Biographie

Als Tochter des Arztes Oskar Arthur Tetzner (1866-1949) und dessen Frau Pauline Frida Tetzner (1873-1955) wächst Lisa Tetzner zusammen mit ihrem jüngeren Bruder Hanns-Leo in einem bürgerlichen, "strikt deutschnational orientierten"(Weinkauff 1996, S. 305) Haushalt im sächsischen Zittau auf. Mit 11 Jahren erkrankt sie an Keuchhusten und erleidet eine Knochenmarktuberkulose, die zur lebenslangen Versteifung ihres linken Knies führt. Während ihrer 3 Jahre dauernden Bettlägerigkeit zieht sie sich in eine märchenhafte Phantasiewelt zurück und verfasst erste Geschichten und Texte.

Bis 1905 besucht Lisa Tetzner die öffentliche Schule in Zittau; im Sommer geht sie in Jonsdorf, während ihrer Kuraufenthalte in der Schweiz in Lugano zur Schule. 1909 besucht sie ein Jahr lang die Höhere Töchterschule I in Zittau und anschließend bis 1912 das Mädchenpensionat "Ilsenhof" in Dresden.

1913 – 1917 absolviert Lisa Tetzner eine Ausbildung als Fürsorgerin an der 1908 von Alice Salomon gegründeten Sozialen Frauenschule in Berlin. 1916 ist sie von einem dänischen, durch Deutschland wandernden Märchenerzähler so fasziniert, dass sie sich neu orientiert: Sie belegt Kurse an der "Schauspielschule des Deutschen Theaters" von Max Reinhardt in den Fächern Sprecherziehung und Stimmbildung und studiert an der Berliner Universität bei Prof. Dr. Emil Milan, dem dortigen Lektor für Vortragskunst. Dieser wird zu ihrem Mentor und unterstützt ihre Neigung zum Volksmärchen.

Besonders wichtig ist im Frühjahr 1918 die Begegnung mit dem Verleger Eugen Diederichs (1867-1930), der nicht nur aus verlegerischen Gründen auch die bürgerliche Jugendbewegung fördert und unterstützt. Er und seine Frau Lulu von Strauß und Torney-Diederichs werden zu ihren engsten Vertrauten, die sie in ihrem Vorhaben, Märchen erzählend durch Deutschland zu wandern, entscheidend motivieren.

Ab Sommer 1918 bis 1923 zieht Tetzner als Märchenerzählerin durch die Dörfer Mittel- und Süddeutschlands, durch Thüringen und Schwaben, durch das Ruhrgebiet und das Rheinland. Es entstehen die Werke: Vom Märchenerzählen im Volke, Aus Spielmannsfahrten und Wandertagen und Im Lande der Industrie zwischen Rhein und Ruhr.

Auf ihren Wanderungen schließt sie sich u. a. dem Schauspieler Gottfried Haaß-Berkow (1888-1957) und seinen Spielkreisen und Mysterien-Spielern in Schwaben an. 1918 beteiligt sie sich zusammen mit Albrecht Leo Merz (1884-1967) am Aufbau der von diesem in Stuttgart gegründeten "Führerschule", leitet deren Abteilung "Märchenerzählen" und bietet Lehrkurse in Vortragskunst an.

Auch Friedrich Muck-Lamberty (1891-1984), dem mystischen Heilsversprecher und ritualisierten Entbehrungsprediger, folgt sie und zieht einige Wochen mit seiner "Neuen Schar" durchs Land. Sie begeistert das Gemeinschaftsgefühl, die kritiklose Hinwendung zu dieser "Führerfigur" und der Fanatismus der Gruppe führen bei ihr jedoch zu einer deutlichen Distanz. 

1919 lernt sie Kurt Kläber (Pseudonym Kurt Held, 1897–1959) als wandernden Buchhändler und "Berufsrevolutionär" kennen und lieben. 1921-1924 erkrankt Lisa Tetzner erneut: eine rechtsseitige Hüftgelenksentzündung führt zu einer dauernden Versteifung. Am 23.12.1924 heiratet sie Kurt Kläber in Düsseldorf. Trotz ihrer Erkrankung ist sie in den 1920er Jahren deutschlandweit als Märchenerzählerin gefragt.

