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Der alte Pettersson (Ulrich Noethen), ein verschrobener Tüftler und Erfinder, lebt in der schwedischen Provinz alleine auf seinem Bauernhof. Gesellschaft leisten ihm nur seine Hühner, die allerdings viel zu sehr mit ihren eigenen Problemen und Heiratswünschen beschäftigt sind, als den Monologen ihres Besitzers ernsthaft zuzuhören. Ab und an erhält Pettersson Besuch von seinen Nachbarn, der ebenso korpulenten wie herzensguten Beda Andersson (Marianne Sägebrecht) und dem übereifrigen und cholerischen Hobbyjäger Gustavsson (Max Herbrechter), der alle Hände damit zu tun hat, seinen ungeschickten Hund Happo zu einem fügsamen Jagdhund auszubilden. Petterssons Haus wird noch von den Mucklas bevölkert, an Mary Nortons Die Borger erinnernde mauskleine Wesen, die es sich hinter den Wänden gemütlich eingerichtet haben.

Wie Pettersson zu Findus kam: Eines Tages läuft Beda im Wald ein kleiner verwaister Kater zu, der auf der Flucht vor Happo und Gustavsson ist. Sie bringt das Kätzchen kurzerhand, in einer Kiste mit der Aufschrift "Findus" versteckt, zu Pettersson, der den Kater nach kurzem Zögern frohen Herzens aufnimmt und folgerichtig Findus nennt. Beide werden schnell ein Herz und eine Seele. Eines Abends, als zufällig eine Sternschnuppe über den Himmel zieht, wünscht sich Pettersson vor dem Schlafengehen, dass Findus sprechen und ihn verstehen könnte. Und so beginnt der Kater am nächsten Tag am Frühstückstisch auf einmal zu sprechen und wünscht sich sofort "eine Hose, grün gestreift, eine Hose, die nicht kneift".

Der harmonische Alltag der Freunde wird immer wieder durch Findus' übermütige Abenteuer auf die Probe gestellt: So wird der Kater bei seiner Erkundungsreise durch die geheimen Räume der Mucklas von dem kläffenden Happo aufgespürt, vor dem er sich nur in einer umgedrehten Obstkiste in Sicherheit bringen kann – wodurch Pettersson erst einmal Haus und Hof auf den Kopf stellen muss, um den kleinen Kater zu finden.

Eine Geburtstagstorte für die Katze: Bei der sich anschließenden Erkundigungstour durch Petterssons Garten erfährt Findus, dass man zum Geburtstag Geburtstagstorte bekommt. Natürlich muss Pettersson seinem Findling sofort eine – kurzerhand vom Kater erfundene – Pfannkuchentorte backen. Während des Festmahls handelt der "kleine Quälgeist“ einen zweiten Geburtstag pro Jahr für sich heraus. Unterbrochen wird das Geburtstagstortenessen vom kreischenden Geräusch eines Schleifsteins, denn Gustavsson will seinen Hahn, dessen Gekrähe er nicht mehr ertragen kann, schlachten. In letzter Minute rettet Beda den stolzen Gockel vor dem Kochtopf und nimmt ihn mit nach Hause.

Am nächsten Tag will Findus bereits zum zweiten Mal seinen Geburtstag begehen. Allerdings kann Pettersson das für die Pfannkuchentorte benötigte Mehl nicht finden (das die Mucklas stibitzt haben). Pettersson will deshalb in die Stadt fahren, um neues Mehl zu kaufen. Dieses an sich alltägliche Vorhaben löst eine ganze Kette von Ereignissen aus, die sinnbildlich für die episodische narrative Dynamik des Films stehen: Um den zerbissenen Fahrradreifen zu reparieren (wiederum sind die Mucklas Schuld), will Pettersson aus dem Stall das Werkzeug holen, der Schuppenschlüssel findet sich allerdings auf dem Boden des Brunnens wieder. Pettersson will den Schlüssel nun mit seiner Angel aus dem Brunnen holen, die allerdings auf dem Speicher des Schuppens lagert, in den er nur über die Dachluke mithilfe einer Leiter gelangen kann. Diese wiederum lehnt an der Wand hinter dem Holzschuppen, vor dem es sich Gustavssons bösartiger Stier gemütlich gemacht hat. Findus soll den Stier daraufhin wie ein Torero mit einem roten Tuch ablenken, während Pettersson sich die Leiter schnappt. Nur mit Müh' und Not kann Findus schließlich dem aufgebrachten Stier entkommen, wirft auf der Flucht allerdings den Korb mit Eiern um, auf denen wiederum Pettersson unsanft ausrutscht...

