Inhalt
Die Cousinen Elsie und Frances verbringen ihre Sommernachmittage gerne im Wald von Cottingley. Dort begegnen sie den Geschöpfen des Waldes und fertigen mit Hilfe von "Fantasie, Papier, Stifte(n)" (o.S.) und Schere "Fotografien" von Feen an. Plötzlich interessieren sich auch die Erwachsenen für die Bilder der beiden Mädchen, darunter ein bekannter Schriftsteller namens Arthur. Dieser verteidigt die Echtheit der Fotos, was viele Menschen nach Cottingley treibt. Niemand davon erblickt je eine Fee und schließlich erzählen die Mädchen "von der Schere und dem Papier" (o.S.). Nach dem Abebben der Aufmerksamkeit ist der Wald verändert. Erst nach und nach kommen die Feen wieder hervor. Als alte Frau erinnert sich Frances an diese Ereignisse: "[…] und manchmal fällt es mir schwer, meine Erinnerungen von meinen Träumen zu unterscheiden. Ich weiß nur, die einen wie die anderen hat es wirklich gegeben." (o.S.)
Kritik
Die bekannte Geschichte um die mysteriösen Ereignisse in Cottingley wird von der spanischen Autor-Illustratorin Ana Sender in Form einer Ich-Erzählung aus der Perspektive von Frances erzählt. Auf einer der letzten Doppelseiten sieht man Frances als alte Frau, die sich an die eigene Kindheit zurückerinnert. Die Illustrationen, in sanften Farben gehaltene Zeichnungen, bieten variantenreiche Perspektiven, spielen mit den organischen Formen des Waldes und dem Spannungsfeld von Fiktion und Realität. So zeigt die erste Doppelseite die beiden Mädchenfiguren klein in einer starken Aufsicht zwischen gewaltigen Ästen und Blattwerk. Selbst in den Innenräumen, in denen die Mädchen der Erwachsenenwelt begegnen, sind organische Formen allgegenwärtig. Zunehmenden Raum nehmen ab der zweiten Doppelseite die verschiedensten Feenwesen ein, die komisch-heiter bis romantisch-zart erscheinen. Die Darstellung der niedlich-reduzierten Mädchenfiguren erinnert an skandinavische Illustration (z.B. die Kinderbücher von Eva Eriksson). Unterschwellig werden in den Bildern auch Informationen über die Zeit der Handlung untergebracht, die den Gegensatz zwischen der dunklen Realität und den Fantasien der Kinder unterstreichen. So lautet die Schlagzeile der Zeitung, die die Erwachsenen im Buch lesen, "WAR!". Die jungen Protagonistinnen wollen angesichts dieser finsteren Umstände mit ihren Feenfotos den Erwachsenen die Augen für das öffnen, was sie selbst sehen, denn "Fotos machen ist wie Fenster öffnen" (o.S.) Zur Popularität der im Bilderbuch geschilderten Ereignisse trug bei, dass Arthur Conan Doyle, Erfinder von Sherlock Holmes, den Aussagen der Mädchen Glauben schenkte. Er beschäftigte sich nach dem Tod seines Sohnes mit Spiritismus und Okkultismus. Illustratorisch wird er auf einer Doppelseite inszeniert, die ihn an seinem Schreibtisch zeigt. Auf diesem sind einige seiner Werke sowie ein Porträt des berühmten Detektivs zu sehen. Zum gelungenen Gesamtkonzept des Buches gehört, dass die beiden Vorsatzpapiere und das Cover bemerkenswert hübsch gestaltet sind. Sie lehnen sich an die visuellen Formen im frühen 20. Jahrhundert an. Während auf dem vorderen Vorsatz vor floralem Muster Bilder der beiden Protagonistinnen dargestellt sind, sieht man auf dem hinteren ein zart gezeichnetes Feenwesen. Auf der letzten Doppelseite findet die Leserin und der Leser neben einer Zeichnung, die die gealterte Frances mit zwei Feen zeigt, eine kurze Zusammenfassung der "wahren Geschichte". Eine schöne Ergänzung wäre es noch gewesen, wenn eines oder mehrere der Originalfotos in dem ansonsten wunderbaren Band untergebracht worden wären.
Fazit
Ein zauberhaftes Buch für Kinder ab vier Jahren, das stets in der Schwebe zwischen Realität und Fiktion verbleibt und dadurch seinen ganz besonderen Reiz entwickelt. Es lädt zum Fantasieren und Träumen ein, aber auch zu Gesprächen über Fiktion, Wahrheit und Lüge. Zudem ergänzt es das bestehende häufig rosafarbene Bilderbuchangebot zum Thema Feen um einen ganz anderen Aspekt.
- Name: Ana Sender
- Name: Marianne Gareis
- Name: Ana Sender