Inhalt

Im Mittelpunkt der Geschichte steht der etwa zehnjährige Mick sowie seine jüngere Schwester Lori. Sie leben auf der Insel Minelotte, die nicht näher lokalisiert wird, und auf der Kaiser Linus I. regiert. Es ist ein strenges, tyrannisches Regime, denn er verbannt immer wieder Erwachsene von der Insel, u. a. weil diese für ihn Essen kochen, das ihm nicht schmeckt. Auch die Eltern von Mick und seiner Schwester mussten die Insel verlassen. Die Geschwister sind, um dem Waisenhaus zu entkommen, an den Strand gezogen. Mit zwei weiteren elternlosen Kindern haben sie nach dem Verlust der Eltern ein altes Haus gefunden und versuchen seitdem zu überleben. Alles dreht sich dabei ums Essen, denn Hunger bestimmt ihr Leben und Linus I. verbietet immer wieder Nahrungsmittel. Dazu gehören auch Mangos, die im Palastgarten wachsen und auf den Bäumen verfaulen. Mick beschließt diese zu stehlen, wird dabei erwischt und damit setzt die Geschichte ein. Frech, wie Mick ist, fordert er den Kaiser heraus. Er wird ihm ein Essen kochen, das ihm munden wird. Als Belohnung soll nicht nur Mick der Verbannung entkommen, sondern auch die Erwachsenen sollen auf die Insel zurückgebracht werden. Linus I. lässt sich auf die Vereinbarung ein, allerdings muss Mick nicht nur eine Speise zubereiten, sondern sieben. Scheitert er, wird er den Haien zum Fraß vorgeworfen, gewinnt er, lässt Linus I. die Gefangenen frei. Mick ahnt, dass der Handel schwierig sein wird, denn der Kaiser ist nicht fair und auch seine Diener unterstützen Mick nicht. Doch der Junge vertraut seinem Kochbuch mit dem Titel Rezepte der Sieben Weltmeere. Es ist ein altes Kochbuch, das Mick zufällig in der Kiste seiner Eltern gefunden hat und das von einem alten Schiffskoch zusammengestellt wurde. Trotz der Vielzahl der Rezepte fragt sich Mick, was dem Kaiser schmecken könnte. Mick ist mutig, beginnt den ersten Gang mit einer Mangomousse, die begleitet wird von feinen Schokotäfelchen. Weitere Gerichte folgen und Mick wird immer experimentierfreudiger, findet ausgefallene Rezepte und kocht buchstäblich um sein Leben. Dabei lernt er neue Freunde kennen und versucht den Geschmack des Kaisers zu treffen. Schnell merkt er, dass gegen ihn intrigiert wird, aber auch, dass immer mehr Menschen hinter ihm stehen. Wird er den Kaiser überzeugen können?

Kritik

Einleitend führt der Kinderroman in die Handlung ein, denn der zunächst namenlose Ich-Erzähler nähert sich fast mit einem filmischen Zoom dem Handlungsort, beschreibt Möwen und den Weißen Felsen, das Gefängnis seiner Eltern, um anschließend seine Situation zu schildern und so auch die Schwere der einleitenden Sätze zu relativieren. "Keine Sorgen, wir sind nicht die Einzigen: Viele Kinder auf Minelotte sind allein." (S. 7) lautet sein Kommentar und er stellt sich, seine Schwester und seine Freunde sowie die Umgebung kurz in einem Gedankengespräch mit seinen Eltern vor und führt so in die eigentliche Handlung ein. Die Figuren, neben Mick sind es seine Schwester Lori sowie Pieke und Remo, sind sympathisch, entsprechen jedoch auch tradierten Typen der Kinderliteratur. Mick ist mutig, hat ein etwas loses Mundwerk und ist zuverlässig. Er kümmert sich liebevoll um seine Schwester, nimmt aber auch Risiken auf sich. Lori liebt ihren Bruder, unterstützt ihn, gibt aber auch Widerworte. Immer wieder erfährt Mick die Solidarität und Hilfsbereitschaft seiner Freunde, die ihm helfen, ihn auf der Suche nach Nahrung begleiten und ihm Mut machen, weiterzumachen.  

