Inhalt

Finns Freundin Jola ist endlich wieder in Berlin! Das scheint die ideale Gelegenheit zu sein, um gemeinsam mit Finns Freund Carlo eine erinnerungswürdige Party zu feiern. Finns Mutter ist von der Idee allerdings weniger begeistert. Da trifft es sich gut, dass diese spontan verreisen muss und dem Unterfangen nun nichts mehr im Weg steht. Nach einem missglückten Versuch, Alkohol zu kaufen, treffen die drei Kinder auf die beiden Jugendlichen Lasse und Bosse, die ihnen nicht nur etwas von ihrem Bier abgeben, sondern sie sogar mit zu einer großen Party nehmen. Was für eine aufregende Nacht! Und dann werden sie auch noch während Jolas Aufenthalt in die mysteriöse Schatzsuche von Frau Buchborn verwickelt. Doch mit der Zeit stellt sich heraus, dass es sich bei ihrem sogenannten "Familienschatz" eigentlich um das Eigentum eines Bestattungsinstituts handelt. Gut, dass Jola und Finn zur Stelle sind, um die unbeabsichtigte Straftat aufzuklären. Schließlich heißt es Abschied nehmen, denn Jola muss Berlin wieder verlassen. In diesem Moment wird auch Finn bewusst, dass seine Gefühle für Jola die einer normalen Freundschaft womöglich übersteigen…

Kritik

Inhaltlich überzeugt das Hörspiel besonders durch die Bearbeitung von zielgruppenspezifischen Motiven wie Tod, Freundschaft, Liebe und Abschied, aber auch Alkohol und Partys werden thematisiert. Leider bleibt die Geschichte dabei in Teilen sehr oberflächlich, so wird beispielsweise unkommentiert gelassen, ob das spielerische Ausprobieren von Särgen und das Fahren eines Leichenwagens einen angemessenen Umgang mit dem Tod darstellen. Auch die ersten Erfahrungen mit Alkohol werden zwar von Finn kurzzeitig angezweifelt, doch bleibt eine ernsthafte Auseinandersetzung mit den damit einhergehenden Risiken aus. So stellt seine Mutter zwar fest, dass die Situation "nicht lustig" sei, sie geht dann aber fast direkt dazu über, resigniert einzusehen, dass die beiden wohl Spaß hatten, wodurch das Verhalten in gewisser Weise gerechtfertigt wird.

Die Freundschaft zwischen Finn und Jola wird dagegen ausgesprochen einfühlsam vermittelt, insbesondere im letzten Teil des Hörspiels, in dem sich der bevorstehende Abschied nähert, wird ein Bewusstsein dafür geschaffen, was es heißt, sich gegen seinen Willen von einem geliebten Menschen zu trennen. Ebenfalls gelungen ist der Part mit Frau Buchborn, da das Hörspiel nicht nur auf die Situation alter Menschen aufmerksam macht, die einsam und unglücklich im Seniorenheim leben, sondern damit auch die indirekte Aufforderung einhergeht, sich wie Jola und Finn die Zeit zu nehmen, alten Menschen zuzuhören und ihre Interessen ernst zu nehmen. Und wer weiß, vielleicht führt dies am Ende ja auch dazu, dass der ein oder andere verschollene Familienschatz wieder auftaucht…

Die Erzählung punktet darüber hinaus primär durch ihre auditiven Elemente. Mit Jeremias Matschke als Finn tritt ein Ich-Erzähler auf, der in der Lage ist, die Zuhörerinnen und Zuhörer in ruhiger, aber auch empathischer Weise durch die Geschichte zu leiten und ergänzende Informationen einzustreuen, die ein tieferes Verständnis der Figurenkonstellation ermöglichen. Dies ist auch notwendig, um die inhaltlichen Lücken zu füllen, die sich durch die gegenüber der Buchvorlage geraffte und temporeiche Erzählweise ergeben. Gleichzeitig resultiert daraus der Vorteil, dass Prozesse und Entwicklungen wie Finns Gefühle für Jola – die sich eigentlich über einen längeren Zeitraum erstrecken – auch in 52 Minuten angemessen dargestellt werden können.

Hinzu kommt noch, dass die Hörerinnen und Hörer gerade durch die Kombination von Musik, Geräuschen und Stimme Emotionen im akustischen Bereich intensiver wahrnehmen können. Ein Beispiel: Es macht für das tiefergehende Verständnis des Innenlebens der Figuren einen Unterschied, ob lediglich auf dem Papier steht, dass Finn versucht, Jola stammelnd zu gestehen, dass er Gefühle für sie hat, oder ob er – wie im Hörspiel – allein durch die Betonung der Wörter "Jola, ich glaub ich, ich bin […]" (50:31) seine Unsicherheit über die Situation zum Ausdruck bringt.

Darüber hinaus kann noch einmal das betont werden, was auch schon zu Beginn festgestellt wurde, nämlich, dass die im Hörspiel entworfene Geräuschkulisse den Eindruck erweckt, selbst in Berlin unterwegs zu sein und damit hautnah die Abenteuer der Kinder in der Großstadt mitzuerleben. Insbesondere die Hintergrundgeräusche – von lautem Vogelgezwitscher bis hin zum leisen Rascheln der Bettdecke – sorgen dafür, dass die Zuhörerinnen und Zuhörer mit Leichtigkeit in die aufgeworfene Welt hineingezogen werden. 

Fazit

Insgesamt ist das Hörspiel Kannawoniwasein – Manchmal kriegt man einfach die Krise trotz einiger inhaltlicher Schwächen durchaus empfehlenswert, da es die Interessen seiner Hörerinnen und Hörer mitbedenkt und ihnen durch die durchdachte akustische Gestaltung die Möglichkeit eröffnet, sich in die erzählte Welt einzufühlen. Mit den Sprecherinnen und Sprechern Jeremias Matschke als Finn, Toni Auguste Lorentz als Jola und Lasse Pantel als Carlos werden zudem drei Charaktere entworfen, die einen Einblick in die Wünsche und Probleme gegenwärtiger Jugendlicher gewähren, ohne dass ihre Gespräche künstlich und konstruiert wirken. Schließlich bleibt nur noch hervorzuheben, dass das Hörspiel als eine sinnvolle Alternative oder auch Ergänzung zum Roman angesehen werden kann, da durch die akustische Dimension neue Deutungs- und Wahrnehmungsspielräume eröffnet werden. Kannawoniwasein. Oder etwa doch?

Titel: Kannawoniwasein – Manchmal kriegt man einfach die Krise
Regie:
  • Name: Judith Lorentz
Autor/Bearbeitung:
  • Name: Martin Muser
  • Name: Judith Ruyters
Sprechende: Jeremias Matschke, Toni Auguste Lorentz, Lasse Pantel, Judith Engel, Theo Wedhorn, Hugo Hartenstein, Svenja Liesau, Dela Dabulamanzi, Mira Partecke, Carmen-Maja Antoni, Oliver Posener
Produktion: WDR
Erscheinungsjahr: 2021
Dauer (Minuten): 52
Altersempfehlung Redaktion: 8 Jahre
Muser, Martin: Kannawoniwasein – Manchmal kriegt man einfach die Krise (Hörspiel)