Inhalt und Gameplay

Split Fiction beginnt mit einem vermeintlich simplen, aber schnell eskalierenden Ausgangspunkt: Die bislang unveröffentlichten Autorinnen Mio Hudson und Zoe Foster werden vom dubiosen Start-up Rader Publishing eingeladen, an einer neuartigen Simulation teilzunehmen. Neuartig an dieser Simulation ist vor allem, dass sie bisher unveröffentlichte Ideen der Autorinnen virtuell zum Leben erweckt. Als Mio sich jedoch kurz vor Beginn gegen die Teilnahme an der Simulation entscheiden will, stößt der Geschäftsführer Rader sie in Zoes Simulation. Daher werden beide gleichzeitig in dieselbe, eigentlich nur für eine Person vorgesehene VR-Erzählwelt geschleudert (Abb. 1).

Abb. 1: Unfall bei der Simulation. Sreenshot aus Split Fiction (2025).

In dieser kollidieren die von ihnen geschaffenen literarischen Welten – Science-Fiction und Fantasy – miteinander. Die Folge: Ihre Geschichten überlagern sich, vermischen sich und entfalten ein kreatives Chaos. Doch nicht nur das: Bald erkennen Mio und Zoe, dass Rader die Simulationen skrupellos nutzt, um wertvolle Ideen zu extrahieren und kommerziell auszuschlachten.

Die Spieler*innen steuern Mio und Zoe kooperativ durch eine Vielzahl kunstvoll inszenierter Science-Fiction und Fantasy-Welten, die sich nicht nur stilistisch, sondern auch spielmechanisch radikal unterscheiden, teilweise aber gelungen ineinander übergehen (Abb. 2).

Abb. 2: Gameplay am Übergang von Sci-Fi zu Fantasy. Sreenshot aus Split Fiction (2025).

Die Bandbreite reicht von klassischen 3D-Jump’n’Runs über taktisch herausfordernde Gefechte mit Sci-Fi-Waffen bis hin zu rhythmusbasierten Aufgaben, Stealth-Abschnitten und Racing-Szenarien. Jedes Level bringt eigene Regeln, visuelle Identitäten und teils absurd-witzige Situationen mit sich – etwa wenn sich die Heldinnen in Schweine verwandeln oder mit Sandwürmern durch die Wüste gleiten. Ziel ist es, sog. Glitches in der Simulation ausfindig zu machen und sie damit von innen heraus zu zerstören.

Neben der Hauptgeschichte enthält Split Fiction sogenannte Nebenstränge – optionale Welten, die über Portale erreichbar sind. Diese stammen aus unvollendeten oder vergessenen Jugendwerken der beiden Autorinnen und stellen Archive ihrer kreativen Vergangenheit dar. Spielerisch bilden sie ein zusätzliches Highlight: In einem Moment seilt man sich durch das Reich der Riesen, im nächsten sprintet man auf einem Snowboard durch feindliches Kreuzfeuer oder treibt als Raumanzugträgerin durch eine explodierende Raumstation.

Kritik

Hazelight Studios gelingt mit Split Fiction ein außergewöhnlich vielschichtiges Koop-Erlebnis, das durch seine kreative Spielfreude und seine herausragende technische Umsetzung hervorsticht. Die Spielmechanik beeindruckt durch eine enorme Vielfalt: Nahezu jedes Level bringt ein neues Gameplay-Konzept mit sich, das für sich allein genommen bereits das Grundgerüst eines eigenständigen Spiels abgeben könnte. Diese konsequente Abwechslung verhindert jegliche Monotonie und setzt einen neuen Maßstab für kollaboratives Spielen. Zugleich sorgt die enge Verzahnung von Spielmechanik und Erzählmomenten dafür, dass die Spielerfahrung nicht nur fordernd und unterhaltsam, sondern bezogen auf die Geschichten der Protagonistinnen auch emotional ansprechend bleibt.

Ein ganz besonderer Reiz liegt in der liebevollen Ausgestaltung der Spielwelt mit einer Vielzahl an gut platzierten Eastereggs und popkulturellen Anspielungen, die sich nie auf bloße Referenzen beschränken, sondern stets spielerisch eingebunden sind. Gleich zu Beginn wartet das Spiel mit einer humorvollen Assassin’s Creed-Hommage auf: der ikonische Heuballensprung wird hier nicht nur nachgestellt, sondern auch augenzwinkernd kommentiert. Es folgt ein Rennen auf Motorrädern, die überraschende Ähnlichkeit mit den ‚Lichtrennern‘ des Tron-Franchises aufweisen. Auch Hazelights eigene Spielvergangenheit bleibt nicht ausgespart: Der berüchtigte Plüschelefant „Cutie“ aus It Takes Two erhält im Sci-Fi-Level ein überraschendes Comeback (Abb. 3).

