1 Hinführung: Annäherung an ein schwieriges Thema
2 Inhaltliche Fokussierung: Die Überlebensstrategien der kindlichen Protagonistinnen und Protagonisten
2.1 Die fiktive Realität des Spiels
2.2 Das Verarbeiten der Realität im Verfassen von Gedichten
2.3 Disziplin und Hilfsbereitschaft
2.5 Starkes Gemeinschaftsgefühl
3 Erzähltechnische Umsetzung: Der Kinderblick auf die Shoah
3.1 Der authentische Blickwinkel des damaligen Kindes in der Literatur für Erwachsene
3.2 Der "Filter" der Erzählinstanz in der Literatur für Kinder und Jugendliche
5 Perspektivenwechsel in der Jugendliteratur nach der Jahrtausendwende
1 Hinführung: Annäherung an ein schwieriges Thema
"Der Tod, nicht Sex war das Geheimnis, worüber die Erwachsenen tuschelten, worüber man gern mehr gehört hätte." (Klüger 1995, S. 9) Mit diesen Worten beginnt der autobiographische Roman weiter leben. Eine Jugend von Ruth Klüger, der freilich nicht für jugendliche Rezipientinnen und Rezipienten verfasst wurde. Gleichwohl inszeniert dieser Romananfang die Wahrnehmungsperspektive vieler Kinder und Jugendlicher angesichts ihrer grauenvollen Erfahrung der Shoah.
Die Schwierigkeit, die systematische Ermordung von sechs Millionen Juden in (angemessene) Worte zu fassen, wurde bereits in vielfältigen Kontexten thematisiert (u.a. Young 1992), insbesondere betrifft dies den Themenkomplex 'Kinder und Shoah'. Dieser vielfach zerstörten Kindheit und dem Nachspüren der authentischen kindlichen Perspektive sind unzählige narrative Texte gewidmet, denn: "Für ein Kind war das anders…" so der Titel einer Tagung, die kurz vor der Jahrtausendwende in Marburg stattfand und in deren Rahmen Zeitzeuginnen/Zeitzeugen und Wissenschaftlerinnen/Wissenschaftler miteinander diskutierten (vgl. Bauer/Strickhausen 1999).
Im Falle von Literatur, die sich an Kinder und Jugendliche richtet, erscheint die Unsagbarkeit angesichts der ständigen Todesangst im unmittelbaren Erleben der Shoah noch potenziert, denn kindliche Protagonistinnen und Protagonisten stehen kindlichen Rezipientinnen und Rezipienten gegenüber. Dies gilt umso mehr, wenn es sich um autobiografische Erzählungen handelt. Von daher ist es von zentraler Bedeutung in den Kinder- und Jugendbüchern zur Shoah, dem Grauen nicht die Übermacht zu gewähren und in Handlungsunfähigkeit zu versinken, sondern vielfältige Überlebensstrategien zu inszenieren.
2 Inhaltliche Fokussierung: Die Überlebensstrategien der kindlichen Protagonisten und Protagonistinnen
Im Gegensatz zur Literatur für Erwachsene werden in Kinder- und Jugendbüchern zur Shoah besonders die Überlebensstrategien und Schutzmechanismen der kindlichen Protagonistinnen und Protagonisten thematisiert. So konnten die meisten Kinder die Bedrohlichkeit ihrer Lebenssituation gar nicht begreifen, wie Eva Erben in ihrem autobiografischen Bericht Mich hat man vergessen beschreibt: "Ich war noch ein Kind und verstand nicht so genau, was eigentlich geschah." (Erben 1996, S. 12). Dieses Nichtwissen wird in den Texten als ein Schutz für die kindliche Seele inszeniert. So kennt auch die Protagonistin in Emilie Rois Maya. Eine andere Geschichte weder Angst noch Sorgen: "Um die Wahrheit zu sagen, ich selbst hatte keine Angst. Ich verstand nicht, was geschah oder was uns noch geschehen konnte." (Roi 1994, S. 70)
Eine Rolle spielen in diesem Zusammenhang auch die Versuche der Erwachsenengeneration, die Kinder über ihre Situation im Unklaren zu lassen: Erst ab einem bestimmten Alter begriffen die Kinder langsam die permanente Lebensgefahr, in der sie schwebten, und entwickelten altersbedingt unterschiedliche Überlebensstrategien: "Und irgendwie musste ich versuchen zu überleben." (David 2000, S. 345).
Im Folgenden werden einige der in den Texten inszenierten Überlebensstrategien angesichts der Shoah skizziert. Dabei korrelieren Unterschiede bezüglich des Alters der kindlichen Protagonistinnen und Protagonisten und ihrer spezifischen Kompensationsstrategien mit unterschiedlichen Adressatengruppen bzw. Lesealtern. Insgesamt ist von drei Lesephasen auszugehen: Das erste Lesealter umfasst Rezipientinnen und Rezipienten im Grundschulalter, das zweite bezieht sich im Wesentlichen auf die Sekundarstufe I, also etwa das Alter zwischen 11 und 15 Jahren. Die Leserinnen und Leser der dritten Lesephase stehen bereits an der Schwelle zum Erwachsensein.
2.1 Die fiktive Realität des Spiels
Kleine Kinder verfügen noch über eine sehr effektive Möglichkeit, sich in eine Scheinwelt zu flüchten und ihr Nichtverstehen der Realität zu pflegen: das Spiel. Dieses völlige Aufgehen in der fiktiven Wirklichkeit des Spiels wird als die zentrale Überlebensstrategie in den Kinderbüchern zur Shoah markiert, die sich an kindliche Rezipientinnen und Rezipienten im Grundschulalter (Lesephase I) richten.
Oftmals waren die Lebensbedingungen in den Gettos und Konzentrationslagern für die Kinder nur zu ertragen, wenn sie versuchten, die Augen vor der Wirklichkeit zu verschließen. Je jünger die Kinder waren, umso leichter fiel es ihnen, mit nur wenigen Dingen kreativ zu spielen und die Lebenswirklichkeit dabei zu vergessen: "[W]ir waren immer ganz freudig und leidenschaftlich bei der Sache, denn das Spielen war die einzige wirkliche Ablenkung von unserer Situation." (Erben 1996, S. 19). Auch unter den widrigsten Umständen wird der kindliche Spieltrieb als ungebrochen beschrieben:
Wir hatten nur wenige Spielsachen im Lager [...]. Wir erfanden unsere eigenen Spiele und mussten uns dabei auf unsere Phantasie verlassen. [...] Unser Spielplatz war ein faulig riechender Abfallhaufen. Hier wühlten wir stundenlang herum, wateten knietief durch die weggeworfenen Sachen und hofften, einen Schatz zu finden. (Auerbacher 1992, S. 49-50)
Eine wahre Meisterschaft des Spiels entwickelt der Ich-Erzähler aus Uri Orlevs Das Sandspiel zusammen mit seinem Bruder:
In Wahrheit spielten wir ein Spiel. [...] Die Form des Spiels wurde von den äußeren Bedingungen bestimmt. Nachts oder in einem dunklen Versteck erzählten wir uns einfach, was wir mit unseren Armeen taten. Konnten wir tagsüber auf dem Fußboden spielen, führten wir regelrechte Schlachten mit Bleisoldaten, mit Schachfiguren oder mit großen Haufen Spielkarten. (Orlev 1997, S. 40-42)
Ihre Gefühle des Ausgeliefertseins und der Ohnmacht kompensierten die kindlichen Figuren somit durch Rollenspiele, in denen sie strategisch handeln und Macht ausüben konnten.
2.2 Das Verarbeiten der Realität im Verfassen von Gedichten
Ab einem bestimmten Alter jedoch konnte diese Flucht ins Spiel nicht mehr gelingen. Je intensiver die Kinder die Ereignisse um sich herum wahrnahmen und je deutlicher sie die Hintergründe für ihre außergewöhnliche Lebenssituation begriffen, umso heftiger meldete sich der Drang, eine Ausdrucksmöglichkeit für das Erleiden der Shoah zu finden.[1] Das Spiel als Ablenkung stand häufig nicht mehr zur Verfügung: "Wir Kinder vergaßen zu spielen." (Rabinovici 1994, S. 50).
In zahlreichen autobiographischen Erzählungen verfassen die Protagonistinnen und Protagonisten Gedichte, um die Ausweglosigkeit ihrer Situation zu beschreiben. Doch auch kleinere Kinder, die sich noch ins Spiel flüchten können, schreiben schon ihre Gedanken nieder. Für die Protagonistin in Mich hat man vergessen beispielsweise weist das Tagebuchschreiben in die Zukunft:
In meiner Phantasie war ich dann manchmal wieder nach Hause, nach Prag, zurückgekehrt, saß auf meinem Bett, in der Hand eine große Scheibe Brot, die mit Mutters hausgemachter Marmelade bestrichen war, und las in meinen "Theresienstädter Erinnerungen". (Erben 1996, S. 27)
Das Schreiben und der Vortrag von Gedichten verschafft in der Erzählung Das Sandspiel nicht nur Anerkennung im Konzentrationslager Bergen-Belsen, sondern auch eine klare Zukunftsperspektive:
[I]n Bergen-Belsen begann ich zu überlegen, dass ich später Dichter werden wollte. Ich schrieb viele Gedichte und manchmal las ich sie den Erwachsenen vor, die sich in der Baracke versammelten, um zuzuhören. Von da an sah ich mich selbst als zukünftigen Schriftsteller. (Orlev 1997, S. 59)
Besonders aber für heranwachsende Kinder ab einem Alter von circa zehn Jahren stellte die Verarbeitung ihrer Gefühle und Gedanken im Schreiben eine große Hilfe dar, auch wenn ihnen dies oft noch nicht bewusst war. Allein die Tatsache, dem sinnlosen Schrecken der Shoah im Schreiben von Gedichten eine kreative und ästhetische Tätigkeit entgegenzusetzen, half über die Enge und Ausweglosigkeit der Situation hinweg.
