Titel des Projekts/Title: Zwischen Identifikation, Gängelung und Abschreckung. Zur Darstellung und Funktion lesender Figuren in der Kinder- und Jugendliteratur

VerfasserIn/Author: Christiane Hänny (Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.)

Sprache/Language: Deutsch

Art des Projekts/Type: Dissertation

Projektlaufzeit/Duration: 2018-2023

Universität/University: Rheinland-Pfälzisch Technische Universität (RPTU)

Keywords: Leserfigur, Autorfigur, Identifikation, Metafiktionalität, Leserlenkung, Bildung

 

Beschreibung/abstract:

Seit ihrer Entstehung werden Bücher als Medium betrachtet, das einen umfassenden Zugang zu Wissen und Bildung ermöglicht. Spätestens seit Beginn der Massenalphabetisierung im 18. und vor allem dem 19. Jahrhundert wurde die Fähigkeit zu lesen, die an sich als fortschrittlich galt, auch kritisch betrachtet – besonders in Bezug auf die unteren Bevölkerungsschichten. Die Art und Weise des Lesens und die gelesenen Inhalte selbst standen im Mittelpunkt dieser Kritik. Bis heute ist die Frage, wer wie was liest, ein Gegenstand öffentlicher Diskussionen. Literatur hat schon immer als Spiegelbild gesellschaftlicher Diskurse gedient. Während die Allgemeinliteratur in der Regel den aktuellen Zustand reflektiert, setzt sich die Kinder- und Jugendliteratur, die nicht nur unterhalten, sondern auch bilden und erziehen soll, vorrangig mit einem erstrebenswerten Zustand auseinander.
Das Dissertationsprojekt untersucht, wie sich diese Debatte innerhalb der Kinder- und Jugendliteratur spiegelt und wie eine ideale Lektüre mittels geeigneter Identifikationsfiguren inszeniert wird. Im Zentrum der textanalytischen Untersuchungen eines repräsentativen Korpus von der Aufklärung bis zur Gegenwart stehen daher lesende Figuren, die entweder als positives Vorbild oder abschreckendes Beispiel für die empirischen Rezipierenden fungieren sollen. Es wird dabei der Frage nachgegangen, welche Strategien der Rezipientenlenkung mittels der Kombination der (oftmals gemeinsam auftretenden) Dichter- und Leserfiguren in kinder- und jugendliterarischen Texten angelegt werden und wie sich sowohl die Ziele als auch die Verfahren dieser Strategien im literaturgeschichtlichen Verlauf verändern. Dabei wird unter anderem die Vermutung aufgestellt, dass die Argumentationsmuster bezüglich der Chancen und Risiken neuer Medien, die für Kinder und Jugendliche zugänglich sind – wie Fernsehen, Videospiele, Internet und Smartphones –, ihren Ursprung in der Debatte um angemessene Kinder- und Jugendliteratur haben könnten.

 

Books have been regarded as a medium that provides comprehensive access to knowledge and education since their inception. The ability to read, which was inherently considered progressive, began to be critically scrutinized, especially in relation to lower socio-economic classes, by the time mass literacy emerged in the 18th and particularly the 19th century. The manner of reading and the contents being read itself became focal points of this critique. To this day, the question of who reads what and how remains a subject of public discourse. Literature always was a reflection of societal discourse. While general literature typically discusses the current state of affairs, children's and young adult literature, which aims not only to entertain but also to educate and nurture, primarily engages with an aspirational state.
The dissertation project delves into how this debate is mirrored within children's and young adult literature and how an ideal reading experience is staged through suitable identification figures. At the core of the text-analytical examinations, spanning from the Enlightenment to the present day, are characters engaged in reading. These characters are meant to function as either positive role models or cautionary examples for the empirical recipients. The investigation explores the strategies of guiding recipients through the juxtaposition of (often coexisting) author and reader figures in children's and young adult literary texts. Furthermore, it examines how the objectives and methodologies of these strategies shift throughout the course of literary history. This endeavor includes the proposition that argumentative patterns concerning the opportunities and risks of new media accessible to children and adolescents – such as television, video games, the internet, and smartphones – may find their origins in the debate about appropriate children's and young adult literature.

 

Biographische Informationen/CV:

Christiane Hänny ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Germanistik an der Rheinlandpfälzisch-Technischen Universität (RPTU) am Campus Landau bei Prof Dr. Gabriela Scherer. Ihr Forschungsinteresse liegt neben der Kinder- und Jugendliteratur vor allem in der Literaturdidaktik, hier insbesondere in der Bilderbuchrezeption. Sie schloss ihr Studium für das gymnasiale Lehramt in den Fächern Germanistik und Biologie 2017 ab und arbeitete anschließend ein Jahr als Fach- und Vertretungslehrerin an einer integrierten Gesamtschule. 2024 beginnt sie ihr Referendariat in Baden-Württemberg.