Der darauf folgende Streit stellt die Freundschaft der Beiden erstmals auf die Probe, denn Findus fühlt sich nicht genügend gewürdigt. Dem Streit folgt allerdings schnell die Versöhnungs-Pfannkuchentorte, deren Backszene als zum Mitsingen animierender Musikfilm umgesetzt wird.

Beim gemeinsamen Geburtstagsessen beklagt sich Beda über den lauten Hahn. Findus weiß einen Ausweg: Auch der Hahn soll auf dem Hof leben, damit Findus jemanden zum Spielen hat. Petterssons Hühner sind außer sich vor Freude über den gefiederten Neuankömmling und balgen sich fortan – wie in zahlreichen comic relief-Zwischenszenen gezeigt wird – um die Aufmerksamkeit des einzigen, männlichen Geflügelvertreters.

Ein Feuerwerk für den Fuchs: Die Ankunft des Hahns markiert auch die nächste Herausforderung für das Freundesduo, denn der Waldfuchs zieht Hühnerställe ausraubend durch die Höfe der Nachbarschaft. Pettersson und Findus evakuieren ihre Hühner also aus dem nicht abschließbaren Hühnerstall in die Küche und denken sich eine Falle aus, um dem Fuchs die Lust an der Hühnerjagd zu vergällen. Sie präparieren eine mit einem Pfefferluftballon gefüllte Hühnerattrappe, die explodiert, sobald der Fuchs hineinbeißt, begleitet von einem furchterregenden Feuerwerk und einem als fluchender Geist durch die Luft fliegenden Findus.

Als der Fuchs sich in der Nacht allerdings humpelnd und offensichtlich hungrig auf den Hof schleicht, verscheucht Findus ihn aus Mitleid. Erst als Gustavsson kurze Zeit später mit Happo auf seiner Wachrunde vorbeikommt, lässt Findus die Fuchsfalle auf sie los. Der Fuchs versucht während des resultierenden Durcheinanders, ein Huhn aus der Küche zu stehlen, wird aber vom heldenhaft kämpfenden Hahn verscheucht.

Findus und der Hahn im Korb: Findus wird nun eifersüchtig auf den Hahn, der ihm Petterssons Aufmerksamkeit streitig macht, und verlässt den Hof. Als er im Wald allerdings wieder einmal mitbekommt, wie schlecht Gustavsson mit seinem Hund umgeht, erkennt Findus, wie gut er es bei Pettersson hat. Um den Hahn zu verjagen, konfrontiert er diesen mit einem erlogenen Ultimatum Petterssons: Wenn er zu oft kräht, landet er im Kochtopf.

Nachdem der Hahn Hals über Kopf geflüchtet ist, gesteht Findus Pettersson mit schlechtem Gewissen seine Lüge. Dieser ist zwar alles andere als begeistert, kann seinem Schützling allerdings auch nicht ernsthaft böse sein, zumal Findus nun seine Lektion gelernt hat: "Freundschaft ist was Anderes als Pfannkuchentorte. Wenn man Torte teilt, dann wird sie weniger. Wenn man Freundschaft miteinander teilt, dann wird sie immer mehr."

Nun muss der mittlerweile auf Gustavssons Hof gelandete Hahn vor dessen Suppentopf bewahrt werden. Auch diese letzte Bewährungsprobe bestehen die Freunde, und Findus und der Hahn werden beste Freunde. Die redlich verdiente Pfannkuchentorte teilen alle Haupt- und Nebenfiguren bei dem Abschlusslied "Wenn man teilt wird alles besser", bevor der Abspann läuft.

