Inhalt

Zwei Szenarien pro Tier: das ist das Prinzip dieses Bilderbuches, in dem man durch einfaches Umblättern Tiere aus ihrer misslichen Lage "befreien" kann: Lässt man die Folie mit Tieraufdruck auf der rechten Bildseite liegen, steht der kleine Elefant im Zirkus, blättert man um, dann läuft er seiner Mutter in der afrikanischen Wildbahn hinterher. Auf einer anderen Doppelseite kann der Betrachter die Haifischflosse von der Suppenschale zurück auf den Rücken des schwimmenden Fisches im Ozean befördern, auf einer weiteren den Hund von der Mülltonne in den Arm eines Kindes. Nach elf solcher "Rettungsaktionen" wird der junge Rezipierende wie im auffordernden Titel noch einmal direkt angesprochen: "Welches Tier würdest du retten?"(o.S.), heißt es auf der letzten Doppelseite des ansonsten textlosen Bilderbuchs.

 

Kritik

Gehört der Elefant wirklich in den Zirkus und der Delphin in den Vergnügungspark? Ist es in Ordnung, Tiger als Teppiche und Elchsköpfe als Jagdtrophäen zu präsentieren? Sollte man nicht besser auf Haifischsuppe und Fuchskragen verzichten? Woher kommen unsere Eier, was bedeutet das für die Hühner und fühlt sich der Bär im Zoo eigentlich wohl?


Mit all diesen Fragen muss sich beschäftigen, wer Lass mich frei! in die Hand nimmt. Kinder, die ohnehin eine besonders enge Verbindung zu Tieren haben, bekommen hier Situationen gezeigt, in denen verschiedene Arten ausgebeutet, in artfremden Bedingungen gehalten oder aus niederen Beweggründen getötet werden. Sie sehen aber auch, in welcher Umgebung die Tiere ursprünglich heimisch sind, wo es ihnen gut geht bzw. vor der Zerstörung und Durchdringung ihrer Lebensräume durch den Menschen einmal gut ging. Kinder werden schnell begreifen, dass es nicht so einfach ist, die Tiere zu retten, wie in diesem Buch, das die Eingrenzung der Umwelt als Bedrohung leider ausspart. Lass mich frei! ermutigt die jungen Rezipienten dennoch dazu, Fragen zu stellen und sich in ihren Möglichkeiten für das Wohlergehen anderer Lebewesen einzusetzen. Neben den Kindern werden vor allem aber auch deren Eltern und erwachsenen Begleitende dazu aufgefordert, mit ihnen über die Lage von Tieren zu sprechen.


Leicht und dennoch nachdrücklich und einprägsam vermittelt Lass mich frei!, dass Tiere nicht zu unserem Vergnügen ausgenutzt werden sollten, dass sich zumindest das Nachdenken über eine Verantwortung ihnen gegenüber lohnt. Patrick George zeigt dabei, wie man das im Kindersachbuch mittlerweile weit verbreitete Prinzip der teilbedruckten Transparentfolie bedeutungstragend einsetzen kann. Nach vier Folien-Bilderbüchern, die ästhetische Gesichtspunkte wie Farben, Gegensätze, Formen und Zahlen zum Inhalt haben, ist Lass mich frei! ein weiteres Beispiel seiner schlichten und plakativen grafischen Illustrationsweise, das den Zeitgeist trifft und trotzdem nicht platt und belehrend wirkt.

Fazit

Lass mich frei! ist ein Sachbilderbuch für Kinder ab ca. vier Jahren, das einfache Mittel gekonnt einsetzt, um zum Nachdenken über unseren Umgang mit Tieren anzuregen. Dabei ist es kein moralinsaures Pamphlet, sondern macht auch noch Spaß. Völlig zu Recht handelt es sich hier um einen der Anwärter auf den Deutschen Jugendliteraturpreis 2017 in der Sparte Sachbuch.

 

Weitere Rezensionen zu den Büchern, die für den Deutschen Jugendliteraturpreis 2017 nominiert wurden, finden Sie hier.

Titel: Lass mich frei!
Autor/-in:
  • Name: George, Patrick
Illustrator/-in:
  • Name: George, Patrick
Erscheinungsort: Frankfurt am Main
Erscheinungsjahr: 2016
Verlag: Moritz
ISBN-13: 978-3-89565-311-7
Seitenzahl: 54
Preis: 12,95 €
Altersempfehlung Redaktion: 4 Jahre
George, Patrick: Lass mich frei!