[03.04.2016]

Der Deutsche Literaturfonds und der Arbeitskreis für Jugendliteratur vergaben am 17. März 2016 auf der Leipziger Buchmesse die Kranichsteiner Jugendliteratur-Stipendien. Die Preise gingen an Elisabeth Etz für ihren Roman Alles nach Plan (Zaglossus) und an Kathrin Steinberger für ihr Jugendbuch Manchmal dreht das Leben einfach um (Jungbrunnen).

Die Jurybegründungen: 

Alles nach Plan

"Unbestimmt? Fremdbestimmt? Selbstbestimmt? Das sind die Koordinaten für Annas Leben, die endlich alle die Erfahrungen machen will, die Sechzehnjährige vorweisen können sollten. Aber ist das, was sie dabei erlebt, aufregend? Fühlt es sich so an, wie sie es sich vorgestellt hat? Elisabeth Etz legt ihrem knapp und pointiert erzählten Roman "Alles nach Plan" ein bekanntes Muster zugrunde: Eine Liste muss abgearbeitet werden, um unter Gleichaltrigen und vor sich selbst bestehen zu können. Sie bricht dieses Erzählmuster aber umgehend und schickt ihre von sich selbst irritierte Heldin zunehmend genervt und unleidlich in Situationen, in denen ihr klar wird, dass die Stationen des traditionellen Parcours, den sie sich verordnet hat – die Party ihres Leben finden, sich verlieben, Schule schwänzen, mit jemandem schlafen – nicht automatisch ein gesteigertes Lebensgefühl mit sich bringen, meist noch nicht einmal gesteigerte Intensität. Je länger sie sich an mancher Banalität aufreibt, desto stärker spürt sie, dass sie mehr und anders sein kann, als das, was Freunde in ihr sehen und was sie selbst hat aus sich machen wollen. Anna kann alles sein und werden – das ist der Kern dieses Romans, der den Spielraum, der sich für Anna öffnet, daher auch nicht in ein Happy End zwingt, das sie wieder nur auf eine einzige Möglichkeit reduzieren würde. "Alles nach Plan" bedeutet am Ende des Romans: offen sein für jede sexuelle Präferenz und zugleich weitgehend unabhängig von der unzuverlässigen Aufmerksamkeit ihrer Umgebung." 

Manchmal dreht das Leben einfach um

"Es gibt viele Spielarten der Hochbegabung, und Kathrin Steinberger erzählt, was passiert, wenn zwei davon aufeinander treffen. Ali, Heldin und Erzählerin, hat ein Gehirn, dem weder die Schule noch die abgelegensten Wissensgebiete Probleme bereiten, aber sie braucht feste Gewohnheiten, hat nur eine einzige gute Freundin und vermeidet schwer kontrollierbare Situationen. Kevin, ein paar Jahre älter, ist als Profi-Skater international ein Star gewesen, aber durch einen Unfall aus einem schillernden Leben herausgerissen worden. Als sie sich als Nachbarn begegnen, sind sie sich fremd, weil in vieler Hinsicht gegensätzlich; aber auch nahe durch die Intensität, mit der sie sich aufeinander einlassen. Kathrin Steinberger verfolgt diesen Prozess langsam und im Detail genau. Sie schildert, wie Ali sich selbst bei ihren Skate- und Snowboardversuchen beobachtet, und beschreibt Kevin als jungen Mann, der nicht nur mit seinem Karriere-Ende, sondern auch mit Erfahrungen aus seiner Kindheit ringt. Dabei verweigert sie sich allen oberflächlichen jugendkulturellen Gesten, die das Thema provozieren könnte, sondern beschreibt den Sport – das Lernen wie das Brillieren – als ständiges Training, als andauernde Frustration, als Arbeit an sich selbst ohne absehbares Ende. Sie wählt die Skater-Szene nicht als Dekor, sondern als ein Bild dafür, wie sich ein selbstbestimmtes Leben erreichen lässt, und erzählt in einem furiosen Schlusskapitel zuletzt, dass auch das nichts anderes als eine Anstrengung ohne Ende sein kann, eine Unzahl von Wechselfällen, Zufällen und Irrtümern, von Glück und Unglück."

Die beiden Autorinnen erhielten jeweils ein sechsmonatiges Stipendium in Höhe von 12.000 Euro. Eine unabhängige Jury wählte die beiden Stipendiaten anhand der deutschsprachigen Einreichungen zum Deutschen Jugendliteraturpreis 2016 aus. Der Jury für die Kranichsteiner Jugendliteratur-Stipendien gehörten Dr. Susanne Helene Becker (Vorsitzende des Arbeitskreises für Jugendliteratur), Brigit Müller-Bardorff (Vorsitzende der Kritikerjury zum Deutschen Jugendliteraturpreis 2016) und Dr. Michael Schmitt (3sat/Kulturzeit) an.

Die Preisträgerinnen:

Elisabeth Etz, geboren 1979 in Wien / Österreich, studierte Germanistik in Wien und Berlin. Sie unterrichtete Deutsch als Zweitsprache in Wien und Istanbul. Derzeit arbeitet sie für den Diakonie Flüchtlingsdienst und ist Redaktionsmitglied der Kinderzeitschrift YEP des Österreichischen Buchklubs der Jugend.

Kathrin Steinberger, wurde 1982 in der Steiermark / Österreich geboren. Sie studierte Vergleichende Literaturwissenschaft, Germanistik und Theaterwissenschaft. Kathrin Steinberger arbeitet als freie Autorin und lebt mit ihrem Mann und ihren Töchtern in Wien.

 

(Quelle: Arbeitskreis für Jugendliteratur)