Der Jugendroman Die Bleisoldaten von Uri Orlev deckt sich inhaltlich mit seiner Erzählung Das Sandspiel, mit dem Unterschied, dass sich der erstgenannte Text an ein deutlich älteres Lesepublikum wendet. Hier sind auch mehrere Gedichte abgedruckt. Das folgende Beispiel soll die Bewusstmachung und Verarbeitung der persönlichen Situation des Verfassers verdeutlichen: "Ich steh an einem Scheideweg, / weiß nicht, wohin es geht. / Händler, Gauner und Verbrecher / gehen über Leichen, doch ihnen geht es gut" (Orlev 1999, S. 239).
Sehr traurige, aber auch hoffnungsvolle Gedichte angesichts des scheinbar ausweglosen Leids schreibt Susie in Dank meiner Mutter:
Die Zeit ist nicht weit. / Es wird kommen eine Zeit, / und die Zeit ist nicht weit, / wenn von Osten und Westen, / von allen Seiten, / Licht kommen wird / und ein warmer Wind, / und die Wolken, sie werden / verschwinden geschwind. / Ach, glaub mir, mein Freund, / die Zeit ist nicht weit! (Rabinovici 1994, S. 63)
Die Protagonistin selbst beschreibt das Verfassen von Gedichten als "wunderbaren Weg, der es mir ermöglichte, in die Ferne zu fliegen, in eine Welt, die gut war, eine Welt der Träume und des Glücks" (ebd. S. 147).
2.3 Disziplin und Hilfsbereitschaft
Wer die Konzentrationslager überleben wollte, musste mit allen Mitteln versuchen, sich gesund zu erhalten. Die Menschen nahmen das ihnen gegebene Todesurteil an, wenn sie sich selbst aufgaben, nur noch dahinvegetierten und so zum "Muselmann" wurden: In sehr vielen Jugendbüchern zur Shoah findet sich dieser Begriff als Bezeichnung für jemanden, der keine Kraft mehr zum Leben hat.[2] Disziplin und Hilfsbereitschaft sind eine Strategie, die kleinen Kindern noch nicht zugänglich ist, doch in den Jugendbüchern der Lesephasen II und III spielt sie eine zentrale Rolle.
In Dank meiner Mutter von Schoschana Rabinovici warnt die Mutter immer wieder ihre Tochter eindringlich davor, aufzugeben:
Die größte Sorge meiner Mutter war, daß wir einen guten, gesunden und "lebenswürdigen" Eindruck machten. Sie hielt dies für die einzige Chance zu überleben und hatte daher alles getan, damit wir "menschlich" aussahen, zumindest nach außen. Ich war gut angezogen und trug die beste Kleidung, die wir hatten. (Rabinovici 1994, S. 101)
Der Vater hingegen überlebt den Todesmarsch nicht. Schon Tage vorher fürchtet sein Schwager, "dass er ein Muselmann werden würde" (ebd. S. 207). In der Gewissheit, damit Selbstmord zu begehen, bleibt Julek hinter der Kolonne zurück und wird erschossen (vgl. ebd. S. 249).
Die beiden wichtigsten Dinge für den Lebenserhalt waren zum einen, sich die Essensrationen einzuteilen und sich möglichst zusätzlich noch etwas Essbares zu organisieren, und zum anderen die körperliche Hygiene. In diesem Sinne reinigt David, der Protagonist in Im Vorhof der Hölle von Carlo Ross, gewissenhaft – mit Sand und Wasser – seine offenen Blasen in den Handflächen:
So gut es ihm möglich war, hielt David die Wunden sauber. Er wusste, dass Krankheit im Ghetto immer die Gefahr bedeutete, ausgesondert zu werden, auf Transport zu gehen. Schon war das kleine Stück Tonseife zu einem winzigen Rest verwaschen, und es bestand keine Aussicht, ein neues zu bekommen. Sauberkeit aber war wichtig. David überlegte und kam auf die Idee, sich feinen Sand mitzunehmen [...]. Die Idee war gut. Der feine Sand, mit Wasser vermischt, eignete sich gut zur Körperreinigung. (Ross 1996, S. 56)
Doch es war nicht nur lebensnotwendig, für sich selbst zu sorgen, vielmehr war es für die psychische Gesundheit unabdingbar, sich auch für das Überleben der Anderen einzusetzen. Wieder hat David in diesem Punkt eine Vorbildfunktion: Er spielt für die Kinder Kasperletheater, unterstützt die Invaliden tatkräftig und leistet ihnen Gesellschaft. Seiner Freundin Vera rettet er das Leben, indem er sich dafür einsetzt, dass ihr Name von der Transportliste gestrichen wird.
Bei all der Disziplin im Kampf um das eigene Überleben und der Hilfsbereitschaft gegenüber den Leidensgenossen geht es nicht nur um die unmittelbare Intention, das Überleben zu sichern, sondern auch darum, der Unmenschlichkeit des Regimes ein menschliches Verhalten entgegenzusetzen.
Besonders im Konzentrationslager Theresienstadt blühte trotz der schrecklichen Lebensumstände ein reiches kulturelles Leben, das von der jüdischen Selbstverwaltung organisiert und von der SS-Kommandatur teilweise geduldet wurde, da diese Aktivitäten zu Propagandazwecken verwendet werden konnten.[3] Dennoch konnten die kulturellen Aktivitäten Kindern jeden Alters neuen Lebensmut geben:
Allen diesen schrecklichen Umständen zum Trotz fanden in Theresienstadt einige absolut unglaubliche Ereignisse statt. Im Getto gab es Musik, Kunst, Theater und andere kulturelle Veranstaltungen – ins Leben gerufen von einer Vielzahl begabter Musiker, Künstler und anderer herausragender Persönlichkeiten, die hier inhaftiert waren. (Kacer 2003, S. 11)
Die Kinder aus Theresienstadt von Kathy Kacer ist der Erinnerung an die Oper Brundibár gewidmet. In einem Nachwort schreibt die Autorin:
Während des Zweiten Weltkrieges beherbergte Theresienstadt vorübergehend einige der größten Maler, Musiker und Darsteller der Tschechoslowakei. Hans Krasa, der Komponist von Brundibár, war zur gleichen Zeit dort inhaftiert wie Rudolf Freudenfeld, der bei der Oper die Regie übernahm und das Orchester dirigierte, und Frantisek Zelenka, der die Bühnenbilder entwarf. […] Die Oper wurde in Theresienstadt insgesamt fünfundfünfzig Mal aufgeführt […]. (ebd. S. 220)
Auch in Eva Erbens Mich hat man vergessen wird diese Oper als eines der Stücke, welches "das Theresienstädter Kindertheater" einstudierte, erwähnt (Erben 1996, S. 20-21). Brundibár ist als Parabel vom Sieg des Guten über das Böse zu lesen: Gemeinsam mit einem Hund, einer Katze und einem Vogel gelingt es den beiden Geschwistern Aninka und Pepicek, den bösen Leierkastenmann zu übertönen.
Neben Theateraufführungen und Konzerten gab es in Theresienstadt auch Autoren- und Autorinnenlesungen. In dem Jugendroman Im Vorhof der Hölle darf der Protagonist David bei einer Lesung mit der Schriftstellerin Ilse Weber ein Gedicht vortragen. Die Menschen konnten so auf vielfältige Weise nicht nur ihrer Angst angesichts ständiger Todesgefahr Ausdruck verleihen, sondern sich auch von ihrer Situation etwas ablenken.
Theateraufführungen gab es zudem auch im Warschauer Getto;[4] einmal mehr greifen die Texte dies auf: Die Protagonistin in Ein Stück Himmel von Janina David spielt so bspw. in einem Kinderstück das Schneewittchen. Ihre Mutter hilft tatkräftig im Hintergrund mit. Vor der ersten Aufführung herrscht eine Aufregung, die sich durch nichts von einer 'normalen' Premiere unterscheidet:
Am Tag der Aufführung war sie hinter den Kulissen, organisierte alles, nahm die Künstler, die plötzlich Lampenfieber bekamen, an die Hand, tröstete, trocknete Tränen, legte Make-up auf bleiche kleine Gesichter, ermahnte die Mädchen, natürlich zu reden, da die meisten von uns vom Lippenstift ganz steife Lippen bekamen. (David 2000, S. 164)
Das Theaterspielen lenkt die Kinder nicht nur von ihren schwierigen Lebensbedingungen ab, sondern gibt ihnen auch Selbstvertrauen: "Die Vorstellung war wirklich ein großer Erfolg, wir wiederholten sie mehrere Male und machten Pläne für eine weitere Aufführung im nächsten Winter" (ebd. S. 165).
2.5 Starkes Gemeinschaftsgefühl
Jeder Einzelne in den Gettos und Konzentrationslagern hatte den Wunsch, dieses Grauen zu überleben. Der Überlebenskampf war allen gemeinsam. Daraus entstand ein starkes Gemeinschaftsgefühl, was allerdings nicht ausschloss, dass manche nur für sich kämpften und oftmals den eigenen Vorteil auf Kosten anderer suchten.