Seit 1924 hat das Paar einen Zweitwohnsitz als Sommerdomizil in Carona und zieht 1926 nach Berlin. Zum Freundeskreis gehören u. a. Béla Balázs, Johannes R. Becher, Bert Brecht, Anna Seghers.

1926/1927 gibt Lisa Tetzner die Märchensammlung Die schönsten Märchen der Welt für 365 und einen Tag heraus. 

Ab 1927 ist Lisa Tetzner am Berliner Rundfunk tätig. Sie versammelt im Rahmen des Kinderfunks eine "Spielschar" um sich, Kinder, mit denen sie Hörspiele improvisiert und Märchen bespricht. "Sie verbindet in medieninnovativer Weise die Möglichkeiten des Rundfunks mit der intim gestalteten Situation des Märchenerzählens." (Wrobel 2010, S. 180) Die Reaktionen der Kinder werden in die Übertragung einbezogen, Tetzner setzt auf Spontaneität und verschiebt dabei die Grenzen zwischen Vortrag und gemeinsamem Spiel. "So gelingt ihr, die Unmittelbarkeit des Erzählens und des gestaltenden Vortrags auch im Medium Rundfunk lebendig zu halten." (Ebd.)

Ab 1928 beginnt Lisa Tetzner, eigene Kinderbücher zu schreiben. Durch ihre Arbeit im Rundfunk verlagert sich ihr schriftstellerisches Interesse vom Märchen zum literarischen Kinderbuch, wobei ihre ersten Kinderbücher (z.B. Hans Urian) trotz der deutlichen Hinwendung zu sozialen Themen noch starke phantastische und märchenhafte Elemente aufweisen. 

Nach der Verhaftung ihres Ehemanns am 28.02.1933 wegen angeblicher Beteiligung am Reichstagsbrand und dessen Flucht über die Tschechoslowakei ins Tessin emigriert auch Lisa Tetzner in die Schweiz. Als Märchenerzählerin ist Lisa Tetzner auch im nationalsozialistischen Deutschland weiter gefragt, ihre sozialkritischen Kinder- und Jugendbücher werden jedoch verboten. Jahrelang hat sie auch in der Schweiz Berufsverbot.

1935 verliert Lisa Tetzner ihren deutschen Verlag und wird 1936 aus der Reichsschrifttumskammer ausgeschlossen.

Von 1937 bis 1953 arbeitet sie als Sprecherzieherin am Kantonalen Lehrerseminar in Basel, später als Dozentin für Stimmbildung an der Universität Basel. 1938 wird ihr die deutsche Staatsbürgerschaft aberkannt; die Schweizer Staatsbürgerschaft erhält sie erst 1948. 

In den 1950er Jahren organisiert sie zusammen mit Kurt Kläber Hilfsaktionen und Lebensmittelsammlungen für deutsche Intellektuelle und engagiert sich als Förderin der phantastischen Kinderliteratur (vor allem von Astrid Lindgrens Pippi Langstrumpf, 1945), die in Deutschland eher zögernd angenommen wurde. 

1951 nimmt sie am Kongress des Internationalen Kinder- und Jugendbuchs in München, organisiert von Jella Lepmann (1891-1970), teil und gehört zu den Mitbegründern des Internationales Kuratoriums für das Jugendbuch (International Board on Books for Young People – IBBY).

1955 ziehen Lisa Tetzner und Kurt Kläber (Held) in Carona in das eigens als "Künstlerhaus" gebaute Eigenheim, das sie auf den Namen "La cá del pan trová – Casa Pantrovà" taufen, "das Haus zum gefundenen Brot." Testamentarisch verfügen sie, dass das Haus als Stiftung fortleben und für Künstlerinnen und Künstler als Arbeitsstätte dienen soll. Bis heute ist die Casa Pantrovà mit samt seiner Einrichtung fast gänzlich erhalten und dient immer noch der Künstlerförderung.

Nach dem Tod Kurt Kläbers am 9.12.1959 veröffentlicht Lisa Tetzner keine Kinder- und Jugendbücher mehr. Am 2.07.1963 stirbt sie im Krankenhaus in Lugano an einem Gehirnschlag.

