In der Diskussion aller Gesprächsteilnehmer ging es vor allem um die Frage, welche Bedeutung die Morde vor 76 Jahren für uns heute haben. Frank-Walter Steinmeier betonte, wie wichtig es sei, sich zu erinnern: An die Verbrechen, aber auch an die Mutigen, die widerstanden hätten. Es sei unsere gemeinsame Verantwortung, dafür zu sorgen, dass so etwas nie wieder passieren könne. Deshalb sei das Buch Dunkelnacht sehr wertvoll, denn es helfe, die Menschen in dieser Situation besser zu verstehen, es sei ein Plädoyer für Mut und Zivilcourage. Die Schüler zeigten sich erschüttert, weil in dem Buch deutlich werde, dass sich ganz normale Menschen an diesen Verbrechen beteiligt hätten. Man könne sich nicht genug Erinnern. Das Buch sei "ein ewiger Zeitzeuge". Auch der Bürgermeister Stefan Korpan findet es wichtig, dass das Buch erscheinen sei. Es helfe, sich intensiver mit der Geschichte der Penzberger Mordnacht zu befassen.

Die Penzberger Mordnacht gehört zu den oft übersehenen Verbrechen, die in den letzten Tagen des Zweiten Weltkriegs von Deutschen begangen wurden. Ende April 1945 versuchten couragierte Penzberger Bürger, darunter der 1933 aus dem Amt gedrängte Bürgermeister Hans Rummer, der NS-Herrschaft und dem Krieg friedlich ein Ende zu bereiten. Militär aus München und örtliche Nationalsozialisten ermordeten daraufhin 16 mutige Penzberger wenige Tage vor Ende des Krieges.

Dunkelnacht von Kirsten Boie beschreibt diese Ereignisse aus der Sicht dreier fiktiver Jugendlicher und illustriert, wozu (normale) Menschen durch Fanatismus, Gruppendruck, durch Befehlsgewalt, Gewalterfahrung, aus Angst und Hass fähig sind bzw. wie diese eine Gesellschaft prägen. Dunkelnacht wirft außerdem die Frage auf, ob und wie dagegen anzukommen ist, auch als Einzelner. Unbeteiligt bleibt in dem Buch keiner.

Gleichzeitig steht die Vorgeschichte der Penzberger Mordnacht, die "Rückeroberung" des Rathauses durch demokratisch gesinnte Kräfte und deren erste Maßnahmen, sich den Befehlen des NS-Regimes zu widersetzen bzw. die Gewaltherrschaft zu beenden, für Demokratiegeschichte, für Mut und Zivilcourage, die damals zu wenige Menschen zeigten.
 
"Wir vergessen nicht, was geschehen ist! Aber wir vergessen auch nicht, was geschehen kann!", sagte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier in seiner Rede am 29. Januar 2020 im Deutschen Bundestag zum 75. Jahrestag der Befreiung des Konzentrations- und Vernichtungslagers Auschwitz. Ähnlich fasste Kirsten Boie die Motivation zum Schreiben von Dunkelnacht zusammen, gleichzeitig macht sie in Interviews ein wachsendes Desinteresse an einer Beschäftigung mit der NS-Zeit, auch unter Jugendlichen, aus sowie eine Rückkehr von rechtem Gedankengut in allen Gesellschaftsteilen.

Hier finden Sie in Kürze einen Mitschnitt der Veranstaltung.

[Quelle: Pressemitteilung]