Innerhalb der Familie aber war der Zusammenhalt unerschütterlich. Die Sorge für die Kinder und die Angst um die Eltern schaffte ein Zusammengehörigkeitsgefühl, das auf der emotionalen Ebene viel Kraft gab. Das Wissen um tiefe Zuneigung und gefühlsmäßige Nähe zu den Familienangehörigen schaffte die Basis für eine aufopferungsvolle Hilfsbereitschaft. Besonders gilt dies für die Sorge der Mütter um ihre Kinder:
Ich sehe vor mir, wie die Mütter versuchten, die angsterfüllten und weinenden Kinder zu beruhigen. Sie hielten sich an den Händen und redeten ihnen gut zu, dass alles eines Tages wieder besser sein würde. [...] Mütter versuchten, ihre Kinder zu beschützen und sie bis zum letzten Atemzug in den Armen zu halten. (Auerbacher 1992, S. 76-77)
Im Angesicht des Todes wurden sogar Feste gefeiert. Die Protagonistin in Ein Stück Himmel von Janina David erlebt zusammen mit ihren Eltern die letzten Tage des Warschauer Gettos. Die Menschen ließen sich den Glauben an das Leben nicht nehmen. Die Zwiespältigkeit dieser 'Feste' jedoch soll der folgende Textausschnitt verdeutlichen:
Das Dinner war ein voller Erfolg, die Gäste priesen jeden Gang und Mutter, mit vor Glück geröteten Wangen, war so stolz, als hätte sie eine höchst kunstvolle Mahlzeit zubereitet. Nur Vater war traurig. Er antwortete auf die Toasts – mit selbst gebrautem Wodka – mit einem schmerzlichen Lächeln und schüttelte den Kopf, wenn die Gäste ihm ein langes Leben wünschten. "Das ist mein letzter Geburtstag, machen wir uns doch nichts vor", sagte er als Antwort auf ihre kleinen Ansprachen. "Ich weiß es, und ich möchte nur wissen, wer von uns hier das nächste Jahr überleben wird." [...] Mutter brach das lastende Schweigen mit einem halb lustig, halb empört gemeinten Ausruf. Was war Vater doch für eine Unke, wenn er ein bisschen was zu trinken hatte! (David 1981, S.328-329)
Wo Menschen zusammen sind, die sich nahe stehen, kann es sogar in der Erwartung eines gewaltsamen Todes so etwas wie 'Glück' geben. Diese Gefühle gehören zum Leben und sich des Menschseins nicht berauben zu lassen, zählt wohl zu den wichtigsten Überlebensstrategien: "Man durfte dem Feind nicht nachgeben, sondern musste so tun, als gäbe es ihn gar nicht. Nur dann konnten wir hoffen, in Würde zu überleben." (ebd., S. 156)
3 Erzähltechnische Umsetzung: Der Kinderblick auf die Shoah
3.1 Der authentische Blickwinkel des damaligen Kindes in der Literatur für Erwachsene
Vor einigen Jahren sorgte ein Roman für nicht wenig Aufsehen, weil die Erzähler-Figur eine authentische Kinderperspektive strikt einhält, gemeint ist Imre Kertész' Roman eines Schicksallosen. "Mit Hilfe dieser Technik zieht Kertész seinen Leser in die geschlossene Welt, die er im Roman entwirft, ohne Möglichkeit zu entkommen." (Reiter 1995, S. 218). Gleichzeitig verhindert diese Technik eine Identifikation mit dem Protagonisten, da dieser nicht an seiner Situation zu leiden scheint. Die Erzähler-Figur verzichtet zudem vollständig darauf, die Gedanken und Empfindungen des Protagonisten zu bewerten und sie dadurch gewissermaßen zu korrigieren.
Um noch einmal auf Ruth Klüger zurückkommen: Warum weiter leben. Eine Jugend eindeutig der Erwachsenenliteratur zuzurechnen ist, liegt in der mehrfach gebrochenen Erzählperspektive dieses Romans begründet. Dabei werden die einzelnen Blickwinkel – des erlebenden und des erinnernden Ichs – sehr genau reflektiert. Die unterschiedlichen Wahrnehmungsebenen sind in einem dichten Netz miteinander verwoben und verdeutlichen so die Komplexität der Erinnerung. Letztlich verhindert Ruth Klüger in weiter leben. Eine Jugend "mit ihren reflektierenden Kommentaren […] eine Einfühlung in die kindliche Lebenswelt" (Lezzi 2001, S. 345).
Narrative Darstellungen der Shoah, welche unmittelbar aus der authentischen Sichtweise der damaligen Kinder berichten, sind also nicht der Kinder- und Jugendliteratur zuzuordnen. Dieses Nichtverstehen, das Nichteinordnenkönnen der Ereignisse in den eigenen Erfahrungshorizont ist kindlichen Rezipientinnen und Rezipienten nicht zumutbar. Von daher ist die authentische Perspektive des damaligen Kindes nahezu vollständig der Erwachsenenliteratur vorbehalten. Tatsächlich aber gibt es zahllose Kinder- und Jugendbücher, welche sich der Shoah aus der Sicht seiner kindlichen Protagonistinnen und Protagonisten nähern.
Die Frage, die es nun zu klären gilt, ist die nach der Manifestation des spezifischen Kinderblicks in Kinder- und Jugendbüchern zur Shoah in Abgrenzung zu den Romanen der Erwachsenenliteratur. Inwiefern also wird in Büchern, die sich an Kinder und Jugendliche richten, "anders" über die Todesangst im Angesicht der Shoah geschrieben und lässt sich diese Andersartigkeit kindlichen Erlebens auch auf narrativer Ebene nachvollziehen?
3.2 Der "Filter" der Erzählinstanz in der Literatur für Kinder und Jugendliche
Kinder- und Jugendbücher, die ein so komplexes Sujet wie die Shoah thematisieren, besitzen ein hohes Maß einer gezielt gestalteten Mittelbarkeit. Um den Stoff für Kinder- und Jugendliche verständlich zu machen, muss er besonders sorgfältig 'durchformt' werden. Die Ereignisse werden nicht unmittelbar geschildert, vielmehr ist jede einzelne Erzählung so gestaltet, dass die Darstellung den kognitiven und affektiven Fähigkeiten ihrer Rezipienten und Rezipientinnen angepasst ist.
Die Mittelbarkeit eines jeden narrativen Textes – und damit seine Fiktionalität – manifestiert sich zunächst in der Unterscheidung zwischen einer Roman-internen Erzähler-Figur oder -Instanz und einer Roman-externen Autorin bzw. einem Roman-externen Autoren als der historischen Person, die den Roman geschrieben hat (vgl. Vogt 1998, S. 47-48). Bei Kinder- und Jugendbüchern zur Shoah ist die Rolle des Erzählers als eine von der Autorin oder vom Autoren bewusst geschaffene Instanz von herausragender Bedeutung, um eine kindgerechte Versprachlichung der Shoah überhaupt erst zu ermöglichen: Der Erzähler führt die Leserin und den Leser durch die Geschichte. Er begleitet ihn und schafft so Distanz zum Geschehen. Die Identifikation mit der fiktiven Heldin oder dem fiktiven Helden – und damit die Rezeption ganz allgemein – wird gezielt gesteuert. Gleichzeitig aber lässt der Erzähler hinter der Fiktion der Darstellung die erlebte Wirklichkeit der Protagonistinnen und Protagonisten deutlich hervortreten.
Im Folgenden werden verschiedene – unterschiedlich deutliche – Manifestationen dieser Mittelbarkeit anhand von je einem Beispiel aus den drei Lesephasen näher erläutert.
Bei Kinderbüchern, die sich an Rezipientinnen und Rezipienten der ersten Lesephase wenden – an Grundschulkinder also –, überwiegt eindeutig die Ich-Perspektive. Das Erleben der Todesangst im Angesicht der Shoah wird mit Hilfe dieser singulären Perspektive gewissermaßen durch einen verengten Blickwinkel gezeigt, indem nur die Empfindungen einer einzelnen Person dargestellt werden.
Das 'Ich' spielt im Text eine zweifache Rolle: Es manifestiert sich als erzählendes und als erinnertes Ich gleichermaßen. Das Schicksal des erinnerten, also vergangenen Ich bildet den Gegenstand der Erzählung, während das erzählende Ich den Erinnerungsvorgang selbst thematisiert. Die Aufteilung des Ich-Erzählers schafft durch die zeitliche Entfernung zur Erzählhandlung eine schützende Distanz für den Leser und die Leserin.