Werk

Für die literarische Positionierung Lisa Tetzners in der Weimarer Zeit sorgte im Wesentlichen ihr Verleger und väterlicher Freund Eugen Diederichs mit seiner zweiten Frau, Lulu von Strauß und Thorney, durch die Veröffentlichung der Märchenbücher und der jugendbewegten Reiseberichte. In Im Land der Industrie zwischen Rhein und Ruhr. Ein buntes Buch von Zeit und Menschen (1923) setzt Lisa Tetzner, mit einem Zitat aus Der Rhein die romantisch geprägte Hölderlinrezeption aufnehmend, den entscheidenden literarischen Akzent für dieses Buch und zeichnet darin zugleich ein soziales Bild des Ruhrgebiets.

Ihre erste eigene Märchensammlung Die schönsten Märchen der Welt für 365 und einen Tag konzipierte Lisa Tetzner als "Märchenbuch für Generationen" mit vielen ansprechenden Bildern und einer vielfältigen Märchenauswahl aus aller Herren Länder. Die erste Ausgabe wurde von Maria Braun illustriert und erschien 1926 im Diederichs-Verlag. Die Anthologie ist immer wieder neu verlegt worden, so z. B. im Luchterhand Verlag ab 1981 (Nachdruck 1984) auf 12 schmale Bändchen verteilt, und diente auch als Grundlage für zahlreiche Ausgaben mit unterschiedlicher Auswahl unter diversen Titeln.

Im Schaffstein Verlag Köln wurden 1928-1931 in der Reihe der Blauen Bändchen Irische, Japanische, Russische, Sizilianische und Türkische Märchen, Indianer- und Negermärchen veröffentlicht. Konzipiert waren diese Bändchen für Kinder als Ergänzung zum Schulgebrauch und als Grundstock für die eigene Bibliothek.

Die richtige Auswahl von Märchen spielte für Lisa Tetzner eine besonders wichtige Rolle. Das gilt sowohl für die rhetorisch-orale Praxis auf den Wanderfahrten und im Medium Rundfunk als auch für ihre eigene Theorie der Märchen und für die Struktur ihrer Anthologien. Von Anbeginn an beschränkte sie sich nicht nur auf deutsche Überlieferungen, sondern nahm früh internationale Märchen in ihr Repertoire auf.

Zeitlebens hat Lisa Tetzner die Märchen der Völker ediert. Den Anthologien liegt stets eine altersgerechte Einrichtung der Stoffe zugrunde: Das Töpflein mit dem Hulle-Bulle-Bäuchlein ist für 3- bis 7jährige Kinder gedacht, Das Füchslein und der zornige Löwe für 7- bis 10jährige, Vom Märchenbaum der Welt für 10- bis 14jährige.

Märchen beeinflussten auch immer Lisa Tetzners Kinder- und Jugendliterarisches Werk. Nicht nur ihr Frühwerk Hans Urian verbindet realistische und phantastische Elemente, auch Der kleine Su aus Afrika (1952), Su und Aglaia (1953) oder Das Mädchen in der Glaskutsche (1957) bedienen sich märchenhafter Motive. 

Doch auch wenn Hans Urian sich noch vermehrt phantastischer Elemente bediente, wendete sich Lisa Tetzner darin bereits von der märchenbestimmten Erzählweise ab und aktuellen historischen Themen zu, eine Entwicklung, die sie in ihren folgende Werken fortführte. Mit dem neunbändigen Werk Erlebnisse und Abenteuer der Kinder aus Nr. 67. Odyssee einer Jugend schuf sie schließlich das wohl beste Jugendbuch über das Thema Kinder und Nationalsozialismus. Sie begann diese Kinderodyssee zeitgleich mit dem Aufkommen des deutschen Faschismus und führte sie über den Zweiten Weltkrieg bis in die jüngste Nachkriegszeit fort. Dieser Entwicklungsroman gilt als wichtiges literarisches Zeitdokument, das aus Kinderperspektive die Wurzeln des Faschismus und Antisemitismus, ihre Entwicklung und Folgen thematisiert. Aus der Optik des Zeitzeugen werden in früher und differenzierter Form die Frage von Schuld und Verantwortung unter den geschichtlichen Aspekten von Not, Vertreibung, Verfolgung, Emigration der betroffenen Kinder im Nationalsozialismus aufgearbeitet.

