[13.09.2016]

Den Nachwuchspreis für deutschsprachige Kinder- und Jugendliteratur im Jahr 2016, dotiert mit 1.500 €, erhält Que Du Luu für ihren Roman "Im Jahr des Affen".

Die Preisverleihung findet am 18. November 2016, ab 18 Uhr, in Volkach statt. Zudem findet am Donnerstag, dem 20. Oktober 2016, ab 11 Uhr im Kinderbuchzentrum der Frankfurter Buchmesse (Halle 3.0) ein Podiumsgespräch mit den Preisträgern des Autoren- und Illustratorenpreises aus diesem und dem letzten Jahr statt. Hier sollen die Preisträger Gelegenheit haben, die Entstehung ihrer Bücher zu präsentieren.

Zum Preisbuch "Im Jahr des Affen"

Wer bin ich? Woher komme ich? Diese Fragen beschäftigen viele Jugendliche und werden in unterschiedlichen Nuancen in der Jugendliteratur immer wieder thematisiert. Auch Que Du Luu setzt sich in ihrem Roman "Im Jahr des Affen" mit diesen Fragen auseinander und erweitert diese um Flucht und Ankunft. Die 16-jährige Mini, die eigentlich Mäi Yü heißt, lebt seit ihrem dritten Lebensjahr mit ihrem Vater in Deutschland. Da jedoch niemand ihren chinesischen Namen aussprechen kann, nennt sie sich Mini.

Der Titel des Romans bezieht sich auf das chinesische Horoskop, in dem das Jahr des Affen alle zwölf Jahre zurückkehrt und Veränderung sowie Bewegung bedeutet. Die Handlung ist 1992 in einer "langweiligen westfälischen Kleinstadt" (S. 10) angesiedelt, in der Mini und ihr Vater bislang kaum Besuch von ihren Angehörigen bekamen. Doch plötzlich kommt Onkel Wu zu Besuch, Minis Vater erkrankt und Mini muss sich nicht nur im Familienrestaurant behaupten, sondern sich auch mit ihrer Vergangenheit und der Frage, wer sie sei, beschäftigen. Ganz nebenbei ist sie verliebt – doch für die Liebe bleibt ihr wenig Zeit.

Die Autorin, die selbst mit drei Jahren über das Meer nach Europa flüchtete, erzählt authentisch über Probleme der Identität und Identitätsfindung. Überzeugend ist ihr Blick auf Menschen, die seit Jahren in Deutschland leben, hier arbeiten und dennoch in ihrer eigenen Welt zu Hause sind, was besonders in der Wahl des Schauplatzes, eines chinesischen Restaurants, zum Ausdruck kommt. Geschickt setzt die Autorin dies großenteils in Dialoge um und bringt sprachlich ganz selbstverständlich auch chinesische Passagen mit ein. Der Vater spricht mit Mini chinesisch, bewegt sich fast ausschließlich im Restaurant und lebt chinesische Traditionen weiter. Nicht so Mini als Vertreterin der zweiten Generation: Sie hat deutsche Freunde, spricht fließend Deutsch und bewegt sich vor allem in der deutschen Kultur. Ihr Onkel Wu bezeichnet sie daher als eine Banane: Außen gelb, innen weiß. Erst mit Onkel Wu und der Krankheit ihres Vaters setzen in Minis Leben Veränderungen ein und ihr Leben kommt, so deutet es der Titel an, in Bewegung, aber anders, als man Bewegung definiert: Ihr Umfeld wird beschränkt, denn ihr Leben findet nur im Restaurant statt und Luu inszeniert ihren Roman wie ein Kammerspiel. Dennoch bewegt sich Mini, denn sie reflektiert ihr Verhalten und fragt nach ihren Wurzeln. Sie erfährt etwas über ihr Leben in Vietnam, beginnt die Einsamkeit ihres Vaters zu erahnen und denkt über ihr Leben nach. In einzelnen Episoden erinnert sich Mini an ihre Geburtstage und sieht die Bemühungen des Vaters, die Mini nicht immer gewürdigt hat. Erst in den Gesprächen ihrer unmittelbaren Umwelt erkennt Mini die Bedeutung der Flucht und sieht, dass vieles zusammenhängt und sie letztendlich zu der Person macht, die sie ist.

Es gibt wenige Romane, die so detailliert und klar das Leben von Menschen mit Migrationshintergrund beschreiben und sich der zweiten Generation zuwenden. Die Autorin zeigt zwar eine geglückte Integration, verschweigt aber nicht die Schwierigkeiten und beschreibt klar das Dilemma in Minis Leben zwischen den Kulturen. Aber Luu erzählt es nebenbei und äußerst sensibel, wenn sich Mini an frühere Geburtstage oder an Besuche bei Freunden erinnert. Solche Passagen zeichnen den Roman aus und lassen ihn als literarisch hochwertiges Jugendbuch erscheinen.

 

(Quelle: Pressemitteilung Deutsche Akademie für Kinder- und Jugendliteratur e. V.)