Besonders deutlich wird die Thematisierung des Erinnerungsprozesses bei der Erzählung Ich bin ein Stern von Inge Auerbacher herausgearbeitet. Dieser Text richtet sich an Grundschulkinder und thematisiert die authentischen Erlebnisse der Protagonistin in Theresienstadt. Der eigentlichen Erzählung geht eine kursiv gedruckte Textpassage voraus:
Meine Puppe Marlene und ich wanderten zusammen durch diese lange Nacht. Sie war immer an meiner Seite, niemand konnte uns trennen. Wir stützten einander in unserer Angst. […] Wir erlebten eine Zeit der Gewalt. Wir waren schuldlose Gefangene. […] Wir trösteten uns gegenseitig. […] [T]rotz aller Schwierigkeiten haben wir beide überlebt. (Auerbacher 1992, S. 8)
Aus der Retrospektive kann die Ich-Erzählerin die Ereignisse zusammenfassen und damit das 'gute' Ende vorhersagen. Das Alter der Puppe verdeutlicht die Dauer der zeitlichen Distanz: "Jetzt ist sie abgenutzt, ihre Glieder sind ausgeleiert. Ihre Kleider vom Alter zerschlissen."(ebd. S. 8)[5] Die ersten Worte der Erzählung lauten: "Ich erinnere mich". Im folgenden Textverlauf wird dieser Satz noch zehn Mal in regelmäßigem Abstand und mit identischem Wortlaut oder allenfalls mit geringen Abweichungen wiederholt.[6] Der Rezipientin und dem Rezipienten wird auf diese Weise immer wieder die Ebene des Erinnerns vergegenwärtigt. Die Mittelbarkeit des Dargestellten manifestiert sich so nicht nur in der grundlegenden Handlungsstruktur, in deren Rahmen eine Ich-Erzählerin aus der Rückschau berichtet, sondern erfährt auch im Text selbst eine Entsprechung. Diese Einschübe der erinnernden Ich-Erzählerin nehmen die Leserin und den Leser im Lauf der Erzählung immer wieder aus dem Geschehen heraus, erinnern ihn oder sie gewissermaßen an das Gerettetsein der Erzählerin und verhindern so eine durchgängige Identifikation mit dem erzählenden Ich. Dennoch verhehlt die Ich-Erzählerin nicht den gegenwärtigen Bezug ihrer traumatischen Erlebnisse. Das damalige Gefühl der Angst kann sie auch heute noch empfinden:
Viele Jahre sind seit jenen Ereignissen in meiner Kindheit vergangen, doch manchmal versetzen mich ganz bestimmte Dinge in die Vergangenheit zurück, Dinge wie eine Uniform, hohe schwarze Stiefel oder das Pfeifen einer Eisenbahnlokomotive. Während eines Urlaubs in Kanada weckte der Anblick der alten Festungsmauern in der Stadt Quebec solche Erinnerungen in mir. Die hohen, roten Backsteinmauern schienen sich um mich zu schließen. Ich hatte Angst. Es war, als wäre ich wieder in der Tschechoslowakei. Das Gestern wurde zum Heute. Das war nicht Quebec, es war Theresienstadt. Und ich war wieder in der Zeit, als der Alptraum begann. (ebd. S. 10-11)
Nach diesem Blick auf die Gegenwart beginnt die Ich-Erzählerin, die Geschichte ihres Lebens zu erzählen. Die Handlungsstruktur verläuft chronologisch. Die Erzählung beginnt mit der Geburt der kleinen Inge und endet mit der Auswanderung der Familie nach Amerika. Während der Darstellung meldet sich das erinnernde Ich nicht nur direkt in dem Passus: "Ich erinnere mich" zu Wort, sondern schaltet sich auch durch zahlreiche Vorausschauen in die Geschichte ein. So endet das erste Kapitel ("Die Anfänge") mit der Voraussicht: "Dieses Ereignis wurde Kristallnacht genannt und markiert den Beginn des Terrors, der sieben Jahre anhalten sollte und in dem sechs Millionen Juden ermordet wurden" (ebd. S. 20).
Für die zweite Lesephase, die Kinder im Alter von etwa 11 bis 15 Jahren umfasst, finden sich vorrangig Erzählungen aus der auktorialen Perspektive. Damit werden die vielfältigen Leiden während der Shoah ein Stück weit 'verallgemeinert' und die Vielzahl der einzelnen Schicksale verdeutlicht.
Alle Handlungsfäden der Erzählung Im Vorhof der Hölle von Carlo Ross – auch hier geht es um das Getto Theresienstadt – laufen in der Hand des allwissenden Erzählers zusammen. Jedes Ereignis in Theresienstadt, jede Bewusstseinslage des jungen David wird aus der Sicht des übergeordneten Erzählers dargestellt. Seine Leitung in der Darstellung des Geschehens, seine Rolle als Regisseur gewissermaßen, wird während der gesamten Erzählung deutlich. Er berichtet aus einer übergeordneten Perspektive und er ist in der Lage, mehrere Schauplätze gleichzeitig zu überblicken:
Im Sommer kamen Massentransporte in kürzesten Folgen in das Ghetto. […] Besonders die alten Leute, Behinderte und Kriegsinvaliden hatten es schwer. Sie waren kaum in der Lage, in die engen Mehrstockbetten zu klettern, in denen man so eng nebeneinander lag wie in einem Sarg. […] Die Ghettoküchen waren nicht mehr in der Lage, die Massen zu verpflegen. (Ross 1996, S. 62-63)
Zudem kann die Erzähler-Figur die Gedanken und Gefühle verschiedener Figuren wiedergeben: "Für die frostklammen Menschen war diese frühe Wärme wie ein Geschenk des Himmels. Sie brachte den Mut zum Leben zurück." (ebd. S. 93).
Die Erzähler-Figur wird im Text als Instanz präsentiert, die den Leser und die Leserin an die Hand nimmt und sie gleichsam aus der Vogelperspektive durch das Geschehen führt. So entsteht in der Erzählung selbst eine große räumliche Distanz, was eine unmittelbare Konfrontation verhindert. Die Leserin und der Leser erhalten zwar Einblick in Davids Gedanken und seine – häufig angstvollen – Gefühle, doch dies geschieht in einer sehr kontrollierten Form, indem häufig depressive Stimmungen antithetisch Trost oder hoffnungsfrohen Momenten gegenüberstehen:
Weinberger erkannte mit schnellem Blick, daß Trauer in David aufstieg. Er knuffte ihn in die Seite. "Haltung, Junge", sagte er […]. David hörte nie wieder etwas von dem Arzt, den Schwestern und den hundertfünfzig Kindern. [Absatz] Der Frühling brach über Nacht die Knospen der alten Kastanienbäume auf. Der April war warm wie selten. (ebd. S. 92-93)
Bei den Romanen schließlich, die an der Schwelle zur Erwachsenenliteratur stehen, sind mitunter personale Züge zu finden. Die Eindrücke und Wirkungen der Shoah werden unmittelbarer, das heißt auf einer durch den Erzähler nicht gefilterten Reflexionsstufe dargestellt. Die Distanz zum Erleben der Protagonistinnen und Protagonisten wird auf diese Weise geringer, mitunter scheint sie sogar ganz zu verschwinden.
Der Roman Dank meiner Mutter von Schoschana Rabinovici beginnt unvermittelt mit einem Satz, aus dem Trauer und künftiges Leid sprechen: "Am 22. Juni 1941 sah ich meinen Vater zum letzten Mal." (Rabinovici 1994). Vorangestellt ist ihm aber eine Widmung, die auch das Überleben der Ich-Erzählerin vorausahnen lässt: "Für meine Mutter (1904-1974), deren Liebe und Tapferkeit ich mein Überleben verdanke" (ebd.), sowie ein Gedicht, das den Erinnerungsaspekt thematisiert: "Wir erinnern uns an alle Feinde / wir gedenken aller Freunde / immer wollen wir verbinden / das Gestern mit dem Heute." (ebd.)
Deutlicher als bei der Ich-Erzählung von Inge Auerbacher ist hier die Person der Autorin von der Erzähler-Figur getrennt. Das vorweggenommene Überleben der Protagonistin wird nicht in der Erzählung selbst, sondern in der Widmung thematisiert. Auch die Tatsache, dass die Autorin die Shoah im Nachhinein erinnert, wird nicht wiederholt auf der Textebene thematisiert. Die Rolle der Erzählerin zeigt sich allenfalls in kurzen Einschüben ("Ich […] betrachtete alles mit den Augen einer Zehnjährigen.", [ebd. S. 63]), bangen Fragen ("Aber was sollte aus mir und Dolka allein in der leeren Wohnung eines verlassenen Hauses werden?" [ebd. S. 83]) und resignativen Vorausdeutungen ("Das war die letzte Nachricht, die wir von ihnen erhielten.", [ebd. S. 85]). Indem kaum auf die Ebene des Erzählvorgangs verwiesen wird, entfällt die Mittlerrolle der Erzählerin scheinbar. Der Identifikationsprozess der Leserin und des Lesers wird nicht unterbrochen, damit wird die Handlung unmittelbarer rezipiert. Es gibt kaum mehr eine schützende Distanz vor der ständigen Todesangst der Protagonistin und dem Sterben vieler Menschen, die ihr nahestehen. Dennoch ist die gestaltete Mittelbarkeit der Erzählung, der Filter gewissermaßen, durch den die Ereignisse berichtet werden, deutlich nachvollziehbar, wenn auch nicht so offensichtlich, wie beispielsweise in dem Kinderroman Ich bin ein Stern.
Im inhaltlichen Fokus von Kinder- und Jugendbüchern zur Shoah stehen – wie gezeigt – die Überlebensstrategien der kindlichen Protagonistinnen und Protagonisten. Kleine Kinder flüchten sich noch ins Spiel und können so den täglichen Kampf ums Überleben für einen Moment vergessen. Tagebuchaufzeichnungen und das Verfassen von Gedichten sind für manche der Figuren eine Möglichkeit, die Realität der Shoah ein wenig zu verarbeiten. Dies gilt vor allem für ältere Kinder, denen das selbstvergessene Spiel nicht mehr zur Verfügung steht. Disziplin und Hilfsbereitschaft sind weitere Überlebensstrategien, die ein fortgeschrittenes Alter erforderten. Das kulturelle Leben in einigen Lagern und Gettos und nicht zuletzt der starke familiäre Zusammenhalt und das Gemeinschaftsgefühl untereinander wird als ein starker Halt für alle – Kinder und Erwachsene – inszeniert.
In erzähltechnischer Hinsicht sind Kinder- und Jugendbücher zur Shoah dadurch gekennzeichnet, dass sie fast ausschließlich aus einer auktorialen Erzählperspektive berichten. Dabei ist die Erzähler-Figur nicht nur in den Er-Erzählungen allwissend, als omnipräsent manifestiert sie sich auch in den Texten, die aus der Ich-Erzählperspektive[7] verfasst sind. Zwar gehört es zum grundlegenden Kennzeichen autobiographischen Schreibens, dass aus der Retrospektive Vorausdeutungen möglich sind, die Allwissenheit der Erzähler-Figur in autobiographischen Kinder- und Jugendbüchern zur Shoah aber reicht über diese typische Eigenschaft weit hinaus.
