Inhalt

[Achtung, Spoiler!]

Der exzentrische Magizoologe Newt Scamander (Eddie Redmayne) reist Ende der 1920er Jahre per Schiff mit einem Koffer voller magischer Tierwesen nach Amerika, um dort weitere Geschöpfe zu finden und zu erforschen. In New York angekommen, will er zunächst weiter nach Arizona fahren, um den Donnervogel Frank, den er aus seiner Gefangenschaft in Ägypten befreit hat, in seinen natürlichen Lebensraum zurück zu führen. Eigentliches Ziel ist jedoch seine englische Heimat, in welcher er sein Erstlingswerk Phantastische Tierwesen und wo sie zu finden sind zu Ende schreiben und mit der teils irrationalen Angst vor magischen Kreaturen aufräumen möchte. Zur selben Zeit treibt der weltweit gesuchte Zauberer Gellert Grindelwald (Johnny Depp) in New York sein verbrecherisches Unwesen. Noch angespannter wird die Situation jedoch, als ein unbekanntes mysteriöses Wesen auftaucht, das die Zauberergesellschaft vor den Augen der Nicht-Magier auffliegen zu lassen droht. Mary Lou Barebone, die als eiserne Anführerin einer sektenartigen Gruppierung die Traditionen der Hexenprozesse von Salem wieder aufleben lassen will, macht zugleich negative Stimmung gegen die Zauberwelt. Mit ihrem ältesten Adoptivsohn Credence (Ezra Miller) steht der Zauberer Percival Graves (Colin Farrell), der ihn für ein Zaubererkind ohne Fähigkeiten (Squib) hält, in Verbindung, um Hinweise über das mysteriöse Wesen und seinem Ursprung zu erhalten. 

Schon bald nach der Ankunft schafft es ein Niffler aus Newts verzauberten Koffer zu fliehen und in der Steen National Bank auf die Suche nach wertvoller Beute zu gehen. Während Newt versucht, den pelzigen Ausreißer wieder einzufangen, begegnet er dort dem Muggel Jacob Kowalski (Dan Fogler), welcher zufällig in den Besitz eines silbernen Occamy-Eis kommt. Der zerstreute Zauberer schafft es jedoch schnell, den Niffler wieder zurück in den Koffer zu sperren und ist gerade noch rechtzeitig da, um Jacob das schlüpfende Ei abzunehmen. Als Newt den ahnungslosen und verwirrten Jacob mit einem Vergessenszauber belegen will, wird er von diesem niedergeschlagen – im anschließenden Durcheinander werden beide Koffer miteinander vertauscht. Beobachtet wurde das gesamte Geschehen von der suspendierten Aurorin Porpentina "Tina" Goldstein (Katherine Waterston), die für den Magischen Kongress der Vereinigten Staaten von Amerika (MACUSA) arbeitet. Tina erkennt die missliche Lage und bringt Newt zu ihrer ehemaligen Einheit, wo er während einer Durchsuchung seiner Habe feststellen muss, dass er den falschen Koffer hat.

Gemeinsam suchen Tina und Newt nach Jacob, der in der Zwischenzeit versehentlich einige der Tierwesen aus dem Koffer entkommen lassen hat und von einem Murtlap gebissen wurde. Damit Jacob gesunden kann, kommen er und Newt in der Wohnung von Tina und ihrer Schwester Queenie (Alison Sudol) unter. Newt zeigt ihm die im Koffer beherbergte und von Tierwesen bewohnte Welt. Gemeinsam spüren sie nun nach und nach die fehlenden Tierwesen auf. Als sie es schaffen, eine Erumpent-Dame im New Yorker Zoo einzufangen, werden beide von der sie beobachtenden Tina in den Koffer gesperrt und zur Präsidentin des MACUSA, Seraphina Picquery (Carmen Ejogo), gebracht. Alle drei werden festgenommen, da man sie beschuldigt, durch ihr nachlässiges Handeln den Tod des Sohnes eines New Yorker Senators zu verantworten. Newt ist sich aber sicher: das Wesen, das die Stadt mit Verwüstungen heimsucht, ist in Wirklichkeit ein Obscurus. Nach einem kurzen Verhör werden sie zum Tode verurteilt und können nur mithilfe eines Sturzfalters, den Newt immer bei sich trägt, fliehen.

