Inhalt

Der Untertitel von Manno! verdeutlicht das autobiografische Prinzip des Bandes weiter: Alles genau so in echt passiert. Aneinandergereiht werden dafür einzelne Episoden, die aus der Mitsicht des jungen Mädchens Anke erzählt werden. Im Zentrum stehen das Miteinander in der Familie und vor allem die Beziehung zur älteren Schwester Eva. Der Comic erzählt keine fortlaufende Geschichte, sondern reiht vielmehr kurze und oftmals urkomische Szenen sowie in sich abgeschlossene Geschichten aneinander. So werden untereinander Streiche gespielt, Freundinnen quälen sich gegenseitig oder es werden gemeinsam Songs von ABBA nachgesungen. Man zofft sich mit den Eltern und lacht und kämpft mit einer Klobürste gegeneinander. Die Macken der Familienmitglieder werden liebevoll wie in kleinen Vignetten ins Bild gesetzt, etwa die Obsession der Eltern mit ihren speziellen Frisuren im Kapitel "Elternfrisuren" (S. 82). Besonders wichtige Bezugspersonen sind für Anke und Eva die Großeltern, die mit im Haus wohnen und von ihnen nur "Openom" genannt werden. Der Comic zeigt ein liebevolles Miteinander zwischen Großeltern und Enkelinnen, aber auch die Beziehung zu den Eltern ist innig, wenn auch nicht idealisierend und mit Brüchen versehen.

Kritik

Der Comic realisiert in seiner Erzählweise konsequent eine kindliche Mitsicht. Kuhl wählt keine doppelte Perspektive, die ein zurückblickendes Ich installiert, das das Erinnerte kommentiert. Sie ahmt vielmehr das unmittelbare Erleben der Kindheit in der Fokalisierung der Figur Anke nach. Dass Manno! dennoch ein Erinnerungsbuch ist, wird in der paratextuellen Rahmung deutlich markiert und auch in der ersten Episode subtil angedeutet. In "Die Brille" (S. 9) wird geschildert, wie die junge Anke ihre erste Brille bekommt: "Es ist wie Zauberei! Die Flugzeuge über unserem Garten kann ich jetzt nicht nur hören, sondern auch sehen!!" (S. 17) – Plötzlich scheint die Weltwahrnehmung scharf gestellt: "Rudi Carell ist noch schöner, als ich dachte!" (S. 17). Man kann diesen beschriebenen Prozess des Scharfstellens, der nicht zufällig am Beginn des Comics in der ersten Geschichte steht, auch auf einer Metaebene deuten: Hier wird im Prozess des Erinnerns die eigene Kindheit scharfgestellt, einzelne Ereignisse erlangen wieder eine feste Kontur, Erlebnisse werden plastisch. Ob und inwieweit dies wirklich „genau so in echt passiert“, wie der Untertitel verspricht, ist dabei auch gar nicht der entscheidende Punkt. Kuhl ist vielmehr eine Darstellung gelungen, die perfekt die Wahrnehmungen und diffusen Gefühle der Kindheit aufruft. Skurriles reiht sich an Lustiges, an Ernstes und wieder Glückliches: So findet der Comic einen berührenden und mitreißenden Ton. Verschiedene Details in der Gestaltung der Kleidung und des Bildhintergrundes legen zwar nahe, dass die erzählte Zeit in Deutschland in den 1970er Jahren liegen muss, aber viele der Episoden sind in ihren Grundkonflikten zeitlos gültig geblieben und bieten auch für alle nach 1980 Geborenen unzählige Bezugspunkte, die vermutlich eigene Erinnerungen wecken.

Fazit

Kuhl ist mit Manno! ein großer Comicwurf gelungen: Der Band ist lustig, nachdenklich, ernst, liebevoll und unterhaltsam zugleich. Hinzu kommen ihre gewohnt charmanten Zeichnungen, die hier in der Panelgestaltung ihre ganze Kraft entwickeln können. Manno! ist zum gemeinsamen Vorlesen oder für alle Alleinlesenden ab sieben Jahren gut geeignet, da sich hier für alle Altersklassen viele interessante Aspekte eröffnen.

Titel: Manno! Alles genau so in echt passiert
Autor/-in:
  • Name: Kuhl, Anke
Erscheinungsort: Leipzig
Erscheinungsjahr: 2020
Verlag: Klett Kinderbuch
ISBN-13: 978-3-95470-218-3
Seitenzahl: 136
Preis: 16,00 €
Altersempfehlung Redaktion: 7 Jahre
Kuhl, Anke: Manno! Alles genau so in echt passiert