Die zeitliche Distanz zwischen erzählendem Ich und erlebendem, also handelndem, Ich bewirkt automatisch einen übergeordneten Standpunkt der implizierten Autorin/des implizierten Autors. Die Geschehnisse werden zwar aus der Sicht einer Person, nämlich des Ich-Erzählers geschildert, nicht aber aus der Bewusstseinslage des betreffenden Kindes heraus. Die Gedanken und Erlebnisse werden vielmehr zusammenfassend und aus der Rückschau dargestellt. Dieser oft sehr komplexe Reflexionsprozess selbst wird allerdings in den meisten Fällen nicht eigens thematisiert, so dass der Leser und die Leserin den Eindruck erhalten, die Protagonistin oder der Protagonist hätte die Gedanken und Erlebnisse mit derselben Klarheit erlebt, wie sie sich dem Ich-Erzähler aus der Rückschau darstellen. Hinsichtlich der Rezeption der Shoah-Erzählungen durch die kindlichen Leserinnen und Leser hat dieser 'Bewusstseinsfilter' eine weitreichende Bedeutung. Obwohl aus der Ich-Perspektive berichtet wird, erfahren die Leserinnen und der Leser nichts über die aktuelle Bewusstseinslage der Kinder, sondern nur über die Gefühle, wie sie die Autorin oder der Autor im Nachhinein erinnert.
Dies hat eine entscheidende Konsequenz für das Rezeptionsverhalten, denn die auktoriale Erzählweise schafft durch die deutliche Präsenz der Erzähler-Figur eine schützende Distanz zum Erzählten und lenkt dabei gleichzeitig die Identifikation der Leser und Leserinnen.
Damit wird nur vordergründig aus der kindlichen Perspektive erzählt. Vielmehr ist der Kinderblick inszeniert, denn tatsächlich werden die Begebenheiten der Außenwelt und das innere Erleben der Todesangst aus der Sichtweise des erwachsenen, also erzählenden, und nicht aus der des erlebenden Ichs berichtet. Es geht in den Texten nicht um die gegenwärtige Bewusstseinslage des damaligen Kindes und seine spezifische Wahrnehmungsweise, vielmehr wird die Kinderperspektive im Nachhinein konstruiert. Zudem ist die Figur des Erzählers darum bemüht, den autobiographischen Fokus auf die zeitliche Distanz zwischen Erzählzeit und erzählter Zeit auszurichten, indem der Erinnerungsprozess thematisiert wird. Die Schwierigkeiten jedoch, die sich bei diesem Prozess des Erinnerns an die Wahrnehmungsfähigkeit des damaligen Kindes ergeben, werden an keiner Stelle problematisiert. Inszeniert werden auch nicht die traumatischen Nachwirkungen, die mit den Erinnerungen an die Shoah verbunden sind.
Dies ist ein entscheidender Unterschied zu den Autobiographien zur Shoah für erwachsene Leserinnen und Leser. Die Komplexität der Erinnerung und ihre Flüchtigkeit gleichermaßen verhindern hier oftmals den unverstellten Blick auf die Sicht des Kindes, wie dies beispielsweise in Ruth Klügers Roman weiter leben der Fall ist. Wie verstörend es andererseits für die Leserin und die Leserin sein kann, wenn die Perspektive des naiven Kindes konsequent durchgehalten wird, beweist einmal mehr Imre Kertész' Roman eines Schicksallosen.
5 Perspektivenwechsel in der Jugendliteratur nach der Jahrtausendwende
Einen gleichermaßen überraschenden und irritierenden Blickwinkel verdeutlichen zwei Jugendbücher, die nach der Jahrtausendwende erschienen sind und die damit einen Perspektivenwechsel repräsentieren:
Der unverstellte Blick eines naiven Kindes aus "Täterperspektive", welches selbst zum Opfer wird, wird in John Boynes Roman Der Junge im gestreiften Pyjama thematisiert. Die englische Originalausgabe mit dem Titel The Boy in the Striped Pyjamas erschien im Jahr 2006. Die Übersetzung ins Deutsche erfolgte schon ein Jahr später. Im Mai des Jahres 2009 lief die Verfilmung Der Junge im gestreiften Pyjama in den deutschen Kinos.
Der Autor schreibt in einem Nachwort:
Über den Holocaust zu schreiben ist eine umstrittene Angelegenheit […]. Es ist vermessen, anzunehmen, dass die Schrecken der Konzentrationslager aus heutiger Sicht wirklich begreifbar wären, und dennoch ist es die Pflicht eines jeden Autors, innerhalb dieser Landschaft des Grauens möglichst viel emotionale Wahrheit zu zeigen. Beim Schreiben und Überarbeiten des Buches war ich überzeugt, dass es für mich nur einen respektvollen Weg gibt, mich dem Thema zu nähern: durch die Augen eines Kindes, und zwar eines sehr naiven Kindes, das die schrecklichen Geschehnisse um es herum nicht versteht. (Boyne 2009, S. 269-270)
Der Protagonist Bruno ist neun Jahre alt, als er mit seinen Eltern und der älteren Schwester nach Auschwitz ziehen muss, weil sein Vater Kommandant des dortigen Konzentrationslagers wird. Das neue Haus ist nicht so komfortabel wie das in Berlin, außerdem schmerzen Bruno der Verlust seiner Freunde und die Tatsache, dass es dort in Aus-Wisch scheinbar keine Spielkameraden für ihn gibt. Der Junge versteht tatsächlich "Aus-Wisch" statt Auschwitz und "Furor" statt Führer. Und so, wie der kindliche Protagonist diese zentralen Schlüsselbegriffe versehentlich mit neuen Ausdrücken versieht, verfolgen die Rezipientin und der Rezipient die Geschichte mittels der unbedarften Perspektive des kindlich-naiven Helden. Auf der anderen Seite des Zaunes gibt es tatsächlich andere Jungen. Bruno kann sie durch das Dachfenster seines Zimmers beobachten. Eines Tages streift er am Zaun entlang und trifft auf Schmuel. Die beiden Jungen haben genau das gleiche Alter und sind sich auch sonst sehr ähnlich, nur ist Schmuel viel hagerer, außerdem trägt er ständig einen gestreiften Pyjama. Die beiden treffen sich nun fast jeden Nachmittag und unterhalten sich. Nur spielen können sie nicht miteinander, denn der Zaun steht zwischen ihnen:
Über ein Jahr haben wir miteinander geredet und nicht ein einziges Mal gespielt. […] In der ganzen Zeit konnte ich von meinem Zimmerfenster aus beobachten, wo du lebst, aber ich konnte mich nie mit eigenen Augen überzeugen, wie es wirklich dort aussieht. (ebd. S. 244)
Als Bruno zusammen mit seiner Mutter und der Schwester nach Berlin zurückgehen soll, beschließen die beiden Jungen ein "letztes Abenteuer" (ebd. S. 246). Die Verwirklichung dieses Plans wird möglich, weil Bruno wegen Läusebefalls kurzgeschorene Haare trägt und Schmuel ihm einen ebensolchen "Pyjama" besorgt, wie ihn alle dort jenseits des Zaunes tragen. Bruno schlüpft also durch den Zaun und besucht Schmuel auf der anderen Seite. Durch einen unglücklichen Zufall geraten sie in eine Razzia und werden zusammen mit vielen anderen Menschen in die Gaskammern getrieben. Jeder von uns weiß, was dort mit ihnen passieren wird.
John Boyne erhebt nicht den Anspruch einer gründlich recherchierten Darstellung der Shoah, vielmehr schrieb an der ersten Fassung zweieinhalb Tage. Selbst sagt er über Der Junge im gestreiften Pyjama: "I think it may be a children's book but I think adults might like it too."[8]
Dem kann nur bedingt zugestimmt werden. Die äußere Aufmachung (relativ geringer Umfang, große Schrift) und die Kapitelüberschriften ("Bruno macht eine Entdeckung", "Das neue Haus" oder "Das überbezahlte Dienstmädchen") scheinen auf ein klassisches Kinderbuch hinzudeuten. Und der Roman ist sprachlich auch durchaus für Kinder zu bewältigen. Ob er allerdings für kindliche Rezipientinnen und Rezipienten wirklich empfehlenswert ist, muss dahingestellt bleiben, denn über das, was im Konzentrationslager von Auschwitz tatsächlich passiert, erfährt man nichts. Von daher müssen eine kindliche Leserin und ein kindlicher Leser einigermaßen verwirrt zurückbleiben. Der Kunstgriff dieses Shoah-Romans nämlich besteht darin, durch den authentischen Kinderblick nur eine Wahrnehmungsebene zu bedienen. Die Tiefe der Erzählung, ihre wirklich außerordentliche Perspektive, erschließt sich erst, indem die Rezipientin oder der Rezipient das, was sie oder er über Auschwitz weiß, dazu liest. Für das Verständnis der Geschichte ganz wesentliche Dinge werden nur angedeutet:
Dann wurde es sehr dunkel im Raum, und trotz des darauffolgenden Chaos merkte Bruno, dass er Schmuels Hand immer noch festhielt und ihn nichts auf der Welt dazu bewegen konnte, sie loszulassen. (ebd. S. 263)
So viel zu Brunos Ende. Im "letzten Kapitel" erfährt der Leser, wie es der Familie weiter ergeht. Kleider und Stiefel von Bruno werden gefunden und dem Vater wird klar, dass durch den Zaun "eine sehr kleine Person (beispielsweise ein sehr kleiner Junge) durchkriechen konnte" (ebd. S. 266):
Ein paar Monate danach kamen andere Soldaten nach Aus-Wisch und befahlen ihm, sie zu begleiten. Er ging klaglos mit ihnen und war sogar froh, denn ihm war ziemlich egal, was sie mit ihm anstellten. (ebd.)
