Inhalt
"Mit sechs Jahren kommst du in die Schule. In die Schule zu kommen ist eine große Sache im Leben. Aber wie geht das eigentlich – in die Schule kommen?" (o.S.)
Diese Frage beantwortet Alle gehen in die Schule ganz unprätentiös in vielen Aspekten. Angefangen wird mit dem ersten Schultag, dem Schulgebäude, dem Klassenzimmer und den verschiedenen Personen, die in der Schule arbeiten. Dann geht es um die Unterrichtsfächer und die Pausen. Aber auch Themen wie Freundschaft, der Schulweg oder die Hausaufgaben finden ihren Platz. Immer wieder werden Fragen und Aufgaben gestellt ("Wie sieht deine Schule aus?", "Was packt man in einen Ranzen?", "Was sollte in einer Brotdose sein ?"), die Vorschulkinder aktivieren und einbeziehen. Aber auch das große Ganze, die Zielperspektive von Schule und Lernen, die im Schulalltag leider manchmal in Vergessenheit gerät, wird in den Blick genommen: "In der Schule lernst du Dinge, die du als Kind und als Erwachsener brauchst, Sachen, die du können musst und die dir im Leben Freude bereiten", heißt es da oder auch: "Neues zu lernen, deine Fantasie zu benutzen, dich zu wundern lässt dich innerlich wachsen. So bekommt dein Körper ein gutes Gefühl = Selbstwertgefühl. Dann fühlst du dich wichtig, und das bist du auch." (o.S.)
Kritik
Bilderbücher zum Schulanfang gibt es zuhauf: nationale und internationale Geschichtenklassiker wie Sabine Jörgs jüngst neu illustriertes Der Ernst des Lebens oder Astrid Lindgrens Ich will auch in die Schule gehen, abenteuerliche Erzählungen wie Ilon Wiklands Mein unglaublicher erster Schultag und Sachbücher, etwa den Wieso? Weshalb? Warum?-Band Ich komme in die Schule. Mit Alle gehen in die Schule legt die norwegische Autor-Illustratorin Anna Fiske ein weiteres Sachbuch zum Thema vor, das skandinavisch-unverblümt Vorschulkinder auf den neuen Lebensabschnitt vorbereitet und damit eine echte Bereicherung zum bisherigen Angebot darstellt. Das Bilderbuch schließt sich an den ähnlich aufgebauten Band Alle haben einen Po (ebenfalls bei Hanser auf Deutsch erschienen) an. Vom Aufbau her und in seiner Direktheit erinnert Fiskes Arbeit ein wenig an die Tabuthemen-Bücher der Schwedin Pernilla Stalfelt, auch wenn sie etwas weniger Sprengstoff bieten.
Mit seinen 72 Seiten deckt Alle gehen in die Schule sehr viele Bereiche des Schullebens ab. Die kindlich frech wirkenden Zeichnungen und die an Handschrift erinnernde Druckschrift passen gut zum Thema. Die Bildebene des Buches ist dabei sehr vielfältig: Es gibt einige ganzformatige, oft wimmelbildartige, Illustrationen, die etwa die Begrüßungszeremonie am ersten Schultag, das Schulgebäude mit all seinen Räumen oder den Schulhof während der großen Pause zeigen. Daneben enthält das Buch aber auch viele Doppelseiten, die mithilfe kleiner Einzelbilder Abläufe (den ersten Schultag, die Einteilung eines Schultags in Fächer und Pausen, die Entwicklung eines Kindes von der ersten bis zur 13. Klasse) veranschaulichen oder z.B. das Personal in der Schule vorstellen. Häufig kommen auch die einzelnen Akteurinnen und Akteuren zu Wort, wobei die wörtliche Rede durch eine andere Schriftfarbe vom Begleittext abgehoben wird. Immer wird das zuhörende, betrachtende Kind im erläuternden Text direkt angesprochen und über Fragen dazu animiert, sich mit seiner eigenen künftigen Schule, dem Schulweg oder z.B. den Dingen zu beschäftigen, die sich im Klassenzimmer befinden können. Dass das Buch aus Norwegen kommt ist auf Text- und Bildebene kaum festzustellen: Lediglich die fehlenden Schultüten bei der Einschulung oder ein leerer Fahnenmast neben dem Schulgebäude sind als kleine Merkmale zu erkennen. Die auf einer Doppelseite abgebildeten Buchstaben des Alphabets wurden im Rahmen der Übersetzung sinnvollerweise angepasst. Hervorzuheben ist auch die selbstverständliche Darstellung von Diversität in diesem Bilderbuch, wobei es hier noch kleinere Kritikpunkte gibt: Zwar kommen Kinder und Erwachsene mit unterschiedlicher Hautfarbe und z.B. auch Kopftuch tragende Assistentinnen und Betreuerinnen vor, Figuren mit Behinderung sind aber nicht zu sehen. Insgesamt ist dieses Buch sehr zu empfehlen, weil es direkt und offen auf mögliche Kinderfragen eingeht, dabei humorvoll und ernsthaft zugleich ist und Vorschülerinnen und Vorschülern Mut machen kann für den neuen Lebensabschnitt. "Juhu, du kommst in die Schule! Juhu, bald bist du ein Schulkind!" (o.S.), heißt es auf den letzten Seiten des Buches. In diesen Jubel können Kinder nach der Lektüre sicher noch leichter einstimmen als davor.
Fazit
Alle gehen in die Schule eignet sich gut als Geschenk für Kinder, die bald in die Schule kommen (also ab etwa fünf Jahren), und deren Familien. Gewinnbringend lässt es sich ebenfalls in Vorschulgruppen im Kindergarten einsetzen. In beiden Szenarien kann es wunderbar zum Ausgangspunkt für Gespräche werden, in denen auch die möglichen Sorgen und Ängste der Vorschulkinder zur Sprache kommen. Besonders schön ist, dass hier die Gefühle der Kinder ernstgenommen werden, dass es – bei allen zu klärenden Detailfragen – letztlich darum geht, das einzelne Kind und dessen Selbstwertgefühl zu stärken und ihm Mut für einen der ersten großen Übergänge zu machen.
- Name: Fiske, Anna
- Name: Kronenberger, Ina