Titel des Projekts/Title: Der Typus in der Märchenillustration. Deutungsmuster von Grundschulkindern zu Märchenbilderbüchern

VerfasserIn/Author: Johanna Duckstein (Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.)

Sprache/Language: Deutsch

Art des Projekts/Type: Dissertation

Projektlaufzeit/Duration: 2017-

Universität/University: Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg

Keywords: Bilderbuch, Bilderbuchrezeption, Märchen

 

Beschreibung/abstract:

Zahlreiche Künstler:innen und Illustrator:innen haben sich seit ihrer Entstehung mit den Märchen der Brüder Grimm auseinandergesetzt und durch ihre individuelle Bearbeitung die Texte gedeutet. In der Anfangszeit im 19. Jahrhundert verdichteten sich bestimmte Bildmotivkonstellationen zu einem Bilderkanon. Auch aktuelle Märchenbilderbücher stehen in dieser Tradition, setzen sich mit ihr auseinander, beziehen sich in Konzept und/oder Elementen darauf bzw. grenzen sich davon ab, sodass sich Bezüge zur Märchenikonographie (vgl. Freyberger 2009) rekonstruieren lassen. In einem ersten Schritt der Studie wurden daher zum Märchen Hänsel und Gretel (KHM 15) die Märchenbilderbücher von Susanne Janssen, Markus Lefrançois, Květa Pacovská, Sybille Schenker, Lorenzo Mattotti und Erica-Jane Waters vor diesem Hintergrund untersucht.

Hinsichtlich der Bildrezeption kann davon ausgegangen werden, dass sich während der Aneignung der Märchen im Zuge der literarischen Sozialisation bei den Rezipierenden ein mentales Konzept zum Märchenbild herausbildet, welches als deutungsunterstützende Schablone bei der Bildbetrachtung über neue Darstellungen gelegt werden kann. Um die bildlichen Vorstellungen und Deutungsmuster der Kinder zum Märchenbild zu rekonstruieren, wurden 13 Viertklässler:innen einer Grundschule in jeweils zwei Erhebungsmomenten beobachtet und befragt: In einer ersten Sitzung wurden die Proband:innen jeweils einzeln gebeten, das Bild, welches sie sich zum Märchen Hänsel und Gretel vorstellen, der Versuchsleitung so zu beschreiben, dass diese ähnlich wie beim Phantombildzeichnen eine Skizze davon anfertigen konnte. In einer gemeinsamen zweiten Sitzung wurden zwei Vergleichsgruppen mit jeweils 6 Kindern gebildet. Zunächst wurde der Text (KHM 15, Ausgabe „letzter Hand“) vorgelesen und danach die ausgewählten Bilderbücher dargeboten. Je ein Proband:innenpaar durfte sich anhand des Titelbildes ein Bilderbuch auswählen, das zu zweit betrachtet werden konnte. Danach wurde die Versuchsgruppe wieder zusammengeführt. Die Paare stellten sich ihre Bücher gegenseitig vor und sprachen – angelehnt an die Methode des literarischen Gesprächs – über selbst ausgewählte Aspekte der festgehaltenen Beobachtungen. Danach wurde seitens der Versuchsleitung mit Hilfe von Leitfragen auf Besonderheiten, Vergleiche und Erwartungen in Bezug auf die Bilderbücher eingegangen.

Alle Erhebungsmomente wurden videografiert, um sowohl die Anfertigung der Zeichnungen als auch den Ablauf der Rezeption der Bücher später rekonstruieren zu können. Ausgewertet werden die transkribierten Interaktionsverläufe in Anlehnung an das Vorgehen der dokumentarischen Methode rekonstruktiv sequenzanalytisch, um die in die Rezeption eingeschriebenen Orientierungen zu verschiedenen Bildkonzepten sowie kollektive Deutungsmuster in Bezug auf die Märchenillustration im Allgemeinen herauszuarbeiten (vgl. Bögelein/Vetter 2019; Nohl 2017; Bohnsack 2014).

 

Since their creation, numerous artists and illustrators have dealt with the fairy tales of the Brothers Grimm and interpreted the texts through their individual adaptation. In the early 19th century, certain constellations of motifs were condensed into a pictorial canon. Even current fairy tale picture books are part of this tradition. They deal and refer to it in concept and/or elements or distinguish themselves from it, so that references to fairy tale iconography can be reconstructed (cf. Freyberger 2009). In the first part of the study, fairy tale picture books of Hansel and Gretel by Susanne Janssen, Markus Lefrançois, Květa Pacovská, Sybille Schenker, Lorenzo Mattotti and Erica-Jane Waters were examined against this background.

With regard to the reception of images, it can be assumed that during the appropriation of fairy tales, in the course of literary socialization, a mental concept of fairy tale images is formed among the recipients, which can be used as a template to support interpretation when viewing new images. In order to reconstruct the children's pictorial conceptions and patterns of interpretation of the fairy tale picture, 13 fourth-graders of a primary school were observed and questioned in two survey moments: In a first session, the subjects were asked individually to describe the picture they imagined for the fairy tale Hansel and Gretel in such a way that the experimental director could make a sketch of it similar to drawing a phantom picture. In a second session, two comparison groups of 6 children were formed. First the text (KHM 15, “last hand” edition) was read aloud and then the selected picture books were presented. Each pair of subjects was allowed to choose a picture book based on the title picture, which could be viewed together. The experimental group was then reunited. The couples introduced their books to each other and – based on the method of literary conversation – they talked about selected aspects of the recorded observations. Afterwards, the experimental management addressed the peculiarities, comparisons and expectations with regard to the picture books with the help of key questions.

All survey moments were videographed in order to be able to reconstruct both the making of the drawings and the process of receiving the books. The transcribed interaction sequences are evaluated in a reconstructive sequence analysis based on the approach of the documentary method in order to work out the orientations inscribed in the reception to different image concepts as well as collective patterns of interpretation in relation to fairy tale illustration in general (cf. Bögelein/Vetter 2019; Nohl 2017; Bohnsack 2014).

 

Biographische Informationen/CV:

Johanna Duckstein, geb. Dickfeld, ist seit 2017 wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Schulpädagogik und Grundschuldidaktik im Arbeitsbereich Deutsch bei Prof. Dr. Michael Ritter an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg. Sie studierte dort zuvor das Lehramt an Grundschulen für die Fächer Mathematik, Deutsch, Gestalten und Sachunterricht und schloss ihre Ausbildung mit dem Ersten und Zweiten Staatsexamen ab. Ihr Forschungsinteresse gilt der Analyse und Rezeption von Bilderbüchern insbesondere zu Adaptionen der Märchen der Brüder Grimm.

 

Weitere Informationen/Additional information:

Johanna Ducksteins Internetseite an der Universität Halle