Screenshot aus Petterson und Findus. Kleiner Quälgeist – große Freundschaft (Ahadi, 2014)Bildergalerie zu "Petterson und Findus. Kleiner Quälgeist – große Freundschaft" (Ahadi, 2014)

Produktionsgeschichte

Nach einer 26-teiligen Zeichentrickserie (2000-2012) und vier Zeichentrickfilmen (1999, 2000, 2005, 2009) ist Pettersson und Findus. Kleiner Quälgeist – große Freundschaft die erste Realfilmadaption von Sven Nordqvists erfolgreicher Bilderbuchreihe. Die 8,3 Mio. Euro teure Kinderfilmproduktion lockte bis 2015 gut 700.000 Besucher in die Kinos.[1] Produziert wurde der Film von Thomas Springers Produktionsfirma Tradewind Pictures und von Senator Film. Beim schwedischen Peace and Love Film Festival gewann der Film den "Best Kids Film Award". 2014 erhielt Ali Samadi Ahadi für Pettersson und Findus. Kleiner Quälgeist – große Freundschaft beim Kinder-Medien-Preis Den Weißen Elefant, die Auszeichnung für die beste Regie. Die Deutsche Film- und Medienbewertung (FBW) zeichnete den Kinderfilm mit dem Prädikat "besonders wertvoll" aus.

Umgesetzt ist der von Ali Samadi Ahadi in Köln und Erfurt gedrehte und von Thomas Springer geschriebene Kinderfilm als Hybridfilm: Realfilmaufnahmen mit echten Schauspielern und tatsächlich konstruierten Sets werden mit Matte-Hintergründen und einem computeranimierten Findus kombiniert. Auch die Mucklas sind computergenerierte Animationen, während alle anderen Schauspieler und Tiere echt sind. Um die visuellen Effekte kümmerte sich die international agierende deutsche Trickschmiede Pixomondo (Hugo Cabret, Game of Thrones, Snow White & The Huntsman).

Sven Nordqvist fungierte für das Filmprojekt als Berater, schließlich kombiniert der Film Figuren und Handlungsstränge aus vier verschiedenen Pettersson und Findus-Büchern: Wie Findus zu Pettersson kam (2002), Eine Geburtstagstorte für die Katze (1984), Ein Feuerwerk für den Fuchs (1987) und Findus und der Hahn im Korb (1997).

Seit 1984, als der erste Band Eine Geburtstagstorte für die Katze veröffentlicht wurde, erschienen zehn Abenteuergeschichten um Pettersson und Findus; die Bücher erreichten alleine in Deutschland eine Gesamtauflage von 7,5 Mio. Exemplaren und sind mittlerweile Teil eines Medienverbunds aus Filmen, Hörbüchern, Hörspielen, Computerspielen und Merchandising-Artikeln (vgl. http://www.pettersson-und-findus.de/).

Eine Filmfortsetzung mit dem Titel Pettersson & Findus II – Das schönste Weihnachten überhaupt kam Ende 2016 in die Kinos. Dieser zweite Film beruht auf Nordqvists Erzählungen Pettersson bekommt Weihnachtsbesuch und Morgen, Findus, wird's was geben. Als Regisseur fungiert wieder Ali Samadi Ahadi, Ulrich Noethen hat allerdings die Rolle des Pettersson an Stefan Kurt (Der Schattenmann, Dreileben, Die Affäre Semmeling) abgegeben. 2018 folgte der dritte Film Pettersson und Findus – Findus zieht um, wieder unter Regie von Ali Samadi Ahadi und mit Stefan Kurt in der Rolle des Pettersson.

Kindgerechtes Erzählen

Der Film wählt eine episodische Erzählweise, die Ereignisse aus den vier Prätexten werden lose zu einer zusammenhängenden Geschichte verbunden. Der verbindende rote Faden sind dabei die durch die Figurenkonstellationen ausgelösten Grundkonflikte: Petterssons Versuche, Findus zu einem braven Kater zu erziehen, Gustavssons erfolglose Versuche, aus Happo einen Jagdhund zu machen sowie die allen Figuren gemeinsame Verärgerung über den vorlauten Hahn (der schließlich auch zum Protagonisten der vierten Episode wird).

Angesiedelt ist die Handlung des Films in einer vormodern anmutenden, mit knalligen saturierten Farben ausgestatteten Provinzlandschaft, die, abgesehen von den Gebäuden, weitgehend am Computer entstanden ist und auch einer Astrid-Lindgren-Erzählung entspringen könnte. Die Ereignisse spielen sich hauptsächlich auf Petterssons Hof ab, mit kurzen Exkursen in den umgebenden Wald und zu Gustavssons Hof. Diese gleichsam aristotelische Einheit des Raums ist ein Zugeständnis nicht bloß an die Nordqvist'schen Prätexte, sondern auch an angenommene, kindliche Rezeptionsbedürfnisse. Damit bleibt der Film ästhetisch in der Nachbarschaft anderer bekannter Landlebensparadiesfilme, etwa Pippi Langstrumpf (Olle Hellbom, 1968), Wir Kinder aus Bullerbü (Lasse Hallström, 1987) oder Gernot Rolls Räuber Hotzenplotz-Adaption (2006), deren Rauminszenierungen Amadi durchaus als Vorbild dienen.

