Inhalt
Als Lina erfährt, dass sie in den Sommerferien nicht mit ihrer Freundin Jette den Malkurs bei einem berühmten Hamburger Künstler besuchen kann, sondern stattdessen das Haus ihres Onkels Hape hüten sollen, ist sie überhaupt nicht begeistert und hat so gar keine Lust, "in der schlimmsten Einöde, die man sich vorstellen kann" (S. 16) ihre Sommerferien zu verbringen – schon gar nicht, als sie hört, dass sich nebenan ein Ponyhof befindet. Denn: Lina hat schreckliche Angst vor Pferden. Nach ihrer Ankunft stellt sie fest, dass ihr Onkel sich ein kleines Atelier eingerichtet hat, das sie nun als Malatelier nutzen will.
Doch es kommt – natürlich – anders, denn jemand hat ihren Einzug beobachtet: Bulli, das Pony vom Reiterhof, das Kinder eigentlich überhaupt nicht ausstehen kann:
Ich mag sie nicht! Deswegen habe ich das kleine Mädchen, das mich vor einiger Zeit putzen wollte, gleich mal in den Po gezwickt. Und seiner Freundin bin ich mit meinem Huf richtig auf den Fuß gestiegen. Als ich dann in der Reitstunde noch drei Kinder abgeworfen habe, ist die Botschaft endlich angekommen: ICH! MAG! EUCH! NICHT! Und will meine RUHE! (S. 21f)
Doch bei Lina ist das irgendwie anders, und Bulli verliebt sich prompt in sie. Er steht auf der Weide und beobachtet ihr Fenster, er steht plötzlich mitten in ihrem Atelier, er kratzt an die Ateliertür und rettet sie, als sie in Onkel Hapes Teich mit den Koi-Karpfen fällt. Selbst der Nachbarsjunge Lucas versteht Bulli nicht mehr und kann ihn kaum von Lina weghalten, die jedoch erst einmal nichts von Bulli wissen will.
Plötzlich verschwinden nach und nach Onkel Hapes Koi-Karpfen aus dem Teich – und Lucas, Bulli und Lina befinden sich mitten in einer aufregenden Detektivgeschichte. Ob aus Lina und Bulli doch noch ein eingespieltes Team wird und Lina richtig reiten lernt?
Kritik
Mit Bulli & Lina. Ein Pony verliebt sich ist Frauke Scheunemann und Antje Szillat ein spannendes Buch vorrangig für eine weibliche Leserschaft gelungen, die sich schon immer gewünscht hat, dass sich ein Pony in sie verliebt und ihnen bis ins Haus nachläuft.
In einer für jüngere LeserInnen angemessenen und auch witzigen Sprache entwickeln die Autorinnen eine aufregende Detektivgeschichte, in deren Rahmen Bulli, Lina und auch Lucas sich zusammenraufen müssen, um den Dieb von Onkel Hapes Koi-Karpfen zu überführen – was ihnen im Laufe der stringent und mit wenigen Rückblenden erzählten Handlung natürlich auch gelingt. Die Protagonisten selbst überzeugen ebenfalls in ihrer Konzeption, zumal die Geschichte aus wechselnden Perspektiven kapitelweise homodiegetisch, mal aus Linas und mal aus Bullis Sicht erzählt wird. LeserInnen erhalten so direkte Einblicke sowohl in Linas als auch Bullis Gedanken und verstehen schließlich, warum sich das Pony dermaßen stark zu Lina hingezogen fühlt, dass es immer wieder ausbüxt.
Der Konzeption der Handlung folgend geht die Geschichte natürlich gut für alle Beteiligten aus und Lina stellt fest, dass das Leben auf dem Land – und neben einem Ponyhof – doch gar nicht so langweilig ist, wie sie anfangs dachte. Damit greifen die beiden Autorinnen einen – auch gegenwärtig – aktuellen Gegensatz auf, nämlich den zwischen Stadt- und Landleben, der bereits Eingang in einige Kinder- und auch Jugendbücher genommen hat. Den beiden Großstädten Hamburg – Linas Wohnort – und Berlin – Studienort von Lucas‘ Schwester – wird das zu Beginn als öde dargestellte Landleben gegenübergestellt, das nach anfänglicher Abneigung doch seinen Reiz für Lina entwickelt und vor allem durch die neuen Freunde Lucas und natürlich auch Bulli positiv konnotiert wird.
Zusätzlich gewinnt das Buch an Ausdrucksstärke durch die Illustrationen von Susanne Göhlich, der es gelingt, die Stimmungen im Buch mit reduzierten und klaren Zeichnungen einzufangen. Die Illustrationen wirken nicht überladen und bebildern die Geschichte von Scheunemann und Szillat überzeugend. Selbst kleinere Abweichungen, die sich im Vergleich zur Geschichte einschleichen – beispielsweise, wenn Scheunemann und Szillat beschreiben, dass Lina ohne Zaumzeug auf Bulli reitet, die Zeichnung jedoch einen gesattelten Bulli zeigt – schmälern weder die Freude an der Geschichte noch an den Zeichnungen insgesamt. Im Gegenteil könnte gerade die erwähnte Zeichnung bereits so interpretiert werden, dass Lina irgendwann richtig reiten und mit Bulli an Wettbewerben teilnehmen kann, was dieser sich, seit er Lina gesehen hat, wünscht, war er doch früher einmal ein erfolgreiches Turnierpony.
Fazit
Mit Bulli & Lina. Ein Pony verliebt sich ist dem Autorenduo Frauke Scheunemann und Antje Szillat ein kurzweiliges und unterhaltsames Pferdebuch für jüngere LeserInnen ab ca. 7 Jahren gelungen, das besonders durch die wechselseitig eingenommenen Perspektiven der beiden Protagonisten auf die Handlung besticht und neugierig macht auf die – vermutlich – folgenden Abenteuer des Duos.
- Name: Scheunemann, Frauke
- Name: Szillat, Antje
- Name: Susanne Göhlxich