Inhalt

Der siebzehnjährige Dorian lebt auf der Straße: Auf der Flucht vor einem gewalttätigen Vater und voller Trauer um die verstorbene Mutter schlägt er sich durch und kommt einigermaßen gut über die Runden. Doch eines Tages findet er sich in einer Blutlache wieder, darin sein aufgeklapptes Taschenmesser und der leblose Körper des obdachlosen Emil, der Dorian kurz zuvor drangsaliert hatte. Und das Schlimme: Dorian kann sich an nichts mehr erinnern. Hat er Emil umgebracht? Warum? War es Notwehr? Sein Kopf rast – und dann steht plötzlich der smarte Nico vor Dorian, ein junger Mann, der ihm immer wieder versichert, es sei bestimmt Notwehr gewesen. Anstatt die Polizei zu rufen, wie Dorian panisch befürchtet, bietet Nico ihm freundlich an, ihn mitzunehmen und offeriert ihm so einen Ausweg, eine Alternative zum Leben auf der Straße. Er arbeite für eine wohltätige Organisation, sagt Nico, die obdachlosen Jugendlichen ein neues Zuhause biete. In seiner Panik muss Dorian nicht lange über das Angebot nachdenken: Er fährt mit Nico in einem abgedunkelten Wagen in die Villa Bornheim, bleibt dabei jedoch ahnungslos über deren Standort. Und hier scheint sich ihm tatsächlich das Paradies zu bieten: In der Villa leben Jugendliche ein scheinbar sorgloses Leben. Raoul Bornheim bietet den Obdachlosen Schutz und Asyl. Sie bekommen Kleidung und Essen, Unterricht erteilen sie sich gegenseitig, wobei Ethik den Schwerpunkt im Fächerkanon der Villa bildet. Aber ominös bleibt es doch: Warum werden die jugendlichen Villa-Bewohner offensichtlich nach Kleiderfarben sortiert? Und was hat es mit dem seltsamen Rechenzentrum auf sich, das Dorian zufällig entdeckt? Warum sind einige Jugendliche aus der Villa geflohen?

Am Anfang erhält Dorian grüne Kleider, doch nachdem er ein wenig die Gegend erkundet und auf ein rätselhaftes Rechenzentrum gestoßen ist, findet er in seinem Schrank plötzlich nur noch rote Anziehsachen. Warum nur? Und warum dürfen die Jugendlichen nichts über ihren wahren Standort wissen? Antworten auf seine Fragen bekommt Dorian nicht, weder von Nico noch von dem freundlichen Raoul Bornheim persönlich. Zu allem Überfluss müssen die Jugendlichen auch noch Dienste verrichten: Sie verteilen Flugblätter für wohltätige Zwecke und dürfen sich bei dieser Tätigkeit kaum vom Fleck bewegen. Schnell ist Dorian – und mit ihm dem Leser – klar, dass es hier nicht mit rechten Dingen zugeht und er die Villa am liebsten verlassen möchte.

Doch etwas hält den Jungen in der Villa: Stella, eine Mitbewohnerin, in die er sich ebenso spontan wie heftig verliebt hat. Und Stella will keine Fragen stellen, sie ist einfach dankbar und froh über das Leben, das Bornheim ihr bietet. Dorian aber rebelliert schnell gegen den Flugblatt-Dienst, vor allem deshalb, weil ihn dabei dauernd Leute anstarren und er immer noch eine Anzeige wegen Mordes an Emil fürchtet. So bieten ihm Bornheim und Nico einen anderen Job an: Dorian soll an ausgewählte Personen kleine Geschenkboxen überbringen, deren Inhalte ihm unbekannt sind. Meist handelt es sich hier um Konzernchefs oder andere einflussreiche Leute. Als der Inhaber eines Mobilfunkunternehmens das Päckchen, das Dorian überbringt, mit den Worten ablehnt: "Was hast du ihnen eigentlich getan, dass sie dir sowas antun wollen? Wenn ich du wäre, würde ich abhauen…" (S. 132), eskaliert die Situation, denn nun wagt Dorian einen Blick in das Paket: Zu seiner Überraschung findet er eine Datenbrille, von der er schnell bemerkt, dass sie Informationen über Menschen einblendet, sobald man sie anschaut. Diese betreffen ihre Vergangenheit, ihre politische und wirtschaftliche Integrität, Schwächen und Stärken. In den Fokus rückt die Brille auch Machenschaften von ausbeuterischen Unternehmen und prangert diese an. Nachdem Dorian die Brille ausgepackt hat, wendet sich die Handlung, denn nun kann er nicht zurück in die Villa Bornheim. Vergeblich wartet er beim verabredeten Treffpunkt darauf, abgeholt zu werden: Fahrer Bertold erscheint nicht. Plötzlich wird Dorian zum Gejagten, denn es scheint zu stimmen, was ihm der Mobilfunkunternehmer prophezeit hatte. "Sie wollen dich töten!" (S. 132). Dorian rennt mit der Brille durch die Stadt und kämpft gegen Bornheim. Die Brille verrät ihm, dass der eine ominöse Show plant: Der Countdown läuft und Dorian darf nicht überleben, so offenbart es ihm der Datensatz, den die Brille über ihm selbst einblendet. Die Liebe zu Stella verhindert es, dass Dorian die Stadt verlässt. Er muss bleiben, will sich retten, will sie retten – und so nimmt er den Kampf gegen Bornheim auf, flieht vor Horrorvisionen und optischen Täuschungen, und die Brille verursacht immer stärkere Kopfschmerzen. Wird Dorian den Kampf gewinnen?