Die Adaption von Nordqvists Bildgeschichten übernimmt allerdings nicht nur Handlungsstränge und Figurenpersonal der Prätexte; auch dessen bildästhetische Eigenheiten werden mit filmischen Mitteln inszeniert. Beispielsweise wird Pettersson in einzelnen, in Zeitraffer präsentierten Filmszenen innerhalb des Bildrahmens buchstäblich mehrfach gezeigt, um zu verdeutlichen, dass er alle Ecken seines Raums nach Findus oder einem verlorenen Gegenstand absucht – eine an Wimmelbücher erinnernde, ästhetische Strategie, die Nordqvist in seinen Bildgeschichten ebenfalls oft umsetzt. Spezifisch an die Darstellungsmöglichkeiten des Films angepasst wird dieser Nordqvist'sche Überlagerungseffekt, wenn die Kamera sich, in der Mitte der Küche stehend, im 360-Grad-Schwung um die eigene Achse dreht, während die vielen Petterssons die Küchenschränke durchforsten (vgl. Abb. 1).

Die eigentlich harmlosen Handlungsverläufe werden nach dem Schneeballprinzip dramatisiert, die wie die gesamte, narrative Struktur des Films nach dem Kindern vertrauten "und dann..., und dann..., und dann..."-Additionsprinzip strukturiert sind, wie auch Reinhard Kleber bemerkt:

"Besonders charmant wirken im Film die langen Verkettungen aus Missgeschicken und Zufällen, die entstehen, wenn zur Lösung eines Problems erst ein anderes und dann noch ein anderes gelöst werden muss. So löst allein die Tatsache, dass Mehl zum Backen einer Torte fehlt, eine Reihe komplizierter und komischer Verwicklungen aus, die schließlich fast in einem Stierkampf gipfeln."[2]

Dem entspricht auch der kindliche Sprachwitz der Dialoge, der sich eindeutig an ein Kinderpublikum richtet. So wird Findus wiederholt mit Redewendungen konfrontiert, die er irrtümlich als Neuling in der Welt der menschlichen Gesellschaft wörtlich nimmt: Als Findus einen seltsamen Gegenstand findet, klärt ihn Pettersson auf, dass dies ein Schneebesen sei, mit dem man Sahne schlage, woraufhin er erst einmal Findus' Vermutung, dass das der Sahne doch wehtue, korrigieren muss. Ähnlich funktioniert die Geburtstagstorten-Szene, in der Findus Pettersson fragt, wie oft im Jahr man denn eigentlich Geburtstag habe.

Einfach erzählt, komplex inszeniert

Derlei Beispielen für kindgerechte Akkommodation stehen erstaunlich komplexe Verschränkungen von Bild- und Tonspur gegenüber. Bereits der Prolog von Pettersson und Findus. Kleiner Quälgeist – große Freundschaft nutzt komplexe Erzählstrategien wie den Einsatz von Rückblenden im Dienste des kindgerechten Erzählens: Eine auktorial positionierte Erzählerstimme stellt den Zuschauern unmittelbar im Anschluss an die Titelsequenz die beiden Hauptfiguren Pettersson und Findus, den Haupthandlungsort des Films sowie über die Bildspur wichtige sidekicks wie die Hühner und die Mucklas vor. Damit bekommen die Zuschauer unmittelbar Orientierung über Hauptfiguren und Setting der Handlung. Erst dann springt der Film in einer Rückblende zu den Ereignissen zurück, durch die diese ungewöhnliche Freundschaft überhaupt zustande kommen konnte. Die einleitenden Sätze werden im langsamen, sonoren Märchenerzählerduktus vorgetragen und orientieren sich damit erkennbar an Kindern vertraute Vorlesesituationen: "In einem Haus irgendwo in Schweden lebte ein alter Pettersson. Ganz alleine. Er hatte einen Platz zum Holzhacken, einen Hühnerstall, einen Schuppen zum Basteln und... ein Plumpsklo. Aber alles änderte sich, als ein kleiner Kater auftauchte. Ein Kater namens...".

