprache: Die Farben werden kühl und klar, die Szenerie bildet eine geradezu spürbare Ruhe ab. Der Moment, in dem der Junge und der Fluss eins werden, wird auch für die Betrachtenden zu einem Schlüsselerlebnis, weil sich hier die Bilderbuchseiten noch einmal weit aufklappen lassen, so dass ein sehr breit laufendes fotorealistisches Bild vor ihnen liegt, dessen glitzerndes Wasser den Atem stocken lässt.

"Das Buch ist einfach unglaublich", sagt Bettina Twrsnick aus der Jury und bezieht sich damit zum einen auf die grandiosen Bilder, zum anderen aber auch auf den lyrischen Text, der von Bernadette Ott so wunderbar ins Deutsche übertragen wurde. "Es gibt nur wenige Bilderbücher, die das Stottern thematisieren – dass es hier so berührend umgesetzt wurde, ist ein wahrer Glücksfall", fährt sie fort. "Wie der Vater in diesem Buch im übertragenen Sinn sein Kind HUCKEPACK nimmt und ihm mit dem inneren Bild Halt fürs Leben gibt, hat Modellcharakter für alle Eltern."

Über 400 Bilderbücher aus dem Jahr 2021 waren von der Jury eingehend geprüft und bewertet worden, bevor sich die Bilderbuchexpertinnen und -experten aus Bremen, der Wetterau, Wertheim und Wetzlar auf dieses Preisbuch einigten. Der Preis wurde am Freitag, den 6. Mai 2022 im Rahmen eines pädagogischen Fachtags zum Thema Zeit für starke Kinder vertretungsweise an Amelie Sturm aus dem zur Verlagsgruppe Thienemann gehörenden Aladin-Verlag übergeben. Weitere Informationen zum Preis und dem Preisbuch sowie der Link zu einer Hörfassung finden sich auf der Homepage des HUCKEPACK Bilderbuchpreises, Rezensionen, der Link zu einem Podcast und pädagogische Materialien stehen auf der Seite des Bremer Instituts für Bilderbuchforschung zum Download bereit.

[Quelle: Pressemitteilung]