Inhalt

Tom Marvolo Riddle ist untergetaucht. Nach seinem Abschluss an der Zaubererschule  Hogwarts arbeitet er einige Zeit für das Antiquitäten- und Raritätengeschäft Borgin & Burke’s, ohne dabei seinen Plan aus den Augen zu verlieren: der mächtigste Zauberer zu werden, den die Welt je gesehen hat. Doch nun weiß niemand mehr, wo er sich aufhält und die Zaubererwelt ist sich sicher, ihn an die dunkle Magie verloren zu haben. Einzig die Aurorin Grisha McLaggen hofft, ihren ehemaligen Mitschüler noch retten zu können. Sie reist nach Russland, um dort Tom Riddles Tagebuch zu finden, das er während der Schulzeit führte. In einem Lager für magische Artefakte wird sie von russischen Auroren aufgegriffen und mithilfe des Wahrheitselixirs Veritaserum verhört.

Im Gespräch mit dem russischen General Makarov erzählt sie von Tom Marvolo Riddles Schulzeit. Auch ihre eigene Herkunft kommt dabei ans Licht: Sie ist Nachfahrin von einem der vier Hogwarts-Gründer, Godric Gryffindor. Zusammen mit den Nachfahren der anderen Gründungsmitglieder Rowina Ravenclaw, Wiglaf Sigurdsson und Helga Hufflepuff, Lazarus Smith, bildete sie während der Schulzeit einen geheimen Club. Ebenfalls Mitglied: Tom Marvolo Riddle, Nachfahre und Erbe von Salazar Slytherin. Trotz der Rivalität zwischen den vier Häusern entwickelte sich eine Freundschaft zwischen den Schülern, die alle von einer Zukunft als große Zauberer träumen und das gleiche Ziel verfolgen: sie wollen die verschollenen Erbstücke ihrer Vorfahren finden.

Pezzato Voldemort abb 1Abb. 1: Screenshot aus Voldemort: Origin of the Heir (2018): Verleih: Tryangle Films

Lazarus Smith ist als einziger einige Zeit nach seinem Schulabschluss erfolgreich und findet den Trinkbecher von Helga Hufflepuff, den er seiner Tante Hepzibah Smith zur Aufbewahrung übergibt. Im Abstand von wenigen Tagen sterben sowohl Lazarus als auch seine Tante. Die inzwischen erwachsene Grisha McLaggen zeigt sich im Gespräch mit General Makarov überzeugt davon, dass Tom Riddle für beide Tode verantwortlich ist. Als Beweis dient ihr die von Albus Dumbledore aufgetriebene Erinnerung der Hauselfe von Hepzibah Smith, Hokey, die einen Besuch Tom Riddles bei ihrer Herrin mit angesehen hat. Bei diesem Besuch präsentierte Smith Riddle den Hufflepuff-Becher und ein Medaillon, das er als Erbstück Salazar Slytherins wiedererkannte. Die Erinnerung zeigt, dass Riddle Hepzibah gegenüber zugab, ihren Neffen ermordet zu haben, bevor er auch sie tötete und alles aussehen ließ wie eine Tat der Hauselfin.

Grisha, die von Riddles Plan ahnt, Horkruxe zu erschaffen, hofft, in dem Tagebuch einen Teil von Toms Seele zu finden, mit dessen Hilfe sie seinen Weg in die schwarze Magie aufhalten kann. Durch den Einsatz des Veritaserums davon überzeugt, die Wahrheit gehört zu haben, übergibt der General Makarov Grisha das Tagebuch – nur um wenig später zu realisieren, in eine Falle Voldemorts getappt zu sein, dem er auf einmal gegenübersteht.

Pezzato Voldemort abb2 1Abb. 2: Screenshot aus Voldemort: Origin of the Heir (2018): Verleih: Tryangle Films

Kritik

Obwohl die Handlung es vermuten lässt, ist Voldemort: Origins of the Heir kein Bestandteil der Harry Potter-Reihe, zumindest nicht offiziell. Der Film wurde von Fans für Fans produziert, ohne Zusammenarbeit mit J.K. Rowling oder Warner Bros., und steht jedem Interessierten auf der Videoplattform YouTube kostenfrei zur Verfügung. Gianmaria Pezzato und Stefano Prestia, die zusammen die Produktionsfirma „Tryangle Films“ bilden, starteten 2016 eine Crowdfunding-Kampagne, um den Film zu finanzieren, welche jedoch nach einem Rechtsstreit mit Warner Bros. eingestellt wurde. Bis zu diesem Zeitpunkt kam ein Budget von ca. 15.000 € zusammen, das nach der Einigung mit Warner Bros. auch für die Produktion des Filmes genutzt werden durfte. In Anbetracht des weltweiten Interesses an allem, was mit Harry Potter zu tun hat, dürfte die Suche nach Schauspielern und anderen Mitwirkenden trotz des geringen Budgets kein großes Problem dargestellt haben. Eine derartige Plattform ist insbesondere für junge Filmemacherinnen und Filmemacher ein potenzielles Karrieresprungbrett.