Bemerkenswert ist nun allerdings, dass die visuelle Inszenierung im Gegensatz zu der zwecks Orientierung schlicht inszenierten Erzählsituation nicht nur für einen Kinderfilm, sondern generell komplex inszeniert ist. Parallel zum Erzählermonolog sieht man Pettersson beim Holzhacken und anderen Tätigkeiten. In der ersten Einstellung schwenkt die Kamera vom Himmel in eine Vogelperspektive auf den Hof, wodurch Gegenstände und Figuren wie Miniaturen wirken. Plötzlich rennt Pettersson in Zeitraffer über den Hof (Abb. 2), gefolgt von einem schnellen Schnitt zu einer Halbtotalen in Normalsicht, die Pettersson mit einer alten Standkamera vor der Haustür stehend zeigt (Abb. 3). Diese Halbtotale wird unmittelbar durch eine extrem schnelle Ranfahrt abgelöst, die keine Sekunde später durch eine wie ein Abbremsen wirkende Superzeitlupe verlangsamt wird, während derer Pettersson, nun in amerikanischer Einstellung präsentiert, den Auslöser der daraufhin von einer Rauchwolke umgebenen Kamera aktiviert (Abb. 4). Das Prinzip der extrem schnellen Ranfahrt, kombiniert mit Wechseln zwischen Zeitraffer und Zeitlupe, wird nun mehrfach wiederholt: man sieht Pettersson in verkanteter Untersicht beim Holzhacken (Abb. 5), die für die Hühner leergeräumten Küchenregale sowie Petterssons etwas unbeholfene Versuche, einen Hühnerstall zu bauen. Als die Kamera zum ersten Mal mit einer Frontalaufnahme von Petterssons Klohäuschen wieder zur Ruhe kommt (Abb. 6), sind gerade einmal 20 Sekunden vergangen.

Pettersson kommt nun aus dem Klohäuschen, schaut direkt in die langsam an ihn heranzoomende Kamera und nimmt der Erzählerstimme, die gerade "ein Kater namens..." sagt, das Wort aus dem Mund, den Satz beendend: "Findus." Bereits in dieser Einstellung wird ein im Film wie in den Bilderbüchern wiederkehrender running gag eingesetzt: Findus ist unauffindbar, obwohl Pettersson hektisch nach seinem Freund ruft. Dieser wird nun mit einem filmischen Überraschungseffekt dem Publikum vorgestellt: An einem Ast schwingend, baumelt der Kater in seiner grünen Hose plötzlich direkt vor dem Kameraobjektiv und schaut wie Pettersson kurzzeitig in die Kamera. Durch diese Blicke, die die "vierte Wand" zwischen Zuschauer- und Filmraum durchbrechen, spielt der Film mit Metalepsen (auch in der später folgenden Stier-Sequenz, in der der Stier bei der Verfolgung Findus’ gleichsam aus Versehen das Kameraobjektiv "zerschmettert"; vgl. Abb. 7). Dieses filmstilistische Mittel wird eigentlich vorwiegend im arthouse-Kino eingesetzt.

30 Sekunden sind nun vergangen, bevor der Erzähler mit "aber am besten erzähle ich die Geschichte von vorne" die Rückblende einleitet, in der  Findus als verwaistes Kätzchen eingeführt wird, das sich "ganz allein" im Wald vor einem heftigen Gewitter versteckt.

Figurenkonstellationen und anthropomorphe Tierfiguren

Die Freundschaft der Hauptfiguren wird stringent als ein Aufeinandertreffen zweier Mangelwesen, die einander brauchen, eingeführt: Während Findus "mutterseelenallein" auf der Welt ist, hat Pettersson zwar seine Hühner, die jedoch haben Besseres zu tun, als ihm zuzuhören oder seine seltsamen Erfindungen zu schätzen, mit denen er seine langen, einsamen Tage erträglicher gestaltet.

Die wichtigsten Figuren werden dabei konsequent bereits am Anfang des Films im Rahmen der Exposition eingeführt – nach der bereits erwähnten Einführung der beiden Hauptfiguren lernen die Zuschauer schnell auch Gustavsson und seinen Hund, die Hühner sowie Frau Andersson kennen. Die Erwachsenen in diesem Kinderfilm sind so wie viele Erwachsene im deutschen Kinderfilm: leicht vertrottelte, verschrobene Gestalten, die es sicherlich gut meinen, oft aber mehr mehr Schaden als Gutes anrichten.

