Inhalt

Die Stiefgeschwister Sebastian und Catherine Valmont (Ryan Philippe und Sarah Michelle Gellar) sind der Inbegriff der New Yorker Upper Class-Kinder: Ihre Eltern jetten um die Welt, sie besuchen teure Privatschulen, fahren Luxusschlitten und wohnen in einer Stadtvilla, welcher der Prunk und die Dekadenz schon von Weitem anzusehen ist. Doch bei allem Reichtum und Luxus langweilen sich die Geschwister zu Tode – und so ist ihr einzig wirklich befriedigender Lebensinhalt das Intrigenspinnen und bedeutungsloser Sex.

So soll Sebastian die klischeehafte Unschuld vom Lande, Cecile (Selma Blair) verführen – schließlich hat die doch Catherine ihren letzten Freund ausgespannt. Und auch der Bruder des teuflischen Geschwistergespanns hat sich schon seinen nächsten großen Coup ausgeguckt: Annette Hargrove (Reese Witherspoon) soll sein Opfer werden, das ihn noch vor Beginn des neuen Schuljahres zu einer Legende in den Schülerkreisen werden lassen soll: Denn Annette propagiert ganz offen in einem Teenie-Magazin, dass sie als Jungfrau in die Ehe gehen möchte – ein wahres Reizthema für den arroganten Jüngling.

So schließt er eine fatale Wette mit seiner intriganten Schwester ab: Sollte es ihm, entgegen Catherines Überzeugung, doch gelingen, die biedere und verklemmte Blondine ins Bett zu kriegen, so darf er sich seine geheimste und tiefste sexuelle Phantasie erfüllen und mit seiner Stiefschwester schlafen. Gewinnt hingegen Catherine, so bekommt sie seinen 56er-Oldtimer, Sebastians liebstes Spielzeug. Es beginnt ein Spiel voller Intrigen, Lügen und Gemeinheiten.

Doch je näher sich Sebastian und Annette kommen, umso tiefer verstricken sich beide in einem Strudel aus ernsthaften und tiefer gehenden Gefühlen, welche sich jenseits der Gürtellinie abspielen. Catherine beobachtet Sebastians immer vertrackter werdende Lage voller Genugtuung und manipuliert ihn so geschickt, dass er die Beziehung zu Annette aufs Spiel setzt und schließlich sogar beendet. Sie wähnt sich schon als Siegerin der teuflischen Wette, welche eigentlich von Anfang zum Scheitern verurteilt war. Doch der plötzliche Tod Sebastians, welcher wiederum auf einer Lüge seiner Schwester basiert, wendet das Blatt. Catherines dunkle Machenschaften kommen ans Licht und ihr mühsam aufgebautes Bild der unschuldigen Musterschülerin und Schülersprecherin fällt in sich zusammen wie ein Kartenhaus.

Kritik

Die Geschichte des Briefromans aus dem 18. Jahrhundert ist bekannt – wurde sie doch seit den 1950er Jahren bereits drei Mal auf verschiedene Arten inszeniert. Kumble legt eine moderne Neuinterpretation des Stücks vor: Er verlegt die Handlung nach New York, die Protagonisten sind zwei abgrundtief böse und intrigante Stiefgeschwister, die ihr Umfeld nach Lust und Laune ausnutzen und mit ihnen spielen wie die Katze mit der Maus. Doch eine Wette, welche Sebastian und Catherine miteinander abschließen, verändert ihr Leben von Grund auf. Ging es am Anfang für den Bruder nur darum, die als keusch und prüde verschriene Annette Hargrove ins Bett zu kriegen, um sich endlich an seiner Schule zu einer 'Legende' zu machen, so entsteht zwischen den beiden bald ein ernstes, wenn auch zartes Band der Gefühle. Seine Schwester manipuliert ihre Beziehung mit allen Mitteln – und triumphiert. Sebastian muss für seine Lügen und die Intrigen seiner Stiefschwester am Ende nicht nur mit der gescheiterten Beziehung zu Anette bezahlen – sondern auch mit seinem Leben.

Auch wenn Regie-Debütant Roger Kumble die althergebrachte Story geschickt und modern neu interpretiert, so sind es schlussendlich vor allem zwei Faktoren, die den Film von 1999 zu einem Werk machen, der bis heute geradezu als Klassiker unter den Jugendlichen gilt: die fantastische Musik und die bestechenden Hauptdarsteller.

