Inhalt

Der Wolf, der Fuchs und das Wiesel haben sich dieses Jahr zu Weihnachten etwas ganz Besonderes ausgedacht. Sie wollen einen Braten zum Festmahl. Natürlich kümmert sich der Fuchs um die Beschaffung der Hauptzutat: die Gans. So macht er sich mir nichts, dir nichts auf dem Weg. Bald schon läuft er so schnell, wie er kann mit einer schönen, dicken Gans unter dem Arm nach Hause. Aber da hat er die Rechnung ohne eben diese gemacht! Zurück im Fuchsbau erhält der Räuber erst einmal eine Standpauke, und zwar vom Gänsebraten in spe. Und so schnattert die Gans wütend auf den Fuchs ein: "Was für ein Chaos! [...] Hat deine Mutter dir nicht beigebracht, dass man aufräumt, bevor man Damenbesuch bekommt?" Der Fuchs insistiert, denn die Gans ist ja kein Damenbesuch, sondern der Weihnachtsbraten. Doch diese "Ausrede" lässt die Gans nicht gelten. Im Gegenteil, so eine Weihnachtsgans muss gehegt und gepflegt werden, eine ordentliche und saubere Wohnung sei also das Mindeste. Der zukünftige Braten flattert also auf den Sessel und überwacht den Fuchs beim Putzen, der offensichtlich keine andere Wahl mehr hat.

Endlich ist Meister Reineke mit dem Putzen fertig, da klingelt es. Das Wiesel und der Wolf stehen vor der Tür und freuen sich schon auf ihren leckeren Braten. Aber bevor sie den Fuchsbau auch nur mit einer Tatze betreten können, schnattert die Gans auch schon drauflos: Ohne Tatzenabputzen komme hier keiner rein! Gesagt, getan. Als die beiden Freunde die Beute begutachten, läuft ihnen das Wasser im Mund zusammen! Das wird ein wahres Festmahl. Doch auch hier weiß das schlaue Federvieh Rat: Bevor man eine Gans essen kann, muss sie erst dick und rund gefüttert werden. Und so schickt sie alle drei los, um Zutaten zum Kochen zu besorgen. "Meine Güte", ruft sie echauffiert, "bin ich etwa eure erste Weihnachtsgans?"

Es kommt noch besser, denn keiner von ihnen kann kochen, und so schwingt nun die Gans den Kochlöffel. Bald schon sitzen alle vier am Tisch, speisen gemeinsam und spielen sogar Mau Mau – natürlich gewinnt die Gans. Bevor sie schlafen gehen, müssen sich alle, so will es die Gans, noch die Zähne putzen. Und wer auf dem Sessel schlafen darf, das versteht sich wohl von selbst. Und so vergeht die Zeit: Alle vier sind nun beschäftigt mit den Weihnachtsvorbereitungen, sie backen Kekse, schmücken die Wohnung und besorgen einen Weihnachtsbaum. Weihnachten ist wirklich die schönste Zeit des Jahres. Doch dann kommt der Weihnachtstag und die Gans fragt, wie sie sie denn zubereiten wollen. Ihre Freundin braten? Nein, das geht nun wirklich nicht! Aber was sollen sie nun tun? Auch hier hat die Gans wieder die Lösung: Bestimmt würden die drei Freunde noch nicht satt werden, also könne man die Gans doch noch ein Jahr weitermästen. Was für ein toller Vorschlag! Und so feiern die vier Freunde gemeinsam Weihnachten – die Zubereitung des Festtagschmauses übernimmt die Gans. Und seit jeher verbringen die Freunde viel Zeit miteinander, sind glücklich, und auch runder...

Kritik

Von wegen Füchse sind schlau und listig. Da zeigt die Gans dem jungen Leser aber, wie man auch einen Fuchs austricksen kann. Die Autorin Nathalie Dargent präsentiert eine wunderbare (Vor-)Lesegeschichte, vor allem – aber nicht nur – für die Weihnachtstage. Die Textstruktur ist für das Lesealter entsprechend einfach gehalten, und dennoch trifft sie die Stimmung der Tiere perfekt – oder auch gerade deswegen, denn der Befehlston der Gans wird eben durch kurze und knappe Sätze hervorragend getroffen. Die doppelseitigen Illustrationen untermalen den Text und laden den jungen Leser bzw. Zuhörer zum Verweilen und Entdecken ein. Und zu entdecken gibt es viel auf jeder Seite: So herrscht im Fuchsbau wahrlich Chaos, als die Gans beim Räuber eintrifft. Der Abwasch scheint schon eine Weile her zu sein und auch die Pflanze hat offensichtlich seit einiger Zeit kein Wasser mehr gesehen.

Wunderbar ist auch die Mimik der Tiere: Mal freudig überrascht, mal mürrisch, mal glücklich oder zufrieden. Jede Seite, abgesehen von der letzten, ist in warmen Rot- und Brauntönen gehalten. Dies unterstreicht die heimelige Atmosphäre im Fuchsbau und die Beziehung der vier Tiere untereinander.

Die 1979 geborene Magali Le Huche versteht es, die Geschichte von Nathalie Dargent mit ihren Illustrationen gekonnt zu unterstützen. Dank der Bilder wird die Veränderung der Beziehung der Tiere untereinander anschaulich dargestellt. Zudem lässt sich hier die von Jens Thiele definierte Text-Bild-Parallelität deutlich finden (vgl. Thiele 2002, S. 230f.). Die Bilder korrespondieren mit den Texten, so dass die Geschichte stringent und ohne Verzögerungen voranschreiten und die jungen Leser schnell mit der Gans mitfiebern: Wie wird es wohl für sie ausgehen? Kann sie dem Kochtopf tatsächlich entkommen?

Fazit

Dargent und Le Huche zeigen mit dieser Geschichte zum einen, dass Freundschaft keine Grenzen kennt und man zusammenhält. Zum anderen wird aber auch verdeutlicht, dass Traditionen zwar schön sind und auch weitergeführt werden sollten, dass man aber durchaus auch neue Traditionen in sein Leben einbringen kann.

Wie sich die Weihnachtsgans vor dem Ofen rettete ist ein wunderbares Lesevergnügen, das sicherlich das Warten auf den Weihnachtsmann verkürzen wird.

Literatur

Thiele, Jens: Das Bilderbuch. In: Taschenbuch der Kinder- und Jugendliteratur in zwei Bänden. Bd. 1: Grundlagen, Gattungen. Hrsg. v. Günther Lange. Baltmannsweiler: Schneider-Verlag Hohengehren, 2002. S. 228-242.

Titel: Wie sich die Weihnachtsgans vor dem Ofen rettete
Autor/-in:
  • Name: Dargent, Nathalie
Originalsprache: Französisch
Originaltitel: Le Festin de Noël
Übersetzung:
  • Name: Kristin Iozzo
Illustrator/-in:
  • Name: Le Huche, Magali
Erscheinungsort: München
Erscheinungsjahr: 2013
Verlag: arsEdition
ISBN-13: 978-3-8458-0268-8
Seitenzahl: 32
Preis: 12,95 €
Altersempfehlung Redaktion: Unter 2 Jahre
Dargent, Nathalie: Wie sich die Weihnachtsgans vor dem Ofen rettete