Die anthropomorphen, da sprechenden Hühner und andere Nebenfiguren wie die Mucklas und Happo sorgen vorwiegend für comic relief, haben ansonsten aber kaum handlungstreibende Funktionen. Als comic relief werden, neben der Trotteligkeit Petterssons und Gustavssons, vor allem wiederkehrende running gags eingesetzt, etwa die Gespräche unter den Hühnern, die davon träumen, endlich einen Hahn auf dem Hof zu haben, der als ihr persönlicher cuckoo prince charming imaginiert wird.

Comic relief wird in Kinderfilmen in der Regel eingesetzt, um eine ansonsten von Konflikten getriebene, für Kinder eventuell zu aufregende Handlung aufzuheitern. Im Pettersson und Findus-Kosmos gibt es allerdings keine Antagonisten, die den Protagonisten gefährlich werden könnten: Zwar kommen Gustavsson und Happo Findus öfter in die Quere, zwar sorgen die Mucklas und der Fuchs wiederholt für Durcheinander, letztendlich leben alle Figuren aber einträchtig neben- oder miteinander. Sogar Gustavssons wiederholte Versuche, den Hahn zu schlachten, werden derart harmlos präsentiert, dass kindlichen Rezipienten klar sein muss, dass letztendlich nichts passieren wird.

Unterschiedliche Erziehungsideale

Während der Film somit darauf verzichtet, Konflikte übermäßig zu dramatisieren, konstrastiert er allerdings über die Figuren Pettersson und Gustavsson unterschiedliche Erziehungsideale: Während Pettersson antiautoritär und zurückhaltend agiert und seinem Schützling eher nebenbei angemessene Verhaltensweisen sowie Wissen zukommen lässt, Findus ansonsten aber viel Freiraum zur Selbstentfaltung vorfindet, agiert Gustavsson in seinen wenig erfolgreichen Versuchen, Happo zum Jagdhund auszubilden, gegenüber seinem Hund repressiv-autoritär und herabwertend. Die Dialoge zwischen Pettersson und Findus imitieren diejenigen zwischen Eltern und ihren Kindern im Vorschulalter, wo letztere versuchen, die Welt so, wie sie ihnen gefällt, zu gestalten ("Weißt Du schon, dass ich drei Mal im Jahr Geburtstag habe?")

Übernahme ästhetischer Eigenheiten

Für die oben skizzierte, komplexe Inszenierung lassen sich weitere Beispiele finden. So experimentiert Pettersson und Findus mit unterschiedlichen Bildformaten: Wenn Findus versucht, dem Stier die Leiter zu entlocken, schieben sich von oben und unten Balken ins Bild, sodass aus dem klassischen 1,85:1-Format ein Cinemascope-Format wird, was die darauf folgende spektakuläre Auseinandersetzung zwischen Findus und dem Stier zusätzlich akzentuiert. Die Überleitungen sind dabei geschickt inszeniert: Während der kurzsichtige Pettersson den Stier in den Blick nimmt und seine Augen zusammenkneift, um ihn scharf zu sehen, verengt sich das Bild (Abb. 8 und 9); als Findus sich mit einem Sprung durch die Zaunlatten vor dem wütenden Stier in Sicherheit bringt, kehrt das Bildformat wieder zu seiner ursprünglichen Ausrichtung zurück, was durch den Einsatz des "Bullet Time"-Effekts maskiert wird: Während der Film zum ursprünglichen Format zurückkehrt, dreht sich die Kamera 360 Grad um den heraushechtenden Findus, während die Bewegung sukzessive einfriert und Findus damit in der Luft zu schweben scheint (vgl. Abb. 10 bis 12).

Selbst weniger aufwändig erscheinende Szenen sind sorgfältig inszeniert: So dominieren zwar statische Kameraeinstellungen, die jedoch oft extreme Unter- und Aufsichten transportieren. Zudem bewegt sich die Kamera sehr nahe an ihre Figuren heran – alles Mittel, um eine kindliche Perspektive zu inszenieren, die im Kinosaal auf großer Leinwand noch effektiver zum Tragen kommt als im Heimkino des elterlichen Wohnzimmers.