Kumble untermalt insbesondere die Szenen, welche für die Entwicklung der Beziehung zwischen Annette und Sebastian von Bedeutung sind, mit Songs von Aimee Mann, Fatboy Slim, Blur, The Verve oder den Counting Crows. Sie treiben die Handlung voran und nehmen mit ihren Texten und Melodien die jeweilige Stimmung auf. Besonders prägend sind hierbei vor allem drei Songs, welche unwillkürlich mit der jeweiligen Stufe der Verbindung zwischen dem eigentlich chauvinistischen Macho und der konservativen und gottesfürchtigen Blondine verbunden werden:

Die erste Annäherung zwischen den beiden, in der Sebastian zu realisieren beginnt, dass ihn Annette nicht nur als körperliches Objekt interessiert, wird unterstrichen von den treibenden, elektronischen Klängen von Fatboy Slims Tanzhymne Praise You – auch der Inhalt des Songs ist hierbei vorausdeutend auf die Beziehung und das Schicksal, welches das schüchterne Mädchen und den Draufgänger verbinden wird.

Als Annette im weiteren Verlauf fast fluchtartig das Anwesen von Sebastians Tante, bei der sie bis zum Beginn des neuen Schuljahres wohnen wollte, verlässt, begibt sich der junge Mann auf eine fieberhafte Suche nach seiner großen Liebe – er will sie halten und ihr endlich seine Gefühle offenbaren. Die Sequenz kommt fast vollkommen ohne Dialoge aus, einzig und allein der Song Colorblind (Counting Crows) begleitet mit seiner klaviergeschwängerten, melancholischen Atmosphäre die Szenerie, welche in der sexuellen Vereinigung der beiden gipfelt. Auch die Schlusssequenz, in der die Machenschaften und Lügen Catherines nach Sebastians Tod auffliegen und Annette ihr all ihre Intrigen durch die Veröffentlichung von Sebastians Tagebuch heimzahlt, wird fast ausschließlich von Bittersweet Symphony (The Verve) getragen.

Doch all diese Szenen würden ohne die Besetzung nur halb so gut wirken. Kumble und die Casterinnen Anne McCarthy und Mary Vernieu haben das moderne Stück mit ebenso jungen und angesagten Akteuren besetzt. Sarah Michelle Gellar, bei dem Dreh gerade einmal 22 Jahre alt, brilliert als 'Rich Bitch' und seelenloses, intrigantes Miststück. Sie weiß sich und ihre Reize gekonnt in Szene zu setzen, wirkt dabei jedoch nicht billig. Ihr gegenüber steht Reese Witherspoon, die die verklemmte und prüde Annette voller Inbrunst spielt. Ihre anfängliche Skepsis und schließlich totale Verletzlichkeit gegenüber Sebastian, dem sie vollends verfällt, ist überzeugend und fängt das Publikum ein. Ryan Philippe steht zwischen den beiden Frauen – auf der einen Seite seine sexuell anziehende Stiefschwester, die der Inbegriff aller seiner Phantasien ist und auf der anderen Seite Annette, die ihn auch emotional in seinen Bann zieht und für die er sein bisheriges Leben aufzugeben bereit ist. Seine tiefe innere Zerrissenheit und sein Gefühlschaos zeigt Philippe in oft nur kleinen Momenten, viele Zwischentöne bringt den Rezipienten nur über seine Augen nahe – die hohe Kunst im Schauspiel.

Fazit

Die Neuinterpretation des klassischen Stoffes durch Kumble ist ein mitreißendes, schnelles und modernes Stück, welches insbesondere durch die Darsteller der Dreiecksbeziehung und die verwendete Musik, die auch durch den Film Kultstatus erreicht hat, einen speziellen Drive bekommt. Unmoralische Angebote, wilde Leidenschaft und am Ende doch die große Liebe – das sind eben die Zutaten, aus denen ein moderner Jugendklassiker heutzutage gemacht ist.

Titel: Eiskalte Engel
Regie:
  • Name: Kumble, Roger
Drehbuch:
  • Name: Kumble, Roger
Erscheinungsjahr: 1999
Dauer (Minuten): 97
Altersempfehlung Redaktion: 16 Jahre
FSK: 16 Jahre
Format: Kino