Inhalt

Der jugendliche Napoleon Dynamite (Jon Heder) ist an seiner amerikanischen High School ein klassischer Außenseiter: Er trägt unzeitgemäße Kleidung und verhält sich in sozialen Situationen meistens unpassend. Zudem hat er seltsame Hobbys. So zeichnet er etwa gerne Einhörner oder ist das einzige männliche Mitglied einer Tanzgruppe. Sein familiäres Umfeld besteht aus seinem 33-jähriger Bruder Kip (Aaron Ruell), der die meiste Zeit in einem Online-Chatroom verbringt, und seinem selbstverliebten Onkel Rico, der nicht nur bei Napoleon zu Hause für Verwirrung sorgt, sondern auch in der Nachbarschaft, da er verschiedene Produkte (wie etwa ein Angebot zur Brustvergrößerung) an die Frau bringen möchte.

Der Mexikaner Pedro (Efren Ramirez) kommt neu an Napoleons Schule und die beiden freunden sich an. Schon bald sind sie zu dritt: Die unscheinbare und ebenfalls etwas eigentümliche Deb (Tina Majorino) schließt sich den beiden an. Pedro lässt sich für die Wahl zum Schulpräsidenten aufstellen, Napoleon wird sein Wahlkampfleiter. Pedros Gegenkandidatin ist die beliebte Schulschönheit Summer (Haylie Duff). Doch Dank Napoleon gewinnt Pedro die Wahl und am Ende übernehmen die "Freaks" die Schule.

Kritik

Napoleon Dynamite könnte der ältere Cousin von Dawn Wiener aus Todd Solondz' Welcome to the Dollhouse sein. Sowohl in der Schule als auch zu Hause ist er ein Außenseiter. Doch während sich Dawn aus ihrer Rolle befreien möchte, akzeptiert Napoleon zu Beginn des Films seine Situation. Napoleon wird als Slacker eingeführt, das heißt: Er hält nichts von sozialen oder materiellen Statussymbolen und seine Leistungs- und Anpassungsbereitschaft ist überschaubar. Doch im weiteren Verlauf verändert sich für Napoleon vieles zum Guten. Mit den Konventionen klassischer High-School-Filme wie Clueless oder She's all that hat der Film allerdings wenig zu tun: Der Film spielt mit gängigen Versatzstücken, überhöht diese und lässt die Erwartungen des Zuschauers immer wieder ins Leere laufen. Am Ende findet Napoleon dennoch sein Glück, allerdings nicht, weil er sich verändert hat, wie das in klassischen High-School-Filmen oftmals der Fall ist, sondern weil er sich selbst treu geblieben ist. 

Der Film ist ein Plädoyer für Andersartigkeit. Durch die Freundschaft zu Pedro und Deb findet Napoleon neue Freunde, die ebenfalls von der gängigen Norm abweichen. Und die Gruppe vergrößert sich im Laufe des Films: Pedro möchte Schulpräsident werden und Napoleon wird zu seinem Wahlkampfleiter. Als Gimmick verteilt Napoleon bunte Schlüsselanhänger. Als er sieht, dass ein Junge von einem anderen verprügelt wird, drückt er ihm einen solchen Schlüsselanhänger in die Hand – diese werden zum Symbol für die Außenseiter der Schule. Bei der Wahl hält die Schulschönheit Summer eine souverän vorgetragene Rede (die allerdings inhaltlich leer ist), ihr Tanz mit der Cheerleader-Gruppe ist perfekt einstudiert. Pedro hingegen trottet mit gesenktem Kopf zum Sprecherpult. Anschließend übernimmt Napoleon spontan die obligatorische Performance und tanzt zu Jamiroquais "Canned Heat". Napoleons Tanz gleicht einer Befreiung. Nicht nur für ihn und Pedro, der die Wahl gewinnt – sondern für alle Außenseiter. Die "Freaks" übernehmen die Schule. Das hat eine interessante Konsequenz: Die Sportler und Schulschönheiten sind nun in der Minderheit.

In Napoleon Dynamite entsteht Humor vor allem durch Regelverletzungen: Napoleon kleidet sich wie ein Grundschüler und verhält sich meistens auch so. Hinzukommt seine Körpersprache – er scheint keinerlei Spannung zu haben (ausgenommen der Tanzszene). Die Figuren sind allesamt überzeichnet, wodurch wiederum Humor entsteht. Etwa Napoleons 32-jähriger Bruder Kip, der im Internet seine "Seelenverwandte" La Fawnduh, eine Afro-Amerikanerin, kennenlernt, die er am Ende des Films heiratet. Oder Onkel Rico, der sich temporär um Napoleon und Kip kümmert – durch seine Überheblichkeit und seinen Egoismus kommt es immer wieder zu sozialen Normbrüchen und komischen Situationen. 

Visuell wirkt der Film wie eine Mischung aus einem MTV-Musikvideo und einem überambitionierten Amateurfilm. Dieser bewusst amateurhafte Stil sorgt für weitere ironische Brechungen.  Ein Beispiel dafür ist die Sequenz, in der Napoleon und Pedro Wahlplakate in der Schule anbringen, die Kamera mehrmals auf die Zeichnungen zoomt und auf der Tonspur das Titelthema von A-Team läuft.  Napoleon Dynamite ist eine klassische Low-Budget-Produktion, die Gesamtkosten beliefen sich auf 400.000 Dollar. Vor allem durch Mundpropaganda und DVD-Verkäufe ist der Film zu einem Kultstreifen avanciert und auch finanziell wurde er zu einem Erfolg. Und wenn man sich in hippen Ecken internationaler Großstädte umschaut, sieht man immer wieder junge Menschen, die mit dem Tragen unzeitgemäßer Kleidung und einem Trash-Look  einen Lifestyle-Trend repräsentieren. Napoleon Dynamite könnte ihr großes Vorbild sein. 

Fazit

Napoleon Dynamite von Jared Hess ist ein sympathisches Außenseiter-Märchen mit einer Hauptfigur, die so konsequent uncool ist, dass sie schon wieder hip ist. Der Film ist ab 6 Jahren freigegeben, allerdings würden der subtile Humor und das Spiel mit Genre-Konventionen einen kindlichen Zuschauer eher langweilen. Zudem behandelt der Film klassische Adoleszenz-Themen, weshalb er sich für Zuschauer ab 12 Jahren besonders eignet.

Titel: Napoleon Dynamite
Regie:
  • Name: Jared Hess
Drehbuch:
  • Name: Jared Hess
  • Name: Jarusha Hess
Erscheinungsjahr: 2006
Dauer (Minuten): 82 Minuten
Altersempfehlung Redaktion: 12 Jahre
FSK: 6 Jahre
Format: Kino
Napoleon Dynamite (Jared Hess, 2004)