Auch Zeitraffer und Zeitlupen werden regelmäßig verwendet, um narrative Abläufe wie das Backen der Pfannkuchentorte abzukürzen oder zu akzentuieren. Auch hier kommt das bereits skizzierte Wechselspiel zwischen hoher, angenommener Medienkompetenz und orientierendem Erzählen zum Tragen: Während traditionelle Montagestrategien dazu tendieren, alltägliche oder ausgedehnte Abläufe fragmentiert darzustellen (etwa nur den Anfangs- und Endzustand), werden durch Zeitraffer diese Abläufe zwar beschleunigt, aber doch vollständig dargestellt.

Ein weiteres Zugeständnis an angenommene, kindliche Rezeptionsbedürfnisse ist der strategische Einsatz von Musical-Szenen, die Kinder zum Mitsingen und Mittanzen animieren sollen. So wird die Entstehung von Findus' grüner Hose von einer einem Musikvideo ähnlichen Szene untermalt, in der Findus, Pettersson und die Mucklas das "Hosenlied" singen, während sie sich tanzend durch die Küche bewegen. Figuren- und Kamerabewegungen sowie Schnittfolgen sind dabei aural inszeniert – die einzelnen, filmischen Ausdrucksdimensionen spielen derart zusammen, dass sie gerade in kindlichen Rezipienten Bewegungsimpulse auslösen dürften.[3] Weitere Beispiele sind der "Pfannkuchensong“ und die von nicht-diegetischer Musik untermalte Stierkampfszene, die weitgehend auf diegetische Geräusche verzichtet, die Hektik der Auseinandersetzung dafür mit einer hohen Schnittfrequenz kompensiert.

Kinder werden derlei techno-ästhetische Effekte wohl nicht bewusst registrieren, erfahreneren Kinogängern zeigen sie allerdings, dass hier Filmemacher am Werk sind, die ihr Handwerk verstehen und dieses auch durchdacht und engagiert für einen Kinderfilm anwenden.

Deutscher Kinderfilm ist Klamaukfilm

Samadis Adaption ist eine gelungene Kombination verschiedener Erzählungen aus dem Pettersson und Findus-Erzählkosmos. Aus filmanalytischer Sicht bemerkenswert ist die strategische Verschränkung von kindgerechtem, episodischem Erzählen mit einer komplexen, audiovisuellen Inszenierung. Weniger innovativ ist jedoch weiterhin die Figurencharakterisierung: Auch Pettersson und Findus. Kleiner Quälgeist – große Freundschaft ist ein Klamaukfilm mit zwar liebenswürdigen, zugleich aber trotteligen Erwachsenenfiguren. Damit steht Amadis Film in der Tradition von deutschen Filmklassikern wie Die Lümmel von der ersten Bank (Werner Jacobs, 1968) und Gernot Rolls Räuber Hotzenplotz.

 

Fußnoten

[1] Vgl. die "Jahreshitliste national 2015" der Filmförderungsanstalt (FFA), URL: https://www.ffa.de/download.php?f=52ad51494c1b1233b88c4295ba8cbee4&target=0.

[2] Reinhard Kleber: Film des Monats 03/2014: Pettersson und Findus. Kleiner Quälgeist – große Freundschaft. Kinofenster.de. URL: http://www.kinofenster.de/film-des-monats/aktueller-film-des-monats/pettersson-und-findus-film/ (abgerufen am 13.09.2020).

[3] Zum Begriff der Auralität vgl. Tobias Kurwinkel und Philipp Schmerheim: Kinder- und Jugendfilmanalyse. Konstanz und München: UVK, 2013 (= UTB 3385) sowie Tobias Kurwinkel und Philipp Schmerheim: Auralität im Kinder- und Jugendfilm. In: Lexikon des Kinder- und Jugendfilms im Kino, im Fernsehen und auf Video. Teil 6: Genre, Themen und Aspekte. Herausgegeben von Horst Schäfer. Corian-Verlag Heinrich Wimmer, Meitingen. 45. Ergänzungslieferung.

 

[Dieser Beitrag erschien ursprünglich im – mittlerweile eingestellten – Lexikon des Kinder- und Jugendfilms im Kino, im Fernsehen und auf Video. 50. Ergänzungslieferung. Hrsg.  von Horst Schäfer. Corian-Verlag Heinrich Wimmer, Meitingen, 2016. S. 1-9. Für die Neuveröffentlichung wurde der Beitrag vom Verfasser überarbeitet.]