Inhalt
Ein prächtiges Schloss hat der König eigens für seinen Sohn bauen lassen. Aber gar so gerne möchte der kleine Prinz noch nicht dort einziehen; denn wer weiß, ob ihn nicht ein gefährlicher Drache im Schlaf überrascht. Und das geschieht tatsächlich. Von seinen Eltern bekommt der kleine Prinz leider keine Unterstützung. Doch er hat eine passende Idee, wie er den nächtlichen Störenfried schnell verscheuchen kann...
Kritik
In seinem fiktionalen Erzählbilderbuch hat Jean-Luc Englebert eine Situation thematisiert, die im realen Leben vielen Eltern gut bekannt sein dürfte, die aber für die meisten Kinder eine echte Herausforderung darstellt. Nämlich dass sie einerseits gerne ihr "eigenes Reich" besitzen möchten, dass es andererseits aber eine furchterregende Vorstellung für sie ist, erstmalig auch alleine dort zu schlafen. Keine Angst, kleiner Prinz! verdeutlicht genau dieses Spannungsverhältnis. Der kleine Prinz zeigt sich prinzipiell nicht unbedingt abgeneigt, in dem eigens für ihn errichteten Schlosstrakt zu spielen – aber bleiben möchte er nicht darin. Seine Ängste fasst er zusammen in der zwar fantastischen, für ihn jedoch ganz konkret erfahrbaren Figur eines Drachens. Es verwundert nicht, dass der Vater diese seinerseits irrationale Vorstellung des Sohnes abtut mit einem kurzen "Papperlapapp! Ein großer Prinz wie du wird sich doch nicht vor so einem Blödsinn fürchten!" (o.S.) Das mag aus pädagogischer Sicht wenig einfühlsam erscheinen, dürfte aber keineswegs als unwahrscheinliche elterliche Reaktion gelten.
Die Nichteinmischung des Vaters, noch dazu mit dem Hinweis darauf, was "sich für einen großen Prinzen wie dich gehört!" (o.S), sorgt indes dafür, dass der kleine Prinz nach einer eigenen Lösung sucht. Mit unmittelbarem Erfolg! Die dahinter liegende Botschaft: Wer seinen ganzen Mut zusammennimmt, erreicht bisweilen verblüffend schnelle und effiziente Ergebnisse. Was wiederum das eigene Selbstbewusstsein zu stärken vermag: "Das ist mein Schloss, hier hast du nichts zu suchen."(o.S.)
Schauplatz der Handlung ist ein Schloss samt Innenräumen. Die ganzseitigen Bilder sind auf die wesentlichen Einzelheiten beschränkt. Das gilt auch für die stilisiert gezeichneten Personen, bei denen die mit wenigen Strichen angedeutete Mimik dennoch problemlos erkennbar ist – ein Hinweis auf die zeichnerische Kompetenz Engleberts, der zunächst als Comiczeichner gearbeitet hat. Sämtliche Zeichnungen sind aquarellös koloriert; die Farbgebung wirkt unaufdringlich: ein graublaues Schloss auf grünem Rasen, dahinter der dunkle Himmel mit Mond und Sternen. Der grüne Drache mutet eher kindlich und verlegen als gefährlich an. Das passt gut zu einem Buch, bei dem es um nächtliche Ängste geht, das aber zugleich als beruhigende Einschlafhilfe dienen soll.
Die Interdependenz von Bildern und der darunter linear angeordneten Texte verläuft nahezu komplett parallel. Das ändert sich erst beim allerletzten Bild (Text: "Gute Nacht!", o.S.), auf dem der kleine Prinz (der hier erstmalig ohne Krone dargestellt wird) offensichtlich völlig entspannt schläft, während die Eltern erschreckt aufgewacht sind, weil der Drache unten die Eingangstür ihrer Schlossseite geöffnet hat. Diese unerwartete Wendung mit komplett vertauschten Rollen – die inzwischen überwundene Angst des Jungen vor dem Drachen betrifft jetzt die zuvor ignoranten Eltern – eröffnet eine gute Möglichkeit, die kleine Geschichte weiterzuspinnen.
Die Textaussagen sind durchweg in einfacher Sprache formuliert; auf jedwede Verwendung selten gebrauchter Wörter (oder Fremdwörter) wurde verzichtet.
Mit der Hauptfigur eines kleinen Prinzen, der im Gefahrenfall zu Ritterhelm, Pfeil und Bogen, einer sehr spitzen Lanze und einem riesigen Schild greift, dürfte sich das Buch in erster Linie an Jungen richten, aber auch Mädchen werden daran ihre Freude haben.
Fazit
Keine Angst, kleiner Prinz! ist ein liebevoll gestaltetes Erzählbilderbuch zum Vorlesen nicht nur beim abendlichen Zubettgehen. Es ist für Kinder im Vorschulalter ab etwa drei Jahren geeignet und dürfte aufgrund der agierenden Figuren besonders für Jungen interessant sein.
- Name: Englebert, Jean-Luc
- Name: Potyka, Alexander
- Name: Englebert, Jean-Luc