Voldemort: Origins of the Heir erzählt einen Teil der Vorgeschichte Lord Voldemorts. Der Film vermischt dabei Begebenheiten aus Rowlings Harry Potter und der Halbblutprinz mit neu hinzugedachten Details. Während Tom Riddles Treffen mit Hepzibah Smith auch bei Rowling stattfindet, wird Lazarus Smith dort nicht erwähnt, ebenso wenig wie Wiglaf Sigurdsson und Grisha McLaggen oder der geheime Club der Gründererben. Obwohl Grisha McLaggen in Rowlings Büchern nicht auftaucht, dürfte es kein Zufall sein, dass die Macher von Voldemort: Origins of the Heir sich den Namen McLaggen ausgesucht haben. Eine Verbindung zwischen Grisha und dem späteren Gryffindorschüler Cormac McLaggen wird zwar nicht bestätigt, der gemeinsame Nachname bestärkt jedoch das Gefühl der Zuschauerinnen und Zuschauer, dass der Film im Harry Potter-Universum zuhause ist.

Von Rowling für das Harry Potter-Universum aufgestellte Regeln werden eingehalten, Zaubersprüche übernommen und auch die Handlung des Films passt sich den vorgegebenen Informationen an. Dass Tom Riddle nach dem Mord an Hepzibah Smith für einige Jahre abtaucht, wird in Harry Potter und der Halbblutprinz erwähnt:

Doch ehe [Hepzibahs Familie] ganz sicher war[...], dass der Becher und das Medaillon fehlten, hatte der Gehilfe, der bei Borgin und Burkes gearbeitet hatte, der junge Mann, der Hepzibah so regelmäßig besucht und sie so geschickt umgarnt hatte, seine Stelle gekündigt und war verschwunden. Seine Vorgesetzten hatten keine Ahnung, wo er steckte; sie waren über sein Verschwinden genauso überrascht wie alle anderen. Und dies war für sehr lange Zeit das Letzte, was man von Tim Riddle sah oder hörte. (Rowling 2005, S. 442-3)

Diese von der Autorin gelassene Lücke in Voldemorts Lebenslauf wird von Tryangle Films ausgefüllt, sodass der Anschein verstärkt wird, Voldemort: Origins of the Heir sei tatsächlich ein Teil der Harry Potter-Reihe.

Pezzato Voldemort abb3 1Abb. 3: Screenshot aus Voldemort: Origin of the Heir (2018): Verleih: Tryangle Films

Details wie die rote Augenfarbe des erwachsenen Tom Riddle zeigen, dass sich der Film stärker an Rowlings Büchern als an deren Verfilmungen orientiert. Während Lord Voldemorts Augen in den Warner Bros.-Verfilmungen einen sehr menschlichen Blauton haben, sind sie laut Rowling scharlachrot. Allgemein wird die Augenpartie aller Darsteller auffallend oft und lange fokussiert. Derartige Detailaufnahmen bestimmter Gesichtspartien sind in den Originalfilmen eher unüblich, insgesamt erinnert der Film optisch dennoch an diese. Er ist ähnlich dunkel gehalten, die Räumlichkeiten wirken authentisch und auch die Kostüme der Schauspielerinnen und Schauspieler passen in das bekannte Bild. Außenaufnahmen des Schlosses Hogwarts sind dank Computeranimation originalgetreu. Soundeffekte, wie das Klicken des Medaillons oder das Zischen der Zauberstäbe sind nahezu identisch mit den Originalfilmen und auch die Musik erinnert in Tonlage und Dramaturgie stark an den Soundtrack, der sich durch alle Harry Potter-Filme zieht.Die gesamte Produktion ist sehr professionell, was insbesondere aufgrund des geringen Budgets beeindruckt.

Durch die Aufteilung des Filmes in Rahmen- und Binnenhandlung werden Zuschauerinnen und Zuschauer im Unklaren darüber gelassen, wie viel Wahrheit in den Rückblenden steckt. Die Verabreichung des Wahrheitselixirs erweckt den Anschein, es bei Grisha McLaggen mit einer zuverlässigen Erzählerin zu tun zu haben, doch das Ende des Filmes offenbart einen anderen Erzähler und stellt diese Zuverlässigkeit wieder in Frage. Die Rahmenhandlung in Form der Unterhaltung zwischen Grisha McLaggen und General Makarov nimmt einen Großteil des nur 52-minütigen Films in Anspruch, was zu einer gewissen Langatmigkeit führt, die durch die etwas steife schauspielerische Leistung verstärkt wird. In den Rückblenden überzeugt wiederum Stefano Rossi als junger Tom Riddle, indem er glaubhaft den Charme und die spürbare Gier nach Macht vereint, welche seinen Charakter ausmachen.

Pezzato Voldemort abb4 1Abb. 4: Screenshot aus Voldemort: Origin of the Heir (2018): Verleih: Tryangle Films

Fazit

Durch den Versuch, der Geschichte von J.K. Rowling so wenig wie möglich zu widersprechen, enthält Voldemort: Origins of the Heir leider wenig neue, relevante Informationen über das Leben von Lord Voldemort, beziehungsweise Tom Riddle, und bietet einzig am Schluss ein wenig Spannung. Wer aber den Wunsch hegt, auch einige Jahre nach dem Ende der Harry Potter-Reihe noch einmal für eine knappe Stunde in die magische Welt einzutauchen, kann sich diesen mit Voldemort: Origins of the Heir erfüllen.


Literatur

  • Rowling, Joanne K.: Harry Potter und der Halbblutprinz. Carlsen Verlag, Hamburg 2005.
Titel: Voldemort: Origins of the Heir
Regie:
  • Name: Pezzato, Gianmaria
Drehbuch:
  • Name: Pezzato, Gianmaria
Erscheinungsjahr: 2018
Dauer (Minuten): 52
Altersempfehlung Redaktion: Unter 2 Jahre
FSK: 0 Jahre
Format: Stream
Voldemort: Origins of the Heir (Gianmaria Pezzato, 2017)