Biographie

Am 11. Mai 1905 wurde die spätere Alex Wedding als Margarete Bernheim in Salzburg geboren. Mit 17 Jahren verließ sie ihre jüdische Familie und arbeitete als Angestellte in einem Warenhaus. Hier kam sie mit einem proletarischen Millieu in Kontakt: "Oft saß ich abends mit meinen Quartiergebern zusammen und fragte sie über ihr Leben aus, nach Dingen, die sie kannten und die ich wissen wollte. Durch meine Eisenbahnerfreunde lernte ich die Kraft und Größe der arbeitenden Menschen kennen und schätzen" (Ebert 1975, S. 124).

1925 zog sie zu ihrer Schwester nach Berlin und arbeitete zuerst in einer Buchhandlung, später als Sekretärin der Handelsvertretung der Sowjetunion. In dieser Zeit wird sie auch in der KPD politisch aktiv. 1928 heiratete sie Franz Carl Weiskopf, der zu dieser Zeit Feuilletonredakteur der kommunistischen Tageszeitung Berlin am Morgen war. Später arbeitete auch Margarete – nun Weiskopf – für diese Zeitung. Seit dem Ende der 20er Jahre hat Wedding verstärkten Kontakt zu wesentlichen deutschen Schriftstellern des letzten Jahrhunderts, u.a. durch wöchentliche Treffen im Café Metro mit Thomas Mann, Ernst Bloch, Louis Fürnberg und anderen Literaturschaffenden. 

1931 erschien ihr erstes Buch Ede und Unkuunter dem Pseudonym Alex Wedding. Dieser Name ist programmatisch für ihren schriftstellerischen Anspruch: Er setzt sich aus "Wedding", einem Berliner Arbeiterviertel, und "Alex", dem Alexanderplatz als einem der wichtigen politischen Orte Berlins und Platz für sozialistische Agitation und Demonstrationen, zusammen. Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten flüchteten Wedding und ihr Mann zuerst nach Prag. Hier engagierte sie sich in der Arbeiter Illustrierten Zeitung, verfasste Kurzgeschichten, sozialkritische Berichte und Humoristisches.

Innovativ war ihr Umgang mit den intendierten Rezipienten der Bücher, mit den Kindern. Sie stand im Briefkontakt mit vielen Kindern, die sie als "gleichberechtigte Partner" (Blumesberger 2007, S. 19) ansah. 

Nach dem Einmarsch der deutschen Truppen in die Tschechoslowakei flüchtete Wedding mit ihrem Mann nach Paris. Zum Zeitpunkt des Ausbruchs des Zweiten Weltkriegs befanden sich beide auf eine Konferenz in New York. An eine Rückreise war für Wedding, deren Bücher im Nationalsozialismus verbrannt wurden, nicht zu denken, so dass beide in Amerika blieben.

Nach dem Zweiten Weltkrieg kehrten die Eheleute wieder nach Prag zurück, lebten in Stockholm und Peking, bevor sie 1953 nach Ostberlin übersiedelten. Geehrt wurde sie in der DDR schon vor ihrer Übersiedlung: 1951 bekam sie den ersten Preis im Kinder- und Jugendliteraturpreisausschreiben des Ministeriums für Kultur.

Am 15.3. 1966 starb Wedding in Thüringen an einem Hirntumor und wurde auf dem Zentralfriedhof Berlin-Friedrichsfelde neben ihrem Mann Carl Weiskopf beerdigt.

Werk

Als einen der anziehendsten und liebenswertesten Charakterzüge am Menschen schätze ich die Kindlichkeit. Ich liebe sie bei Erwachsenen, und ich liebe sie bei jenen, die sie im höchsten Maß besitzen: bei den Kindern. Deshalb wählte ich gerade sie zu meinen Lesern. (Ebert 1975, S. 127)

Kinder waren für Wedding gleichberechtigte und -befähigte Rezipienten, denen sie in ihrem Werk Klassenbewusstsein, Verantwortung und Antifaschismus vermitteln möchte. Mit ästhetischen Kunstwerken und vorbildhaften Charaktere wollte sie Menschen prägen. Vor allem in der DDR kämpfte sie leidenschaftlich für eine innovative und künstlerisch anspruchsvolle Kinder- und Jugendliteratur. 

Wedding erstes Kinderbuch Ede und Unku erschien 1931 und wurde 1935 auch auf englisch als Eddie the Gipsy. A Story for Boys and Girls veröffentlicht.

Die Geschichte spielt im sozialdemokratischen Millieu Berlins, zu dem auch Edes Familie gehört. Aufregung entsteht im Arbeiterviertel, als Schausteller einen Rummelplatz in der Nähe aufbauen. Während die überwiegende Bevölkerung diese verunglimpft, freundet sich Ede sehr schnell mit Unku, der Tochter der Schaustellerfamilie an. Ede und Unku meistern zusammen viele Schwierigkeiten, lassen sich über die Ursachen von Arbeitslosigkeit aufklären, und helfen gemeinsam Edes Arbeiterfamilie aus wirtschaftlicher Not. Neben vielen Auflagen des Buches entstand 1980 auch ein Spielfilm mit der Geschichte Edes und Unkus.

Das zweite Kinderbuch Das Eismeer ruft. Die Abenteuer einer großen und einer kleinen Mannschaft wurde 1936 im Malik-Verlag veröffentlicht. Dieses Buch erzählt die Abenteuer eines sowjetischen Expeditionsschiffs und die aufregende Rettung von über 100 Passagieren, an der drei Prager Kinder maßgeblich beteiligt sind. Auch hier sind die Kinder Identifikationsfiguren, die im Verlauf des Buches im Kollektiv heroisch werden.

