Inhalt
Nachdem der namenlos bleibende Ich-Erzähler und Ester eine tote Hummel begraben, beschließen sie, tote Tiere zu beerdigen und die besten Beerdigungen der Welt zu organisieren. Zusammen mit Esters kleinem Bruder Putte gründen sie die Firma "Beerdigungen AG" und statten sich mit einem Koffer aus, der alles enthält,
was man für die besten Beerdigungen der Welt braucht: Schaufel. Holz für Kreuze. Hammer. Nägel. Viele Schachteln für Särge. Hübsche Grabsteine. Pinsel und Farben. Samen, aus denen Blumen werden sollten. Fertige Blumen, gelb und rot (S. 19).
Damit ihre Firma auch Arbeit hat und floriert, erkundigen sie sich in der Nachbarschaft, ob jemand ein totes Tier hat – prompt werden sie mit Aufträgen überschüttet: Ob es der tote Hamster Nuffe des Nachbarmädchens ist oder die toten Mäuse aus der Mausefalle der Oma, alle werden mit Würde beerdigt. Doch irgendwann reichen Ester die kleinen Tiere nicht mehr, sie möchte eine richtig große Beerdigung haben (vgl. S. 27). Also beschließen die drei, überfahrene Tiere zu suchen und werden auch hier fündig: Sie können sowohl einen Igel als auch einen Hasen, den sie in einen Koffer betten, beisetzen.
Dabei teilen die Kinder die anfallenden Aufgaben ihren Fähigkeiten entsprechend auf: Ester als die mutigste unter ihnen begräbt die Tiere, der Ich-Erzähler schreibt Gedichte und trägt sie vor und Putte bemalt die Grabsteine und weint bei den Beerdigungen. Damit die Grabsteine auch persönlich werden, wird jedes Tier, das es zu beerdigen gilt, auf einen Namen getauft, was jede Beerdigung zu einem individuellen Ereignis macht.
Kritik
Das Buch greift mit dem Tod einen Themenkomplex auf, der lange Zeit im Bereich des Bilderbuchs tabuisiert wurde vor dem Hintergrund, "Kinder von den negativen, belastenden Seiten des Lebens fern zu halten" (Thiele, Jens: "Das Bilderbuch", in: Lange, Günther (Hrsg.): Taschenbuch der Kinder- und Jugendliteratur in zwei Bänden, hier Bd. 1: Grundlagen, Gattungen. Baltmannsweiler: Schneider-Verlag Hohengehren 2002, S. 228-242, hier S. 241). Inzwischen hat sich diese Vorstellung gewandelt, wie zahlreiche Bilderbücher beweisen, so z.B. neben dem hier vorliegenden Buch auch das Bilderbuch "Der Besuch vom kleinen Tod" von Kitty Crowther (siehe dazu die Rezension von Ada Bieber auf http://www.librikon.de).
Die besten Beerdigungen der Welt zeigt den Tod als zum Leben dazugehörend, der Umgang mit ihm wird als selbstverständlich gezeigt. Dass dabei das kindliche Spiel als Filter dient, sich mit dem Tod vertraut zu machen, indem eine Firma gegründet wird, die sich 'wirtschaftlich' mit dem Tod auseinandersetzen muss, erscheint als eine für den Leser gelungene Brücke, sich selbst mit dem Thema Tod auseinandersetzen zu können. Gleichzeitig wird neben diesem Umgang mit dem Tod auch das Verhalten auf Beerdigungen erprobt und dem Leser nahegebracht, einem Ereignis, das sicherlich für Kinder oftmals unverständlich und aufgrund verschiedener Rituale nur schwer nachvollziehbar ist. Zum einen ist es das Ritual, das Grab auszuheben und den Toten zu beerdigen, zum anderen einen Grabstein aufzustellen, der einen Platz zum Trauern bietet. Letztlich ist es auch das Ritual, eine Grabrede zu halten, das hier gezeigt wird. Auch hier lassen sich Bezüge zu Thiele feststellen, der konstatiert, dass "[ü]ber Figuren, Handlungen und Themen [...] Vorstellungen sozialer Normen und Rituale [vermittelt werden]" (Thiele: "Das Bilderbuch" (2002), S. 238).
Über diesen selbstverständlichen, gleichzeitig aber auch spielerischen Umgang mit dem Tod wird z.B. dem kleinen Putte auf geradezu philosophische Art erklärt, was 'tot sein' eigentlich bedeutet: "Wir erklärten, dass alles, was lebt, sterben muss. Alle, alle, und du auch, irgendwann stirbst du und wirst zu nichts. Das ist blöd und traurig und alle weinen." Implizit werden hier Leserinnen und Leser direkt angesprochen, die sich somit ebenfalls mit dem Thema Sterben auseinandersetzen müssen.
Puttes Reaktion auf diese Erklärung ist aus kindlicher Perspektive nachvollziehbar und dürfte wohl der Reaktion des Lesers entsprechen: "Seine Unterlippe fing an zu zittern. Er sagte dann: 'Aber dann sind Mama und Papa traurig…'" (S. 14). Doch damit ist es nicht getan, Putte denkt weiter über das Sterben nach: "Und ich? Kriege ich auch ein Kissen, wenn ich tot bin?" (S. 31). Seine Bedenken können ausgeräumt werden: Neben Kuschelkissen kann er auch Saft und etwas zu Essen mitnehmen. Tod ist hier also nichts Schlimmes mehr, sondern wird in gewissem Grad normalisiert.
Fazit
Die besten Beerdigungen der Welt ist ein Buch mit liebevollen Zeichnungen von Eva Eriksson, das zeigt, dass der Tod zum Leben dazugehört, im Großen wie im Kleinen. Gleichzeitig werden spielerisch die Ängste der Kinder – hier vor allem die Angst Puttes vor dem Tod, die stellvertretend für die Angst der kindlichen Leserinnen und Leser verstanden werden kann – aufgegriffen und im spielerischen Umgang verarbeitet, so dass der Tod nicht mehr als etwas Schreckliches, sondern auch als etwas Schönes wahrgenommen werden kann, was man zelebrieren kann.
Der Tod wird, obwohl nicht personifiziert, wie in manchen Büchern, doch als Begleitung des Lebens gezeigt. Und die Selbstverständlichkeit, mit der die Kinder den Tod akzeptieren und mit dem Leben fortfahren, zeigt sich am Ende des Buches nachhaltig – und zeigt die Unbefangenheit, mit der Kinder mitunter auch mit Tod umgehen: "Am nächsten Tag machten wir dann etwas ganz anderes."
Klicken Sie hier für eine Kurzrezension der von Ute Wegmann produzierten Filmadaption.
- Name: Ulf Nilsson
- Name: Ole Könnecke
- Name: Eva Eriksson