Kritik

Die Frage soll hier nicht beantwortet werden, denn – wie bei allen Thrillern von Ursula Poznanski – lebt auch dieser von seiner Spannungsstruktur, den überraschenden Wendungen und Cliffhangern sowie dem unerwarteten Ende. Wer Erebos und Saeculum oder auch schon den Nachfolger Elanus verschlungen hat, der wird auch von Layers nicht enttäuscht sein, denn die bekannte österreichische Bestsellerautorin Poznanski bleibt sich treu (vgl. das Interview mit der Autorin auf KinderundJugendmedien.de). Sie bietet ihren jugendlichen Lesern atemberaubende Spannung von der ersten bis zur letzten Seite: ein typischer Pageturner, dem Leseförderer sicherlich sofort die lesemotivierende Wirkung auf Jugendliche zusprechen würden. Viel Action und schnelle Handlungsabläufe sorgen dafür, dass man das Buch kaum weglegen und gut in einem Rutsch durchlesen kann. Die Charaktere aber bleiben eher flach, so ist z. B. die plötzliche Verliebtheit zwischen Dorian und Stella unvermittelt da:

Er murmelte eine Entschuldigung und stand auf, wollte in sein Zimmer zurück, um nachzudenken. Doch Stella fing ihn noch vor der Tür ab und hakte sich bei ihm ein. Ihre plötzliche Nähe verschlug ihm für einen Moment die Sprache. Es war lange her, dass jemand ihn auf diese Weise berührt hatte. Freundschaftlich. Ohne eine Bedrohung zu sein […]

Die ganze Zeit über war Stella neben ihm, und sosehr er ihre Nähe genoss, so nervös machte sie ihn auch. Was daran liegen konnte, dass Stella auf eine Art und Weise duftete, die ihm noch nie begegnet war. Zweimal ertappte er sich dabei, wie er an ihrem Haar schnupperte, und rief sich selbst zur Ordnung. (S. 31)

Von nun an sind die Protagonisten verliebt und gehen eine feste Beziehung ein. Komplexe oder gar widersprüchliche Emotionen der Figuren kommen nicht vor, deshalb wirkt das Verhältnis von Stella und Dorian eher konstruiert – und das ist es ja auch, es fungiert allein als Motiv, um die Handlung voranzutreiben. Denn ohne Stella könnte Dorian ja einfach die Stadt verlassen, als er zum Verfolgten geworden ist und mit der Datenbrille durch die Straßen rennt.

Auch das Ende wirkt eher konstruiert, denn die Auflösung ist nicht komplett glaubwürdig und funktioniert nur im Sinne der raffiniert konstruierten Spannungsstruktur.

Fazit

Unterhaltungsliteratur für Jugendliche ab 14 Jahren vom Feinsten, spannend, rätselhaft und leicht zu lesen – eben typisch Ursula Poznanski…

Titel: Layers
Autor/-in:
  • Name: Poznanski, Ursula
Erscheinungsort: Bindlach
Erscheinungsjahr: 2015
Verlag: Loewe Verlag
ISBN-13: 978-3-7855-8230-5
Seitenzahl: 445
Preis: 14,95 €
Altersempfehlung Redaktion: 14 Jahre
Poznanski, Ursula: Layers