Auf der Suche nach Antworten und Hilfe treffen sie im The Blind Pig den gnomartigen Besitzer Gnarlack, um ein Geschäft auszuhandeln. Nachdem dies scheitert, spüren sie Newts entflohenen Demiguise Dougal auf und fangen zudem auch das letzte noch fehlende Exemplar, einen Occamy, mithilfe einer Teekanne und einer Kakerlake. Der Donnervogel Frank signalisiert, dass eine Bedrohung naht, die von dem jungen Credence ausgeht, der zwischenzeitlich mit seinem unkontrollierten Obsucurus seine Adoptivmutter getötet hat. Percival Graves weiß nun um die magischen Fähigkeiten des Jungen und versucht diese für sich zu gewinnen. Tina und Newt versuchen gemeinsam, Credences Obscurus unter Kontrolle zu bringen, werden jedoch von Percival Graves und den einschreitenden MACUSA-Mitarbeitern behindert. Der Obscurus wird während des Kampfes vernichtet. Newt kann Graves gerade noch mit einem Zauber enttarnen; es ist der Zauberer Gellert Grindelwald. Frank hilft die New Yorker Bevölkerung mit einem Vergessenszauber zu belegen und auch Jacobs Erinnerungen müssen nach einem Kuss von Queenie gelöscht werden. Wenig später lässt Newt ihm heimlich einen Koffer mit silbernen Occamy-Eierschalen zukommen, mit welchen Jacob eine Bäckerei finanziert. Newt verabschiedet sich von Tina und verspricht, ihr ein Exemplar seines Buches Phantastische Tierwesen und wo sie zu finden sind persönlich zu übergeben. Jacob erfüllt sich seinen Traum und eröffnet eine Bäckerei, mit zahlreichen unterschiedlichen Backwahren in Form von Tierwesen, die er zuvor kennengelernt hat. Eines Tages steht Queenie in seinem Laden und lächelt ihn an.

Kritik

David Yates, der bereits seit Harry Potter und der Orden des Phönix (2007) für die Harry-Potter-Filmreihe verantwortlich ist, entführt die Zuschauer ein weiteres Mal in die magische Welt der Zauberei. Phantastische Tierwesen und wo sie zu finden sind ist ca. 70 Jahre vor der Schulzeit des bekannten Zaubererlehrlings angesiedelt und ist der Auftakt einer geplanten fünfteiligen Kinoreihe, mit der J.K. Rowling als Drehbuchautorin debütiert. Von einer sich noch entwickelnden Filmreihe ausgehend, muss dieser Teil also als eine Einleitung in ein noch unvollendetes Gesamtwerk gesehen werden, der im Gegensatz zu der Harry-Potter-Saga kein Roman vorangegangen ist, sondern das gleichnamige Lexikon, das nun wiederum als Drehbuchvorlage dient.

Es handelt sich nicht nur um das fiktive Lehrbuch, das Newt in dem Film schreiben will, sondern um ein von Joanne K. Rowling bereits im Jahr 2001 als Begleitwerk zum Roman-Reihe geschriebenes Werk: Das 64-seitige Lexikon Fantastic Beasts and Where to Find Them definiert nach einer Kurzbiografie über Newt Scamander und einem Vorwort Albus Dumbledores den Begriff "Tierwesen" und das Wissen über diese im Wandel der Zeit. Nach einer Klassifikations-Skala, die die Gefährlichkeit der einzelnen Kreaturen einschätzbar machen soll, beginnt der alphabetisch sortierte Hauptteil; das Verzeichnis über beinahe alle Tier- und Zauberwesen des Harry-Potter-Universums. 

Trotzdem es keinen Roman gibt, ist der Film weitestgehend logisch an die vorherigen Filme angeknüpft und bezieht sich auf bereits bekannte Personen und Namen des Harry-Potter-Universums. Beispielsweise fällt der Familienname Strange, in Bezug auf eine Liebschaft zwischen Newt Scamander und einer Schulfreundin. Auch der spätere Direktor von Hogwarts, Albus Dumbledore, wird in einem Gespräch über Newt Scamanders Verweis von der Zauberschule erwähnt.

