Inhalt
Der Junge Zineddine lebt mit seiner armen Familie in einer Stadt im Libanon. Wie magisch wird er angezogen von einer Druckerei, in der ein Meister aus Buchstaben im Setzkasten die tollsten Typoskripte zaubert. Lesen kann er noch nicht richtig, aber Zin beginnt eine Ausbildung in dieser Druckerei und taucht immer tiefer ein in die Kunst des Druckhandwerks. Und eines Tages, als er in eine Demonstration gerät, die von der Polizei aufgelöst wird, sieht er auf der Straße eines der Blätter, das er mit dem Meister angefertigt hat: Es handelt sich um einen Streikaufruf.
Kritik
Der Druckkünstler Hassan Zahreddine hat mit diesem Bilderbuch eine Hommage an seinen Vater geschaffen, der als Schriftsetzer im Libanon gearbeitet hat und ähnlich wie Zin in das Druckhandwerk eingeführt worden ist. Die Illustrationen des Buchs sind als Mezzotinto entstanden; eine aufwändige Drucktechnik, bei der eine Druckplatte aus Kupfer aufgeraucht und dann mit einem Schabeisen darauf gezeichnet wird. Das Resultat sind monochrome, kupferstichähnliche, sehr fein gezeichnete Illustrationen. Zahreddine gestaltet diese teils in einem nahezu fotorealistischen, scheinbar der Wirklichkeit entrissenen Stil, teils als verblassende Skizzen, die den Vergangenheitscharakter der Geschichte verstärken (vgl. Abb. 1).
Typographisch ist Zin elegant, aber traditionell in einer serifenlosen, kupferfarbenen Schriftart gestaltet, die das Farbspektrum des Mezzotinto-Verfahrens aufgreift. Arabische Schriftzeichen sind auf den Zeichnungen vereinzelt zu sehen: So zeigt der Meister seinem Lehrling ein Blatt, auf dem dessen Name – زبن – in arabischen Schriftzeichen gedruckt ist; auf einer vorhergehenden Zeichnung werden die drei korrespondierenden Schriftzeichen – ز ب ن – dargestellt.
Zin ist kein typisches Bilderbuch; kleinen Kindern dürfte der Band eher schwer zugänglich sein. Aber zumindest ab dem Grundschulalter dürften kindliche Rezipierende fasziniert sein von der ungewöhnlichen Ästhetik und auch von der im Dunst der Vergangenheit verschwundenen Welt, von der erzählt wird: Das Schriftsetzer-Handwerk ist ein nahezu ausgestorbenes Gewerbe; die Idee, dass Druckerzeugnisse entstehen, indem per Hand Buchstabe an Buchstabe gesetzt wird, mutet im digitalen Zeitalter der Allverfügbarkeit und grenzenlosen Duplizierbarkeit schriftlicher Erzeugnisse geradezu anachronistisch an.
Zin feiert aber nicht nur eine untergegangene Welt, sondern deutet auch ihr weltveränderndes Potenzial an: Es sind nicht beliebige Schriftsätze, die in Zins Druckerei hergestellt werden – sie helfen dabei, Menschen zusammenzubringen und gegen ungerechte soziale und politische Strukturen aufzubegehren. Dementsprechend geht es in Zin um eine Welt, die sowohl in ästhetischer als auch politischer Hinsicht wertvoll ist.
Ins Deutsche übersetzt wurde der ursprünglich auf Arabisch verfasste Text von Leila Chammaa. Ihr gelingt es, die kindliche Faszination für die Welt des Drucks sprachlich zu transportieren.
Fazit
Mit Zin haben Baobab Books ihrem Repertoire einen vor allem ästhetisch wunderbaren Titel hinzugefügt. Kunst- und Handwerkaffine sowie an interkulturellen Lebenswelten interessierte Leser*innen ab etwa sechs Jahren dürften sich von diesem Kleinod angezogen fühlen.
Diese Rezension ist im Rahmen einer Kooperation zwischen der AJuM (Arbeitsgemeinschaft Jugendliteratur und -medien der GEW) und KinderundJugendmedien.de entstanden. Die vorliegende Rezension ist eine erweiterte Fassung der AJuM-Rezension des Verfassers.
- Name: Hassan Zahreddine
- Name: Leila Chammaa
- Name: Hassan Zahreddine