Im Roman selbst wird zunächst ein Setting entworfen, das mit der Alltagswelt heutiger Leserinnen und Leser wenig gemeinsam hat: Technische Errungenschaften, aber auch Medien fehlen, dennoch weist der Roman insbesondere aufgrund Micks Handeln eine große Aktualität auf: Es geht vor allem um Zivilcourage, denn Mick widersetzt sich der Obrigkeit, fordert diese heraus und hat den Mut zu handeln. Er kämpft, wenn auch ‚nur’ mit Kochlöffeln, für Freiheit und Gerechtigkeit und damit unterscheidet er sich von den erwachsenen Figuren, die sich angepasst haben und die Tyrannei des Kaisers erdulden. Damit folgt der Roman einem tradierten Muster, Kinder als Hoffnungsträger zu zeigen. Tatsächlich lässt Mick Mangodieb und die Rezepte der Sieben Weltmeere auch als ein politisches Kinderbuch lesen, in dem sich weder der moralische noch der pädagogische Zeigefinger finden. Vielmehr kann Mick als Vorbild betrachtet werden, zu widersprechen und sich Ungerechtigkeiten zu widersetzen. Aber es ist nicht nur Micks Mut, der letztendlich die anderen Bewohner der Insel überzeugt, die den Roman aus der Masse der Kinder- und jugendliterarischen Texte herausheben. Es sind auch Fragen nach Verlust, Einsamkeit und Trauer, die Micks Leben bestimmen und ihn auch zum Handeln zwingen.

Die Autorin selbst ist eine leidenschaftliche Köchin und genau diese Leidenschaft spürt man zwischen den Buchdeckeln, denn ungewöhnlich für ein Kinderbuch lässt sie sich Zeit die Rezepte nicht nur zu beschreiben, sondern auch zu erzählen. Passagen wie "Ich hacke Dill und Schnittlauch und zerbrösele die altbackenen Semmeln in ganz kleine Krümel. Zwei Hände voll kommen zum Lachs, den Rest brauche ich gleich für die Kruste." (S. 86) beschreiben den Kochvorgang genau, zugleich lässt die Autorin die Kapitel mit kleinen Fragen oder Cliffhangern enden, um so die Spannung aufrechtzuerhalten. Geschickt kombiniert Marloes Morshuis so spannende und beschreibende Passagen. Sie lässt bspw. auf der Insel Mick nach Kräutern und Gewürzen suchen, beschreibt diesen Vorgang detailliert und lässt sich so Zeit die Geschichte zu entfalten.

Verborgen zwischen den Zweigen spähe ich in den Garten und plötzlich schlägt mein Herz noch schneller. In einem umrandeten Beet neben dem Haus sehe ich Rosmarin, Thymian, Oregano. Ein Kräutergarten! Dill ist auch ein Kraut. (S. 79)

Zugleich ist Micks Suche auch gefährlich und gerade hier liegt die Stärke des Romans, die sich einerseits dem schnellen Erzählen entzieht, aber zugleich von Kapitel zu Kapitel die Spannung erhöht. Damit charakterisiert den Roman eine Leichtigkeit, die typisch für die niederländische (Kinder- und Jugend-)Literatur ist, und die mit einer Ernsthaftigkeit verbunden wird, die auch diesen Kinderroman auszeichnet. Immer wieder lässt die Autorin Kapitel mit einem Cliffhanger enden und man wird fast gezwungen weiterzulesen und mit Mick sowie seinen Freunden mitzufiebern.

Fazit

Es ist ein Kinderroman, aber auch ein Kochbuch: Die Leserinnen und Leser begleiten Mick auf der Suche nach Kräutern und lernen mit ihm neue Speisen kennen. Mick Mangodieb und die Rezepte der Sieben Weltmeere, die Rezepte für die im Roman gekochten Speisen finden sich übrigens im Anhang, enthält alle Ingredienzen, die ein Kinderroman haben muss samt einer Prise 'etwas Besonderem': Es ist diese Verbindung von einem leichten, spannenden Erzählen verbunden mit komplexen Themen, die Mick Mangodieb und die Rezepte der Sieben Weltmeere zu einem wirklichen Lesevergnügen macht.  Der Roman ist trotz der detaillierten Kochrezepte und des damit verbundenen unbekannten Vokabulars für Leserinnen und Leser ab dem 10. Lebensjahr geeignet.

Titel: Mick Mangodieb und die Rezepte der Sieben Weltmeere
Autor/-in:
  • Name: Morshuis, Marloes
Originalsprache: Niederländisch
Originaltitel: Koken foor de Keizer
Übersetzung:
  • Name: Verna Kiefer
Illustrator/-in:
  • Name: Torben Kuhlmann
Erscheinungsort: Hildesheim
Erscheinungsjahr: 2017
Verlag: Gerstenberg
ISBN-13: 978-3-8369-5940-7
Seitenzahl: 240
Preis: 14,95 €
Altersempfehlung Redaktion: 9 Jahre
Morshuis, Marloes: Mick Mangodieb und die Rezepte der Sieben Weltmeere