Inhalt

Prinz Valdemar (Nijas Ørnbak-Fjeldmose) übt täglich mit seinem Vater (Lars Lohmann), dem König Dänemarks, zu kämpfen und will sein bester Krieger werden. Als die königliche Pflicht den Vater an die Grenze zum Kampf ruft, wird Valdemar in die Obhut des Bischofs Eskil (Björn Granath) auf Raunsburg gegeben. Dort will er sich nicht den Bestimmungen des Bischofs und des Klosters unterwerfen und wird nur mit Mühe zum Lernen angehalten. Als Valdemar sich aus seiner Klosterzelle befreien kann, läuft er davon. Der Küchenjunge Aske (Lasse Baunkilde) folgt ihm, obwohl Valdemar ihn nicht dabei haben will, und erweist sich bald als nützlicher Gefährte und wahrer Freund. Zusammen beobachten sie zufällig eine Verschwörung gegen den König, deren Anführer der Bischof und der Einäugige (Bjørn Floberg) sind.

Der Einäugige ist der größte Feind des Königs, obwohl er einst sein bester Soldat gewesen ist. Als der König ihn aber nach einer Schlacht auf dem Schlachtfeld zurücklässt – in dem Glauben, dass er tot sei – wird der Soldat zu seinem erbittertsten Feind. Den Namen des Einäugigen bekommt er, als er bei einer weiteren Schlacht ein Auge verliert. Das Auge wird von einem Adler gefressen und seitdem kann der Einäugige alles sehen, was der Adler sieht.

Valdemar und Aske sind auf ihrem Weg bald auf der Flucht vor dem Einäugigen und seinem Adler. Als sie erfahren, dass der König auf dem Weg zur Raunsburg ist, kehren sie um und gelangen gerade rechtzeitig dort an, um die erzwungene Abdankung des Königs zu verhindern, seine Soldaten zu befreien und den Bischof mitsamt all seiner Feinde zu besiegen.
Zur Belohnung nimmt Valdemar Aske als Knappen an und die beiden dürfen den König auf seinem neuen Feldzug begleiten.

Abb. 1: Screenshot aus Das Auge des Adlers (1997). Verleih: Alpha Medienkontor GmbH.Abb. 1: Screenshot aus Das Auge des Adlers (1997). Verleih: Alpha Medienkontor GmbH.

Kritik

Der dänische Kinderfilm Das Auge des Adlers von Peter Flinth (1997) überzeugt nicht nur durch interessante Kameraeinstellungen, wunderbare Musik und sehr gute Darsteller, sondern vor allem durch die Geschichte und die Inszenierung des Mittelalters. Hier entsteht keine furchteinflößende, magische, verklärte Kulisse, wie sie im phantastischen Genre oft verwendet wird, sondern ein realistisches Bild, das den Hintergrund zu den Abenteuern des Prinzen und seines Gefährten bildet.

Obwohl durchaus Sagenhaftes behandelt wird (die Geschichte des Einäugigen und seines Adlers beispielsweise) und die einfache Erzählweise und schlichten Züge der Menschen eher an Märchenhandlungen erinnern, hat der Film nichts Phantastisches.

Abb. 2: Screenshot aus Das Auge des Adlers (1997). Verleih: Alpha Medienkontor GmbH.Abb. 2: Screenshot aus Das Auge des Adlers (1997). Verleih: Alpha Medienkontor GmbH.

Er spielt vielmehr mit dem Aberglauben der Zeit: Es wird ins Komische gezerrt, wie die Menschen fluchen und schimpfen und damit auf die strenge Trennung von 'Gut' und 'Böse' und die Angst vor dem Teufel der damals lebenden Menschen angespielt. So häufen sich solche Bemerkungen: "tödlich wie die Pest", "du sinkst direkt in die Hölle", "Was zum Teufel", "Fahrt in die Hölle, verfluchte Kohlköpfe!", "Der Teufel in Person, tödlicher als die Pest.", "Ist der Teufel los!"

Damit sollen die Zuschauer eher unterhalten und nicht so sehr mit einem getreuen Abbild des Mittelalters oder des Klerus konfrontiert werden – die Mönche und der Bischof dienen ebenfalls nur als Figuren der Kulisse für das Abenteuer, denn sie erfahren keine Tiefe, ihr Leben, der Klerus oder die Kirche stehen nicht im Fokus und werden nicht eingehender dargestellt – die Burg des Bischofs ergibt lediglich einen stimmungsvollen Handlungsort.

Angesprochen werden dafür übergreifende Themen, wie Stolz, Freundschaft und menschliche Fehler. Der stolze, furchtlose Valdemar, der sich von niemandem befehlen lässt und in seinem Handeln auf niemanden Rücksicht nimmt, muss lernen, seinen Stolz zu bändigen und die Hilfe anderer anzunehmen. Mit der Zeit geht er mit dem treuen Aske nicht mehr herablassend um, behandelt ihn als ebenbürtig und nimmt ihn in Schutz, indem er seine Kampffertigkeit einsetzt.

