Inhalt
Im Wimmelbuch mit Katz und Maus lernen wir auf der ersten Doppelseite die beiden Protagonisten der Geschichte, die Katze Luzi und die Maus Oskar, kennen. Wir treffen die beiden in Luzis bunt eingerichtetem Wohnzimmer an. Der freche Oskar stiehlt gerade die Bonbons der Katze, während diese in einem Buch liest. Oskar flieht daraufhin aus dem Haus in den Garten, wohin ihm Luzi aufgebracht folgt. Sie möchte ihre Bonbons natürlich zurückhaben. Doch eine weitere Figur, die immer wieder vorkommen wird, hat alles beobachtet: Mathilda Wurm.
Die anschließende Verfolgungsjagd führt durch viele weitere Schauplätze, wie einen Wald und eine Berglandschaft mit See. Maus Oskar möchte am See seinen Durst stillen und plumpst prompt hinein. Luzi springt ihm hinterher und die beiden finden sich in einer blauen Unterwasserwelt wieder, die von allerlei Fischen und Pflanzen bevölkert ist. Doch auch hier entkommt der Bonbondieb erneut und flüchtet sich in einen versteckten unterirdischen Gang. Dieser führt an unterschiedlichsten Räumen vorbei. Wer hier wohnt? Das verrät uns die Autorin nicht.
Der flinke Nager entwischt Katze Luzi immer wieder und entführt die Lesenden so auf eine Wiese, die an einen Acker angrenzt sowie in ein Schloss. Im Schlossinneren finden sich die beiden im verwirrenden Spiegellabyrinth wieder. Doch zum Glück entdeckt die findige Maus eine Tür, die sie hinausführt. Und siehe da: Die Tür führt in den Schlosspark, in dem ein Bonbonbaum seine Äste in den Himmel streckt. Plötzlich sind alle Streitereien und die Verfolgungsjagd vergessen. Es sind schließlich genügend Bonbons für alle da. Die Geschichte endet friedlich und die beiden Kontrahenten schnabulieren nebeneinander die Leckereien. Mit gut gefüllten Bäuchen machen sich alle gemeinsam mit der Eisenbahn auf den Heimweg. Auch Mathilda Wurm, die an jedem Schauplatz dabei war, fährt natürlich mit zurück. Im Anschluss an die Geschichte folgen noch einige Tipps, wie Kinder und Erwachsene gemeinsam ebenfalls witzige Gegenstände aus Alltagsutensilien basteln können.
Kritik
Das Cover dieses außergewöhnlichen Wimmelbuches liefert bereits einen sehr guten Eindruck, was die Leserinnen und Leser erwartet. Astrid Korntheuer hat aus Alltagsgegenständen detailreiche Bildkunstwerke geschaffen, in denen es sowohl für junge als auch erwachsene Leserinnen und Leser wahnsinnig viel zu entdecken gibt. Die Suchaufgaben in den Texten erinnern hierbei an die beliebte Ich sehe was…-Reihe von Jean Marzollo. Aus Gegenständen wie Wäscheklammern, Spielfiguren, Lebensmitteln und vielem mehr gestaltet Korntheuer Tiere, Einrichtungsgegenstände und Landschaften. Die Doppelseiten bestehen jeweils zu zwei Dritteln aus diesen fotografierten Bildkonstruktionen und zu einem Drittel aus einem weißen Längsstreifen, auf dem der Text von Dorothee Haentjes-Holländer in Reimform zu lesen ist. Dieser beschreibt die Bilder und enthält für jede Seite eine Suchaufgabe. Diese lauten beispielsweise "Etwas wurde gut versteckt. Hast du den Gürtel schon entdeckt?"(o.S.). Die Handlung würde auch ohne die Reime deutlich, so dass es sich hierbei eher um eine Mischung aus Wimmel- und Suchbuch handelt. Die Worte bereichern die Bildebene allerdings durch eine erste Orientierungshilfe für die unfassbare Vielfalt an Gegenständen. Die Typografie der Texte ist für junge Leser etwas unglücklich gewählt. Für Leseanfängerinnen und Leseanfänger ist die Schriftgröße zu klein, die Schrift an sich zu unklar. Die Worte wirken so zwar künstlerisch verspielt, allerdings sind beispielsweise die Apostrophen bei Worten wie "wo's" oder "leis'" kaum zu sehen. Die Reimform und auch die Kürze des Textes sind für Kinder ab vier Jahren, wie vom Verlag empfohlen, durchaus angemessen, auch wenn einige Ausdrücke und Komposita wie "Bonbonpreller" für die Kleinsten sicher erklärt werden müssen. Die Texte sind kurzweilig und beschreiben die Handlung ausreichend. Allerdings wirken manche Reime (wie "Nase" auf "Glase") doch etwas gewollt.
