• Karen Köhler: Himmelwärts
    Mit Illustrationen von Bea Davies
    Hanser ISBN: 978-3-446-27922-3

Zur Autorin
Karen Köhler wurde in Hamburg geboren und studierte Schauspiel in Bern. Nach zwölf Jahren am Theater begann sie zu schreiben und veröffentlicht heute Theaterstücke, Drehbücher, Hörspiele, Essays, Erzählungen und Romane. Himmelwärts ist ihr erstes Kinderbuch.

Jurybegründung
Eine tote Mutter. Eine Trauer, die tiefer, größer und weiter ist als das Weltall. Und eine Freundinnenschaft, die Kraft zum Handeln, Fühlen und Denken gibt. Erzählt wird von einer sommerlichen Zeltnacht im Garten, während derer die zehnjährige Toni und ihre Immer-schon-Freundin YumYum mit einem kosmischen Radio in den Weltraum funken: „Mama, kannst du mich hören?“ Toni spricht ihren Vermissungsschmerz in den Sternenhimmel. Weil die technikbegeisterte YumYum ein durchschlagendes Funkgerät gebaut hat, empfangen die Kinder tatsächlich Signale aus den Weiten des Alls. Im Gespräch mit Zanna, einer Astronautin der ISS, geht es um Irdisches und Kosmisches, um Endliches und Ewiges, um Erinnern und Vermissen und darum, dass im Universum keine Energie verloren geht. Karen Köhler gibt der tief erschütterten Toni eine Erzählstimme, die Lebensverunsicherung und -kraft gleichermaßen transportiert. Der Schmerz des Verlustes wird durch Skizzen aus Tonis Notizbuch, in dem sie Erinnerungen an ihre Mutter aufgeschrieben hat, greifbar. Eng verwoben mit dem dialogstarken Nachtbericht entsteht ein kinderliterarisches Kunstwerk, das berührt und tröstet, das, vom Tod erzählend, viel wagt und himmelweit herausragt.

 

  • Benjamin Tienti: Wer schnappt Ronaldo?
    Kopfgeld auf ein Chamäleon
    Dressler, ISBN: 978-3-7513-0109-1

Zum Autor
Benjamin Tienti, geboren 1981 in Esslingen am Neckar, ist Schulsozialarbeiter. Seit seinem 17. Lebensjahr veröffentlichte er regelmäßig Kurzgeschichten und Essays in Punkmagazinen, sein Kinderbuchdebüt Salon Salami erschien 2018. Er lebt in Berlin.

Jurybegründung
„Bei mir zu Hause“, sagt Ich-Erzählerin Nivin, fast zwölf, „bist du allerhöchstens zum Kacken allein.“ In der Zwei-Zimmer-Wohnung in Berlin stapelt sich ihre achtköpfige Familie. Nivin sehnt sich nach Privatsphäre – was sie hat, ist eine Privatschublade. Wenn nichts mehr geht, steigt sie in die Ringbahn und fährt im Kreis: von Sonnenallee bis Sonnenallee. Einmal ungestört sein, bitte. Was für ein Bild. Benjamin Tienti hat viele davon. Sie sind poetischer Hintergrund eines Kinderkrimis in pulsierendem Großstadt-Sound: In brüllender Sommerhitze, schlagfertig, schnell, schenken eigenwillige Figuren einander nichts, aber den Leserinnen und Lesern alles. Kopfgeld auf das geklaute Chamäleon von Wahrsagerin Mona weckt Finderlohn-Begehrlichkeiten, Nivin aus Neukölln und Linus aus dem schicken Schöneberg ermitteln um die Wette, kleinkarierte Kleingartensiedlung wird zum Tatort, als Gegen-Entwurf zu urbaner Kulisse zeigt sich ein konstituierendes Moment: Arm gegen Reich, rechts gegen links, Mädchen gegen Jungs, Kartoffeln gegen Araber und die wieder gegen die Kartoffeln – wann hört das bloß auf? Jetzt. Souverän, en passant, werden gesellschaftliche Fragen verhandelt, Vorurteile hinterfragt, blöde Regeln durch unkonventionelle Lösungen ersetzt. Gegeneinander? Zusammen!

 

  • Luca Kieser: Pink Elephant
    Blessing, ISBN: 978-3-89667-760-0

Zum Autor
Luca Kieser, geboren 1992 in Tübingen, studierte Philosophie in Heidelberg und Leipzig sowie Sprachkunst in Wien, wo er heute lebt. Seit 2018 arbeitet er als freier Schriftsteller und als Literaturvermittler. Pink Elephant ist sein zweiter Roman.