So viel zum Ende des Vaters. All diejenigen, die schon viel über Auschwitz – seien es nun literarische oder Sachtexte – gelesen haben, werden diesen Shoah-Roman mit sehr großem Gewinn lesen, denn der Kinderblick, mit dem die Ereignisse hier geschildert werden und wo Entscheidendes nur angedeutet wird, lässt die Ermordung von sechs Millionen Juden nur um so deutlicher vor dem geistigen Auge sichtbar werden. Die Beklemmung beim Lesen wächst von Seite zu Seite. Doch die Leserin und der Leser bleiben mit ihrer Angst um Schmuel und Bruno allein. Dadurch, dass die Todesangst an keiner Stelle thematisiert wird, ist sie auch nicht greifbar und damit nicht zu beherrschen. Hier ist keine schützende Distanz durch die Erzähler-Figur vorhanden, denn die Rezipientinnen und Rezipienten erleben alles mittels der durchgängig personalen Perspektive des kleinen Brunos. Von daher sind die versöhnlichen Schlussworte: "Natürlich geschah dies alles vor langer Zeit, und etwas Ähnliches könnte nie wieder passieren. Nicht in diesen Tagen. Nicht in diesem Zeitalter. (ebd. S. 266)" auch scheinbar etwas unmotiviert, denn es ist ja nichts passiert, höchstens in den Köpfen der Leserinnen und Leser, aber das steht nicht da. Gleichsam regt der Schluss damit den Widerspruch der Leserinnen und Leser an.
Das Jugendbuch Die Bücherdiebin von Markus Zusak wurde mit dem Deutschen Jugendliteraturpreis 2009 ausgezeichnet, und zwar in der Kategorie Preis der Jugendjury. Die Bücherdiebin hat Markus Zusak seinen Eltern Elisabeth und Helmut Zusak "in Liebe und Bewunderung" gewidmet, in der Danksagung am Ende schreibt der Autor: "Mein besonderer Dank schließlich gilt Lisa und Helmut Zusak – für die Geschichten, die wir kaum glauben können, für das Lachen und für eine neue Sicht der Dinge." (Zusak 2009, S. 588)
Die Geschichte wird aus einem mindestens ebenso irritierenden Blickwinkel erzählt, denn hier berichtet der personifizierte Tod selbst über die Ereignisse. Der Tod trägt menschliche Züge. Somit verliert die Todesangst ihren Schrecken, denn der Tod sammelt die ihm bestimmten Seelen durchaus behutsam und mit Mitgefühl ein. Gleich zu Beginn des Romans stellt sich der Tod vor. Nach der "kurze[n] Bemerkung am Rande: Ihr werdet sterben." (ebd. S. 9), die uns ja alle betrifft, beschreibt er sich mit folgenden Worten selbst:
Ich bin nach Kräften bemüht, dieser ganzen Angelegenheit eine fröhliche Seite zu verleihen, aber die meisten Menschen haben einen tiefsitzenden Widerwillen, der es ihnen unmöglich macht, mir zu glauben, so sehr ich auch versuche, sie davon zu überzeugen. Bitte glaubt mir: Ich kann wirklich fröhlich sein. Ich kann angenehm sein. Amüsant. Achtsam. Andächtig. Und das sind nur die Eigenschaften mit dem Buchstaben "A". Nur bitte verlangt nicht von mir, nett zu sein. Nett zu sein ist mir völlig fremd. […] Mache ich euch Angst? Ich bitte euch inständig – keine Sorge. Man kann mir alles nachsagen, nur nicht, dass ich ungerecht bin. (ebd. S. 9-10)
Bei den Erlebnissen der Protagonistin Liesel Meminger handelt es sich um die "Geschichte von einer beständig Überlebenden – von einer Expertin im Zurückbleiben" (ebd. S. 12):
Diese Geschichte ist eine von vielen, eine aus einer ganzen Legion von Geschichten, und jede davon ist einzigartig. Jede davon ist ein Versuch – ein ungeheuer mächtiger Versuch –, mir zu beweisen, dass ihr und eure menschliche Existenz es wert seid. Hier ist sie. Eine von vielen. Die Bücherdiebin. Wenn ihr Lust habt, begleitet mich. Ich werde euch eine Geschichte erzählen. Ich will euch etwas zeigen. (ebd. S. 22)
Und der Tod begleitet in seiner Funktion als Erzähler tatsächlich die Rezipientinnen und Rezipienten durch die gesamte Geschichte. Er meldet sich zu Wort und kommentiert die Ereignisse, immer darum bemüht, seine Sanftmut und sein Mitgefühl unter Beweis zu stellen. Der Kreis schließt sich, als die Erzähler-Figur in Gestalt des Todes in einer "letzte[n] Anmerkung eures Erzählers" sich selbst eben diese Funktion ganz ausdrücklich zuweist.
Schon auf den ersten Seiten wird klar, dass man vor diesem Tod keine Angst haben muss. Beinahe wie ein Freund begleitet er die Protagonistin durch den Zweiten Weltkrieg:
Als Neunjährige kommt Liesel in die Nähe von München zu einer Pflegefamilie. Auf der Zugfahrt dorthin stirbt ihr sechsjähriger Bruder. Der Tod trifft Liesel zum ersten Mal: "Ich trat hinzu, löste seine Seele und trug sie sanft weg" (ebd. S. 17). Das Sterben des Bruders ist für Liesel zwar traumatisch – jahrelang wird sie von Alpträumen gequält – doch für den Leser auch versöhnlich, denn der Bruder ist bei diesem "sanft[en]" Tod in guten Händen.
Am Grab des Bruders stiehlt Liesel ihr erstes Buch. Einem Totengräber ist ein Buch aus der Tasche gefallen: Das Handbuch für Totengräber. Für Liesel, die bis dahin ohnehin nicht lesen konnte, ist es völlig ohne Belang, wovon dieses Buch handelt, wichtig ist vielmehr dessen Bedeutung, denn dieses Buch symbolisiert das "letzte Beisammensein" mit ihrem Bruder und der Mutter. Dass ihr der Pflegevater in den zahlreichen Alptraumnächten mit Hilfe dieses Buches das Lesen beibringt, besiegelt die großartige Bedeutung von Büchern für Liesel, die fortan in regelmäßigen Abständen Bücher stiehlt.
Trotz der traurigen Umstände, dass Liesel keine eigene Familie mehr hat und der Krieg mit seinen Entbehrungen auch vor dem kleinen Ort Molching nicht Halt macht, wächst das Mädchen in einer sehr geborgenen Atmosphäre auf. Die Pflegeeltern, Hans und Rosa Hubermann, die sie Papa und Mama nennt, sorgen sehr fürsorglich für Liesel. Zudem hat sie zwei enge Freunde: Den Nachbarsjungen Rudi und Max, von dessen Existenz niemand etwas erfahren darf, weil er Jude ist und die Hubermanns ihn im Keller verstecken. Als Hans einem Juden, der in einer Kolonne durch den Ort geführt wird, Brot gibt, gerät er in das Visier der Nazis. Für Max wird der Aufenthalt bei den Hubermanns zu gefährlich. Er geht und sucht sich einen neuen Unterschlupf.
Das traurige Ende für fast alle, die für Liesel viel bedeuten, wird vorausgenommen:
Wieder gestatte ich euch einen Blick auf das Ende. Vielleicht um den Schlag zu mindern, vielleicht auch, um mir selbst das Erzählen leichter zu machen. Wie auch immer, ich muss euch sagen, dass es in der Himmelstraße regnete, als für Liesel Meminger die Welt unterging. […] Über mir konnte ich sie hören. In dem trüben Himmel sah ich die blechernen Flugzeuge. Ich sah, wie sich ihre Bäuche öffneten und die Bomben gleichmütig herausfielen. (ebd. S. 531)
Nur ein Bewohner der Himmelstraße überlebt diesen Bombenangriff, bei dem die Sirenen zu spät warnen: Liesel. Sie sitzt im Keller, weil sie die Vertrautheit mit Max suchte, und ist über ihrem eigenen Buch mit dem Titel Die Bücherdiebin eingeschlafen. Am Ende trifft sie Max wieder, der das Konzentrationslager Dachau überlebt hat. Die Bücherdiebin selbst ist schon sehr alt, als sie der Tod in Sydney holt. Angesichts dieses Todes verliert jegliche Todesangst ihre Daseinsberechtigung. Vor einem solchen Tod braucht man sich nicht zu fürchten, denn er ist nicht ohne Gefühl: "Selbst der Tod hat ein Herz" (ebd. S. 266). Diese Gewissheit erfahren die Rezipientinnen und Rezipienten unmittelbar. Und so verliert eigentlich auch die Sorge um die handelnden Figuren dieses Romans ihre Substanz, denn der Tod geht sanft mit den ihm anvertrauten Seelen um: "Ich hatte ihren Papa in einem Arm gehalten und ihre Mama im anderen. Ihrer beider Seelen waren so weich." (ebd. S. 522)
In seiner Funktion als Erzähler wählt der Tod eine sehr komplexe Erzählweise: Zahlreiche Vorausdeutungen und Rückblenden, teilweise parallele Erzählstränge und kurze innere Monologe erfordern erfahrene Leser und Leserinnen. Trotzdem handelt es sich bei Die Bücherdiebin eindeutig um einen Jugendroman, mehr noch als dies bei Der Junge im gestreiften Pyjama der Fall ist, auch wenn zunächst ein umgekehrter Eindruck entstehen könnte. Vordergründig nämlich spricht die vergleichsweise einfache Erzählweise für einen klassischen Kinderroman. Entscheidend aber ist die Rolle der Erzähler-Figur. Während der Erzähler bei Der Junge im gestreiften Pyjama zugunsten des sehr begrenzten Blickwinkels des neunjährigen Bruno nahezu völlig zurücktritt, begleitet die Erzähler-Figur – in der Gestalt des Todes – die Leserinnen und Leser der Bücherdiebin sehr deutlich durch die schrecklichen Ereignisse.
