Inhalt

Die zwölfjährige Caspia zieht mit ihren Eltern für drei Monate aus einer Kleinstadt nach Brooklyn, weil ihr Vater dort ein Bauprojekt leiten soll. Eigentlich würde sie aber viel lieber in der Heimat bei ihren Freundinnen Ellie und Laryssa bleiben. Das Apartment, welches sie in Brooklyn gemietet haben, ist sehr altmodisch eingerichtet und mit Blumenverzierungen geschmückt. In ihrem Zimmer findet Caspia in einer Kommode alte Briefe aus dem Jahr 1958. Dabei handelt es sich um den Brief einer Frau namens Rosalinde an ihre blinde Schwester Minna. Sie schickt ihr aus verschiedenen Teilen der Welt Rätsel, die eine bestimmte Pflanze beschreiben. Minnas Aufgabe ist es, die Pflanze zu erraten und eine Stickerei davon anzufertigen, welche sie ihrer Schwester zurückschickt. Schnell errät Caspia die erste Pflanze und bemerkt, dass ein Bild von dieser auch auf die Kommode gemalt wurde. Sie beginnt nun, Minnas und Rosalindes Rästelspiel mitzuspielen und möchte mehr über die erste Pflanze, den Zimtbaum, erfahren. Dafür besucht sie einen Gewürzladen in ihrer Nähe und freundet sich mit der Besitzerin Margaret an. Auch den botanischen Garten, in welchem sie auch ihrem neuen Freund Ado begegnet und eine Pflanzenhandlung, in welcher sie ebenfalls eine neue Freundin, Jemila, kennenlernt, besucht sie nun häufiger. Im Verlauf der Handlung öffnet sie nach und nach alle Briefe und beginnt so, auch Spaß an dem Leben in Brooklyn zu haben. Ihre Eltern haben ebenfalls Anteil an den Rätseln, denn ihre Mutter kocht Gerichte mit den jeweiligen Gewächsen und Gewürzen. Caspias Mutter ist Hobbyköchin, deren größter Traum es ist, ein eigenes Kochbuch zu veröffentlichen. Auch Ellie und Laryssa lässt sie über Chats teilhaben. Am Ende ist Caspia fast traurig, wieder zurück ich ihre Heimat zu kommen, jedoch geben ihr alle ihre Freund*innen ein Abschiedsfest. Wieder zu Hause angekommen wird Caspia von einem Besuch überrascht: Rosalinde lädt sie ein, mit ihr einen besonderen Baum anzusehen. Um welchen Baum es sich dieses Mal handelt, wird wieder in einem Rätsel verpackt.

Kritik

Das grüne Königreich beschreibt die besondere Faszination, die Pflanzen auszulösen vermögen. Gleichzeitig erinnert es an die Langlebigkeit und Besonderheit von auf Papier geschriebenen Worten. Caspia taucht in eine ihr bislang fremde Welt ein, die voller neuer Sinneseindrücke ist. Interessanterweise wird die Welt voller Pflanzen und Gerüche mit ihrem normalen Leben kontrastiert. Sie nimmt zwar einiges ihrer Erfahrungen mit und trägt diese in ihre Familie und zu ihren Freundinnen, welche die Begeisterung zu teilen beginnen. Gerade bei Caspias Mutter zeigt sich jedoch, dass ihr Interesse stark steigt, als Caspia ihr letztendlich von den Briefen erzählt. Sie versteht nun, dass ihre plötzliche Vorliebe für Pflanzen nicht nur aus einer Laune heraus entstanden ist, sondern durch die Begeisterung zweier Schwestern von vor langer Zeit ausgelöst wurde.

Das Buch transportiert eine sehnsuchtsvolle Stimmung, enthält aber gleichermaßen auch lustige Passagen. Eine aktuelle Passung bekommt es dadurch, dass Caspia die ganze Zeit mit ihren Freundinnen per Smartphone chattet. Modern wirkt zudem, dass ihre Eltern die Wohnung per Airbnb mieten.