Die Kinder aus Nr. 67 hatten es verlegerisch nicht leicht. Die Schweizer Militärzensur äußerte 1943 Bedenken gegen gewisse politische Bemerkungen im Text. Anspielungen auf den Führer, die Nennung deutscher Ortschaften und eine Erörterung über die Freiheit waren unerwünscht. 1944 wurden kommunistische Thesen im Werk beanstandet.

Schweizer Lektoren empfahlen auch sprachliche Korrekturen und Anpassungen, doch Lisa Tetzner weigerte sich, den Berliner Dialekt ihrer Kinder in Schweizer Deutsch umzuschreiben.

Auch im geteilten Deutschland hatte der Romanzyklus mit Zensurschwierigkeiten zu kämpfen. In der BRD erschienen wegen der Tabuisierung des Themas "Nationalsozialismus" nur Einzelbände der Kinderodyssee, jedoch war die Schweizer Ausgabe im deutschsprachigen Raum erhältlich. Die ersten Bände konnten zwar in der DDR in hohen Auflagen erscheinen, der sechste Teil, Mirjam in Amerika, wurde jedoch wegen der zu amerikafreundlichen Passagen nicht mehr zum Druck freigegeben. Weil sich Lisa Tetzner weigerte, den Roman zu ändern, wurde auch für die Folgebände die Druckerlaubnis zurückgezogen.

Letztlich war der Erfolg dieser Kinderodyssee nicht aufzuhalten. Schon seit 1935 erschienen immer wieder Neuauflagen in den skandinavischen Ländern, nach 1945 kamen niederländische, französische, italienische, hebräische Übersetzungen hinzu. 

In der BRD erfuhr die Kinderodyssee erst im Zuge der Aufarbeitung des Nationalsozialismus ab der Mitte der 19070er Jahre ihre richtige Würdigung. 1980 wurde Lisa Tetzners Kinderodyssee unter dem Titel Die Kinder aus Nr. 67 oder Heil Hitler, ich hätt' gern 'n paar Pferdeäppel verfilmt. Zeitgleich zum Film veröffentlichte der Sauerländer Verlag 1980 eine Sonderausgabe, die bis heute weitere Auflagen erfährt. Der Deutsche Taschenbuch-Verlag hat die Bände in seine Reihe "dtv junior" aufgenommen. Es erschienen Materialienhefte für Lehrer im Klett-Verlag zum Buch und 1990, herausgeben von Atlas-Film und dem Kinder- und Jugendfilmzentrum in der BRD, auch zum Film. In den fachdidaktischen Foren findet eine rege Auseinandersetzung über die Verwendung des Werks im Schulunterricht statt. Auf dem deutschsprachigen Buchmarkt erschien die jüngste Auflage 2004/05, Hörbücher und Film-DVDs sind auf dem Markt.

Auch als Übersetzerin machte sich Lisa Tetzner einen Namen und bewies damit "erneut ihr außerordentliches Gespür für zukunftsweisende, herausragende Jugendliteratur, indem sie [1957] den ersten Band der Chroniken von Narnia des im deutschsprachigen Raum noch unbekannten britischen Autors C.S. Lewis ins Deutsche übersetzt." (Wrobel 2010, S. 182)

Populärrezeption

Trotz einer bis heute anhaltenden Präsenz auf dem deutschen Buchmarkt - hauptsächlich mit ihren Märchenanthologien und den Kinder- und Jugendbüchern - ist Lisa Tetzner heute keine wirklich bekannte Autorin.

Lisa Tetzner wird in der Sekundärliteratur fast immer in einem Zug mit Kurt Held (d. i. Kurt Kläber) genannt. Sie beschritten ab 1919 nicht nur einen gemeinsamen Lebensweg, sondern sie näherten sich auch in den künstlerischen Zielsetzungen - besonders seit der Zeit im Schweizer Exil - immer mehr an. Der Roman Die schwarzen Brüder (1940/41) entstand in enger Zusammenarbeit, als gemeinsames Projekt, wurde aber wegen des Berufs- und Publikationsverbotes von Kurt Kläber lediglich unter Lisa Tetzners Namen veröffentlicht.