Mit der Freundschaft zwischen Valdemar und Signe, dem Küchenmädchen, werden außerdem Liebesgefühle thematisiert, die sich nicht nach Ständen richten. Auch hier sieht Valdemar das Mädchen nicht als Dienerin, sondern behandelt sie wie einen Menschen, der ihm ebenbürtig ist.

Abb. 3: Screenshot aus Das Auge des Adlers (1997). Verleih: Alpha Medienkontor GmbH.Abb. 3: Screenshot aus Das Auge des Adlers (1997). Verleih: Alpha Medienkontor GmbH.
 

In der Beziehung des Königs zu seinem Sohn kommen wiederum wichtige Worte auf, die an Erwachsene gerichtet sind: "Ich hätte auf dich hören sollen, Valdemar." Damit wird deutlich gemacht, dass der Erwachsene weise genug ist, seine Fehler vor seinem Kind einzugestehen, gleichzeitig wird signalisiert, dass es ratsam sein kann, auf Kinder zu hören.

Menschlich ist auch die Geschichte des gefürchteten Einäugigen, der sich "in den Dienst des Bösen gestellt hat", nachdem er von seinem König im Stich gelassen wurde und die Feinde ihn gefoltert haben. Damit fällt auch von ihm alles Unerklärliche und Dämonische ab – er ist nur noch ein rachsüchtiger Mann, der am Ende auch durchaus positiv gesehen werden kann (als er kurz vor seinem Tod Valdemar durch den Adler befreit) und mit dem man Mitleid hat.

All diese Aspekte werden von der glänzenden Leistung der Schauspieler getragen, unter denen Björn Granath als Bischof besonders hervorzuheben ist – wie in seiner Rolle als Maditas Vater in Madita ist ihm auch hier eine in Erinnerung bleibende Darstellung gelungen.

Weiterhin tragen Musik und Kameraarbeit zur Mittelalter-Kulisse bei – die Kamera wird hier für einen Kinderfilm sehr anspruchsvoll verwendet und erzielt mit den weiten Schwenks, Vogel- und Froschperspektiven den Eindruck von weitem Land, unendlichen Wäldern, mächtigen Burgen und unheimlichen Höhlen. Eine für diesen Film charakteristische Kamerafahrt über die Landschaft erfolgt in der Szene, als die Kamera im Einklang mit der abenteuerlichen Musik die Jungen im Vogelflug verfolgt, um die Sicht des Adlers nachzuempfinden. Gedreht wurde in Dänemark und Schottland, deren Landschaft in großartigen Aufnahmen vermittelt wird.

Abb. 4: Screenshot aus Das Auge des Adlers (1997). Verleih: Alpha Medienkontor GmbH.Abb. 4: Screenshot aus Das Auge des Adlers (1997). Verleih: Alpha Medienkontor GmbH.
 

Mit den Themen und der Kulisse des Films stellt Peter Flinth seinen Film in die Tradition des schwedischen Kinderkinos und knüpft an Filme seiner großen Vorgänger an wie z. B. Olle Hellbom, denn bei vielen Szenen und Settings herrscht eine auffallende Ähnlichkeit zu Mio, mein Mio und den Brüdern Löwenherz. Die Kameraeinstellungen von Raunsburg erinnern an Katos Schloss (Mio, mein Mio), das Waffenversteck der Verschwörer an Katlas Höhle (Die Brüder Löwenherz), und die Szene, in der die Feinde die Feuerstelle der beiden Jungen finden ist ebenso aufgebaut wie die, in der Tengils Soldaten die Feuerstelle von Karl Löwenherz finden.

Damit ist dieser Ritterfilm für Kinder und Jugendliche (und Erwachsene!) auf allen Ebenen ein beachtliches Werk und bestätigt den besonderen Status des skandinavischen Kinderkinos, dessen Filme sowohl technisch als auch inhaltlich anspruchsvoll und meisterhaft sind.

Abb. 5: Screenshot aus Das Auge des Adlers (1997). Verleih: Alpha Medienkontor GmbH.Abb. 5: Screenshot aus Das Auge des Adlers (1997). Verleih: Alpha Medienkontor GmbH.

Fazit

Ein spannender, interessant umgesetzter Ritterfilm für Kinder, der durch Kameraarbeit, Schauspieler, Geschichte und Musik überzeugt. Gleichzeitig reiht er sich in die Tradition des brillanten skandinavischen Kinderkinos ein, das Mittelalter-Märchenfilme wie Mio, mein Mio und Die Brüder Löwenherz hervorgebracht hat. 

Titel: Das Auge des Adlers
Regie:
  • Name: Flinth, Peter
Drehbuch:
  • Name: Scherfig, Nikolaj
Erscheinungsjahr: 1997
Dauer (Minuten): 91
Altersempfehlung Redaktion: 6 Jahre
FSK: 6 Jahre
Format: DVD/Blu-ray
Das Auge des Adlers (Peter Flinth, 1997)