Kontext

„Dürfen wir Ihnen unsere Karte geben?“, tönt es seit 1979 verlässlich nicht nur aus den Jugendzimmern Deutschlands. Der Catchphrase von Justus Jonas, Peter Shaw und Bob Andrews, besser bekannt als die Drei ??? oder Die Drei Detektive, begeistern seit fast 50 Jahren Hörer:innen jeder Altersklassen. Die Hörspieladaptionen der amerikanischen Jugendbuchreihe The Three Investigators stehen für unterhaltsame, manchmal dezent gruselige, hochwertige Krimiunterhaltung.

Wenig hat sich geändert am Status Quo der Reihe, zwar wurden die drei Protagonisten Ende der 80er Jahre ein wenig erwachsener und reiften von Kindern zu Teenagern, ein Computer und fahrbare Untersätze hielten Einzug, aber eigentlich ist alles beim Alten: Der schlaue, etwas altkluge Justus Jonas hat den Durchblick, der sportliche Peter Shaw ist manchmal etwas ängstlich, Bob Andrews pflegt das Archiv, recherchiert in der Bibliothek die Fakten und ist der Frauenschwarm. Die Drei ??? sind ein unzerstörbarer Klassiker und zum Phänomen geworden, gut besuchte Hörspielpremieren, selbstironische Liveshows und die Serienhistorie beleuchtende Podcasts (im BOBCAST analysieren Andreas Fröhlich und amtierender Hörspielregisseur Kai Schwind die Klassikerfolgen) runden das immense Medienangebot ab. Nur im Kino taten sich die drei etwas schwer. Zwei arg actionlastigen US-Verfilmungen Mitte der 2000er Jahre konnten den Charme der Vorlagen nicht vollends einfangen, unterstrichen aber auch den Umstand, dass die amerikanische Serie in Deutschland weitaus populärer ist als in ihrem Ursprungsland.

2023 startete Sony in Zusammenarbeit mit dem Kosmos-Verlag einen neuen Leinwandadaptionsversuch. Julius Weckauf, Nevio Wendt und Levi Brandl schlüpften in die Rollen von Justus, Peter und Bob und bewiesen im nicht vollends geglückten, aber charmanten Die Drei ??? und Das Erbe des Drachens vor allem viel Potential für mögliche weitere Leinwandabenteuer. Zwei Jahre später gibt es am 23. Januar 2025 wieder einen Fall zu übernehmen. Und man kann verlauten lassen: Die Drei ??? und der Karpatenhund ist der Film, von dem jeder Drei ???-Fan bereits als Kind geträumt haben dürfte.

Die Macher des Films haben gut daran getan, sich dieses Mal keinen neuen Fall für die Leinwand auszudenken (oder existierende Fälle unnötig aufzublähen). Stattdessen haben sie einen wahrhaftigen Fanlieblingsfall herausgesucht, der für die Adaption behutsam erweitert wurde. Der Karpatenhund, Folge 3 der Hörspieladaptionen und Band 21 in der deutschen Buchnummerierung, belegt verlässlich die vorderen Plätze bei den Rankings der Fragezeichenfälle  und ist auch heute noch ein mittreißender Whodunit für Jugendliche.

Inhalt

So langsam machen sich Justus, Peter und Bob einen Namen. Ihr letztes Abenteuer in Rumänien ist von der heimischen Presse in Rocky Beach nicht unbemerkt geblieben, über mangelnde Aufträge können die drei nicht klagen, doch etwas anspruchsvoller als das Wiederfinden von gestohlenen bzw. entflohenen Puppen und Katzen dürfte es schon sein. Da kommt das mysteriöse Gesuch des mondänen Kunstmäzen Fenton Prentice (Ulrich Tukur) gerade recht: In seinem Apartment spukt es! Schaurige Lichtblitze illuminieren seine Wohnung! Und dann wird auch der Karpatenhund gestohlen, die letzte vollendete Skulptur von Prentices Lebenspartner. An Verdächtigen mangelt es nicht. Der Apartmentkomplex wird bewohnt von einer Vielzahl schrulliger Charaktere, angeführt von der argwöhnischen Vermieterin Evelyn Boogle (heimlicher Star des Films: Sunnyi Melles). Und dann ist da auch noch Skinny Norris (Fillip Schnack), selbsternannter Erzfeind der Drei ???, der den Detektiven immer wieder gehörig die Ernte verhagelt.

