Inhalt

Das Buch ist in 15 Kapitel aufgeteilt, die sich mit den wichtigsten Bereichen um und zu Sprache beschäftigen.

Kapitel 1 fragt nach dem Ursprung von menschlicher Sprache und konstatiert, dass erst vor ca. 200.000 Jahren die physiologischen und kognitiven Voraussetzungen dazu vorlagen, wobei am Anfang wohl ein spielerisches Nachahmen von Lauten stand, das der sozialen Interaktion diente. Dementsprechend fragt Kapitel 2, wo der Unterschied zwischen menschlicher und tierischer Sprache liegt. Nützel kommt zum Schluss, dass letztere nur begrenzte Informationen umfasst, wobei im Prinzip nur über Existierendes, nicht aber lediglich Gedachtes oder Vorgestelltes "gesprochen" werden kann. Dazu ist auch Grammatik notwendig, d.h. die Fähigkeit, mit einem begrenzten Inventar von Elementen und deren unterschiedlicher Stellung unterschiedliche Ideen ausdrücken zu können.

In Kapitel 3 geht es um die Entwicklung von und den genetischen Zusammenhang zwischen den verschiedenen Sprachen. Während die meisten europäischen Sprachen auf das so genannte Indoeuropäische bzw. Indogermanische zurückgehen, das vor ca. 6000 Jahren in einem Gebiet in der heutigen Türkei oder auch in Russland gesprochen wurde, ist es kaum möglich, die Ursprache der Menschheit zu rekonstruieren. Trotzdem denken einige Forscher, dass sie durch Sprachvergleich einige Wörter rekonstruieren lassen können, die bis in die Zeit vor 12.000 (Nostratisch) oder sogar 100.000 Jahren zurückführen. Die Frage, was eigentlich eine Sprache bzw. was ein Dialekt ist, greift Nützel im 4. Kapitel auf und stellt fest, dass das entscheidende Kriterium für Dialekte das der gegenseitigen Verständlichkeit (bei gutem Willen) ist, es sich aber auch oft um eine politische Entscheidung handelt, da ein Dialekt in einem Staatsgebiet i.Allg. als eigene Sprache gilt. Daran anknüpfend widmet sich Nützel im 5. Kapitel dem Thema Sprachtod und der Befürchtung, dass in 100 Jahren nur noch 600 und damit ca. 10% der heutigen Sprachen existieren, insbesondere solche mit einer Schrifttradition.

In Kapitel 6 diskutiert Nützel, ob es bessere und schlechtere bzw. einfachere und komplexere Sprachen gibt, mit dem Fazit, dass alle Sprachen in der Summe gleich komplex sind, ihre Komplexität aber auf den verschiedenen Ebenen variiert. Kapitel 7 beschäftigt sich mit der angeblichen „Verunreinigung“ von Sprachen durch Entlehnungen aus anderen Sprachen und den sprachpuristischen Bestrebungen durch Gründungen von Akademien und Vereinen, v.a. im 16.-18. Jahrhundert. Kapitel 8 spinnt die Thematik des Sprachwandels entsprechend weiter, indem als Gründe dafür Variation und Gruppenbildung gefunden werden.

Kapitel 9 thematisiert geschriebene Sprache, die erst seit ca. 6000 Jahren existiert, angefangen bei den ägyptischen Hieroglyphen über die sumerische Keilschrift zur Alphabetschrift der Phönizier, auf der fast alle heutigen Alphabetschriften basieren. Kapitel 10 geht als Fortführung dieser Thematik auf die Orthographie des Deutschen und insbesondere die Rechtschreibreform ein. Kapitel 11 widmet sich Jugendsprache und der Tatsache, dass eine solche etwa erst seit 150 Jahren existiert und davon im Prinzip nur etwa 1% der Sprache als solcher betroffen ist, wobei einige Wörter immer auch Aufnahme in die „Normalsprache“ finden. Kapitel 12 zeigt neben Eigenschaften von Geheimsprachen im Besonderen, die dazu häufig Elemente aus fremden Sprachen entlehnen, Verschlüsselungs-verfahren im Allgemeinen, die dazu dienen, Sprache auf den ersten Blick unkenntlich zu machen. In Kapitel 13 geht es um Weltsprachen wie Volapük oder Esperanto sowie die Tatsache, dass deren Aufgabe der grenzüberschreitenden Verständigung im Prinzip heute von Englisch wahrgenommen wird. Kapitel 14 beschäftigt sich mit der Tatsache, dass von begabten Lernern 50-70 Sprachen erlernbar sind, dass es aber günstig zu sein scheint, wenn damit vor dem Einsetzen der Pubertät angefangen wird.

Das Buch schließt mit Kapitel 15 und den Problemen, die beim Übersetzen von einer Sprache in eine andere auftreten können.

Kritik

Das Buch von Nikolaus Nützel hat diverse Preise und Auszeichnungen gewonnen, so wurde es etwa vom österreichischen Wissenschaftsministerium als „Bestes Junior-Wissensbuch 2008“ ausgezeichnet, und stand auf der Auswahlliste zum Deutschen Jugendliteraturpreis 2008 – und das alles absolut verdient, handelt es sich hier doch wirklich um ein wunderbares Buch, das innerhalb weniger Stunden gelesen werden kann und auf unterhaltsame Weise wichtige Aspekte aus der Sprachwissenschaft vermittelt. So gesehen ist es ein ideales Buch für Jugendliche, die sich einfach nur aus Interesse mit Sprache auseinandersetzen wollen. Es kann aber genauso gewinnbringend in der universitären Lehre eingesetzt werden, indem der gerade behandelten Thematik das entsprechende Buchkapitel einführend vorangestellt wird. Auch als Buchempfehlung für Erstsemester als Einstieg in die Sprachwissenschaft eignet sich das Buch aus meiner Sicht hervorragend, zumal Fotografien, Zeichnungen und Grafiken Nützels Darstellungen sinnvoll untermauern. Das einzige, was meines Erachtens optimierbar ist, wäre eine bessere Verbindung der Kapitel untereinander durch überleitende Worte, wobei sich evtl. auch eine andere Kapitelanordnung anbieten würde.

Fazit

Nikolaus Nützel ist mit Sprache oder Was den Mensch zum Menschen macht ein wunderbares Buch gelungen, das es vermag, unterschiedliche Zielgruppen anzusprechen, zu unterhalten und dabei gleichzeitig über Sprache zu informieren. So profitieren von an der Sprachwissenschaft Interessierten über Schülern bis hin zu Studierenden und Dozenten von Nützels unterhaltsamen und informativen Ausführungen.

Titel: Sprache oder Was den Mensch zum Menschen macht
Autor/-in:
  • Name: Nützel, Nikolaus
Erscheinungsort: München
Erscheinungsjahr: 2009
Verlag: cbt
ISBN-13: 78-3-570-30628-4
Seitenzahl: 224
Preis: 7,95 €
Altersempfehlung Redaktion: 12 Jahre
Nützel, Nikolaus: Sprache oder Was den Mensch zum Menschen macht