Nach dem Zweiten Weltkrieg werden innerhalb eines Jahres gleich zwei Bücher Weddings veröffentlicht. 1948 erschienen Söldner ohne Sold (später als Das große Abenteuer des Kaspar Schmeck) und Die Fahne des Pfeiferhänsleins.

In ihrem Roman Das eiserne Büffelchen. Jugendroman aus dem heutigen China verarbeitet Wedding auch eigene Impressionen aus dem nachrevolutionären China, das sie nach dem Zweiten Weltkrieg besuchte. In dem 1952 erschienenen Buch beschreibt Wedding die Geschichte eines chinesischen Dorfjungens und verknüpft diese mit einem quasi-heilsgeschichtlichen Überblick über die 20 Jahre Chinas vor der kommunistischen Revolution.

Neben ihren literarischen Veröffentlichungen ist Wedding für die theoretischen Diskurse des Subsystems DDR-Kinder- und Jugendliteratur relevant. Auf vielen Deutschen Schriftstellerkongressen hält sie teilweise sehr kontrovers diskutierte Vorträge zu Aspekten der Kinder- und Jugendliteratur, unter anderem zur Relevanz des Mädchenbuches in der sozialistischen Gesellschaft. 

Populärrezeption

Während des Nationalsozialismus gehört ihr Buch Ede und Unku zur Liste der verbotenen Bücher und wurde nur im Ausland auf deutsch veröffentlicht. Trotz der Ressourcenknappheit wurden ihre Bücher noch vor der Gründung der beiden deutschen Staaten neu veröffentlicht oder wieder aufgelegt.

Wie für DDR-Kinder- und Jugendliteratur üblich, wurden Weddings Bücher vor allem im "Leseland DDR" rezipiert, in der Bundesrepublik Deutschland wurden zwar Bücher neuaufgelegt, aber dennoch kaum rezipiert. In den drei wesentlichen Lehrplänen für den Deutschunterricht in der DDR tauchen ihre Bücher auf. Das eiserne Büffelchen war im Lehrplan von 1959/1960 für die 7. Klasse vorgesehen, Ende der 60er und 1987 findet man Ede und Unku als Kanontext für die 5. Klasse. Die zeitliche Kontinuität der Rezeption ihrer Bücher entsprechen hohe Auflagen in den jugendliterarischen Verlagen der DDR.

Wissenschaftliche Rezeption

Alex Wedding kinderliterarisches Schaffen ist von großer Bedeutung im aktuellen Diskurs der Kinder- und Jugendliteratur-Forschung. Wesentlich zu ihrer Neuentdeckung in den letzten Jahren hat eine Konferenz in Österreich anlässlich ihres 100. Todestages im Jahr 2005 beigetragen (www.biblio.at/oegkjlf). Auch die Monographien und Aufsätze zur DDR-Kinder- und Jugendliteratur widmen sich ihrem Werk. Hierbei ist v.a. ihre Doppelfunktion innerhalb des Systems DDR-Kinder- und Jugendliteratur interessant, da sie nicht nur an der Produktion von Literatur beteiligt ist, sondern durch ihre theoretischen Beiträge gleichfalls an den Vorgaben zur Literaturproduktion (siehe o.g. Beispiel zur Mädchenliteratur), wie auch an der Rezeption beteiligt ist. Darüber hinaus werden in ihrer Person Kontinuitäten und Brüche zwischen der proletarischen Kinder- und Jugendliteratur der Weimarer Republik und der frühen DDR-Kinder- und Jugendliteratur exemplifizierbar. Trotz ihrer systemischen Funktion für die DDR-Kinder- und Jugendliteratur ist zu ihrer Person bisher weniger bekannt. Eine Schrift zu ihrer Biographie steht beispielsweise noch aus.

Literatur

Sekundärliteratur

  • Alex Wedding (1905-1966) und die proletarische Kinder- und Jugendliteratur. Hrsg. von Susanne Blumesberger und Ernst Seibert. Wien: Praesens, 2007.
  • Alex Wedding. Aus vier Jahrzehnten. Erinnerungen, Aufsätze und Fragmente. Hrsg. von Günter Ebert. Berlin: Kinderbuchverlag, 1975.
  • Blumesberger, Susanne: Grenzenloses Schreiben, grenzenloses Denken. Die Schriftstellerin, Übersetzerin und Journalistin Grete Weiskopf (Alex Wedding). In: Alex Wedding (1905-1966) und die proletarische Kinder und Jugendliteratur. Hrsg. von Susanne Blumesberger und Ernst Seibert. Wien: Praesens, 2007. S. 13-40.
  • Fernenengel, Astrid: Kinderliteratur im Exil. Marburger Diss. Marburg: Tectum, 2008.
  • Richter, Karin: Kinder- und Jugendliteratur der DDR. In Taschenbuch der Kinder- und Jugendliteratur Bd. 1. Baltmannsweiler: Schneider-Verlag Hohengehren, 2000.
  • Scheibe, Hermine: Alex Weddings Beitrag zur sozialistischen deutschen Kinderliteratur. Berlin: DDR-Zentrum für Kinderliteratur, 1971.
  • Wrobel, Dieter: Vergessene Texte der Moderne. Wiederentdeckungen für den Literaturunterricht. Trier: Wiss. Verl. Trier, 2010.