Durch die wenigen Sätze auf jeder Doppelseite bleibt ein großer Teil des weißen Drittels ungenutzt. Dies hätte man gestalterisch anders lösen können, indem man beispielsweise einzelne Elemente oder Figuren aus den Bildern in diesem Bereich platziert hätte. Seitenzahlen aus Alltagsgegenständen wären ebenfalls denkbar gewesen.
Die Aufgabe für die (Vor)Lesenden ist, neben dem Erfassen der Geschichte das Suchen nach einzelnen Gegenständen oder Charakteren. Die Texte von Haentjes-Holländer liefern für jede Doppelseite eine klare Suchaufgabe, die einen guten Startimpuls bietet. Korntheuers kunstvolle Kreationen fügen eine weitere Suchebene hinzu. Hier kann auch ergründet werden, aus welchen Alltagsgegenständen die Bilder entstanden sind. Diese Gestaltungsweise regt zu Anschlussgesprächen über die einzelnen Bestandteile an und wo diese im eigenen Haushalt zu finden sind. Hier können auch ältere Kinder noch viele neue, außergewöhnliche Utensilien kennenlernen, wie etwa die Unterfadenspulen einer Nähmaschine, die sich in Luzis Wohnzimmer finden lassen. Zudem könnte das Buch auch gezielt nach bestimmten Gegenständen durchsucht werden, die immer wieder auftauchen, wie etwa Würfeln oder verschiedenen Süßigkeiten. Dadurch, dass die Bilder nicht gemalt, sondern fotografiert sind, wirken sie etwas unruhiger als die vertrauten Wimmelwelten von Rotraut Susanne Berner. Gerade diese Flut an Gegenständen könnte auf Kinder ab vier Jahren überfordernd wirken. Auch wegen der Anschlusskommunikation eignet sich Das Wimmelbuch mit Katz und Maus daher noch besser für etwas ältere Kinder. Durch die vielen verschiedenen Komponenten ist das Suchen der Protagonisten, wie im Wimmelbuch üblich, eine Herausforderung. Gerade die graue Fellfarbe von Luzi und Oskar gestaltet dieses Unterfangen schwieriger. Die farbenfrohe Kleidung der Katze, die ein orangefarbiges Halstuch und eine blaue Latzhose zu grünen Schuhen trägt, lässt sie zumindest ein wenig herausstechen.
Das Lösen der Rätsel, wie sie die Texte vorschlagen, erweist sich als gar nicht so einfach und dürfte auch von manchem Erwachsenen noch etwas Anstrengung fordern. Für die älteren Leserinnen und Leser gibt es einige Gegenstände zu entdecken, die Kindern wohl kaum geläufig sein werden, z.B. Kaffeefilter. Der beeindruckende Ideenreichtum und die Kreativität, mit der Korntheuer diese Wimmelbilder gestaltet hat, lassen dieses Buch daher nicht nur für Kinder zu einem Erlebnis werden. Die Rahmenhandlung um eine Verfolgungsjagd eignet sich dabei bestens für eine Wimmelbilderbuchgeschichte wie auch die beliebten Torten-Bücher von Thé Tjong-Khing zeigen. Hierdurch geraten die beiden Hauptfiguren stets in neue spannende Umgebungen, die ganz unterschiedliche Gestaltungs- und Farbkonzepte zulassen. Die Basteltipps am Ende des Buches sind eine schöne Ergänzung. Leserinnen und Leser, die dieses Buch genossen haben, bekommen sicherlich Lust, selbst die Bastelwerkzeuge in die Hand zu nehmen. Allerdings hätten es durchaus einige Anleitungen mehr sein können, finden sich doch so viele verschiedene Konstruktionen im Buch wieder.
Fazit
Mit Das Wimmelbuch mit Katz und Maus haben Korntheuer und Haentjes-Holländer ein künstlerisch wertvolles und unglaublich kreatives Wimmelbuch der anderen Art vorgelegt. Trotz kleiner Kritikpunkte wie der nicht kindgerechten typografischen Gestaltung, handelt es sich hierbei um ein empfehlenswertes Wimmelbuch, das jungen wie erwachsenen Leserinnen und Lesern auch beim wiederholten Durchblättern und Details erkunden immer wieder Freude bereiten wird. Das Wimmelbuch mit Katz und Maus eignet sich zum Vorlesen bereits ab vier Jahren, für Erstlesende mit etwas Erfahrung oder zum Betrachten ohne Lesefertigkeit.
- Name: Haentjes-Holländer, Dorothee
- Name: Korntheuer, Astrid