Handlung

Bevor Anton mit seinen Großeltern in die Ferien fuhr, hatte er sich schon ausgemalt, was er alles Cooles im Swimmingpool gemacht hätte und nun gibt es am Ferienort nur "einen Natursee voller Schlingpflanzen und Ekelsdreck" (Baisch 2010, S. 15), für Anton die "reine Horrorbrühe" (S. 91).

Niemand hat so viele Chatfreunde wie der von Computerspielen und Rennautos begeisterte Junge, aber am See gelingt es ihm nicht, Kontakt zu den anderen Kindern aufzunehmen, obwohl er sich das eigentlich wünscht.

Anton flüchtet sich in seine Heldenphantasien, träumt davon, Starflashman zu sein, der so cool und mutig ist, dass er es mit jedem aufnehmen kann. Ganz bestimmt auch mit dem 'Pudel', "einem Typen von der Sorte Angeber" (S. 21), der Arschbomben rückwärts in den See macht. Die Großeltern machen sich Sorgen, weil ihr Enkel nicht im See schwimmt und den Urlaub ohne Spielgefährten verbringt. So beginnt Anton ihnen etwas vorzuspielen, unfähig, die eigenen Ängste und die Einsamkeit zuzugeben oder gar zu artikulieren. Als der Großvater einen kleinen Barsch angelt und als Köder für größere Fische benutzen will, greift Anton ein: Er nimmt sich des kleinen Fisches an, verfrachtet ihn in ein Gurkenglas, das ihn von nun an rund um die Uhr begleitet. Zwischen dem Jungen und dem Fisch entwickelt sich eine sensible Freundschaft.

Analog zu seinen eigenen Starflashman-Fantasien tauft er den kleinen Barsch 'Piranha' und erhöht so auch ihn quasi zu einem Helden. Seine liebevolle Zuwendung zu dem Fisch geht so weit, dass er ihn schließlich gegen den Pudel verteidigt und auf diese Weise seine Ängste überwindet. Am Ende wagt Anton sogar den Sprung in den See.

Vorgetragen wird die Geschichte aus Antons Perspektive von einem (homodiegetischen) Ich-Erzähler, der durch jugendsprachlichen Stil und zahlreiche Kraftausdrücke sowohl Nähe zur mündlichen Erzählsituation als auch Komik erzeugt. Gerade dies dürfte kindliche Leser ansprechen, da ihnen so viele Identifikationsmöglichkeiten mit dem Protagonisten geboten werden.

Gekonnt spielt der realistische Kinderroman in komischer Weise mit dem Genre des phantastischen Abenteuerromans. Gleich zu Beginn wird die Erzählung vom Ich-Erzähler als "Abenteuerheldengeschichte" (S. 5) deklariert. Der Kinderroman lässt sich auf das Modell der Reise des Helden beziehen, einer universalen Struktur, nach der Abenteuergeschichten aufgebaut sind (vgl. dazu Weißenburger 2009, S. 60ff.):

"Die Heldenreise ist stets eine Reise ins Abenteuer, dabei ist unerheblich, ob dieses durch äußere Gefahren in Form von Widersachern, oder durch innere Widerstände wie Ängste, Nöte oder Liebeskummer ausgedrückt wird. Auch der Begriff der Reise ist metaphorisch zu deuten […] ,ebenso kann allerdings der Prozess einer inneren Entwicklung als Heldenreise gelten" (ebd., S. 60f.)

Antons Heldentat besteht darin, dass er Piranha vor dem Pudel rettet: Er kehrt siegreich zurück, hat die entscheidende Heldenprüfung überstanden, sodass er nun seine Ängste überwinden, in den See springen und sich einer Freundschaft mit Marie öffnen kann, die ebenfalls Urlaub am See macht. Diese Art von Heldentum wiegt schlussendlich mehr als die Heldentaten der Computerfigur Starflashman, die Anton bis dato eine Art geborgter Identität geliefert hatte.

Wissenschaftliche Rezeption

Anton taucht ab wurde im Jahr 2012 mit dem Deutschen Jugendliteraturpreis in der Sparte Kinderbuch ausgezeichnet. In der Jurybegründung heißt es:

"Der pointensicher aus Antons Sicht erzählte Roman besticht durch seine ironische Brechung der Abenteuerheldengeschichte, denn die einzig wahre Heldentat ist der Köpper in den See am letzten Ferientag – für Anton das neue Einloggen. Die mitreißende Erzähllust und nicht zuletzt auch sein finales Wort: „Karramba!“ zeichnen diesen Kinderroman aus." (http://www.djlp.jugendliteratur.org/kinderbuch-2/artikel-anton_taucht_ab-123.html, Zugriff am 2.7.13)

Zu einem ähnlichen Urteil kommt Bettina Huhn in dem von Susanne Helene Becker herausgegebenen Band  99 Lesetipps für Grundschulkinder (vgl. Huhn 2012, S. 146f.).

Anton taucht ab eignet sich sehr gut für den Einsatz in späteren Grundschuljahren (Klasse 3 und 4), da Kinder in diesem Alter viel Freude am Sprachwitz des Protagonisten haben und auch inhaltlich für sie ansprechende Themen berührt sind, die ihren Lebensalltag betreffen (Chatroom-Freundschaften, Mediennutzung, Sommerferien usw.). Zudem hat die Figur des Anton insbesondere für Jungen identifikatorisches Potenzial.

Populärrezeption

Anton taucht ab erfreut sich (spätestens seit der Auszeichnung mit dem Deutschen Jugendliteraturpreis) hoher Beliebtheit bei jungen Lesern, wovon nicht zuletzt die Beiträge auf der eigenen Facebook-Seite der Buchfigur zeugen.

Im Jahr 2012 erschien der Fortsetzungsband Anton macht's klar.

Bibliografie

Primärliteratur

  • Baisch, Milena: Anton taucht ab. Weinheim & Basel: Beltz & Gelberg 2010.

Sekundärliteratur

  • Huhn, Bettina: Anton taucht ab. In: Becker, Susanne Helene (Hrsg.): 99 Lesetipps für Grundschulkinder. Seelze: Kallmeyer/ Klett 2012. S. 146-147.
  • Weißenburger, Christian: Helden lesen! Die Chancen des Heldenmotivs bei der Leseförderung von Jungen. Eine empirische Unterrichtsuntersuchung zum Lektüreunterricht bei Jugendlichen der Klassenstufe 7/8. Baltmannsweiler: Schneider 2009.

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