Eingeflochten wird außerdem noch das Thema der jungen Liebe, welche aber nicht handlungsrelevant ist: Caspia entwickelt einen Crush auf ihren Freund Ado. Dabei ist es vor allen Dingen Laryssa, welche sich sehr für das Thema Liebe interessiert und Caspia dahingehend immer wieder ausfragt. Ihre Freundin Ellie entgegen interessiert sich lieber für Mädchen als für Jungen. Junge Leser*innen bekommen durch das Freundinnentrio verschiedene weibliche Identifikationsfiguren präsentiert, die eine sexuelle Vielfalt anbahnen.Zum diversity-Aspekt kommt hinzu, dass Jemila, die Nichte der Besitzerin des Blumenladens, karibischer Herkunft ist und Ado mexikanische Wurzeln hat. Es wurde also darauf geachtet, nicht nur die weiße heterosexuelle Norm zu bedienen, sondern bewusst auch andere Lebensrealitäten zu beachten.

Die Erzählinstanz gibt viel von Caspias Innenleben preis, beispielsweise dadurch, dass die Fragen, die Caspia sich stellt, ausformuliert werden. Hierdurch können die Leser*innen mit Caspia auf eine Reise durch Das grüne Königreich gehen und ihre Faszination dafür miterleben. Davon ausgehend, dass Kinder- und Jugendliteratur oft eine bestimmte Intention verfolgt, wird hier möglicherweise darauf abgezielt, Kinder und Jugendliche wieder mehr für die alten Dinge (Schreiben, Sticken, Natur) zu begeistern und zu unterstreichen, dass auch diese Dinge heute noch ihre Relevanz haben.

Auch in diesem Roman findet sich eine Art Zwei-Welten-Modell: Caspia taucht mit der Erforschung der Briefe ab in die 50er Jahre des 20. Jahrhunderts, als das Internet noch keine Rolle spielte und somit Kontakt und Nähe ganz anders praktiziert wurde. Sie wird vom Zauber dieser ‚Welt‘ eingefangen und wechselt zwischen ihrem alltäglichen Leben und der alten Welt, welche ihr den Weg zum grünen Königreich ebnet.

Die Sprache ist insgesamt zwar in Grundzügen hypotaktisch, aber trotzdem recht einfach gehalten, sodass jüngere Leser*innen der Geschichte gut folgen können. Dies wird dadurch unterstützt, dass durch Caspias Innensicht Gespräche meistens zu zweit oder zu dritt stattfinden, wodurch der Roman insgesamt sehr übersichtlich wirkt. Auch die Unterteilung der Kapitel trägt dazu bei, denn das Buch enthält bei ca. 200 Seiten 20 Kapitel, wodurch eben diese insgesamt recht kurz sind und somit auch für Leseanfänger*innen nicht überfordernd wirken. Zudem gibt es auch einige Abbildungen, die das Leseverständnis insofern unterstützen, als dass sie genau zum Text passen bzw. teilweise zusätzliche Informationen liefern (beispielsweise bilden diese die Pflanze, mit der sich Caspia gerade beschäftigt). Die Abbildungen nehmen dabei maximal die halbe Seite ein und sind teilweise auch in den Text integriert. 

Fazit

Das grüne Königreich ist für Kinder und Jugendliche, die gerne innerhalb der ihnen bekannten Lebenswelt neue Erfahrungen und neue Perspektiven erleben möchten und nicht unbedingt auf Spannung aus sind, zu empfehlen. Vom Verlag wird der Kinderroman ab zehn Jahren empfohlen. Es kann aber wegen der textstrukturierenden Elemente, der Einfachheit der Sprache und der Unterstützung durch die Abbildungen durchaus schon früher gelesen werden. Das Thema der Verliebtheit ist für Kinder in den unteren Grundschulklassen zwar noch nicht unbedingt relevant, da es aber nur ein kleines Detail in der Geschichte ist, ist dies nicht weiter störend. Das Thema des Stadtverlassens ist hingegen durchaus etwas, mit dem sich auch jüngere Kinder teilweise bereits durch eigene Erfahrungen identifizieren können. Ausgehend davon kann der Kinderroman ab acht Jahren empfohlen werden.

Titel: Das gründe Königreich
Autor/-in:
  • Name: Cornelia Funke
  • Name: Tammi Hartung
Illustrator/-in:
  • Name: Franziska Blinde
Erscheinungsort: Hamburg
Erscheinungsjahr: 2023
Verlag: Dressler
ISBN-13: 978-3-7513-0106-0
Seitenzahl: 208
Preis: 18,00 €
Altersempfehlung Redaktion: 8 Jahre
Funke, Cornelia/Hartung, Tammi: Das grüne Königreich