Abb. 3: Easter Egg: Cutie aus It Takes Two. Sreenshot aus Split Fiction (2025).

In einem anderen Abschnitt erleben die Spieler*innen eine Wüstenmission mit Sandwürmern, die in direkter Tradition zu Dune steht, während ein Leuchtfeuer-Moment samt „Moonfire Lit“-Einblendung und melancholischer Schneckengefährtin unverkennbar Dark Souls zitiert.

Diese Anspielungen bereichern das Spielerlebnis nicht nur für Genre-Fans, sondern zeigen auch, wie sehr Split Fiction ein Produkt leidenschaftlicher Entwickler*innen ist. Neben narrativen Eastereggs finden sich auch spielmechanische Hommagen an Klassiker wie Tony Hawk’s Pro SkaterDonkey Kong oder Metroid. So werden etwa Skate-Level, Barrel-Plattformen oder Ringflüge in clever adaptierte Koop-Sequenzen überführt. Anders als in zitathaften Gimmick-Spielen sind diese Referenzen hier jedoch organisch integriert, oft mit Belohnungen oder eigenen kleinen Mechaniken verknüpft. Der Grat zwischen Fanservice und echtem spielerischem Mehrwert wird bemerkenswert sicher beschritten.

So kreativ und atmosphärisch die Einzelsegmente auch sind, fällt im Gegenzug jedoch auf, dass Split Fictionerzählerisch nicht durchgehend mit der spielmechanischen Raffinesse mithalten kann. Zwar wachsen einem die Hauptfiguren Mio und Zoe im Laufe des Spiels ans Herz, und es gibt gelungene emotionale Momente, doch wirkt der zentrale Konflikt rund um den Tech-Konzern Rader weitgehend konventionell. Die Hauptstory ist anders als beim Vorgänger It Takes Two wenig originell und von Beginn an vorhersehbar. Die dramaturgische Tiefe, die man bei einem Koop-Spiel erwarten könnte – etwa eine Auseinandersetzung mit kreativem Identitätsverlust oder künstlerischer Verantwortung – wird angerissen, aber nicht konsequent verfolgt. Bei den zentralen Figuren Zoe und Mio entsteht ferner der Eindruck, der Fokus sei stärker darauf gerichtet worden, diese möglichst gegensätzlich auszurichten, anstatt zwei stimmige Figuren zu konzipieren.

Auch die sogenannten Nebenstränge, also optional betretbare Fantasiewelten, tragen kaum zur Entwicklung der Hauptnarration bei. Zwar sind sie oft die spielerisch spannendsten Abschnitte – etwa wenn Mio und Zoe zu Schweinchen werden und ein Märchenhaus zum Einsturz bringen oder durch die Galaxis stürzen –, doch bleibt ihr Bezug zur Charakterentwicklung oder zum narrativen Gesamtbogen meist fragmentarisch. So entsteht ein spannender Episodenreigen, der zwar jedes Kapitel für sich funkeln lässt, aber als Ganzes etwas weniger nachhallt, als es angesichts des Potenzials möglich gewesen wäre.

Fazit

Split Fiction ist ein kreatives Ausnahmespiel mit brillanten Ideen, herausragendem Leveldesign und einer einzigartigen Koop-Erfahrung. Für Spieler*innen ab 16 Jahren mit bereits ausgeprägterer Spielerfahrung in unterschiedlichen Genres bietet es zahllose emotionale, witzige und spektakuläre Momente. Die schwächelnde Rahmenhandlung und der wenig integrierte Einsatz erzählerischer Nebenstränge schmälern zwar in Teilen die narrative Geschlossenheit, doch die spielerische Brillanz und die tiefe Auseinandersetzung mit Kreativität machen Split Fiction zu einem der spannendsten und besten Koop-Spiele überhaupt.

 

Titel: Split Fiction
Plattformen: Sony Playstation 5 , Microsoft Windows (PC), Nintendo Switch, Microsoft Xbox Series s/x
USK: Unter 2 Jahre
Entwicklungsstudio: Hazelight Studio
Erscheinungsjahr: 2025
Altersempfehlung Redaktion: Unter 2 Jahre
Hazelight Studio: Split Fiction