Auch wenn Phantastische Tierwesen zeitlich erheblich früher angesiedelt ist als die Harry-Potter-Saga, so hat der Film doch die gleiche atmosphärische Bildgewalt, musikalische Untermalung und weiß mit humorvollem Augenzwinkern seine Geschichte zu erzählen. Gerade die Figur des Newt Scamander ist prädestiniert für einen neuartigen Helden, der es mit den bereits bekannten Figuren rund um Harry Potter aufnehmen kann. Das liegt vor allem an der Leistung des britischen Oscar Preisträgers und Hauptdarstellers Eddie Redmayne, der eine überzeugende Darstellung als exzentrischer Zauberer bietet. Neben ihm begeistert der preisgekrönte Broadway-Schauspieler Dan Fogler, der den Muggel Jacob spielt und sich als der perfekte Freund und Partner für Scamander erweist. Beide zusammen sorgen für die komischen Elemente abseits von dem turbulent inszenierten, jedoch klassisch erzählten Kampf von Gut gegen Böse. Katherine Waterston (Tina) gewinnt zwar im Laufe des Films an Sympathie, kommt aber als blass skizzierte Ministeriumshexe Porpentina Goldstein leider nur wenig, bzw. selten zur Geltung und verbleibt somit im Hintergrund. Alison Sudol (Queenie) übernimmt hingegen den Part der sehr femininen und doch rebellischen Romantikerin und überzeugt mit ihrem ungewöhnlichem Charakter. 

Als Auftakt für eine Kinoreihe enthält Phantastische Tierwesen allerdings etwas zu viel Story. In 133 Minuten werden mehrere parallel laufende Handlungsstränge aufgemacht, die die konzentrierte Aufmerksamkeit der Zuschauer einfordern. Teils werden diese auch bis zum Ende offen gelassen, wahrscheinlich um sie mit den noch kommenden Teilen zu verknüpfen. Interessant ist auch, dass J.K. Rowling erstmals einen Ortswechsel vollzieht. Schauplatz ist dieses Mal nicht die bekannte, mystisch wirkende Wald-und-Wiesen-Landschaft Großbritanniens, sondern die hektische und magi-phobe New Yorker Großstadtszenerie Ende der 20er Jahre. Dargestellt wird diese nicht nur durch die urbane, aber durchaus schöne Kulisse, sondern auch durch die klischeehaften Stereotypen und überspitzten Attitüden der Bewohner. Auch die organisatorischen Eigenarten der amerikanischen Zauberergesellschaft werden thematisiert; so ist der MACUSA (Magischer Kongress der USA) dem britischen Zaubereiministerium zwar weitestgehend ähnlich, jedoch gibt es auch hier Unterschiede, die auch zeitlich begründet sein könnten. Beispielsweise scheint ein primäres Ziel der MACUSA die schnelle und  schonungslose Strafverfolgung zu sein, was anhand der übereilten Verurteilung von Newt und Tina deutlich wird.

Die parabelhafte Darstellung der gesellschaftlichen Verhältnisse wird schnell offensichtlich: Ende der 1920er Jahre wird die Gesamtheit der Tierwesen von den wenigsten Zauberern erforscht und verstanden, sondern meist als Bedrohungen angesehen. Diese Einstellung führt zu Missverständnissen und zu unüberlegten Tötungen von eigentlich ungefährlichen magischen Geschöpfen. Die Figur des Newt Scamander setzt sich für einen sanfteren Umgang mit diesen mysteriösen und faszinierenden Kreaturen ein, indem er zu mehr Verständnis und Toleranz einlädt. Im Film werden diese wahrlich "phantastischen" Wesen mithilfe von ausgereiften CGI-Effekten dargestellt.

Auch während der Erkundungstour durch Newts Koffer werden Effekte und eine fließende Kameraführung genutzt, um den Zuschauer innerhalb von Sekunden von einem exotischen Ort zum anderen zu transportieren. Dies vermittelt den Eindruck von Unmittelbarkeit. Die aufwendig animierten und skurrilen Fabelwesen sind wahrscheinlich einer der Hauptgründe, warum dieser Film überhaupt entstanden ist. Überall flattert, zischt, quietscht und wuselt es. Mal stehen die Protagonisten vor gigantischen Monstrositäten, mal versteckt sich ein winziges Tierwesen in der Hosentasche. 