Insofern stützt Die Bücherdiebin also die eingangs aufgestellte These, wonach die Rolle der Erzähler-Figur als eines ständigen Begleiters durch die Geschichte ein entscheidendes Kriterium für die jugendgerechte Adaption der Shoah darstellt. Der Erzähler ist auch in Die Bücherdiebin allwissend und schafft damit eine entscheidende Distanz zwischen dem Geschehen der Shoah und der jugendlichen Rezipientin und dem jugendlichen Rezipienten.
Hinsichtlich der jeweiligen Motivation der beiden Autoren, über die Shoah zu schreiben, ist ein sehr interessanter Unterschied festzustellen: John Boyne hat keinen persönlichen Bezug zur Shoah. Er sagt selbst: "The story just came to me, I have no idea where it came from. As I was writing it I thought just keep going and don’t think about too much."[9] Die Bücherdiebin von Markus Zusak dagegen ist als Erinnerung an die Geschichte seiner Mutter aus München während des Zweiten Weltkriegs zu verstehen. So sind wir mehr als 60 Jahre nach den Schrecken des Dritten Reiches – Gott sei Dank – nach lange nicht an einem Ende angekommen. Das Verlangen, dem "Unsagbaren" der Shoah Worte zu verleihen, ist aus dem Motiv der unmittelbaren Betroffenheit wie aus dem weitgespannten Kontext der europäischen Geschichte ganz allgemein ungebrochen.
Bezüglich der derzeit aktuellsten Veröffentlichungen von Kinder- und Jugendbüchern zur Shoah sind an dieser Stelle vor allem zwei zu nennen, welche sich in ihrer Konzeption an Grundschulkinder richten. Für diese Lesephase gibt es bislang nur eine sehr begrenzte Anzahl an Titeln, was der grundlegenden Problematik geschuldet ist, die Shoah für Erstleserinnen und Erstleser zu adaptieren.
Marisha. Das Mädchen aus dem Fass. Die Geschichte der Malka Rosenthal erzählt von Gabriele Hannemann (2015) und Die letzte Haltestelle von Sharon E. McKay (2017) lassen sich in der Rubrik 'Tatsachenberichte' subsumieren:
Gabriele Hannemann erzählt das authentische Schicksal von Malka Rosenthal, die den Krieg in verschiedenen Verstecken überlebte und über mehrere Umwege schließlich nach Israel gelangte. Es handelt sich hier also um eine der letzten Erzählungen dieser Art, denn über 70 Jahre nach dem Ende der Shoah gibt es nicht mehr viele Überlebende. Die israelische Künstlerin Inbal Leitner hat die Schlüsselszenen illustriert, zudem sind Fotos aus glücklichen Zeiten eingefügt.
Die letzte Haltestelle (2017) lautet die deutsche Übersetzung von The End of the Line aus dem Jahr 2014. Die Erzählung ist fiktiv und von daher besonders interessant, denn Kinderbücher für dieses erste Lesealter gab es bislang beinahe ausschließlich aus autobiografischer Perspektive. Die Kindgerechtheit dieses Kinderbuches zeigt sich nicht zuletzt in dem beinahe märchenhaften Ende, als nämlich die Mutter der Protagonistin ihre Tochter in derselben Straßenbahn wiederfindet, in der sie sie verlassen musste. Dabei sind die erschreckenden Erlebnisse der kleinen Beatrix nicht ausgespart, aber eingebunden in die geborgene und familiäre Atmosphäre ihres neuen Zuhauses sind sie – nicht zuletzt für die kindlichen Rezipientinnen und Rezipienten – leichter zu ertragen. Am Ende finden die drei rettenden Personen lange nach dem Krieg einen friedlichen Tod und Beatrix setzt sich nochmals Jahre später mit ihrer eigenen Tochter in einer Amsterdamer Straßenbahn "direkt hinter den Fahrer" (McKay 2017, S. 171).
2017 ist auch der Jugendroman Väterland von Christoph Léon erschienen, der eine neue Dimension der Auseinandersetzung eröffnet: Der Holocaust der Juden während des Dritten Reiches wird auf eine Situation projiziert, in der Homosexuelle zunehmend schikaniert und ausgegrenzt werden. Die Geschehnisse verlaufen erschreckend parallel zur Judenverfolgung während des Dritten Reiches. Zunächst nämlich versucht man, die fortschreitenden Schwierigkeiten zu bagatellisieren:
Phil hoffte übrigens, dass sich alles doch noch zum Guten wenden würde. "Das ist die Wirtschaftskrise", behauptete er. "Die allgemeine Verdrossenheit, nichts anderes… Man muss jemandem die Schuld zuschieben, um davon abzulenken, am besten einer sichtbaren Minderheit. Aber du wirst sehen, George, nach einiger Zeit kümmern sie sich nicht mehr um uns." (Léon 2017, S. 65)
Die Verordnung, dass Homosexuelle in Zukunft rosa Stoffrauten tragen müssten, wird als reine Sicherheitsmaßnahme verkauft: "Die Regierung beabsichtigt, Sie damit zu schützen und den Ordnungskräften die Möglichkeit zu geben, Ihre Sicherheit zu garantieren." (ebd. S. 69). So liegt die große Stärke dieses Jugendbuches darin, die Vorgeschichte des Genozids an den Juden darzustellen: So absurd nämlich wie den heutigen Rezipientinnen und Rezipienten des 21. Jahrhunderts die Verfolgung von Homosexuellen vorkommen mag, so wenig glaubte die jüdische Bevölkerung während des Dritten Reiches, dass sie tatsächlich vor einem Genozid steht:
"Du bist zu pessimistisch", entgegnete Phil. "Wir leben ja nicht im Frankreich von 1940." "Nein, es ist schlimmer! Heute sehen wir, wie sich die Geschichte wiederholt und keiner rührt einen Finger." (ebd. S. 80)
Endnoten
[1] Auch Ruth Klüger berichtet in ihrer Autobiographie weiter leben von ihrer dichterischen Tätigkeit. Ein Gedicht verfasste sie dabei zum "Phänomen 'Muselmänner', Menschen, denen der Selbsterhaltungswille im KZ abhanden gekommen war, und die nun wie Automaten reagierten, fast autistisch. Sie galten als verloren, kein Muselmann könne lang überleben, versicherte man mir. Dafür suchte ich in aalglatten Kinderversen [!] eine Sprache zu finden, in einem Gedicht, das ich 'Der Kamin' nannte: Mancher lebte einst voll Grauen / Vor der drohenden Gefahr. / Heut kann er gelassen schauen, / Bietet ruhig sein Leben dar. / Jeder ist zermürbt von Leiden, / Keine Schönheit, keine Freuden. / Leben, Sonne, sie sind hin. / Und es lodert der Kamin. / Auschwitz liegt in seiner Hand, / Alles, alles wird verbrannt." (Klüger 1995, S. 107)
[2] Der Ausdruck 'Muselmann' ist eine veraltete Bezeichnung für 'Muslime'. Historisch ist nicht eindeutig geklärt, wie sich die Entstehung der Verwendungsweise dieses Ausdrucks für Menschen, die sich in der Agonie des Hungertodes befinden, in der Lagersprache der nationalsozialistischen KZs erschließen lässt. Vgl. beispielsweise Die Bleisoldaten: "So hießen Menschen, die zu schwach waren, um noch Mut und Kraft zum Überleben zu haben." (Orlev 1999, S. 236) Siehe auch Schoschana Rabinovicis Dank meiner Mutter: "Muselmänner nannte man diejenigen, die die Hoffnung verloren hatten, die es aufgegeben hatten zu kämpfen und gleichgültig auf ihr Ende warteten. Muselmänner legten sich in eine Ecke des Hofes oder des Blocks, verloren allmählich das Bewußtsein und starben." (Rabinovici 1994, S. 165) Zu dem Begriff "Muselmann" vgl. ebenso: Z. Ryn/S. Klodzinski: An der Grenze zwischen Leben und Tod. Eine Studie über die Erscheinung des "Muselmanns" im Konzentrationslager, 1987.
[3] Tatsächlich gab es in verschiedenen Konzentrationslagern die Möglichkeit, an kulturellen Veranstaltungen teilzunehmen (vgl. hierzu beispielsweise Daxelmüller: Kulturelle Formen und Aktivitäten als Teil der Überlebens- und Vernichtungsstrategie in den Konzentrationslagern, 1998). In Auschwitz gab es ein Mädchenorchester: "Wem die Lager-Kommandantur des Konzentrationslagers Auschwitz-Birkenau das 'Privileg' gewährte, im Mädchenorchester zu spielen, dessen Leiterin die Wiener Jüdin Alma Rosé war, der hatte auf fürchterliche Weise Glück im schrecklichsten Unglück […]: Mädchen und Frauen konnten sich durch die Liebe zur Musik in eine andere Welt hineinträumen […]", so Birgit Weidinger in einem Artikel der Süddeutschen Zeitung vom 19. Mai 2003, in dem sie das Buch von R. Newman/K. Kirtley: Alma Rosé, Wien 1906 – Auschwitz 1944, 2003, rezensiert.
