Inhalt

Gemeinsam mit seinem Großvater begibt sich Fred auf eine Fahrt nach Dänemark. Ihr beiderlei Interesse am historischen Wikingervolk führt sie auch ins nahe Kopenhagen gelegene Roskilde. Dort gibt es Nachbauten von Wikingerschiffen zu bewundern, mit denen sich auch kleine Rundfahrten unternehmen lassen. Bei solch einem Törn stürzt Fred unglücklicherweise ins Meer. Schemenhafte Wesen tragen ihn wieder zurück an die Wasseroberfläche. Der Mann, der ihn kurz darauf aus dem Meer herausfischt, ist ein echter Wikinger, der sich mit seinen Kameraden auf dem Rückweg von einer Schlacht befindet: Fred hat tatsächlich einen Zeitsprung gemacht zurück ins 8. Jahrhundert. In der Siedlung der Nordmänner ist er zwar ein Gefangener, aber er wird schnell zum Kameraden und Freund des gleichaltrigen Ivar. Dessen Vater, der Jarl (Anführer) Ragnald, war zuvor im Kampf tödlich verletzt worden. Eigentlich soll Ivar der neue Anführer werden, aber weil ihm vor Jahren von einem Wolf eine Hand abgebissen wurde, kann er nicht so kämpfen wie die anderen. Monatelang lebt Fred unter den Wikingern, lernt Spannendes über ihren Tagesablauf, über ihre Seefahrten, ihre Geschichten und ihre Kultur. Und er entwickelt eine raffinierte Kriegstaktik, mit der sich das Dorf vor einem neuen Angriff des Jarls Eirik wehren kann. Aber die alte Seherin Thorbjörk warnt ihn, dass er die Wikinger vor Ablauf eines Jahres wieder verlassen müsse, weil er sonst nicht mehr in die Gegenwart zurückkehren könne...

Kritik

Birge Tetzner, Mitbegründerin des Verlags ultramar media, hat nach etlichen Hörbüchern über archäologische Zeitreisen mit dem Protagonisten Fred erstmalig eines der Abenteuer in Buchform vorgelegt. In der Rahmenhandlung unternimmt Fred in gewohnter Weise gemeinsam mit seinem Opa Alfred eine archäologische Entdeckungsreise, die diesmal allerdings eher unspektakulär nach Dänemark führt. Dort wollen beide in der Ausgrabungsstätte Roskilde Näheres über die Welt der Nordmänner (die zumeist synonym als Wikinger bezeichnet werden) erfahren. Der Sturz bzw. später der Sprung in die aufgewühlte Ostsee bilden das Schwellenmotiv für Freds Zeitsprung ins 8. Jahrhundert n. Chr. sowie, fast ein Jahr später, auch wieder zurück in die Gegenwart. Schauplatz der Binnenerzählung ist ein Wikingerdorf irgendwo an einem dänischen Fjord, das wie auch weitere Szenerien sehr anschaulich beschrieben wird:

Fred … trat vor das Haus. Es war mit Abstand das größte im ganzen Dorf und stand auf einer Anhöhe. Die meisten anderen Häuser waren zwar ähnlich gebaut, auch aus Holz, länglich und ohne Fenster, aber sie waren viel kleiner. Erst als er direkt vor einem stand, erkannte er, dass der Wohnraum in den Boden gegraben und über die entstandene Grube ein einfaches Dach gestellt worden war wie ein Zelt, nur dass es nicht aus Stoff, sondern aus reetbedeckten Holzbalken bestand. (S. 62)

Ähnlich plastisch wird etwa auch der Bestattungsritus für den verstorbenen Jarl geschildert:

Majestätisch thronte das prächtige Schiff in der Senke auf der Ebene. Nur die Steven ragten über die Grube hinaus. Den Mast und die Segel hatten die Männer abgenommen. Der Anker lag an einer langen Kette im Bug, als wäre das Schiff bereit für die Fahrt. Sie hatten den Jarl am Heck auf ein hölzernes Bett mit einer kostbaren Decke gelegt. Er trug seine schönsten Kleider und war in einen Umhang gehüllt, der mit Goldfäden durchzogen war. Sein Kopf ruhte auf einem Wolfsfell. (S. 72)

In den fantastischen Erzählrahmen passt es dabei durchaus, dass Fred in der ihm völlig fremden Umgebung nicht als ein Mensch aus der Zukunft identifiziert wird und sich auch problemlos sprachlich verständigen kann. Zudem unterscheiden sich die beiden Erzählebenen in der zeitlichen Wahrnehmung: Während die Erlebnisse im Wikingerdorf für Fred nahezu ein ganzes Jahr lang andauern, sind bei seiner Rückkehr in der Jetztzeit dort nur wenige Augenblicke vergangen. Das Buch ist reich illustriert; die farbigen, zumeist in dunklen Tönen gehaltenen Bilder wirken annähernd naturalistisch, die dargestellten Personen imponieren mit ausdrucksstarken Gesichtern. Eingefügt in den Text und typografisch abgesetzt gibt es kurze Erläuterungen zu wikinger-spezifischen Themen, etwa der Stellung der Frau (S. 57), raffinierten Verteidigungsstrategien (S. 114), Kleidung und Aussehen der Wikinger (S. 92, S. 118), Bestattungsriten (S. 73), Handel, Kultur und vielem mehr, so dass ein plastisches Bild der Lebenswelt dieses Volkes entsteht. Die Abhandlungen über Mythologie, Weltentstehung und die verschiedenen Götter und sonstigen Wesen aus der Vorstellung der Nordmänner sind detailliert, wenngleich als aufzählende Beschreibungen teils etwas langatmig. Hilfreich ist indes, dass diverse Götternamen und mythologische Begriffe sowie solche aus dem Schiffsbau bei Ersterwähnung in Fettdruck hervorgehoben, mit Asteriskus markiert sind und in einem Glossar näher erläutert werden. Da einige Namen und Begriffe im Buch in altnordischer Schreibweise wiedergegeben und damit nicht ganz unproblematisch lesbar sind (z.B.: Norðri, Suðri, Sæhrímnir, Yggdrasill), wird auch kurz auf deren Aussprache eingegangen. Weiterhin findet sich im Anhang eine 9-seitige Abhandlung über die Geschichte der Wikinger und deren Expansion über die nördliche Halbkugel bis hin nach Grönland und Nordamerika. „Für Weiterforscher“ gibt es zudem eine Auflistung themenbezogener Bücher und Museen (Ausgrabungsstätten) in Nordeuropa.

Fazit

Fred bei den Wikingern bietet eine gelungene Kombination aus einerseits spannend und lebendig erzählter Historie in fantasiereicher Romanform, andererseits einer sachbuchgerechten Zusammenstellung wissenswerter Fakten, Informationen und Erkenntnisse über das seefahrende, von Sagen umwobene Volk der Wikinger. Das Buch ist geeignet für Leserinnen und Leser ab etwa 9 Jahren, aber auch für alle, die auf unterhaltsame Weise mehr über das Alltagsleben und die Geschichte der Wikinger informiert werden möchten.

Titel: Fred bei den Wikingern - Jarl Ragnalds Vermächtnis
Autor/-in:
  • Name: Tetzner, Birge
Erscheinungsort: Berlin
Erscheinungsjahr: 2019
Verlag: ultramar media
ISBN-13: 978-3-9819200-1-7
Seitenzahl: 210
Preis: 22,00 €
Altersempfehlung Redaktion: 9 Jahre
Tetzner, Birge: Fred bei den Wikingern - Jarl Ragnalds Vermächtnis