Kritik

Zum häufig hyperaktiven, grell-bunten Kinder- und Jugendkino der Gegenwart setzt Tim Dünschedes Regie mit ihrer Ruhe und Unaufdringlichkeit einen angenehmen Gegenpol. Ob des Hauptspielortes des Apartmentkomplexes und der Ausgangslange von sich gegenseitig beobachtenden Nachbarn wird man nicht nur einmal wohlig an Alfred Hitchcocks Klassiker Das Fenster zum Hof erinnert. Einzig in den partiell eingestreuten Verfolgungssequenzen enttäuscht die Inszenierung etwas, es genügt in diesem Falle eben nicht, hier lediglich die Kamera etwas wackeln zu lassen, um Dynamik zu erzeugen.

Ebenso begrüßenswert, dass hier nicht die Zerstörung des Planeten oder eine Bedrohung ähnlicher Größenordnung auf dem Plan steht, sondern ein nachvollziehbar in einer Realität verankertes Ballett menschlichen Versagens, vollzogen an einem überschaubaren Figurenpersonal. 

Während man Das Erbe des Drachens etwas schnippisch auch Justus Jonas und die zwei anderen Fragezeichen hätte nennen können, sind hier endlich alle drei Detektive gleichberechtigte und -hilfreiche Parteien beim Lösen des Kriminalfalls. Weckauf, Brandl und Levi fühlen sich sichtlich wohl in ihren Rollen und schaffen es, glaubhaft die Freundschaft zu vermitteln, die das Grundgerüst für jeden Fragezeichen-Fall ist. Doch hier und da darf es auch kriseln, Peter und Bob bieten Justus tatsächlich Paroli, die Frage, wie genau die drei ??? sich selbst als Firma begreifen ist ebenso Thema wie das Aufdecken des Falls.

Die Verfilmung des Karpatenhund schafft es sogar, etwas weniger konfus zu sein als ihre Vorlage. Die Figuren erhalten durch teilweise abgeänderte oder völlig neue Hintergrundgeschichten eine Tiefe, die Buch und Hörspiel nicht boten.  Wo man als Hörer:in/Leser:in im Finale sehr auf Justus Jonas berühmt-berüchtigte Erklärmonologe angewiesen war, werden in der filmischen Adaption früh visuelle Hinweise im Film angelegt, sehr aufmerksame Zuschauer:innen könnten die Lösung des Falles zumindest teilweise bereits vor den drei Detektiven erahnen.

Gut gesetzte, dabei niemals aufdringliche Verweise auf das weitere bekannte Drei ???-Universum (Comics des Blutroten Phantoms, eine Vogelscheuche, Inspector Cotta usw.) dürften Fans ein zusätzliches Lächeln ins Gesicht zaubern.

Fazit

Die drei ??? und der Karpatenhund ist endlich die Verfilmung, auf die man als lebenslange Hörer:in der drei Detektive gewartet hat. Zwar offensichtlich als Jugendfilm konzipiert, dabei aber auch für alle Großen unterhaltsam und niemals nervig oder peinlich. Und wenn dann auch noch in einer Post-Credit-Szene das nächste große Abenteuer angekündigt wird, wünscht man sich, dass es bitte ganz schnell 2026 werde, damit Justus, Peter und Bob ihr größtes Abenteuer bestreiten können.

Titel: Die drei??? und der Karpatenhund (Tim Dünschede, 2025)
Regie:
  • Name: Tim Dünschede
Originalsprache: Deutsch
Drehbuch:
  • Name: Tim Dünschede
Erscheinungsjahr: 2025
Dauer (Minuten): 105
Altersempfehlung Redaktion: 6 Jahre
FSK: 6 Jahre
Format: Kino
Die drei??? und der Karpatenhund (Tim Dünschede, 2025)