[4] Auch Marcel Reich-Rancki spricht in seinen Erinnerungen Mein Leben von dem kulturellen Leben im Getto: "Kammermusik – es gab im Getto drei Streichquartette, und alle drei waren gut – und für Auftritte von Solisten verwendete man kleinere Säle, vor allem eine Volksküche […]. Im Saal roch es nach Kohl und Rüben, aber man ließ sich nicht stören, man hörte Schubert oder Brahms." (Reich-Ranicki 2000, S. 224).
[5] Die Puppe ist für die Ich-Erzählerin von unschätzbarem Wert: "[A]uch in der größten Verzweiflung wusste ich immer, daß sie da war. […] Sie war das Kind und ich die Mutter. Mir ging es besser, wenn sie neben mir war" (Auerbacher 1992, S. 8). Die Protagonistin hat das große Glück, während der gesamten Dauer der Verfolgung nicht von ihrer Puppe getrennt zu werden.
[6] "Ich erinnere mich noch gut" (ebd. S. 21), "Ich erinnere mich genau" (ebd. S. 23), "Ich erinnere mich" (ebd. S. 28), "Ich erinnere mich" (ebd. S. 43), "Ich erinnere mich" (ebd. S. 55), "Ich erinnere mich daran" (ebd. S. 66), "Ich erinnere mich lebhaft" (ebd. S. 69), "[…] erinnere ich mich besonders gut" (ebd. S. 73), "Ich erinnere mich" (ebd. S. 79), "Ich erinnere mich daran". (ebd. S. 85).
[7] Jürgen H. Petersen geht in seiner Poetik epischer Texte (1993) erstmals von einem auktorialen Ich-Erzähler aus.
[8] Vgl. Interview mit dem Autor unter https://www.heathbooks.co.uk/TBP.Commercial/CustomerAccessControl/Home.aspx?d=heathbooks&s=C&r=10001066&ui=0&bc=0&collection=10477227 (13.08.2018).
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[9] Vgl. Interview mit dem Autor unter https://www.heathbooks.co.uk/TBP.Commercial/CustomerAccessControl/Home.aspx?d=heathbooks&s=C&r=10001066&ui=0&bc=0&collection=10477227 (13.08.2018).
Primärliteratur
- Auerbacher, Inge: Ich bin ein Stern. Weinheim und Basel: Beltz & Gelberg, 1992; aus dem Amerik. von Mirjam Pressler (I am a Star. New York: Simon & Schuster, 1986).
- Boyne, John: Der Junge im gestreiften Pyjama. Frankfurt a. Main: Fischer Taschenbuch, 2009 [Erstausgabe 2007]; aus dem Engl. von Brigitte Jakobeit (The Boy in the Striped Pyjamas).
- David, Janina: Ein Stück Himmel. München: Hanser, 2000 [dt. Erstausgabe 1981]; aus dem Engl. von Hannelore Neves (A Square of Sky. The Recollections of a Childhood).
- Erben, Eva: Mich hat man vergessen. Weinheim und Basel: Beltz & Gelberg, 1996; aus dem Hebr. von Nathan Jessen.
- Hannemann, Gabriele: Marisha. Das Mädchen aus dem Fass. Die Geschichte der Malka Rosenthal. Berlin: Ariella Verlag, 2015.
- Kacer, Kathy: Die Kinder aus Theresienstadt. Ravensburg: Ravensburger Buchverlag, 2003; aus dem Engl. von Yvonne Hergane (Clara’s War 2001).
- Klüger, Ruth: weiter leben. Eine Jugend. 3. Aufl. München: Wallstein Verlag, 1995.
- Kertész, Imre: Roman eines Schicksallosen. Reinbek: Rowohlt, 1998 [ungar. Originalausgabe 1975; dt. Erstausgabe 1996].
- Leon, Christophe: Väterland. München: mixtvision, 2017; aus dem Franz. von Rosemarie Griebel-Kruip.
- Orlev, Uri: Das Sandspiel. Weinheim und Basel: Beltz, 1997 [dt. Erstausgabe 1994]; aus dem Hebr. von Mirjam Pressler.
- Orlev, Uri: Die Bleisoldaten. Weinheim und Basel: Beltz, 1999; aus dem Hebr. von Mirjam Pressler.
- McKay, Sharon E.: Die letzte Haltestelle. München: cbj, 2017; aus dem Engl. von Bettina Obrecht (The End of the Line).
- Rabinovici, Schoschana: Dank meiner Mutter. Frankfurt a. Main: Alibaba, 1994; aus dem Hebr. von Mirjam Pressler.
- Reich-Ranicki, Marcel: Mein Leben. München: dtv, 2000.
- Roi, Emilie: Maya. Eine andere Geschichte. München 1994; aus dem Hebr. von Mirjam Pressler.
- Ross, Carlo: Im Vorhof der Hölle. München: Deutscher Taschenbuch Verlag 1996. 3. Aufl. [dt. Erstausgabe 1991].
- Zusak, Markus: Die Bücherdiebin. München 2009: cbj/Blanvalet [dt. Erstausgabe 2008]; aus dem Engl. von Alexandra Ernst (The Book Thief).
Sekundärliteratur
- Bauer, Barbara/Strickhausen, Waltraud (Hrsg.): „Für ein Kind war das anders.“ Traumatische Erfahrungen jüdischer Kinder und Jugendlicher im nationalsozialistischen Deutschland. Berlin: Metropol Verlag, 1999.
- Ewers, Hans-Heino: Zwischen geschichtlicher Belehrung und autobiographischer Erinnerungsarbeit. Zeitgeschichtliche Kinder- und Jugendliteratur von Autorinnen und Autoren der Generation der Kriegs- und Nachkriegskinder. In: Glasenapp, Gabriele von/Wilkending, Gisela (Hrsg.): Geschichte und Geschichten. Die Kinder- und Jugendliteratur und das kulturelle und politische Gedächtnis. Frankfurt a. Main: Peter Lang, 2005. S. 97-128.
- Daxelmüller, Christoph: Kulturelle Formen und Aktivitäten als Teil der Überlebens- und Vernichtungsstrategie in den Konzentrationslagern. In: Herbert Ulrich u.a. (Hrsg.): Die nationalsozialistischen Konzentrationslager. Entwicklung und Struktur. Bd. 2. Göttingen: Wallstein Verlag, 1998. S. 983-1005.
- Glasenapp, Gabriele von/Wilkending, Gisela (Hrsg.): Geschichte und Geschichten. Die Kinder- und Jugendliteratur und das kulturelle und politische Gedächtnis. Frankfurt a. Main: Peter Lang, 2005.
- Kliewer, Annette: Der naive Blick auf das Grauen: Der Holocaust aus Kindersicht. In: Glasenapp, Gabriele von/Wilkending, Gisela (Hrsg.): Geschichte und Geschichten. Die Kinder- und Jugendliteratur und das kulturelle und politische Gedächtnis. Frankfurt a. Main: Peter Lang, 2005. S. 229-245.
- Lezzi, Eva: Zerstörte Kindheit. Literarische Autobiographien zur Shoah. Köln/Weimar/Wien: Böhlau, 2001.
- Petersen, Jürgen H.: Erzählsysteme. Eine Poetik epischer Texte. Stuttgart/Weimar: Metzler, 1993.
- Pretzl, Christine: Sprache der Angst. Narrative Darstellung eines psychischen Phänomens in Kinder- und Jugendbüchern zum Holocaust. Frankfurt a. Main: Peter Lang, 2005.
- Dies.: Der Holocaust im Bilderbuch. In: Franz, Kurt/Lange, Günter (Hrsg.): Bilderbuch und Illustration in der Kinder- und Jugendliteratur. Baltmannsweiler: Schneider Verlag Hohengehren, 2005. S. 146-158.
- Dies.: Das 'Unsagbare' im Gedicht. Der Holocaust als poetisches Sujet. In: Franz, Kurt/Hochholzer, Rupert (Hrsg.): Lyrik im Deutschunterricht. Grundlagen. Methoden. Beispiele. Baltmannsweiler: Schneider Verlag Hohengehren, 2006. S. 103-114.
- Reiter, Andrea: "Auf daß sie entsteigen der Dunkelheit". Die literarische Bewältigung von KZ-Erfahrung. Wien: Löcker, 1995.
- Reiter, Andrea: Die Funktion der Kinderperspektive in der Darstellung des Holocaust. In: Bauer, Barbara/Strickhausen, Waltraud (Hrsg.): "Für ein Kind war das anders." Traumatische Erfahrungen jüdischer Kinder und Jugendlicher im nationalsozialistischen Deutschland. Berlin: Metropol Verlag, 1999. S. 215-229.
- Ryn, Zdzislaw/Klodzinski, Stanislaw: An der Grenze zwischen Leben und Tod. Eine Studie über die Erscheinung des "Muselmanns" im Konzentrationslager. In: Hamburger Institut für Sozialforschung (Hrsg.): Die Auschwitz-Hefte. Bd. 1. Weinheim/Basel 1987. S. 89-154.
- Vogt, Jochen: Aspekte erzählender Prosa. Eine Einführung in Erzähltechnik und Romantheorie. 8. Aufl. Opladen: Fink Verlag, 1998.
- Young, James E.: Beschreiben des Holocaust. Frankfurt a. Main: Suhrkamp, 1992.