Was ist komisch daran, dass Wednesday Addams in Tim Burtons TV-Serie Wednesday (USA 2022) zwei Plastiktüten voller Piranhas in den Pool entlässt, in dem die aufstrebenden Sportler der Nancy-Reagan-High School trainieren? Und warum lachen wir, wenn Gomez Addams seine Tochter wahlweise als «my little viper» oder «my little death-trap» bezeichnet? Die Antwort liegt auf der Hand in dieser Serie, die so lustvoll mit dem Tod, der Farbe Schwarz und ihren Implikationen spielt. Doch nicht nur der schwarze Humor braucht ein bestimmtes Setting, das zu Transgressionen und Regelbrüchen einlädt; ähnliche Voraussetzungen gelten auch für sanftere und damit vorgeblich ‘kindgemäßere’ Spielarten des Komischen, von Autor:innen wie Astrid Lindgren, Dr. Seuss, Otfried Preußler, James Krüss, Goscinny und Sempé oder Michael Ende. In diesen Texten galt Kindheit, in Abgrenzung von einer grundsätzlich ernsten Erwachsenenexistenz, als heitere Daseinsform. Aktuell werden Kindheit und Jugend auf unterschiedliche Weise imaginiert. Das Spektrum komischer Verfahren, die zum Einsatz kommen, reicht von Auslotungen des komischen Potentials im Alltag – Situations- und Charakterkomik – über Sprachspiele und Nonsens bis zum schwarzen Humor, dem Spiel mit dem Absurden und Grotesken. Umso erstaunlicher erscheint der Befund, dass die aktuelle Kinder- und Jugendmedienforschung sich nur sehr punktuell mit Verfahren und Affektpoetiken des Komischen befasst: Es fehlt eine Auseinandersetzung mit neueren Komiktheorien und ihrem Potential für die Analyse kinder- und jugendliterarischer Texte.
Der achte Jahrgang des open-access, peer-reviewed Jahrbuchs der Gesellschaft für Kinder- und Jugendliteraturforschung möchte einen Beitrag zur Schließung dieser Forschungslücke leisten und widmet sich in seiner nächsten Ausgabe gegenwärtigen wie historischen Dimensionen von Komik in Kinder- und Jugendliteratur und -medien, insbesondere poetologischen und ästhetischen Aspekten.
Die Beiträge sollten die vielfältigen Implikationen des Themas sowohl aus theoretischer als auch aus gegenstandsorientierter Perspektive in seinen unterschiedlichen erzählerischen und medialen Realisierungen (Romane, Kurzprosa, Lyrik, Theaterstücke, Bilderbücher, Sachbücher, Comics, Graphic Novels, Hörmedien, Filme, TV-Serien, Computerspiele) aufgreifen.
Mögliche Themen, Aspekte, Zugänge und Schwerpunkte, jeweils mit Bezug auf Kinder- und Jugendliteratur bzw. -medien, wären:
- Komiktheorien und Kinder- und Jugendliteratur/-medien
- Verfahren des Komischen in Literatur und Medien für Kinder- und Jugendliche
- Komik und Stereotype im kulturwissenschaftlichen Kontext (race, class, gender)
- Komik in inter- und transmedialer Perspektive
- Komik und Serialität
- Affektpoetiken des Komischen, Komik und Affect Studies
Über das Schwerpunktthema hinaus sind zudem offene Beiträge zu kinder- und jugendliterarischen bzw. -medialen Fragestellungen aus historischer wie theoretischer Perspektive erwünscht; auch dazu bitten wir um entsprechende Vorschläge.
Formalia:
Wir hoffen auf große Resonanz und bitten bei Interesse um die Zusendung von entsprechenden Angeboten für themenbezogene bzw. offene Beiträge in Form eines Exposés (von nicht mehr als 2.000 Zeichen mit Lerzeichen) bis zum 15.09.2023. Die Exposés sollten außer einer kurzen inhaltlichen Zusammenfassung Angaben über die Fragestellung enthalten, den Bezug zu theoretischen Positionen herstellen sowie Literatur nennen, auf die sich der Beitrag stützt. Benachrichtigungen über die Annahme des Vorschlags und die Einladung zur Einreichung eines Beitrags werden zusammen mit dem Style Sheet bis zum 31.10.2023 verschickt.
Die Beiträge selbst sollten einen Umfang von 40.000 Zeichen (inkl. deutschem wie englischem Abstract, Fußnoten, Literaturverzeichnis und Kurzvita) nicht überschreiten und den Herausgeberinnen spätestens bis zum 01.03.2024 als Word-Dokument vorliegen.
Bitte senden Sie Ihre Abstracts an:
Das Jahrbuch der Gesellschaft für Kinder- und Jugendliteraturforschung | GKJF 2024 wird im Dezember 2024 auf der Seite https://ojs.ub.uni-frankfurt.de/gkjf veröffentlicht.
[Quelle: Pressemitteilung]