Ein weiteres sozialkritisches Thema lässt sich in dem offensichtlich sehr wackeligen Frieden zwischen Muggeln und Zauberern finden. Ähnlich wie in England, wo der dunkle Lord Voldemort eine Trennung der Menschen in Magier und Nicht-Magier vorantreibt, um die Herrschaft der Zauberer zu gewährleisten, so gibt es auch in Amerika Gruppierungen, die sich eine homogenere Ordnung der Gesellschaft wünschen. Zum einen erfährt der Zuschauer, dass in den USA der 20er Jahre die Heirat zwischen Zauberern und No-Majs (den amerikanischen Muggeln) per Gesetz verboten ist – eine politische Praxis, die an die Apartheid-Regimes in Südafrika und in den USA der Vor-Civil-Rights-Act-Ära erinnert. Des weiteren hat sich eine an Salems Hexenverbrennungen orientierende Sekte gebildet, die sich dem Kampf gegen die Hexerei verschrieben hat und mit perfiden Mitteln gegen die Zauberergesellschaft vorgeht. Gleichzeitig jedoch wird der MACUSA fortschrittlicherweise von einer dunkelhäutigen Frau geführt – was als ein klares Statement der Drehbuchautorin verstanden werden könnte. 

Das tragische Schicksal der Obscuren wird ebenfalls thematisiert. Obscuren sind in Wirklichkeit Zauberer, die ihre magischen Fähigkeiten aus verschiedensten Gründen zurückgehalten und unterdrückt haben. Da die Zaubererministerien scheinbar in der Vergangenheit noch nicht ausreichend gut strukturiert waren, geschah es wohl häufiger, dass ein mit magischen Fähigkeiten ausgestatteter Mensch "übersehen" wurde. Dadurch, dass sie ihre Kräfte niemals zu kontrollieren gelernt haben, verwandelt sich diese irgendwann in eine dunkle zerstörerische Macht, die ausbricht. Auch hier knüpft Phantastische Tierwesen wieder an die Harry-Potter-Bücher an, indem von der unglücklichen Ariana Dumbledore berichtet wird, die scheinbar ein solches Schicksal erlitten hat. Credences Obscurus wird mit Hilfe von Computertechnik als eine schwarze, rauchige Masse dargestellt, die an den Black Smoke aus der Serie LOST erinnert. Die mit einer massiven Zerstörungswut durch die Straßen New Yorks umherstreifende Kraft findet ihren finalen Endkampf  in einem beklemmenden U-Bahntunnel, womit Bezüge zu den Ghostbusters-Filmen hergestellt werden. In dem klassisch präsentierten Kampf zwischen Gut und Böse – wobei nicht immer zweifelsfrei klar ist, ob eine solch straffe Trennung sinnvoll, bzw. überhaupt gerechtfertigt ist – triumphieren die Helden und können sogleich dem tatsächlichen Bösewicht der Geschichte (Grindelwald) ein Gesicht und ersten Auftritt als solchen gewähren. 

Fazit 

David Yates und J.K. Rowling ist mit Phantastische Tierwesen und wo sie zu finden sind ein guter erster Eindruck gelungen, der auf eine ebenso erfolgreiche, wie magische Filmreihe hoffen lässt, wie wir sie von der Harry-Potter-Saga gewohnt sind. Zudem ordnet sich dieser Fantasy-Film in Bezug auf die Sorgen und Ängste der magischen, wie auch nicht-magischen Bevölkerung perfekt in das postfaktische Zeitalter ein, in welchem gefühlte Wahrheiten gefährlich für den gesellschaftlichen Frieden werden können. Altersempfehlung: Ab 12 Jahre.

Titel: Phantastische Tierwesen und wo sie zu finden sind
Regie:
  • Name: Yates, David
Drehbuch:
  • Name: Rowling, Joanne K.
Erscheinungsjahr: 2016
Dauer (Minuten): 133
Altersempfehlung Redaktion: 12 Jahre
FSK: 6 Jahre
Format: Kino