Das Leben und Wirken Lisa Tetzners spielte sich in einem komplexen, spannenden und vielfältigen sozio-ökonomischen, politischen und literaturhistorischen Umfeld ab. Lisa Tetzner prägte durch ihre Arbeit die Märchenrezeption und die Kinder- und Jugendliteratur und gilt als Pionierin des Rundfunks. In Deutschland verfemt, verboten und verfolgt, war sie auch in der Schweiz zeitweise unerwünscht und entwurzelt, aber immer (auch international) literarisch präsent und sozial engagiert. 

Wissenschaftliche Rezeption

Leben und Werk Lisa Tetzners ist bislang Thema dreier Dissertationen (Weber 1983; Bolius 1997; Geus 1999) gewesen, die gemeinsam die mangelhafte Forschungslage und die spärliche, nur Teilaspekte behandelnde Sekundärliteratur beanstanden und folglich im Gegenzug den Anspruch erheben, die Defizite der bisherigen Forschung aufzuheben und Lisa Tetzner in ihrem Gesamtkomplex zu analysieren. 

Inge Webers Dissertation hat literaturgeschichtlichen Charakter und ist "Teil der Untersuchungen zur proletarisch-revolutionären Kinder- und Jugendliteratur, die von einer Forschungsgruppe des Wissenschaftsbereiches Deutsche Literatur an der Pädagogischen Hochschule `Ernst Schneller` Zwickau durchgeführt" (Weber 1983) wurden. Die Arbeit versteht sich als "erste[r] Versuch, eine marxistisch-leninistische Gesamtdarstellung zu Leben und Werk Lisa Tetzners" (ebd.) zu geben.

Die Dissertation von Gisela Bolius (Bolius, 1997) ist eine durchaus informative, archivarisch gut recherchierte Biografie Lisa Tetzners. Aus Briefen, Tagebucheinträgen, Manuskripten und veröffentlichten Aufsätzen schlüsselt Bolius Lisa Tetzners Lebensweg chronologisch genau auf, recherchiert und dokumentiert Tetzners Beziehungen zu Kulturträgern ihrer Zeit. Die Arbeit enthält viele Informationen zu Fundstücken in Archiven und Privatnachlässen, Zitate aus Korrespondenzen und Tagebucheinträge werden häufig als Belege und Stellungnahmen hinzugezogen, eine historische und literaturkritische Einordnung jedoch nur in Ansätzen geleistet.

Die Dissertation von Elena Geus erarbeitet ebenfalls in einer eher biografischen Recherche das Werk Lisa Tetzners, da ihrer Ansicht nach "Tetzners Schaffen […] in engem Zusammenhang mit ihren Lebenserfahrungen" (Geus 1999 S. 5) steht. Aus Materialien öffentlicher Archive und privater Nachlässe erarbeitet Geus neue Aspekte der Biografie und "Lebenswirklichkeit" (Geus 1999 S. 7) Tetzners. Die häufigen Zitate aus Briefen, Manuskripten und Tagebüchern führen zu einer stark eigeninterpretatorischen und psychologisierenden Werkanalyse. Andererseits erleuchtet Geus durch ihre Archivstudien, Interviews, Werkinterpretationen und Analysen sowohl das Leben und Werk Lisa Tetzners als auch in Grundzügen das soziale, kulturelle und politische Umfeld.

Aktuellere Besprechungen finden sich zu Lisa Tetzner eher in medientheoretischen Beiträgen (Messerli 2008, S. 55-74), in Abhandlungen über Kinder- und Jugendliteratur und das Leben und Schreiben im Exil (Fernengel 2008; Hertling 1998) oder in pädagogischen Lektürehilfen (Wrobel 2010).

Am 08.04.2004 wurde im WDR5 ein Beitrag von Sabine Tenta über Lisa Tetzner im Rahmen der Serie Starke Frauen ausgestrahlt.

Auch in eine von Friedemann Bedürftig zusammengestellte Liste der 1000 bedeutenden Frauen-Persönlichkeiten von der Antike bis zur Gegenwart ist Lisa Tetzner aufgenommen worden. (Bedürftig 2009)

Eine Ausstellung über Leben und Werk von Lisa Tetzner und Kurt Kläber wurde vom städtischen Kulturraum "die flora" in Gelsenkirchen erstellt (Ausstellungskuratorinnen: Dr. Cristina Parau und Wiltrud Apfeld) und dort im Herbst 2011 unter dem Titel Aus unserem Leben in die Freiheit – Lisa Tetzner & Kurt Kläber: Leben und Werk gezeigt.