Jurybegründung
Deutschland 2006: Das Fußball-Sommermärchen hat das ganze Land fest im Griff. Für den 14-jährigen Vincent, Einzelkind aus bildungsbürgerlichem Reihenhaus, ist die WM-Euphorie nur das Hintergrundrauschen ganz anderer Ereignisse, die in diesem Sommer alles zu verändern scheinen. Er gerät mit Ali und Tarek aus der Hochhaussiedlung aneinander. Gerangel, Pöbeleien und schließlich geht Vincent blutend zu Boden. Doch statt Abstand zu nehmen, folgt Vincent den beiden mit wachsender Faszination in eine Welt, die ihm bislang vollkommen fremd war. Shishas und Zigaretten, Pornos und Videospiele, Wodka mit Eistee, Kleinkriminalität – und die Einsicht, dass es gar nicht so leicht ist, zwischen Opfer und Täter zu unterscheiden. Dann überschlagen sich die Ereignisse und Vincent stolpert mit seinen neuen Freunden einem filmreifen Finale entgegen. Luca Kieser erzählt eindringlich, mit großer psychologischer Genauigkeit und zugleich höchst kunstvoll eine mitreißende Coming-of-Age-Geschichte, die dicht dran ist an den Herausforderungen des Erwachsenwerdens. Dass er das Wagnis nicht scheut, Alltagsrassismus und Diskriminierung in differenzierter Weise anschaulich werden zu lassen, macht Pink Elephant zu einem Roman der Stunde.

 

  • Filiz Penzkofer: Alles im Grünen oder Wie ich die Kette der Beschissenheit durchbrach
    Rotfuchs, ISBN: 978-3-499-01129-0

Zur Autorin
Filiz Penzkofer, geboren 1985 in München, studierte Germanistik, Kommunikationswissenschaften und Turkologie in Bamberg und Ankara. Die freie Autorin und Journalistin lebt in Berlin. Alles im Grünen oder Wie ich die Kette der Beschissenheit durchbrach ist ihr Debütroman.

Jurybegründung
„Ich will einfach nur in eine Einrichtung mit ganz NORMALEN psychisch Kranken!“ Diesen Hilferuf richtet die unter Angststörungen leidende Ich-Erzählerin Rabea an die Betreuerin ihrer Berliner WG. Aber es hilft nichts: Sie muss weiterhin dort wohnen, gemeinsam mit Musti, einem syrischen Geflüchteten, und Queen Tiger, einer selbsternannten Voodoo-Hexe. Klingt schräg? Ist es auch! Noch schräger wird es, als die schrille Truppe ihre Vermieterin scheinbar ermordet auffindet. Um nicht in Verdacht zu geraten, soll Voodoo-Zauber die Dame ins Leben zurückholen. Klappt leider zunächst nicht, also muss die Leiche verschwinden. Was dann folgt, ist eine ebenso aberwitzige wie anrührende Tour de Force durch die Großstadt, bei der die Figuren über sich hinauswachsen. Filiz Penzkofers Roman ist ein herrlich unkonventionelles Potpourri an Skurrilitäten. Dabei erzählt die Autorin sprachgewaltig und pointiert, rasant und brüllend komisch, mit liebevollem Blick für ihre Figuren. Gleichzeitig schreibt sie so frech und frei von jeder Scheu vor brisanten Themen, dass einem beim Lesen das Lachen zuweilen im Halse stecken bleibt. Ein ganz und gar aufrüttelndes Leseerlebnis. Und schließlich bleibt die Frage: Wer ist hier eigentlich verrückt?

 

Zum Preis

Die Kranichsteiner Jugendliteratur-Stipendien werden seit 2010, die Kranichsteiner Kinderliteratur-Stipendien seit 2021 jährlich vom Deutschen Literaturfonds und vom Arbeitskreis für Jugendliteratur vergeben. Sie gehen an Autor:innen von Kinder- und Jugendbüchern, die bereits erste überzeugende Titel veröffentlicht haben und eine positive literarische Entwicklung erkennen lassen, sich aber bisher keine starke Marktposition erarbeiten konnten. Ihnen soll die Möglichkeit gegeben werden, ein nächstes Buchprojekt unabhängig von den Anforderungen des Marktes und unter finanziell gesicherten Lebensumständen verwirklichen zu können. Sowohl der Deutsche Literaturfonds als auch der AKJ möchten damit die aktuelle deutschsprachige Jugendliteratur fördern und unterstützen. Insgesamt haben bislang 38 deutschsprachige Autor:innen von den Kranichsteiner Kinder- und Jugendliteratur-Stipendien mit einer Gesamtfördersumme von 552.000 Euro profitiert.

 

[Quelle: https://www.jugendliteratur.org/kranichsteiner-stipendien/c-133]