Der Nachlass Lisa Tetzners befindet sich im Privatbesitz ihrer Großnichte Christiane Dornheim-Tetzner, Teilnachlässe liegen im Deutschen Literaturarchiv Marbach, im Schweizerischen Institut für Kinder- und Jugendmedien Zürich, im Staatsarchiv Aargau sowie im Casa Pantrovà in Carona.

Filmische Adaptionen

1956 wurde Lisa Tetzners Jugendbuch …was am See geschah verfilmt. Wolfgang Schleif führte Regie, der Kinderstar Michael Ande spielte in einer Doppelrolle die Hauptgestalten Rosmarin und Thymian. Der Schwarz-Weiß-Film unter dem Titel Zärtliches Geheimnis (auch Ferien in Tirol) weicht im Handlungsstrang und in der Geschichte von der Vorlage ab.

1980 wurde Lisa Tetzners Kinderodyssee unter dem Titel Die Kinder aus Nr. 67 oder Heil Hitler, ich hätt' gern 'n paar Pferdeäppel verfilmt. Regie führten Usch Barthelmeß-Weller und Werner Meyer. Besetzung: Thomas Ahrens; Stefan Bossenberger; May Buschke u.a. Der Film erhielt mehrere Filmpreise, u.a. den Deutschen Filmpreis und in Rotterdam den Preis für den Besten Politischen Film.

Literaturverzeichnis

Sekundärliteratur

  • Bedürftig, Friedemann: 1000 Frauen. Bedeutende Persönlichkeiten von der Antike bis zur Gegenwart. Köln: NGV, 2009.
  • Bolius, Gisela: Lisa Tetzner. Leben und Werk. (Diss. Berlin 1995) Frankfurt/Main: dipa-Verlag, 1997; Fernengel, Astrid: Kinderliteratur im Exil. Im "modernen Dschungel einer aufgelösten Welt". Berlinsche Diss. Marburg: Tectum-Verl, 2008.
  • Geus, Elena: „Die Überzeugung ist das einzige, was nicht geopfert werden darf“ – Lisa Tetzner (1894-1963). Lebensstationen – Arbeitsfelder. Frankfurter Diss. Frankfurt/Main: dipa-Verlag, 1999; Hertling, Viktoria: Mit den Augen eines Kindes. Children in the Holocaust, Children in Exile, Children under Fascism. Amsterdam: Rodopi, 1998 (=Amsterdamer Publikationen zur Sprache und Literatur, 134).
  • Messerli, Alfred: Vom Thüringer Wald zur Berliner Funk-Stunde. Die Märchenerzählerin Lisa Tetzner zwischen primärer und sekundärer Oralität. In: Erzählkulturen im Medienwandel. Hrsg. von Christoph Schmitt. Münster: Waxmann, 2008 (=Rostocker Beiträge zur Volkskunde und Kulturgeschichte, 3). S. 55-74.
  • Tetzner-Kläber, Lisa: Das war Kurt Held. Vierzig Jahre Leben mit ihm. Aarau, Frankfurt/Main: Sauerländer, 1961.
  • Weber, Inge: Zum epischen Werk Lisa Tetzners für Kinder und Jugendliche. Zwickauer Diss. Zwickau: Pädagogische Hochschule, 1983.
  • Weinkauff, Gina: Eine kinderliterarische Chronik des Nationalsozialismus. Lisa Tetzners „Kinderodyssee“ und die Literaturpädagogik. In: Deutschunterricht, 49 (1996), H. 5. S. 303-313.
  • Wrobel, Dieter: Lisa Tetzner: Die Kinder aus Nr. 67. Dilemmageschichte aus dem Vorkriegs-Berlin. In: Vergessene Texte der Moderne. Wiederentdeckungen für den Literaturunterricht. Hrsg. von Dieter Wrobel. Trier: Wissenschaftlicher Verlag, 2010. S. 177-191.

Internet

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